Normen
AsylG 1991 §4;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
AsylG 1991 §7 Abs4;
AsylG 1991 §4;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
AsylG 1991 §7 Abs4;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Zweitbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet, Erst- und Drittbeschwerdeführerin sind ihre ehelichen Kinder. Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) wurden alle vier Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Zaire, gemäß § 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz - FrG), BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Dies begründete die belangte Behörde bezüglich des Viertbeschwerdeführers im wesentlichen damit, daß dieser am 30. Juni 1995 "illegal" nach Österreich eingereist sei. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Juli 1995 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe er Berufung erhoben, das Verfahren sei beim Bundesministerium für Inneres (noch) anhängig. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG (gemeint: Asylgesetz 1991) sei am 10. Oktober 1995 nicht mehr verlängert worden. Da auch keine anderen Gründe ersichtlich seien, aus denen der Viertbeschwerdeführer zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei, sei er gemäß § 17 Abs. 1 FrG auszuweisen. Auf vorgebrachte Argumente bezüglich einer Bedrohungssituation in Zaire sei nicht einzugehen, da mit der verfügten Ausweisung nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land auszureisen sei. Ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Viertbeschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG liege nicht vor, da er sich erst verhältnismäßig kurz in Österreich aufhalte und hiezu mit Ausnahme des Zeitraumes, für den ihm eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugekommen sei, nicht berechtigt gewesen sei.
Zu den Ausweisungen betreffend Erst- bis Drittbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde im wesentlichen gleichlautend aus, daß diese mit ihrem Ehemann/Vater - gleichfalls "illegal" - am 30. Juni 1995 nach Österreich eingereist seien. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bestehe jeweils nicht, weshalb mangels anderer Gründe für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auch insoweit mit Ausweisung vorzugehen sei.
Gegen die jeweils ihre Person betreffenden Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, diese "zur Gänze" (zu 1. und 2.) bzw. wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften (zu 3. und 4.), aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine, auf alle vier Beschwerden bezugnehmende Gegenschrift und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Wie noch zu zeigen sein wird, hängt das Schicksal aller Beschwerden vom Ausgang des Verfahrens betreffend den Viertbeschwerdeführer ab. Die belangte Behörde begründete ihre Auffassung, dieser halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und sei daher gemäß § 17 Abs. 1 FrG auszuweisen, im Ergebnis damit, daß eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 am 10. Oktober 1995 nicht mehr verlängert worden sei. Wie sich auch ihren weiteren Überlegungen zu § 19 FrG entnehmen läßt (arg: "Sie ..... waren mit Ausnahme des Zeitraumes, für den Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugekommen ist, zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigt"), geht sie also offenkundig davon aus, daß dem Viertbeschwerdeführer ursprünglich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zugekommen sei. Damit folgt sie der schon von der erstinstanzlichen Asylbehörde vertretenen Ansicht.
Kam dem Viertbeschwerdeführer zufolge seines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, so ist - wie in der Beschwerde des Viertbeschwerdeführers richtig aufgezeigt - die dargestellte Rechtsansicht der belangten Behörde verfehlt, eine einmal vorhandene vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei "mangels Verlängerung" erloschen. Worauf sich die Behörde möglicherweise bezieht, ist die mit einer verlängerbaren Gültigkeitsdauer von höchstens drei Monaten auszustellende Bescheinigung nach § 7 Abs. 4 Asylgesetz 1991. Diese Bescheinigung hat jedoch keinerlei konstitutiven Charakter. Das Recht der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung tritt vielmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ex lege ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 96/20/0249) und erlischt - wiederum ex lege - nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 leg. cit. Einer unterbliebenen Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung nach § 7 Abs. 4 Asylgesetz 1991 kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu.
Bestand hier eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung, so ist ihre Dauer nach § 7 Abs. 3 Asylgesetz 1991 zu beurteilen.
Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt einem Asylwerber ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt."
Die belangte Behörde hat festgestellt, daß der Viertbeschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Asylbescheid Berufung erhoben hat, über die im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides noch nicht entschieden worden war (und der gemäß § 64 Abs. 1 AVG grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommt). Mithin war zu diesem Zeitpunkt das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen und eine allfällige vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Viertbeschwerdeführers daher nach wie vor aufrecht. Unterstellt man wie die belangte Behörde, daß der Viertbeschwerdeführer die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erfüllte, so kann vor diesem Hintergrund von einem unrechtmäßigen Aufenthalt dieses Beschwerdeführers in Österreich keine Rede sein.
Davon ausgehend erweisen sich neben der Beschwerde des Viertbeschwerdeführers aber aus dem Grunde des § 4 Asylgesetz 1991 auch die Beschwerden seiner Ehegattin und seiner beiden minderjährigen Kinder (Erst- bis Drittbeschwerdeführer) als berechtigt. Die letztgenannten Personen haben nämlich, wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich, gemäß dieser Bestimmung Ausdehnungsanträge gestellt. Nach § 4 zweiter Satz Asylgesetz 1991 haben sie im Verfahren über die Gewährung von Asyl dieselbe Rechtsstellung wie der Asylwerber, was insbesondere bedeutet, daß ihnen gleich jenem - gegebenenfalls - die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. zukommt (270 BlgNR 18.GP, 14). Hierauf (und auf den Stand der Verfahren) ist die belangte Behörde - wiederum in Verkennung der Rechtslage - nicht eingegangen; in den die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen betreffenden Bescheiden wird vielmehr ohne nähere Begründung apodiktisch ausgesprochen, daß eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht bestehe.
Im Ergebnis hat die belangte Behörde damit alle vier hier in Behandlung stehenden Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodaß diese gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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