VwGH 96/19/1222

VwGH96/19/122222.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1.) der 1974 geborenen Z Ö und 2.) der 1994 geborenen E Ö, die Zweitbeschwerdeführerin vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. H und Dr. P, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 19. März 1996, 1.) zu Zl. 118.647/2-III/11/96 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), und 2.) zu Zl. 118.647/3-III/11/96 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;

 

Spruch:

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 6.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerinnen stellten am 4. Jänner 1995 jeweils als "Erstantrag" bezeichnete Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen, die am 23. Jänner 1995 beim Amt der Tiroler Landesregierung einlangten. Als Aufenthaltszweck wurde jeweils "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft", und zwar mit ihrem Ehegatten bzw. Vater, angegeben. Der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführerinnen verfügte laut einem Erhebungs- und Verfügungsbogen der Bezirkshauptmannschaft Landeck über eine zuletzt bis zum 20. September 1997 gültige Aufenthaltsbewilligung (vgl. OZ. 18 des zu Zl. 96/19/1222 vorgelegten Verwaltungsaktes).

Mit Bescheiden jeweils vom 6. Oktober 1995 wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen von der Bezirkshauptmannschaft Landeck namens des Landeshauptmannes von Tirol gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, unter Zugrundelegung des Tiroler Sozialhilferichtsatzes ergebe sich für die Familie der Beschwerdeführerinnen ein Bedarf von S 23.635,--, in dem eine monatliche Mietbelastung von S 6.000,-- und monatliche Kreditrückzahlungen von S 9.015,-- berücksichtigt wären. Zur Deckung dieses Bedarfes stehe nach den getroffenen Feststellungen lediglich ein monatliches Einkommen in Höhe von S 8.903,-- zur Verfügung. Der Unterhalt der Beschwerdeführerinnen für die Dauer der angestrebten Aufenthaltsbewilligung sei demnach nicht gesichert.

In der von der Erstbeschwerdeführerin (vgl. die unten zu II. folgenden Ausführungen zur diesbezüglichen Zurechnung) erhobenen Berufung wurde ausgeführt, der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin habe bereits seit Juni 1995 eine neue Arbeitsstelle inne, er arbeite mittlerweile bei einem Tiroler Unternehmen und erhalte einen monatlichen Grundlohn von S 13.305,--. Da er Fernfahrer sei, erhalte er zu seinem monatlichen Grundgehalt "Spesen" ausbezahlt, die sich in der Regel zwischen S 15.000,-- und S 20.000,-- bewegten. Rechne man diesen Spesenbetrag dem Grundgehalt hinzu, verdiene er zumindest S 28.000,--. Dieser Betrag erhöhe sich in manchen Monaten auf bis zu S 33.000,--. Beigeschlossen waren der Berufung Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate Juni bis September 1995, aus denen sich jeweils ein Auszahlungsbetrag von S 13.305,-- ergibt (vgl. OZ. 29 des zu Zl. 96/19/1222 vorgelegten Verwaltungsaktes). Zusätzlich waren Kopien von Erlagscheinen beigelegt, aus denen sich ergibt, daß dem Ehegatten - jeweils unter dem Titel "Spesen", und zwar bereits abzüglich eines unterschiedlich hohen Vorschusses - für Juli 1995 S 15.496,--, für August 1995 S 10.670,-- und für September 1995 S 10.299,-- überwiesen wurden (vgl. OZ. 30 des zu Zl. 96/19/1222 vorgelegten Verwaltungsaktes). Der Berufungsschriftsatz trug den Betreff "Z Ö, geb. 1974", der Berufungsantrag ging wörtlich dahin, "den Bescheid der BH Landeck vom 6. Oktober 1995 zur Zl. 3d-FE 6549 aufzuheben und dem Antrag vom 23.1.1995 von Frau Z Ö auf Erteilung einer Bewilligung zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich stattzugeben".

