VwGH 97/21/0900

VwGH97/21/090012.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde 1. der SK, geboren am 5. März 1966, 2. der AK, geboren am 30. Jänner 1990, 3. der MK, geboren am 2. Mai 1991, und 4. des MK, geboren am 9. September 1993, alle in Graz, die zweit- bis viertbeschwerdeführende Partei vertreten durch die erstbeschwerdeführende Partei als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch Dr. Peter Obermayr, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 13. Oktober 1997, Zl. Fr 758/2ad-1996, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §4;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AVG §13a;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §54;
AsylG 1991 §4;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AVG §13a;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 1997 wurden die Beschwerdeführer - Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien - gemäß §§ 15, 17 und 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführer - die erstbeschwerdeführende Partei ist die Mutter der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Partei - gemeinsam mit dem Ehegatten bzw. Vater am 9. November 1995 "illegal" aus Ungarn in das Bundesgebiet eingereist seien. Ihr Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres, rechtswirksam erlassen am 9. Mai 1996, abgewiesen worden. Da die Beschwerdeführer über "keinerlei Bewilligung nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz" verfügten, hielten sie sich seit ihrer illegalen Einreise unberechtigt im Bundesgebiet auf.

Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergebe sich, daß der Anwendung des § 17 FrG kein Hindernis entgegenstehe. Daß die Beschwerdeführer bei einer Abschiebung nach Jugoslawien im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht seien, stehe der Erlassung einer Ausweisung ebensowenig entgegen; auch müsse der Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abgewartet werden. Gemäß § 54 Abs. 4 FrG dürfe (allerdings) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen Antrag nach § 54 Abs. 1 leg. cit. der Fremde nicht abgeschoben werden.

Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Davon ausgehend sei die Ausweisung der Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten, weshalb selbst unter der Annahme, daß diese Maßnahme einen relevanten Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben darstelle, ihre Zulässigkeit im Sinn des § 19 FrG zu bejahen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift absah, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte für den Fall der Abweisung der Beschwerde Kostenzuspruch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der unbekämpften Ansicht der belangten Behörde reisten die Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Ehegatten bzw. Vater Sh. K. im November 1995 "illegal" von Ungarn aus nach Österreich ein. Auch bezüglich Sh. K. hat die belangte Behörde - mit Bescheid vom 29. September 1997 - die Ausweisung verfügt. Diese war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zur Zl. 98/21/0024, welches mit Erkenntnis vom 24. April 1998 erledigt worden ist. Zunächst wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis, mit dem die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen worden ist, verwiesen.

(Auch) im vorliegenden Fall kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß sich die Beschwerdeführer seit ihrer Einreise unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, da sie über "keinerlei Bewilligung nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz" verfügten. Dem tritt die Beschwerde lediglich mit dem Hinweis auf § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 entgegen; demnach sei ein Asylwerber zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt (vorläufige Aufenthaltsberechtigung); gemäß § 7 Abs. 3 leg. cit. komme diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung dem Asylwerber erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen werde oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukomme. Davon ausgehend hätte die belangte Behörde insbesondere abzuwarten gehabt, ob gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres im Asylverfahren Beschwerde erhoben und ob dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zuerkannt werde. Davon hänge die prinzipielle Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet und die Zulässigkeit des Ausweisungsverfahrens ab.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, daß keine Vorschrift existiert, die der Behörde ein solches Zuwarten zur Pflicht machen würde. Davon abgesehen stellt sich die Frage des Zuwartens hier aber gar nicht. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war seitens der Beschwerdeführer nämlich bereits Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres erhoben (protokolliert zur Zl. 97/01/0007) und dieser Beschwerde mit hg. Beschluß vom 16. Jänner 1997 zur Zl. AW 97/01/0007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer macht dieser Umstand ihren inländischen Aufenthalt jedoch nicht rechtmäßig. Bei dem zugrunde liegenden Asylantrag handelte es sich, wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich, um einen an den Asylantrag des Ehegatten bzw. Vaters Sh. K. anknüpfenden Ausdehnungsantrag nach § 4 Asylgesetz 1991. Gemäß § 4 zweiter Satz leg. cit. haben Familienmitglieder, die einen Ausdehnungsantrag einbringen, im Verfahren über die Gewährung von Asyl dieselbe Rechtsstellung wie der Asylwerber. Das bedeutet insbesondere, daß ihr aufenthaltsrechtlicher Status jenem des Hauptasylwerbers folgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1998, Zlen. 97/21/0767, 0768, 0777 und 0805). Diesem (Sh. K.) stand eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung jedoch - siehe das eingangs erwähnte, ihn betreffende Erkenntnis vom 24. April 1998 - nicht zu. Auch die Beschwerdeführer können sich daher nicht auf eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung berufen, weshalb sich ihr allein darauf gestützter Standpunkt, ihr inländischer Aufenthalt sei rechtmäßig, als verfehlt erweist.

