Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
StGB §83;
StGB §84;
AVG §58 Abs2;
AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
StGB §83;
StGB §84;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der mit ihm ausgesprochenen Entziehungsmaßnahme wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 23. Mai 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die ihm erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G vorübergehend entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. verfügt, daß ihm "eine Lenkerberechtigung für die Zeit von zwölf Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides nicht erteilt werden darf". Weiters wurde ausgesprochen, daß einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt wird. Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Juli 1991 wurde der dagegen eingebrachten Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, "daß die Entziehungszeit am 4. Juni 1991 begonnen hat und am 4. Juni 1992 endet".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Der gegenständlichen Entziehungsmaßnahme liegt zugrunde, daß der Beschwerdeführer mit einem näher bezeichneten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Jänner 1991 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB bestraft worden sei. Dies erfolgte - wie der vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften Urteilsausfertigung zu entnehmen ist - deshalb, weil der Beschwerdeführer in der Nacht zum 23. Juni 1990 an einem bestimmten Ort eine namentlich genannte Person vorsätzlich am Körper verletzt habe, "indem er gegen dessen rechte Schulterregion schoß", wobei die Tat eine an sich schwere, mit einer Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von über 24-tägiger Dauer verbundene, näher beschriebene Verletzung zur Folge hatte. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die belangte Behörde auf Grund der Begehung dieser strafbaren Handlung zu Recht das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 angenommen hat, macht aber geltend, daß die belangte Behörde keine dem Gesetz entsprechende Wertung dieser bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. vorgenommen habe. Dabei verweist er zutreffend darauf, daß für eine solche Wertung unter anderem die seit Begehung der strafbaren Handlung verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend war. Diesbezüglich vertrat die belangte Behörde den Standpunkt, daß der Beschwerdeführer "auch derzeit noch" (also noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 30. Juli 1991) als verkehrsunzuverlässig angesehen werden müsse, weil seit der betreffenden strafbaren Handlung noch keine so lange Zeit verstrichen sei, daß mit Sicherheit auf eine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers geschlossen werden könne, und eine Änderung seiner Sinnesart frühestens nach Ablauf von 12 Monaten (ab 4. Juni 1991) zu erwarten sei. Dem vermag jedoch der Verwaltungsgerichtshof - im Sinne des Beschwerdevorbringens - nicht beizupflichten.
Zwischen der Begehung der strafbaren Handlung "in der Nacht zum 23. Juni 1990" bis zu der am 4. Juni 1991 bewirkten Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides vom 23. Mai 1991 lag ein Zeitraum von fast einem Jahr, ohne daß der Beschwerdeführer der Aktenlage nach neuerlich nachteilig in Erscheinung getreten wäre. Auch wenn man berücksichtigt, daß sich der Beschwerdeführer - nach dem Spruch des genannten Urteiles - in der Zeit vom 23. Juni 1990, 22.45 Uhr, bis 30. Juli 1990, 14.00 Uhr, in Haft befunden hat, in welcher Zeit er sein Wohlverhalten nicht unter Beweis stellen konnte, und seinem Wohlverhalten im Hinblick auf das gegen ihn anhängige Strafverfahren bis zur Erlassung des Urteiles keine uneingeschränkte Bedeutung zukommt, war doch bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides bereits ein so langer Zeitraum verstrichen, daß unter Beachtung aller maßgebenden Umstände die Annahme gerechtfertigt war, der Beschwerdeführer werde voraussichtlich vor Ablauf von drei Monaten (nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A). Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, daß dem Beschwerdeführer der Umstand, daß gegen ihn ein Entziehungsverfahren eingeleitet worden war, der Aktenlage nach vor Erlassung dieses Bescheides gar nicht bekannt war und daher nicht gesagt werden kann, daß er sich bei seinem weiteren Verhalten darauf eingestellt habe. Ebensowenig kann daher davon, daß dies der Fall gewesen wäre, trotz späterer Kenntnis vom Entziehungsverfahren hinsichtlich des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer auch in der Folge bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nichts zuschulden hat kommen lassen, ausgegangen werden; vielmehr hat die bereits eingetretene positive Änderung seiner Sinnesart dadurch eine Bestätigung erfahren. Ungeachtet der Verwerflichkeit der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlung, wobei ihm entgegenzuhalten ist, daß es auf den Beweggrund, der ihn dazu veranlaßt hat, nicht ankommt, des von der belangten Behörde erwähnten Umstandes, daß der Beschwerdeführer (lediglich) im Jahre 1988 ein Vergehen gemäß § 88 Abs. 1 und 4 StGB (fahrlässige schwere Körperverletzung) begangen hat, sowie der "Gefährlichkeit der Verhältnisse", die sich bei derartigen strafbaren Handlungen schon aus ihrer Natur ergibt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1992, Zl. 91/11/0158), hätte demnach die belangte Behörde die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Entziehungsmaßnahme nicht aufrechterhalten dürfen.
Der angefochtene Bescheid war somit in diesem Punkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß insoweit noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
2. Was die Beschwerde in Ansehung der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG anlangt, so geht der Beschwerdeführer daran vorbei, daß dieser Ausspruch mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in derartigen Fällen im Einklang steht (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/11/0161, und die dort angeführte Vorjudikatur). War die Erstbehörde - wenn auch, wie sich nunmehr herausgestellt hat, zu Unrecht - der Auffassung, daß dem Beschwerdeführer weiterhin die Verkehrszuverlässigkeit fehlt, so war die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten, woran - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der Umstand nichts ändert, daß die Erstbehörde nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Entziehungsmaßnahme angeordnet hat.
Da sich somit die Beschwerde hinsichtlich dieses Ausspruches als unbegründet erweist, war sie in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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