Normen
AgrVG §1 Abs1;
AgrVG §7 Abs4;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §66 Abs4;
FlVfGG §3 Abs1;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs5;
FlVfLG NÖ 1975 §12 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17 Abs8;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AgrVG §1 Abs1;
AgrVG §7 Abs4;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §66 Abs4;
FlVfGG §3 Abs1;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs5;
FlVfLG NÖ 1975 §12 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17 Abs8;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführern Aufwendungen in Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Verordnung der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde (ABB) vom 10. Februar 1984 wurde das Verfahren zur Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke F von Amts wegen gemäß § 3 des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl. Nr. 6650-2, hinsichtlich bestimmter in dieser Verordung näher beschriebener Grundstücke eingeleitet. Hievon sind auch die den Gegenstand dieser Beschwerde bildenden Grundstücke der Beschwerdeführer betroffen.
Mit Bescheid vom 3. März 1986 legte die ABB die Ergebnisse der im Zusammenlegungsverfahren F erfolgten
- a) Ermittlung des Eigentums und der sonstigen Rechtsverhältnisse an den im Zusammenlegungsgebiet liegenden Grundstücken und
- b) Bewertung dieser Grundstücke im Wege der amtlichen Schätzung unter Anhörung von Schätzmännern auf Grund der Bestimmungen des FLG, und zwar
- a) gemäß § 10 Abs. 2 FLG im Besitzstandsausweis und
- b) gemäß § 12 Abs. 1 FLG im Bewertungsplan
fest. Die ABB stellte fest, daß der Besitzstandsausweis und der Bewertungsplan aus dem Besitzstandsausweis (1 Heft), 6 Plänen (Maßstab 1:2000), Namensverzeichnis und Verhandlungsschrift vom 14. Februar 1986 bestünden und die angeführten Unterlagen einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildeten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, daß bei einigen ihnen gehörenden Grundstücken die Bewertung nicht den tatsächlichen Ertragswerten entspreche und daher auch die Einreihung einzelner Grundstücke und Grundstücksteile nicht in den entsprechenden Bonitätsklassen erfolgt sei. Nach § 11 Abs. 5 FLG seien die Grundstücke nach dem Ertragswert zu schätzen. Bei einigen ihnen gehörenden Grundstücken und Grundstücksteilen hätten jedoch die bei der Bewertung zu berücksichtigenden Umstände nur in unzureichendem Ausmaß Beachtung gefunden. Jene Grundstücke und Grundstücksteile gegen deren Bewertung und Einreihung in die Bonitätsklassen sich ihre Berufung richte, würden nachstehend einzeln unter der jeweiligen Ordnungsnummer angeführt.
In der Folge wurden die von den Beschwerdeführern in das Zusammenlegungsverfahren eingebrachten Grundstücke der KG F Nr. 966, 348/1, 302, 1059, 1138/2, 1511, 155/1, 155/3, 1470, 1472, 1474, 1475, 1476/1, 1476/2, 1487/1, 1487/2, 290/2, 287, 707, 473/3, 473/1, 474/2 und 1063/1 ausdrücklich angeführt und wurde jeweils ein Vorbringen dahingehend erstattet, warum die Bewertung im angefochtenen Bescheid nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen soll.
(Das in der Berufung angeführte Grundstück 1243/1 steht offensichtlich nicht im (Mit-) Eigentum der Beschwerdeführer, wird in der Folge im angefochtenen Erkenntnis nicht ausdrücklich erwähnt und auch nicht in die Beschwerde einbezogen).
Abschließend führen die Beschwerdeführer in der Berufung aus, da sich nach § 17 FLG der Abfindungsanspruch einer Partei nach Maßgabe des ermittelten Wertes der dem Verfahren unterzogenen Grundstücke richte und diese mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abzufinden seien, komme einer richtigen Einreihung der einzelnen Grundstücke oder Grundstücksteile in den einzelnen Bonitätsklassen und Ermittlung ihrer Vergleichswerte größte Bedeutung zu. Es sei nicht immer der tatsächliche Ertragswert bei der Einreihung der genannten Grundstücke in die einzelnen Bonitätsklassen herangezogen worden; dies werfe im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit des Abfindungsanspruches Probleme auf.
Bei der am 24. April 1986 an Ort und Stelle durchgeführten Schlichtungsverhandlung wurde Grundstück 1243/1 an Ort und Stelle in der Natur überprüft. Aus der von der ABB angefertigten Niederschrift ergibt sich folgender Inhalt:
"...: Die Klasse 10 irrtümlicherweise auf Grdst. 1243/1 eingetragen worden. Anstatt der 10. Klasse wäre 6. Klasse anzurechnen auf Grdst. 1243/1.
(Unterschrift)
AV
Der Antragsteller wünscht obgenannte Berichtigung; die übrigen Berufungsstellen würden dann zurückgezogen."
Aus der von der ABB am 6. Mai 1986 aufgenommenen
Verhandlungsschrift ergibt sich folgendes:
"...
Anwesende Parteien und Beteiligte bzw. ihre Vertreter:
O.Z. im eigenen Namen und für M.Z., Vollmacht ausgewiesen; sowie O.S., 9.9.1935, im eigenen Namen und für M.S. (Beschwerdeführer), Vollmacht ausgewiesen.
Gegenstand der Verhandlung: Schlichtungsversuch hinsichtlich der von den Parteien O. und M. Z. und O. und M. S.(Beschwerdeführer) gegen den Bescheid vom 3.3.1986 Z. 4323/170, eingebrachten Berufungen. Die Verhandlung wurde mit Verständigung vom 25.4.1986, Z 4323/177, anberaumt; die Zustellungen sind ausgewiesen.
Nach Eröffnung der Verhandlung überzeugt sich der Verhandlungsleiter von der Identität bzw. von der Vertretungsbefugnis der Anwesenden und legt den Gegenstand der Verhandlung dar. Er teilt mit, daß bisher Einwendungen am Sitz der Behörde nicht eingelangt sind.
Berufung S.: Herr O.S. zieht seine Berufung im Interesse der Ermöglichung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindung im Herbst 1986 hinsichtlich der Gdst. 966, 348/1, 302, 1059, 1138/2, 1511, 1470, 290/2, 287, 473/3, 473/1, 474/2 und 1063/1 vorbehaltlos zurück.
Mit Rücksicht darauf, daß seitens des Op. Lt. eine entsprechende Abfindung in der Riede "K" im Bereich der Gdst. 1471, 1472, 1473, 1474, 1475, 1476/1 verbindlich zugesagt wird, zieht Herr O.S. seine Berufung auch hinsichtlich der Bewertung der Gdst. 1472, 1474, 1475, 1476/1 und/2 zurück.
Ferner zieht Herr O.S. hinsichtlich Gdst. 155/1, 155/3, 707, 1487/1 und 1487/2 anhängige Berufung zurück, weist aber darauf hin, daß sein Anspruch auf Abfindung mit Grundstücken tunlichst gleicher Beschaffenheit zu berücksichtigen ist. Dies gilt hinsichtlich aller Grundstücke.
Sowohl hinsichtlich der noch bestrittenen Bewertung des Gdst. 1243/1, als auch hinsichtlich der von O. und M. Z. bestrittenen Bewertung des Gdst. 209 liegen tatsächlich unrichtige Bewertungsergebnisse vor, die auf Vermessungsfehler zurückzuführen sind:
Gdst. 1243/1: 0,0516 ha dieses Gdst. sind auf Grund der
berichtigten Neigungsmessung von der
10. Ackerklasse in die 6. Ackerklasse überzuführen.
..."
Das Protokoll dieser Verhandlungsschrift ist vom
Erstbeschwerdeführer unterschrieben.
In der Folge wurde vom Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (LAS) auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der ABB vom 3. März 1986 ein Mitglied des LAS mit Erhebungen betraut, welche den Beschwerdeführern mitgeteilt wurden. Die Beschwerdeführer gaben hiezu jeweils umfangreiche Stellungnahmen ab (Schreiben vom 15. November 1989, vom 21. November 1990, vom 2. Dezember 1991 und 15. Jänner 1992).
Mit Anbringen vom 5. März 1992, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingelangt am 20. März 1992, beantragten die Beschwerdeführer, "daß die Zuständigkeit in der vorstehend bezeichneten Sache (Erlassung des Zusammenlegungsplanes) von der NÖ. Agrarbezirksbehörde wegen Fristversäumnis übergeht" mit der Begründung, die ABB habe mit Bescheid vom 16. Dezember 1986, Zl. 4323/238, die vorläufige Übernahme im Zusammenlegungsverfahren F angeordnet, der Zusammenlegungsplan hätte gemäß § 7 a Abs. 4 das Agrarverfahrensgesetzes 1950 (AgrVG) spätestens 3 Jahren nach Eintritt der Rechtskraft der Anordnung der vorläufigen Übernahme erlassen werden müssen; dies sei jedoch nicht erfolgt.
Mit Erkenntnis vom 21. April 1992 wies der LAS den Devolutionsantrag der Beschwerdeführer als unbegründet ab; er führte in der Begründung aus, im gegenständlichen Zusammenlegungsverfahren sei die Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen rechtswidrigerweise zu früh erfolgt, da die Behörde den Eintritt der Rechtskraft des Bewertungsplanes abwarten hätte müssen (§ 22 Abs. 1 lit. b FLG). Die Anordnung der vorläufigen Übernahme sei aber mangels rechtzeitig erhobener Berufung in Rechtskraft erwachsen und könne vom LAS auch nicht etwa gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG als nichtig erklärt werden, weil sie an keinem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leide. Bei Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Dreijahresfrist zur Erlassung des Zusammenlegungsplanes wäre jedoch der ABB noch kein rechtskräftiger Bewertungsplan zur Verfügung gestanden und hätte der Abfindungsanspruch der Berufungswerber (deren Berufung gegen dem Bewertungsplan bislang noch nicht erledigt sei) nicht festgestellt werden können. Daher treffe auch die ABB kein Verschulden, wenn sie auf die Rechtskraft des Bewertungsplanes warte, ehe sie den Zusammenlegungsplan erlasse.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab der LAS der Berufung der Beschwerdeführer gegen Bescheid der ABB vom 3. März 1986, Z. 4323/170, teilweise Folge und änderte den Bewertungsplan wie folgt ab:
"1. Auf Grundstück 1476/1 wird eine Teilfläche von 752 m2 der Klasse 5 in Klasse 4 eingestuft. Hiedurch erhöht sich der Wert dieses Grundstückes um 22,56 Punkte.
2. Auf Grundstück 155/1 wird eine Teilfläche von 624 m2 der Klasse 8 in Klasse 6 eingestuft. Hiedurch erhöht sich der Wert dieses Grundstückes um 31,20 Punkte.
3. Auf Grundstück 155/3 wird eine Teilfläche von 70 m2 der Klasse 8 in Klasse 6 eingestuft. Hiedurch erhöht sich der Wert dieses Grundstückes um 3,50 Punkte.
4. Auf Grundstück 707 wird eine Teilfläche von 750 m2 der Klasse 8 in Klasse 7 eingestuft. Hiedurch erhöht sich der Wert dieses Grundstückes um 15,00 Punkte.
5. Das 766 m2 große Grundstück 1474 der Klasse 2 wird in Klasse 1 eingestuft. Hiedurch erhöht sich der Wert dieses Grundstückes um 15,32 Punkte.
Die von der Änderung betroffenen Grundflächen sind in vier Lageplänen dargestellt, die wesentliche Bestandteile dieses Erkenntnisses sind.
Der übrige Inhalt des angefochtenen Bewertungsplanes wird
bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 AVG; §§ 11 und 12 des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FlG), LGBl. Nr. 6650-3."
Nach Darstellung der Beschaffenheit der in Berufung gezogenen Grundstücke (mit Ausnahme Grundstück Nr. 1243/1) sowie der maßgeblichen Gesetzeslage führte der LAS in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses weiters aus, im Zusammenlegungsverfahren F habe die ABB im Verzeichnis der Mustergründe insgesamt 10 Ackerklassen sowie die Klasse Hutweide und "Außer Kultur" festgelegt und die auf die einzelnen Klassen entfallenden Wertpunkte je Hektar festgesetzt. Sie habe insgesamt 66 Musterlöcher für die unterschiedlichen Bonitäten aufgestellt und die Beschaffenheit dieser Musterlöcher genau beschrieben. Diese Musterlöcher dienten ausschließlich zur Feststellung der Bonitäten aller Grundstücke im Zusammenlegungsgebiet. Die Heranziehung der Bonitäten von Nachbargrundstücken zur Überprüfung der durch Berufung angefochtenen Bonitäten der eigenen Grundstücke - wie von den Beschwerdeführern verlangt - wäre nicht nur gesetzlich unzulässig, sondern zur Feststellung der Richtigkeit der Bonitäten der berufungsgegenständlichen Grundstücke nicht geeignet. Die Bonitäten der den berufungsgegenständlichen Grundstücken benachbarten Grundflächen müßten durchaus nicht fehlerlos ermittelt worden sein, mögen sie auch durch Berufung unangefochten geblieben sein. Es wäre daher auch aus diesem Grund der Vergleich der angefochtenen Bonitäten mit den unangefochten gebliebenen Bonitäten der Nachbargrundstücke nicht zielführend. Eine Verpflichtung der Berufungsinstanz, die durch die Erstbehörde ermittelten Bonitäten derart zu überprüfen, daß die Bodenproben genau an jener Stelle gezogen werden, wo dies durch die Erstbehörde erfolgt sei, bestehe nicht. Es hätten die mit dem Ermittlungsverfahren betrauten Senatsmitglieder die Bodenproben derart zu entnehmen, daß ihnen die Überprüfung der angefochtenen Bonitäten möglich sei. Die genauen Standorte der im zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahren gezogenen Bodenproben seien den Berufungswerbern durch Übersendung von Lageplänen noch vor der Entscheidung der Berufungsinstanz bekannt gegeben worden. Eine Verpflichtung der Behörde, die Berufungswerber zu den örtlichen Erhebungen beizuziehen, bestehe nicht. Der Inhalt des Mustergrundverzeichnisses sei in der Berufung unangefochten geblieben.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte (Teil-) Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf gesetzmäßige Bewertung der in das Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Grundstücke verletzt und machen als Beschwerdegründe Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu prüfen. Der in den §§ 41 Abs. 1 und 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG gebrauchte Begriff "Unzuständigkeit der belangten Behörde" erfaßt auch die Fälle, in denen die Behörde zwar als Rechtsmittelbehörde zur Behandlung eines Rechtsmittels berufen wäre, dieses aber meritorisch nicht erledigen darf. Ihre Zuständigkeit reicht nur soweit, das Rechtsmittel wegen dessen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. Mai 1968, Slg. N.F. Nr. 7357/A).
Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur meritorischen Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der ABB vom 3. März 1986 war im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht gegeben:
Gemäß § 63 Abs. 4 AVG, welche Bestimmung gemäß § 1 AgrVG 1950 auch in Angelegenheiten der Bodenreform für die Agrarbehörden Anwendung findet, ist eine Berufung gegen einen Bescheid nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Eine eingebrachte Berufung kann jederzeit zurückgezogen werden. Sowohl der Berufungsverzicht als auch die Berufungsrücknahme sind als Prozeßhandlungen endgültig, somit unwiderrufbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1988, Slg. N.F. Nr. 12616/A).
Die Berufungsrücknahme muß ausdrücklich, d.h. eindeutig (zweifelsfrei) erklärt werden, bedarf jedoch keiner besonderen Form (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1976, Slg. N.F. Nr. 9133/A). Da die Zulässigkeit einer Bedingung bei einer Prozeßhandlung ausdrücklich vorgesehen sein müßte, ist eine Zurücknahme der Berufung unter Bedingungen unwirksam, weshalb eine solche Erklärung die Erledigung der Berufung durch die Berufungsbehörde nicht entbehrlich macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1983, Slg. N.F. Nr. 11239/A).
Der Erstbeschwerdeführer ist in der Verhandlung vom 6. Mai 1986 - wie sich aus der eingangs dargestellten Verhandlungsschrift ergibt - für sich und im Vollmachtsnamen für die Zweitbeschwerdeführerin aufgetreten.
Aufgrund der gemäß § 15 AVG vollen Beweis bildenden Verhandlungsschrift der ABB vom 6. Mai 1986 hat der Erstbeschwerdeführer die gegen den Bescheid der ABB vom 3. März 1986 von den Beschwerdeführern eingebrachte Berufung betreffend die Bewertung ihrer in das Zusammenlegungsverfahren eingebrachten Grundstücke 966, 348/1, 302, 1059, 1138/2, 1511, 1470, 290/2, 287, 473/3, 473/1, 474/2 und 1063/1 "vorbehaltlos" zurückgezogen.
Nach dem Inhalt der vorerwähnten Verhandlungsschrift hat der Operationsleiter den Beschwerdeführern "eine entsprechende Abfindung in der Riede K im Bereich der Grundstücke 1471, 1472, 1473, 1474, 1475, 1476/1 verbindlich zugesagt". Diese Erklärung des Operationsleiter (arg. "mit Rücksicht darauf") verlanlaßte den Erstbeschwerdeführer, die Berufung "auch hinsichtlich der Bewertung der Gdst. 1472, 1474, 1475, 1476/1 und /2" zurückzuziehen. Es kommt auf Grund des Inhaltes der Verhandlungsschrift vom 6. Mai 1986 (siehe auch die Formulierung zu Gdst. 1243/1: "... hinsichtlich der noch bestrittenen Bewertung ...") den Beschwerdeführern also nicht mehr darauf an, die von der ABB vorgenommene Bewertung der von ihnen eingebrachten Grundstücke in Zweifel zu ziehen, vielmehr wollen sie offenkundig eine Abfindung in einem bestimmten Bereich des Zusammenlegungsgebietes erreichen. Dies ist aber nicht im Verfahrensabschnitt betreffend die Bewertung der in das Zusammenlegungsgebiet eingebrachten Grundstücke, sondern bei Zuweisung der Abfindungen geltend zu machen.
Auch die Rücknahme der Berufung durch die Beschwerdeführer bezüglich der Bewertung der Grundstücke 155/1, 155/3, 707, 1487/1 und 1487/2 erfolgte vorbehaltslos. Die in der Verhandlungsschrift enthaltene Beifügung, ihr "Anspruch auf Abfindung mit Grundstücken tunlichst gleicher Beschaffenheit (ist) zu berücksichtigen", ist als bloße Erinnerung an die im § 17 Abs. 1 und Abs. 8 FLG enthaltenen gesetzlichen Vorgaben für die Rücknahme der Berufung im vorliegenden Fall rechtlich bedeutungslos.
Aus dem Vorhergesagten ergibt sich somit, daß die Beschwerdeführer ihre Berufung gegen den Bescheid der ABB vom 3. März 1986 in der Verhandlung vom 6. Mai 1986 zur Gänze rechtswirksam zurückgezogen haben. Damit wurde der Bescheid der ABB vom 3. März 1986 gegenüber den Beschwerdeführern rechtswirksam. Da die belangte Behörde über die infolge rechtswirksamer Rücknahme durch die Beschwerdeführer nicht mehr existente Berufung meritorisch abgesprochen hat, hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zusteht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der nicht erforderliche Aufwand für Bundesstempel und die verzeichneten Gebühren für Beilagen waren jedoch mangels gesetzlicher Deckung nicht zuzusprechen.
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