Hielten sich die Beschwerdeführer demnach unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, so hatte die belangte Behörde gemäß § 17 Abs. 1 FrG zwingend ihre Ausweisung - vorbehaltlich der Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 19 FrG - zu verfügen. Unter dem Gesichtspunkt der letztgenannten Vorschrift bringen die Beschwerdeführer jedoch nichts gegen die Ausweisung vor. Es kann daher in diesem Zusammenhang - unter Bezugnahme auf das den Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom 24. April 1998 - der Hinweis genügen, daß der Verwaltungsgerichtshof gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Ausweisung der Beschwerdeführer sei zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten, keine Bedenken hegt.

Zutreffend ist des weiteren die Ansicht der belangten Behörde, daß die behauptete Verfolgung der Beschwerdeführer in ihrem Heimatland (Jugoslawien) ihrer Ausweisung nicht entgegensteht; mit der Erlassung einer Ausweisung wird nämlich weder die Verpflichtung zur Ausreise in einen bestimmten Staat ausgesprochen noch die Zulässigkeit einer (allfälligen) Abschiebung festgestellt. Zur Beurteilung der letzteren Frage dient vielmehr das Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 1998, Zl. 98/21/0016), dessen Ausgang freilich, wie die belangte Behörde gleichfalls richtig ausgeführt hat, bei Erlassung einer Ausweisung nicht abgewartet werden muß. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Vorschrift des § 54 Abs. 4 FrG ändert daran nichts, weil sie lediglich normiert, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen Antrag nach Abs. 1 der genannten Bestimmung keine Abschiebung in den betreffenden Staat vorgenommen werden darf. Das Ausweisungsverfahren wird dagegen durch ein Verfahren nach § 54 FrG nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/21/0219). Daß die belangte Behörde gegenüber den Beschwerdeführern den hier angefochtenen Bescheid und den das Verfahren nach § 54 FrG beendenden Bescheid (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 97/01/0899) ohnehin am selben Tag, am 17. Oktober 1997, erlassen hat, sei nur ergänzend angemerkt.

Vor dem Hintergrund der eben dargestellten Rechtslage ist der Verfahrensrüge der Beschwerdeführer, bezüglich behaupteter Übergriffe auf die Erstbeschwerdeführerin und ihren Ehegatten lägen keine bzw. nur unzureichende Beweisergebnisse vor, der Boden entzogen; ebenso ist nach dem Gesagten im gegenständlichen Verfahren ohne Belang, daß - so die Beschwerde weiter - eine ergänzende Befragung der Erstbeschwerdeführerin ergeben hätte, daß eine Abschiebung gemäß § 37 FrG (gemeint: nach Jugoslawien) derzeit nicht zulässig sei und daß Gutachten über die Situation der Albaner im Kosovo die Glaubwürdigkeit der Erstbeschwerdeführerin erbracht hätten. Ins Leere geht aber auch der die Beschwerdeausführungen einleitende Hinweis auf die der Behörde obliegende Manuduktionspflicht, lassen die Beschwerdeführer doch völlig offen, was die von ihnen vermißte Anleitung hätte erbringen sollen. Dem insofern behaupteten Verfahrensmangel fehlt daher jedenfalls die Relevanz. Daß sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf § 69 FrG berufen - diese Vorschrift regelt ausschließlich das Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland - sei abschließend der Vollständigkeit halber erwähnt.

Zusammenfassend erweist sich die vorliegende Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im Hinblick darauf, daß die Vorlage der Verwaltungsakten uno actu auch zum zur Zl. 97/21/0899 anhängigen Beschwerdeverfahren erfolgte, kommt hier nur der Zuspruch des halben Pauschalsatzes für Vorlageaufwand in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0612).

Wien, am 12. Februar 1999

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