Der Bundesminister für Inneres wies mit Bescheid vom 19. März 1996 die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, wie der vorliegenden Aktenlage entnommen werden könne bzw. wie aus den vom Rechtsvertreter der Erstbeschwerdeführerin vorgelegten Spesenabrechnungen (vom Juli 1995 bis September 1995) ersichtlich sei, komme es "von Monat zu Monat zu recht unterschiedlichen Auszahlungsbeträgen". Da sich diese Beträge je nach Auftragslage des Unternehmens, bei dem der Ehegatte angestellt sei, richteten, seien sie nicht als regelmäßige, kontinuierliche Zahlungen zu erachten und könnten sohin nicht zum monatlichen Grundgehalt als fester Bestandteil angerechnet werden. Im Hinblick auf das vom Ehegatten monatlich ins Verdienen gebrachte Gehalt von S 13.305,-- und unter Berücksichtigung der noch aushaftenden Kreditrückzahlungen komme die erkennende Behörde zur Ansicht, daß der Lebensunterhalt der dreiköpfigen Familie nicht als gesichert erachtet werden könne.

Ebenfalls mit Bescheid vom 19. März 1996 wurde eine Berufung der Zweitbeschwerdeführerin ("Ihre Berufung gegen den folgenden Bescheid: BH Landeck vom 06.10.1995 Zl. 3d-FW 6549") gemäß § 4 Abs. 3 AufG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, es stehe fest, daß der Antrag der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin auf Aufenthaltsbewilligung negativ beschieden worden sei. Im "speziellen Fall" der Zweitbeschwerdeführerin sei für die erkennende Behörde daher § 4 Abs. 3 AufG anzuwenden gewesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Da darin außer dem bereits oben wiedergegebenen Berufungsschriftsatz kein weiterer, die Zweitbeschwerdeführerin betreffender Berufungsschriftssatz enthalten ist, forderte der Verwaltungsgerichtshof sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführer auf, zur Frage Stellung zu nehmen, ob eine Berufung durch die Zweitbeschwerdeführerin eingebracht worden sei.

Mit Schreiben vom 30. November 1998 teilte der Beschwerdevertreter mit, Erhebungen beim Rechtsvertreter der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren hätten ergeben, daß dieser den Auftrag gehabt habe, sowohl für die Erstbeschwerdeführerin als auch für ihre Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin, eine Berufung einzubringen. Er habe dies in seiner Berufungsschrift allerdings nur "undeutlich" zum Ausdruck gebracht, in seiner Berufung vom 3. November 1995 jedoch mehrfach darauf hingewiesen, daß ausreichend Einkommen auch für die Tochter zur Verfügung stünde. Offenbar aufgrund dieses Vorbringens habe die belangte Behörde auch eine Berufung für die Zweitbeschwerdeführerin angenommen und daher den zweitangefochtenen Bescheid erlassen.

Mit Note vom 30. November 1998 übermittelte die belangte Behörde ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. November 1998, in dem diese mitteilt, daß betreffend die Beschwerdeführer keine Aktenteile mehr bei der Behörde auflägen. Die Akten seien vollständig zur Vorlage gebracht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden erwogen:

I. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 27. März 1996) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

Die §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

...

§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Der Antragsteller kann den bei der Antragstellung angegebenen Zweck im Laufe des Verfahrens nicht ändern."

§ 4 der auf Grund der §§ 4 bis 7 und 14 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 105/1973, erlassenen Sozialhilfeverordnung der Landesregierung, LGBl. Nr. 68/1974, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 102/1995, lautete:

"§ 4.

Bemessung des Lebensunterhaltes

(1) Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind unter Anrechnung der nach § 7 des Tiroler Sozialhilfegesetzes einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:

a) Zur Deckung des Aufwandes im Sinne des § 1 lit. a monatliche Leistungen unter Anwendung folgender Richtsätze:

1. für Alleinstehende ................... S 4.950,--

2. für Haushaltsvorstände ............... S 4.240,--

3. für Haushaltsangehörige ohne Anspruch

auf Familienbeihilfe.................... S 2.950,--

4. für sonstige Haushaltsangehörige . S 1.640,--

..."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr Ehegatte habe keine Kreditrückzahlungen in Höhe von monatlich S 9.000,-- zu leisten, die Kreditrückzahlungen beliefen sich nämlich nur auf S 6.673,--, wobei mit dem Kreditinstitut ausdrücklich vereinbart sei, daß die Kreditrückzahlungen auch in der Weise verringert werden könnten, daß die Laufzeit verlängert werde. Ebenso bringt die Beschwerdeführerin vor, die vom Familienerhalter zu bezahlende Monatsmiete betrage S 5.610,--. Da bereits die Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid ausdrücklich von einer Mietbelastung von monatlich S 6.000,-- und einer Kreditbelastung von S 9.015,-- ausgegangen ist und diese Beträge in die Berechnung des Monatsbedarfes der Familie der Beschwerdeführerin ausdrücklich aufgenommen waren, hatte die Beschwerdeführerin entgegen ihrem Vorbringen Gelegenheit, bereits im Verwaltungsverfahren dazu Stellung zu nehmen. In der Berufung ist die Beschwerdeführerin dem diesbezüglichen Vorhalt der Erstbehörde jedoch nicht entgegengetreten. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen unterliegt daher dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.

Es ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtswidrig, wenn sich die Aufenthaltsbehörde bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes eines Antragstellers an den Richtsätzen der Sozialhilfeverordnung des jeweiligen Landes des geplanten Aufenthaltes (hier: Tirol) orientiert.

Die Behörde durfte sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfes der Beschwerdeführerin an jenem Gesamtbetrag orientieren, der nach der Auffassung der Tiroler Landesregierung bei Erlassung des Sozialhilferichtsatzes für 1996 zur Deckung des Unterhaltsbedarfes für einen Haushaltsvorstand und zwei Haushaltsangehörige auch dann ausreichend ist, wenn für die Mitunterstützten keine Familienbeihilfe bezogen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/19/0529). Im vorliegenden Fall hätte dies für einen Haushaltsvorstand S 4.240,--, für zwei Haushaltsangehörige ohne Anspruch auf Familienbeihilfe je S 2.950,--, insgesamt also S 10.140,-- ausgemacht. Zuzüglich der Mietkosten und der Kreditrückzahlungen in Höhe von insgesamt S 15.015,-- pro Monat, von denen - unwidersprochen - bereits die Erstbehörde ausgegangen war, ergäbe sich somit für die Familie der Beschwerdeführerin nach dieser Berechnung ein Bedarf von ca. S 25.000,-- (für die allfällige Annahme, aufgrund der Umstände des Falles der Beschwerdeführerin bestehe ausnahmsweise ein höherer Unterhaltsbedarf, fehlen Feststellungen der belangten Behörde).

Diesem Unterhaltsbedarf hätte die belangte Behörde allerdings sämtliche Unterhaltsmittel gegenüberzustellen gehabt, über die die Beschwerdeführerin (bzw. ihr Ehegatte) verfügt. Ausdrücklich erwähnt hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch nur den Monatsbezug des Ehegatten der Beschwerdeführerin in Höhe von S 13.305,--. Keine ausdrücklichen Feststellungen enthält der angefochtene Bescheid hingegen dahingehend, ob der Beschwerdeführerin oder ihrem Ehegatten für ihr gemeinsames Kind (die Zweitbeschwerdeführerin) Familienbeihilfe gebührt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen auch Ansprüche auf Familienbeihilfe bei der Beurteilung der einem Niederlassungswerber zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel zu berücksichtigende Ansprüche dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561). Ebenso wären nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die dem Ehegatten der Beschwerdeführerin gebührenden Sonderzahlungen einzubeziehen gewesen (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997). Bereits unter Einbeziehung dieser Sonderzahlungen ergäbe sich jedoch, gerechnet auf 12 Monatsbezüge, ein monatlicher Betrag von ca. S 15.520,--, zu dem Familienbeihilfe in Höhe von S 1.300,-- hinzuzurechnen wäre. Damit verfügte der Ehegatte der Beschwerdeführerin über Unterhaltsmittel in der Höhe von knapp unter S 17.000,-- pro Monat.

