Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BauG Vlbg 1972 §2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BauG Vlbg 1972 §2;
Spruch:
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers zur Zl. 97/06/0226 wird als unzulässig zurückgewiesen,
und
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die Berufung der Beschwerdeführerin zur Zl. 97/06/0225 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Beschwerdeführer zur Zl. 97/06/0226 hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin zur Zl. 97/06/0225 Aufwendungen in der Höhe von S 13.310,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 14. August 1997, Zl. II-4101-0061-1997, wurde dem mitbeteiligten Bund die Baubewilligung zum Neubau einer veterinärbehördlichen Grenzkontrollstelle auf dem Grundstück Nr. 4215/2, KG H, erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer gemeinsam mit Schreiben vom 2. September 1997 unter Hinweis auf die Betroffenheit des Nachbargrundstückes Nr. 4594, KG H, Berufung. Diese Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. September 1997 gemäß § 66 Abs. 4 AVG hinsichtlich beider Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.
Die belangte Behörde hat, ausgehend von der Sachverhaltsannahme, daß der beschwerdeführende Gemeindeverband Eigentümer des Grundstücks Nr. 4594, KG H, sei und an der Grenze zwischen diesem Grundstück und dem Baugrundstück eine öffentliche Privatstraße verlaufe, die eine private Nutzungsmöglichkeit ausschließe, eine auf das Nachbarrecht gestützte Parteistellung des Erstbeschwerdeführers im Bauverfahren verneint. Die beschwerdeführende Gemeinde könne ebenfalls nicht Nachbarin und somit Partei des Bauverfahrens sein, da es bereits an der Eigentümerstellung bezüglich der gegenständlichen Liegenschaft fehle.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Aktenvorlage Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aufgrund des sachlichen Zusammenhanges die Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und erwogen:
1. Die Beschwerdeführer wenden mit ihren Beschwerden ein, die belangte Behörde habe unzutreffende Erhebungen über die Eigentumsverhältnisse an der gegenständlichen Liegenschaft durchgeführt. Der beschwerdeführende Gemeindeverband sei nicht grundbücherlicher Eigentümer am Grundstück Nr. 4594, KG H, sondern lediglich der Verwalter der gegenständlichen Liegenschaft, die im alleinigen Miteigentum der Zweitbeschwerdeführerin zu 4/7, der Gemeinde Fußach zu 2/7 und der Gemeinde Gaißau zu 1/7 stehe. Weiters bringen die Beschwerdeführer vor, entgegen den Feststellungen der belangten Behörde bestehe die gegenständliche Liegenschaft nicht nur aus einer Straßenanlage, sondern zwischen dem Gehsteig und dem Baugrundstück befinde sich eine Wiesengrundfläche mit einer Breite von rund 4 m und einer Länge von ca. 40 m, die zur Heugewinnung an Landwirte verpachtet sei. Nach Auffassung der Beschwerdeführer komme ihnen aufgrund dieser Nutzung eines Teils des Grundstücks eine auf das Nachbarrecht gestützte Parteistellung zu.
Die belangte Behörde ist in ihrer Gegenschrift der Behauptung der Beschwerdeführer, das gegenständliche Grundstück stehe in Wahrheit nicht im Eigentum des Beschwerdeführers zu 1.), sondern im anteilsmäßigen Miteigentum der einzelnen Verbandsgemeinden nicht entgegengetreten. Unter Zugrundelegung dieser sich gegenüber dem Verwaltungsverfahren als anders darstellenden Eigentumsverhältnisse (die durch einen Grundbuchsauszug belegt sind) vertritt die belangte Behörde nunmehr die Ansicht, dem erstbeschwerdeführenden Gemeindeverband fehle es bereits mangels des Eigentums an der gegenständlichen Liegenschaft an der Parteistellung. Dagegen komme der beschwerdeführenden Gemeinde als bloßer Eigentümerin des am Baugrundstück vorbeiführenden Straßengrundstücks keine Parteistellung zu.
2. Zur Zurückweisung der Beschwerde des beschwerdeführenden Gemeindeverbandes:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von demjenigen erhoben werden, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf die vorgenannte Verfassungsbestimmung gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Dies gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1984, Zl. 83/15/0036, sowie das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 87/04/0091-0094). Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung kommt es lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte, und nicht darauf, ob ihm in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt worden ist.
Der beschwerdeführende Gemeindeverband ist auch nach seinem eigenen Vorbringen in der Beschwerde nicht Eigentümer, sondern lediglich Verwalter der gegenständlichen Liegenschaft. Aus diesem Grunde kann der beschwerdeführende Gemeindeverband auch nicht Nachbar im Sinne des § 2 des Vorarlberger Baugesetzes sein, wonach Nachbar nur der Eigentümer des fremden, von Baumaßnahmen betroffenen Grundstücks sein kann. Daraus folgt, daß dem beschwerdeführende Gemeindeverband mangels Eigenschaft als Nachbar keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren zukommt und die Beschwerde daher mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war.
3. Zur Beschwerde der beschwerdeführenden Gemeinde:
Wurde mit dem angefochtenen Bescheid zufolge Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde nicht in der Sache selbst erkannt, sondern die Berufung als unzulässig zurückgewiesen, kann das Prozeßthema des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nur allein darin liegen, ob der Zurückweisungsbescheid der Berufungsbehörde mit Rechtswidrigkeit behaftet ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. Mai 1984, Zl. 83/03/0389, sowie vom 10. April 1985, Zl. 85/09/0049).
Die Berufungsbehörde hat für die Berufungsentscheidung den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und rechtlich zu beurteilen und ein allenfalls bestehendes Ermessen auszuüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 92/17/0133). Die Behörde hat hierbei nach dem das Verwaltungsverfahren beherrschenden Grundsatz der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit von sich aus den wahren Sachverhalt festzustellen.
§ 37 AVG verpflichtet die Behörde zwar nicht, von Amts wegen Ermittlungen anzustellen, die aller Voraussicht nach überflüssig sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0063). Der sich aus § 37 AVG ergebende Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit bedeutet in Verbindung mit der sich aus § 39 AVG ergebenden Offizialmaxime aber, daß die Behörde nicht an das tatsächliche Parteienvorbringen gebunden ist, sondern vielmehr von sich aus den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise festzustellen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1992, Zl. 87/17/0177, oder vom 20. Oktober 1992, 91/08/0096). Unterläßt die Behörde im Hinblick auf ein entsprechendes Parteienvorbringen (hier: zum Eigentum an dem Grundstück, welches die Nachbarstellung vermitteln soll, und zur privaten Nutzungsmöglichkeit) eigene Ermittlungen, ändert dies nichts an der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides, wenn sich die Sachverhaltsannahme, die wie im Beschwerdefall zur Zurückweisung einer Berufung mangels Parteistellung führte, als verfehlt erweist. Es ist nach dem AVG nicht möglich, bestimmte Tatsachen dergestalt außer Streit zu stellen, daß die Behörde aufgrund eines bestimmten Parteivorbringens zweckdienliche Ermittlungen überhaupt unterlassen könnte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 92/04/0276).
Damit ergibt sich im Beschwerdefall, daß die belangte Behörde die Parteistellung der beschwerdeführenden Gemeinde unzutreffend beurteilt hat. Da das Prozeßthema dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich darin liegt, ob die Zurückweisung der Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde mit Rechtswidrigkeit behaftet ist, führt dies zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit mit diesem über die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde abgesprochen wurde. Auf die Frage der Begründetheit der Berufung ist in diesem Zusammenhang nicht einzugehen. Diese wird von der belangten Behörde im Rahmen ihrer Entscheidung über die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde zu prüfen sein.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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