Normen
11992E177 EGV Art177;
ARB1/80 Art14 Abs1;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §40 Abs1;
AVG §67d Abs1;
AVG §67e Abs1;
EURallg;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §48 Abs3;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1993 §52 Abs1;
FrG 1993 §52 Abs2;
JN §1;
EMRK Art5 Abs4;
EMRK Art6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38a;
VwRallg;
11992E177 EGV Art177;
ARB1/80 Art14 Abs1;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §40 Abs1;
AVG §67d Abs1;
AVG §67e Abs1;
EURallg;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §48 Abs3;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1993 §52 Abs1;
FrG 1993 §52 Abs2;
JN §1;
EMRK Art5 Abs4;
EMRK Art6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38a;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Dezember 1997 wurde gemäß den §§ 51 Abs. 1 und 52 Abs. 1, 2 und 4 zweiter Satz des Fremdengesetzes (FrG), BGBl. Nr. 838/1992, in Verbindung mit § 67c Abs. 4 AVG die an diese Behörde gerichtete Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Inhaftnahme und fortgesetzten Freiheitsentziehung als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 52 Abs. 4 erster Satz FrG festgestellt, daß zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG ein Kostenersatz vorgeschrieben.
In der Begründung führte die belangte Behörde zum festgestellten Sachverhalt unter anderem aus, der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, sei am 21. Juni 1994 wegen des Verdachtes der Begehung des Verbrechens nach § 12 Suchtgiftgesetz festgenommen worden. Im Anschluß daran sei über ihn die Untersuchungshaft verhängt worden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. Mai 1996 sei über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Maßgebend sei hiefür das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. April 1995 gewesen, mit welchem dem Beschwerdeführer wegen des versuchten Verbrechens nach den §§ 15 StGB und 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz sowie wegen des Verbrechens nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden sei.
Die vom Beschwerdeführer gegen das erwähnte Aufenthaltsverbot beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde habe der Gerichtshof mit Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 96/21/0564, als unbegründet abgewiesen. Der Bundesminister für Inneres habe mit Bescheid vom 5. Februar 1997 den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen. Mit Beschluß vom 12. März 1997, Zlen. 97/21/0003, 0004, habe der Verwaltungsgerichtshof unter anderem den Antrag auf Wiederaufnahme des zu Zl. 96/21/0564 abgeschlossenen Verfahrens abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei im Anschluß an das durchgeführte gerichtliche Strafverfahren in eine näher genannte Strafanstalt eingeliefert worden, wo er am 12. Dezember 1995 die Strafe angetreten habe. Am 28. Oktober 1997 sei er in eine andere Justizanstalt zum weiteren Vollzug der Gerichtsstrafe überstellt worden. Die Gerichtshaft habe am 19. Dezember 1997 um 08.00 Uhr geendet.
Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) habe mit 17. Dezember 1997 den Gendarmerieposten Dornbirn beauftragt, dem Beschwerdeführer den Bescheid der BH vom 17. Dezember 1997, mit dem die Schubhaft zur Sicherung und Überwachung der Ausreise des Beschwerdeführers angeordnet worden sei, zu übergeben und den Beschwerdeführer anschließend zum Vollzug der Schubhaft in den Verwaltungsarrest zu überstellen. Am 19. Dezember 1997 um 08.00 Uhr habe der Beschwerdeführer in der Justizanstalt die Übernahme dieses Bescheides verweigert; der Beschwerdeführer sei anschließend am 19. Dezember 1997 um 08.45 Uhr von Gendarmeriebeamten zum Vollzug der Schubhaft in einen näher genannten Verwaltungsarrest überstellt worden und habe sich dort auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden. Der Schubhaftbescheid der BH sei am 19. Dezember 1997 - adressiert an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers - der Post übergeben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt unter anderem das Unterlassen der Prüfung seiner "Assoziationsintegration" durch die belangte Behörde. Er habe vor seiner Verhaftung, nämlich von April 1989 bis Juni 1994, in einem Arbeitsverhältnis gestanden und erfülle daher die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des (durch das Assoziationsabkommen zwischen der EWG und der Türkei geschaffenen) Assoziationsrates vom 19. September 1980 (kurz: ARB). Er sei "unbeschränkt niederlassungsberechtigt" und habe seine "Assoziationsrechte" auch durch die Verbüßung der Freiheitsstrafe nicht eingebüßt. Hiezu kämen auch die "Assoziationsrechte" nach Art. 7 ARB im Hinblick auf seine "assoziationsintegrierte Frau", welche als "(mittätige), ein regelmäßiges Einkommen erzielende Gesellschafterin" der S.-Gesellschaft m.b.H. "jedenfalls den autonomen Arbeitnehmerbegriff" des ARB erfülle.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers über seine aus der behaupteten "Assoziationsintegration" abgeleitete Aufenthaltsberechtigung gehen schon deshalb ins Leere, weil unbestritten über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - siehe auch die vorstehenden Ausführungen zum Sachverhalt - rechtskräftig war.