In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin weiters ausdrücklich vor, ihr Ehegatte sei "Fernfahrer" und beziehe pro Monat "Spesen", in der Höhe von zwischen S 15.000,-- und S 20.000,--. Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen deswegen für unbeachtlich gehalten, weil es nach den vorgelegten Spesenabrechnungen "von Monat zu Monat zu unterschiedlichen Auszahlungsbeträgen" komme und sich diese Beträge nach der Auftragslage des Unternehmens richteten, weshalb sie als nicht regelmäßige kontinuierliche Zahlungen zu erachten seien. Für diese Schlußfolgerung fehlt im angefochtenen Bescheid jedoch eine nachvollziehbare Begründung. Zu ihrer Annahme, die zusätzlichen Zahlungen des Arbeitgebers des Ehegatten der Beschwerdeführerin erfolgten nicht regelmäßig, hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin überdies kein Parteiengehör eingeräumt. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin unterliegt daher auch nicht dem Neuerungsverbot. Indem sie vorbringt, die Höhe dieser Spesen betrage monatlich mindestens S 15.000,--, aus den drei vorgelegten Abrechnungen könne hingegen nicht abgeleitet werden, daß es sich dabei nicht um regelmäßige Zahlungen handle, tut sie in ausreichender Weise die Relevanz dieses Verfahrensmangels dar. Trifft es zu, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin aus dem Titel von "Spesen" monatlich zusätzliche Zahlungen in Höhe von mindestens S 15.000,-- bezieht, so erscheint es nach dem bisher Gesagten nicht ausgeschlossen, daß der Familie der Beschwerdeführerin monatlich Unterhaltsmittel in einer ihren Bedarf übersteigenden Höhe zur Verfügung stehen. Falls die von der Beschwerdeführerin so bezeichneten "Spesen" dazu gedient haben sollten, einen erhöhten Unterhaltsbedarf des Ehegatten (zumindest teilweise) abzugelten, hätte die Behörde festzustellen gehabt, in welchem Ausmaß ein höherer Unterhaltsbedarf des Ehegatten in etwa besteht und dies bei ihrer Aufstellung der für die Familie der Beschwerdeführerin erforderlichen Unterhaltsmittel in Anschlag zu bringen gehabt. Eine solche Feststellung ist jedoch im Verwaltungsverfahren unterblieben.

Der erstangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides setzte ua. voraus, daß diese Beschwerdeführerin eine Berufung im Verwaltungsverfahren eingebracht hat. Der einzige in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegende Berufungsschriftsatz nennt jedoch als Berufungswerberin ausschließlich die Erstbeschwerdeführerin. Ausdrücklich wird darin ausgeführt, daß Z Ö fristgerecht gegen den ablehnenden Bescheid zur Zl. 3d-FW 6549 Berufung an das Bundesministerium für Inneres erstatte (Seite 2 des Berufungsschriftsatzes). Die Zweitbeschwerdeführerin wird in diesem Schriftsatz nur zweimal erwähnt. An einer Stelle wird darauf hingewiesen, daß die Erstbeschwerdeführerin im Rahmen einer Familiengemeinschaft gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen Kind (der Zweitbeschwerdeführerin) in Österreich leben wolle. An anderer Stelle wird ausgeführt, daß für den Fall, daß die Erstbeschwerdeführerin sowie ihre Tochter nach Österreich zu ihrem Mann bzw. Vater zögen, es notwendig sei, daß ein notwendiger Lebensunterhalt vorhanden sein müsse. Wie bereits oben wiedergegeben, wird die Zweitbeschwerdeführerin auch im Berufungsantrag, der den Schriftsatz beschließt, nicht erwähnt; vielmehr wird ausdrücklich (allein) beantragt, dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Erteilung der angestrebten Bewilligung Folge zu geben. Angesichts dieses Wortlauts des Berufungsschriftsatzes kann der Auffassung der Zweitbeschwerdeführerin, die Berufung erstrecke sich auch auf sie, nicht gefolgt werden.

Fehlt es aber an einer der Zweitbeschwerdeführerin zurechenbaren Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 27. Oktober 1995, der daher in Rechtskraft erwuchs, durfte die belangte Behörde keine Berufungsentscheidung treffen. Indem sie über eine nicht eingebrachte Berufung meritorisch abgesprochen hat, hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zustand (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, Zl. 92/07/0130).

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

III. Zum Ausspruch über den Aufwandersatz:

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.

Wien, am 22. Jänner 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte