VwGH 97/05/0104

VwGH97/05/010422.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Dr. Reinhold Hinteregger und 2. der Erika Hinteregger, beide in Feldkirchen, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, Unterer Platz 11, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art118 Abs5;
B-VG Art130 Abs2;
GdO Allg Krnt 1993 §34 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §94 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §94 Abs2;
VwGG §27;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art118 Abs5;
B-VG Art130 Abs2;
GdO Allg Krnt 1993 §34 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §94 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §94 Abs2;
VwGG §27;

 

Spruch:

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG wird der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 11. Oktober 1995, Zl. 153-94/1979-8, Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.

Die Gemeinde Pörtschach am Wörthersee hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 21. April 1980 wurde Dipl. Ing. Ludwig K. die Baubewilligung für "Abbruch- Zu- und Umbauarbeiten auf dem Grundstück Nr. 944/32, KG Pörtschach" unter Nebenbestimmungen erteilt. Die als Eigentümer des anrainenden Grundstückes Nr. 944/16, KG Pörtschach, in diesem Baubewilligungsverfahren Parteistellung genießenden Beschwerdeführer haben gegen diese Baubewilligung kein Rechtsmittel erhoben.

Mit Eingabe vom 20. September 1993 beantragten die Beschwerdeführer "gemäß § 30/3, 31 und 32 der Kärntner BO" unter Anführung der von ihnen festgestellten, von der erteilten Baubewilligung abweichenden Bauausführungen die Erteilung eines Bauauftrages. Insbesondere seien die Vorschriften über die Einhaltung der Seitenabstände nicht eingehalten worden.

Mit Eingabe vom 24. Februar 1995 beantragte der Konsensinhaber die "Teilkollaudierung und Erteilung der Betriebsbewilligung" des mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 21. April 1980 bewilligten Bauvorhabens.

Mit Schriftsatz vom 6. März 1995, beim Gemeindeamt eingelangt am 9. März 1995, stellten die Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ihre "Eingaben und Ersuchen vom 20.9.1993, 6.12.1993, 20.4.1994, 4.7.1994, 9.8.1994 u.a." an den Gemeindevorstand der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Seitens des Bürgermeisters der vorgenannten Gemeinde wurde hierauf für den 21. Juni 1995 eine mündliche Verhandlung mit dem Gegenstande "Überprüfung des Gebäudes Gabrielenweg 2, Grundstück Nr. 944/32, KG Pörtschach" anberaumt, zu welcher auch die Beschwerdeführer geladen worden sind. In der über diese Verhandlung aufgenommenen Niederschrift ist als "Gegenstand der Amtshandlung" angeführt:

"Überprüfung des Gebäudes Gabrielenweg Nr. 2, Grundstück Nr. 944/32, KG Pörtschach, und Abänderung der Baubewilligung".

Dieser Verhandlung lag offensichtlich ein "Änderungsplan zum Antrag des Dipl. Ing. Ludwig Kramer vom 24. Februar 1995" sowie eine vom Konsensinhaber selbst angefertigte Skizze über die Größe des Abstandes des hier gegenständlichen Gebäudes zum benachbarten Grundstück Nr. 944/16 der Beschwerdeführer zugrunde. In der mündlichen Verhandlung führte der Erstbeschwerdeführer auch in Vertretung der Zweitbeschwerdeführerin aus, daß der Änderungsplan nicht den tatsächlichen Bauausführungen entspräche. Auch der Lageplan gebe den Abstand des Bauwerkes zum Grundstück der Beschwerdeführer nicht richtig wieder. Die Höhe des Bauwerkes entspräche ebenfalls nicht der Baubewilligung. Der beigezogene Sachverständige seinerseits stellte - in der Niederschrift detalliert festgehaltene - Abweichungen von der Baubewilligung fest und forderte Planergänzungen.

Mit Eingabe vom 29. Juli 1995 übermittelte der Baubewilligungsinhaber Dipl. Ing. Ludwig K. "die auf den Ist-Stand überarbeiteten Einreichpläne für das auf Parzelle Nr. 944/32, KG Pörtschach errichtete Bauobjekt" und ersuchte "um Baubewilligung der dargestellten Abänderungen".

Ohne hiezu den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, erließ der Bürgermeister der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee mit der Präambel, Dipl. Ing. Ludwig K. habe mit "Eingabe vom 24. Februar 1995 bzw. 29. Juli 1995 .... um die Abänderung der Baubewilligung vom 21. April 1980 angesucht", den Bescheid vom 11. Oktober 1995, mit welchem "gemäß § 20 der Kärntner Bauordnung vom 19.5.1992, in der Fassung LGBl. Nr. 103/1992," der Baubewilligungsbescheid vom 21. April 1980 dahingehend abgeändert wurde, "daß die Bauführung nach dem nachgereichten, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektes der Fa. St. Bau im Maßstab 1 : 100 (Eingangsstempel der Gemeinde Pörtschach a.W. vom 2.8.1995) mit der Naturaufnahme im Maßstab 1 : 50, und unter nachstehenden Bedingungen zu erfolgen hat". Nach Anführung der Nebenbestimmungen wurde die Abänderung der Bewilligung im wesentlichen damit begründet, daß der im Baubewilligungsbescheid zum bestehenden östlichen Gebäude mit 1,50 m festgelegte Abstand an der südöstlichen Hausecke nur 1,47 m betrage. Der Dachvorsprung einschließlich der Dachrinne betrage an der Ostseite 0,56 m, jener an der Nordseite von nur 0,97 m. Die Längenüberschreitung der Ostmauer betrage 0,13 m. Die Höhe der Dachuntersicht betrage an der nordöstlichen Gebäudeecke 6,27 m und an der südöstlichen Gebäudeecke 5,98 m (ab Fliesenoberkante).

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen die mit 31. Oktober 1995 datierte Berufung.

Mit Eingabe vom 3. Mai 1996, beim Gemeindeamt Pörtschach am Wörthersee eingelangt am 7. Mai 1996, stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag, weil über ihre Berufung vom 31. Oktober 1995, beim Gemeindeamt Pörtschach am Wörthersee eingelangt am 1. November 1995, nicht entschieden worden sei.

Mit Schriftsatz vom 18. März 1997 erhoben die Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Gemeinderat der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mit dem Beschwerdepunkt:

"Dadurch, daß einerseits der zufolge Devolutionsantrag nicht mehr zuständige Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz den Bescheid vom 11.10.1995 erlassen hat und andererseits der Gemeindevorstand, als auch in weiterer Folge der Gemeinderat, bis heute über die Berufung gegen den Bescheid vom 11.10.1995, Zahl 153-94/1979-8, nicht entschieden hat, wurden wir in dem uns zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht auf Entscheidung binnen angemessener Frist durch den 'gesetzlichen Richter' verletzt."

Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden, den angefochtenen Baubewilligungsbescheid vom 11. Oktober 1995 im Sinne einer Antragsabweisung abzuändern und "der belangten Behörde den sofortigen Abbruch des widerrechtlich und rechtlich und tatsächlich nicht sanierbaren Zubaues aufzutragen".

Mit Verfügung vom 2. April 1997 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 7. Mai 1997 zugestellt.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 teilte die belangte Behörde mit, daß der Verwaltungsakt der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vorgelegt worden sei und beantragte Kostenzuspruch. Mit Schreiben vom 21. April 1998 wurde in der Folge der Verwaltungsakt vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Gemäß § 94 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. für Kärnten Nr. 77, entscheidet der Gemeindevorstand über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches endgültig. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle übt dieser auch - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.

Wird daher innerhalb der in § 73 AVG genannten Frist in einem nach der Kärntner Bauordnung abzuführenden, aufgrund eines Antrages einer Partei eingeleiteten Verfahren der Bescheid dieser Partei nicht zugestellt, geht auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (§ 73 Abs. 2 AVG) über, im konkreten Fall also vom Bürgermeister auf den Gemeindevorstand. Im Falle der Säumigkeit nach Anrufung des Gemeindevorstandes ist aber in einem solchen Verfahren auch noch der Gemeinderat gemäß § 73 Abs. 2 AVG anzurufen, weil gemäß § 34 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 dieser das oberste Organ in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ist (vgl. hiezu auch Art. 118 Abs. 5 B-VG sowie den zum Kremser Stadtrecht ergangenen hg. Beschluß vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0160).

