VwGH 97/21/0112

VwGH97/21/011216.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des am 16. Dezember 1944 geborenen O, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Dezember 1996, Zl. Fr 4360/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §21;
FrG 1993 §31 Abs1;
FrG 1997 §114 Abs4;
FrG 1997 §35 Abs3 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §48 Abs1;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs2;
SGG §12 Abs3 Z3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §21;
FrG 1993 §31 Abs1;
FrG 1997 §114 Abs4;
FrG 1997 §35 Abs3 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §48 Abs1;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs2;
SGG §12 Abs3 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 19. Dezember 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 iVm § 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 8. August 1996 wegen §§ 12 Abs. 1, 12 Abs. 2 erster Fall, 12 Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz und §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden sei. Durch diese grobe Missachtung der österreichischen Rechtsordnung mache der Beschwerdeführer deutlich, dass er nicht gewillt sei, sich in das österreichische Rechtssystem zu integrieren. Sein Verhalten stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Auf Grund seines massiven Verstoßes gegen die österreichische Rechtsordnung sei der mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundene Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dringend geboten. Die durchzuführende Interessensabwägung falle daher jedenfalls zu seinen Ungunsten aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eingangs ist klarzustellen, dass das Fremdengesetz 1997 keine Bestimmung enthält, derzufolge der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände. Der Beschwerdeführer wurde nämlich unbestritten mit Urteil vom 8. August 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Wien nach dem Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt. Dies würde den Tatbestand des - mit § 31 Abs. 1 FrG inhaltsgleichen - § 48 Abs. 1 erster Satz des Fremdengesetzes 1997 erfüllen. Es läge auch ein Fall des § 35 Abs. 3 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 vor, angesichts dessen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach diesem Gesetz eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich wäre (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490). Der angefochtene Bescheid ist daher nicht gemäß § 114 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 außer Kraft getreten.

§ 31 Abs. 1 FrG bestimmt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen nur zulässig ist, wenn auf Grund seines Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot im Spruch ihres Bescheides allein auf § 18 FrG und nicht auf § 31 Abs. 1 FrG gestützt hat, war dies zwar rechtswidrig, bewirkte aber keine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers, zumal § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 leg. cit. bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung sind, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der im § 18 Abs. 1 Z. 1 genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 18 Abs. 2 als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. die Erläuterungen zur RV, 692 der Beilagen zu den StenProt des NR

18. GP, Seite 45, und das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 94/18/0184).

Der Beschwerdeführer bestreitet weder die angeführte rechtskräftige Verurteilung nach dem Suchtgiftgesetz noch, die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Straftat gegen das Suchtgiftgesetz begangen zu haben. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde ihre Behauptung, er gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, nicht begründet, sondern lediglich auf den Urteilsspruch des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verwiesen habe. Von der belangten Behörde seien auch keinerlei Milderungsgründe in Erwägung gezogen worden; diese hätten geprüft und in der Begründung ihren Ausdruck finden müssen. Der Beschwerdeführer unterhalte sehr wohl familiäre Bindungen in Österreich und habe eine Lebensgefährtin, die ihm sogar während seiner Haftzeit die Treue gehalten habe und für ihn sämtliche Erledigungen vornehme, die er auf Grund seiner Strafhaft nicht vornehmen könne. Für den Beschwerdeführer sei die Verurteilung eine Lehre und ausreichende Bestrafung gewesen, sodass es keines so weit reichenden Eingriffes in seine Privatsphäre bedürfe. Wie lange er sich bereits im Bundesgebiet aufhält, ist der Beschwerde allerdings nicht zu entnehmen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Unbestritten hat er nämlich mit dem mehr als 25-fachen einer Menge von Suchtgift gehandelt, die für sich allein schon geeignet war, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Daraus hat die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer eine sehr große Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG darstellte. Angesichts der besonderen Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftat ist der angefochtene Bescheid auch im Hinblick auf § 31 Abs. 1 FrG nicht zu beanstanden, vielmehr dürfte die belangte Behörde aus dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers den Schluss ziehen, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung bedeute, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0404, und vom 22. Mai 1996, Zl. 96/21/0264), wobei ihr auch kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn sie angesichts der besonderen Schwere der in Rede stehenden Straftat nähere Feststellungen über die Art und die Umstände der Tatbegehung unterlassen und die Gefährlichkeitsprognose allein auf die Tatsache seiner Verurteilung gegründet hat.

Die belangte Behörde durfte das vorliegende Aufenthaltsverbot im Hinblick auf die geltend gemachten, nicht stark ausgeprägten privaten Beziehungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zutreffend als dringend geboten iSd § 19 FrG erachten und ebenso zutreffend den Auswirkungen desselben auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie im Grund des § 20 Abs. 1 FrG kein höheres Gewicht beimessen als den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht nämlich von Fremden, die des Verbrechens des Suchtgifthandels rechtskräftig für schuldig erkannt worden sind, eine derart schwer wiegende Gefahr aus, dass auch bei ansonsten voller sozialer Integration des Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht unzulässig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1997, Zl. 97/21/0375).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1999

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