An der Rechtskraft dieser Entscheidung hat auch der laut Behauptung des Beschwerdeführers mit 17. Dezember 1997 gestellte Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nichts geändert.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0565, ausgeführt hat, ist der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung eines Fremden in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht war. Trifft dies zu, so hat die daran gebundene belangte Behörde vom Bestehen desselben auszugehen.
Angesichts der auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellten Rechtskraft des gegen ihn verhängten Aufenthaltsverbotes im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geht die Verfahrensrüge der unterlassenen Prüfung einer allfälligen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nach Art. 6 und 7 ARB schon deshalb ins Leere, weil darüber in einem anderen Verwaltungsverfahren vor der zuständigen Fremdenbehörde zu entscheiden ist (bzw. war). Im Lichte der dargestellten hg. Judikatur war die Behörde jedenfalls an die Rechtskraft des verhängten Aufenthaltsverbotes gebunden.
Ferner rügte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 MRK, daß zu Unrecht von der belangten Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei, weil - insbesondere unter Hinweis auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. November 1997 in den Fällen Szücs gegen Österreich und Werner gegen Österreich - jedes Verfahren, in dem ein Haftentschädigungsanspruch dem Grunde nach geprüft werde, "also alle Haftprüfungsverfahren", gleichfalls unter die Verfahrensgarantie des Art. 6 MRK fallen würden.
Dem ist entgegenzuhalten, daß eine derartige Aussage - nämlich des Unterstellens sämtlicher Haftprüfungsverfahren unter die Verfahrensgarantien des Art. 6 MRK - den vom Beschwerdeführer genannten Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht entnommen werden kann. Vielmehr führt der genannte Gerichtshof im Zusammenhang mit dem Haftentschädigungsverfahren nach dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz (StEG) im Fall Szücs gegen Österreich (Nensletten 1997, S. 274 ff) unter anderem aus, es genüge, für das Vorliegen von "zivilrechtlichen Ansprüchen", wenn der Klagsgegenstand eine vermögenswerte (pecuniary) Angelegenheit betreffe und die Klage auf einer angeblichen Verletzung von Rechten beruhe, die gleichfalls vermögenswerte Rechte seien. "Das Recht auf Haftentschädigung" sei wegen seines vermögenswerten Charakters ein "zivilrechtlicher Anspruch" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK. Auch im Fall Werner ging es um Ersatzansprüche wegen "ungerechtfertigter Haft".
Über ein "Recht auf Haftentschädigung" wird jedoch weder im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde noch in weiterer Folge im Zuge einer nachprüfenden Kontrolle einer diesbezüglichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof entschieden. Die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung seitens der belangten Behörde war daher unter diesem Gesichtspunkt nicht rechtswidrig.
Ferner wird auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/02/0179, verwiesen, worin - unter Bezugnahme auf den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1995, B 2541/94 - ausgeführt wird, daß Art. 5 Abs. 4 MRK im Zusammenhang mit einem Schubhaftbeschwerdeverfahren eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht fordere.