Im gegenständlichen Beschwerdefall haben die Beschwerdeführer am 20. September 1993 einen Antrag gemäß § 30 Abs. 3 Kärntner Bauordnung 1992 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 26/1992 (BO) gestellt. Diese Gesetzesstelle hat folgenden Wortlaut:

"(3) Wird durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei des Baubewilligungsverfahrens (§ 21 Abs. 4 und 5) verletzt, so steht dieser in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzten Partei das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach §§ 31 und 32 und anschließend die Parteistellung in diesem baubehördlichen Verfahren zu."

Damit ist dem Anrainer (§ 21 Abs. 2 BO) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erlassung eines Baueinstellungs- und eines Beseitigungsauftrages insoweit eingeräumt, als dieser in einem subjektiv-öffentlichen Recht im Sinne des § 21 Abs. 5 BO verletzt worden ist. In dem vorgenannten Antrag der Beschwerdeführer vom 20. September 1993 wird mit dem Vorbringen, der Konsensinhaber habe unter Außerachtlassung der im genehmigten Bauplan enthaltenen Seitenabstände zum Nachbargrundstück der Beschwerdeführer eine entgegen der erteilten Baubewilligung erfolgte Bauausführung vorgenommen, eine Verletzung der Bestimmungen über die Abstände von den Grundstücksgrenzen, sohin eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle geltend gemacht. Den Beschwerdeführern steht sohin im gegenständlichen Fall das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach §§ 31 und 32 der Kärntner Bauordnung 1992 (siehe hiezu auch die Übergangsbestimmungen der Anlage II der Kundmachung LGBl. Nr. 62/1996, Art. II Abs. 2) und anschließend die Parteistellung in diesem - aufgrund des Antrages nach § 30 Abs. 3 BO abzuführenden - baubehördlichen Verfahren zu. Besitzt ein Anrainer aber einen Rechtsanspruch auf Erlassung eines Bauauftrages, dann trifft die Baubehörde bei entsprechender Antragstellung daher eine Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 AVG (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 (1998), S. 1639, E 91. zu § 73 AVG referierte hg. Rechtsprechung). Ein nach § 73 Abs. 2 AVG gestellter Antrag wiederum bewirkt, sofern die Voraussetzungen für diesen Antrag vorgelegen haben, mit dem Einlangen des Antrages bei der Oberbehörde, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung endgültig der bisher zuständigen Behörde entzogen und auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergegangen ist. Ein nach diesem Zeitpunkt durch die Unterbehörde erlassener Bescheid ist infolge Unzuständigkeit dieser Behörde, unabhängig davon, ob die Unterbehörde tatsächlich schuldhaft säumig im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG war, sowie ohne Rücksicht darauf, wann die Unterbehörde von der Anrufung der Oberbehörde Kenntnis erlangt und wann das zuständige Organ den Bescheidentwurf durch seine Unterschrift genehmigt hat, rechtswidrig (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1991, Zl. 91/05/0017, und vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0064, u.v.a.).

Entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Rechtsansicht war der Bürgermeister der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee zur Erledigung des Antrages des Konsensinhabers Dipl.Ing. Ludwig K. auf Abänderung der Baubewilligung vom 21. April 1980 im Beschwerdefall zuständig, weil auch ein anhängiges Verfahren nach § 32 BO auf Herstellung des rechtmäßigen Zustandes die Durchführung eines Verfahrens nach § 20 BO auf Abänderung der Baubewilligung infolge Antrages des Konsensinhabers nicht hindert. Der Übergang der Zuständigkeit aufgrund des Devolutionsantrages der Beschwerdeführer vom 6. März 1995 vom Bürgermeister auf den Gemeindevorstand der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee bezog sich ausschließlich auf ihren Antrag auf Durchführung behördlicher Maßnahmen nach § 32 BO.

Der Bürgermeister der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee hat unter Bezugnahme auf die Anträge des Konsensinhabers Dipl. Ing. Ludwig K. vom 24. Februar 1995 bzw. 29. Juli 1995 die beantragte "Änderung der Baubewilligung vom 21. April 1980" betreffend seinen Baubewilligungsbescheid vom 11. Oktober 1995 im Grunde des § 20 BO dahingehend bewilligt, "daß die Bauführung nach dem nachgereichten, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektes der Fa. St. Bau im Maßstab 1 : 100 (Eingangsstampiglie der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 2.8.1995 mit der Naturaufnahme im Maßstab 1 : 50), und unter nachstehenden Bedingungen zu erfolgen hat". Diese einen integrierenden Bestandteil des nunmehr zu überprüfenden Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 11. Oktober 1995 bildenden Pläne wurden vom antragstellenden Konsensinhaber mit dem gleichzeitigen Antrag um Erteilung der "Baubewilligung der dargestellten Abänderungen" vom 29. Juli 1995 der Behörde vorgelegt, wo sie am 2. August 1995 eingelangt sind. Ohne den Beschwerdeführern zu diesem Antrag und den Einreichplänen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ohne eine mündliche Verhandlung darüber abzuführen, hat der Bürgermeister den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Oktober 1995 erlassen.

§ 20 Abs. 2 BO sieht vor, daß dem Antrag auf Änderung der Baubewilligung die zur Beurteilung der Änderung des Vorhabens notwendigen Pläne und Beschreibungen in zweifacher Ausfertigung sowie der Beleg über die Zustimmung des Eigentümers, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer ist, anzuschließen ist. Im übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 7, 14 bis 17 und 21 sinngemäß.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind auch die Bestimmungen der §§ 11 bis 13 sinngemäß anzuwenden, sofern sich bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c die Änderung auf Größe, Form oder Verwendung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bezieht.

Aus den Verwaltungsakten im Zusammenhang mit den vom antragstellenden Konsensinhaber vorgelegten Antragsunterlagen ergibt sich, daß sich die beantragte Änderung jedenfalls auf die Größe eines nach § 4 lit. a BO bewilligungspflichtigen Vorhabens bezieht. Vor der Entscheidung über die Erteilung der Änderung der Baubewilligung ist im Beschwerdefall daher jedenfalls auch eine mit einem Augenschein verbundene mündliche Verhandlung vorzunehmen (§ 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BO), zumal Rechte der Beschwerdeführer als Anrainer gemäß § 21 leg. cit. betroffen sind.

Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen (§ 66 Abs. 2 AVG). Die Berufungsbehörde kann jedoch gemäß § 66 Abs. 3 AVG die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

Ob die Berufungsbehörde eine Verhandlung durchzuführen hat, ist nach § 66 AVG zu prüfen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0336). Bei Gebrauchnahme von der Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 66 Abs. 2 AVG hat die Behörde zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Für die Ermessensübung in Form der Zurückverweisung erweist sich sodann insbesondere auch der Umstand als ausschlaggebend, daß mit einer mündlichen Verhandlung und einer unmittelbaren Beweisaufnahme durch die Berufungsbehörde selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinne des Tatbestandes des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 91/11/0124). Im vorliegenden Fall ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedenfalls erforderlich, weil zur Erörterung der Bewilligungsfähigkeit der beantragten Änderung der Baubewilligung betreffend das beschwerdegegenständliche Gebäude nicht nur Sachverständige beigezogen werden müssen, sondern auch wegen allfälliger Notwendigkeit von Auflagen, die erst die Bewilligungsfähigkeit ermöglichen, und weil die gleichzeitige Anwesenheit von Sachverständigen und der Parteien des Verfahrens (insbesondere der Anrainer) erforderlich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1985, Slg. Nr. 11.795/A). Es liegt auf der Hand, daß die Durchführung der mit einem Augenschein verbundenen mündlichen Verhandlung (s. § 14 Abs. 1 BO) durch den Verwaltungsgerichtshof, welcher aufgrund der Säumnisbeschwerde als Berufungsbehörde zu entscheiden hat, keinesfalls mit einer Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinne des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Wien, am 22. September 1998

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