Überdies zeigt der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es sei ihm infolge der unterlassenen mündlichen Verhandlung die Möglichkeit genommen worden, "Akteneinsicht in den vorgelegten Fremdenakt zu nehmen, etwa zu prüfen, ob der vorgelegte Fremdenpolizeiakt vollständig" gewesen sei und die "ihn begünstigenden Schriftstücke" enthalte, nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal auch das Vorliegen eines solchen nichts an der Rechtskraft des von der belangten Behörde zu beachtenden Aufenthaltsverbotes ändern könnte. Überdies ist für den Verwaltungsgerichtshof aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer etwa die Möglichkeit zur vollen Akteneinsicht bei der Behörde sowie die Möglichkeit, alles Zweckdienliche vorzubringen, nicht offengestanden wäre.
Da von der belangten Behörde - wie bereits dargestellt - die Frage einer allenfalls auf Gemeinschaftsrecht (der EU) fußenden Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nicht zu prüfen war, war die belangte Behörde - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch nicht gehalten, Fragen betreffend die Auslegung der vom Beschwerdeführer angeführten Bestimmungen der ARB an den EuGH im Wege des sogenannten Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 177 EGV heranzutragen. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, den Anregungen des Beschwerdeführers zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zu dieser Frage im Zusammenhang mit den Art. 6, 7 und 14 Abs. 1 ARB nachzukommen.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer zur Frage der Notwendigkeit der Schubhaft vor, er hätte nach seiner Enthaftung an seinen früheren Wohnsitz, wo er weiterhin gemeldet sei, zurückkehren können, wo seine Frau und seine Kinder leben würden. Ferner verdiene seine Frau "ihren Lebensunterhalt", weshalb die Annahme des "Untertauchens" völlig unbegründet sei.
Aus diesen Ausführungen des Beschwerdeführers geht klar hervor, daß er nicht gewillt war, seinen mit dem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot im Widerspruch stehenden Aufenthalt zu beenden. Wenn die belangte Behörde besonders auch unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers (siehe insbesondere den schwerwiegenden Verstoß gegen das Suchtgiftgesetz) die Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung bejaht hat, so begegnet dies keinen Bedenken, zumal es für den genannten Sicherungszweck nach § 48 Abs. 3 FrG genügt, daß die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1995, Zl. 95/02/0220).
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer die unterlassene Prüfung der Notwendigkeit der Schubhaft durch die belangte Behörde, obwohl "sich zwischenzeitlich die maßgebliche Sach- und Rechtslage wesentlich" verändert habe. Er verweist in diesem Zusammenhang neuerlich auf die behauptete Aufenthaltsberechtigung auf Grund des EU-Rechtes (ARB) hin. Ferner wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe seinen Antrag vom 17. Dezember 1997, das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot wegen "geänderter tatsächlicher und rechtlicher Voraussetzungen" aufzuheben, ignoriert.
Dem ist entgegenzuhalten, daß es nicht Aufgabe der belangten Behörde ist, die Erfolgsaussichten des die Aufhebung des gegen den Schubhäftling erlassenen Aufenthaltsverbotes begehrenden Antrages zu beurteilen und solcherart ihrem Bescheid eine künftige allenfalls günstigere Rechtsposition des Schubhäftlings zugrunde zu legen, ebenso wie es ihr verwehrt ist, das rechtskräftige Aufenthaltsverbot und die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, einer Überprüfung zu unterziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, 96/02/0565). Die gerügte Rechtswidrigkeit war daher wegen der zu beachtenden Rechtskraft des unbefristeten Aufenthaltsverbotes nicht gegeben.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/97 Abstand genommen werden, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt und der Beschwerdeführer - wie bereits dargelegt - nicht mit Erfolg darzulegen vermochte, daß im Beschwerdefall im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle einer Schubhaftbeschwerde ein "zivilrechtlicher Anspruch" im Sinne des Art. 6 MRK zu prüfen sei.
Im Hinblick auf die vorliegende Entscheidung erübrigt sich ein Abspruch über die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung bzw. einer einstweiligen Verfügung.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)