Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs2 idF 1995/471;
AVG §52 Abs2;
AVG §52;
BauG Vlbg 1972 §22;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs2 idF 1995/471;
AVG §52 Abs2;
AVG §52;
BauG Vlbg 1972 §22;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Eingabe vom 4. März 1992 suchte die Beschwerdeführerin um die nachträgliche Bewilligung zur Aufstellung von insgesamt drei Werbetafeln auf den Gp. 578/1 und 578/2, KG F, an. In einer der Beschwerdeführerin übermittelten Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung/Abteilung Straßenbau wurde darauf verwiesen, daß die beiden sich auf der Gp. 578/2 befindlichen Werbeträger durch ihre Sichtbarkeit die Straßenbenützer ablenkten und eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit darstellten. Die Beschwerdeführerin wandte sich daraufhin gegen die Bezeichnung dieser Stellungnahme als Gutachten und vertrat des weiteren den Standpunkt, daß es der Beiziehung eines Amtssachverständigen bedurft hätte. Darüber hinaus sei eine Beurteilung eines besonderen Interesses der allgemeinen Straßenbenützer für die Erteilung der beantragten Bewilligung ohne Belang.
Mit Bescheid vom 16. September 1992 wurde die Bewilligung für den sich auf der Gp. 578/1 befindlichen Werbeträger unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, die Genehmigung hinsichtlich der Gp. 578/2 jedoch versagt. Der Beschwerdeführerin wurde auch die Entfernung der auf der Gp. 578/2 bereits bestehenden zwei Werbeträger aufgetragen und dies mit einer beträchtlichen Störung des Gesamteindruckes des durch traditionellen Baustil dominierten Ortsteiles begründet.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf das Erfordernis der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob einem Bauvorhaben Ortsbildschutzinteressen entgegenstünden. Die Begründung des Bescheides entspreche nicht den in den §§ 58 und 60 AVG normierten Mindestanforderungen, da sie wegen gänzlicher Unbestimmtheit der getroffenen Feststellungen nicht nachvollziehbar und auch keiner übergeordneten Kontrolle zugänglich sei. Die Berufungsbehörde holte daraufhin ein orts- und landschaftsbildliches Gutachten von einem Architekten ein, der beeidet wurde. In dem Gutachten wurden die verfahrensgegenständlichen Werbeanlagen als Fremdkörper bezeichnet, welche das "weitgehend intakte und durchaus qualitätsvoll bildhafte Gesamterscheinungsbild des zentrumnahen Ortsbereiches gröblichst negativ beeinträchtigten". In einer zu diesem Gutachten abgegebenen Stellungnahme vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß ein der Behörde beigegebener bzw. ihr zur Verfügung stehender amtlicher Sachverständiger beizuziehen gewesen wäre und monierte die fehlende Objektivität des Gutachters.
Mit Bescheid vom 11. Februar 1994 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und betreffend die Sachverständigenfrage auf § 52 Abs. 2 AVG verwiesen, demzufolge die ausnahmsweise Beiziehung anderer geeigneter Personen als Sachverständiger zulässig sei. Die fehlende Objektivität des beigezogenen Architekten wurde bestritten und die Auffassung vertreten, daß aufgrund mangelnder sachlicher Gegenargumente der Beschwerdeführerin kein Anlaß bestünde, das Sachverständigengutachten in Zweifel zu ziehen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Sie bestritt darin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 AVG. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, worauf sich konkret die Ablehnung der Berufung der Beschwerdeführerin stütze, da sich die Ausführungen der Behörde nicht auf eigene Feststellungen gründeten, sondern lediglich in der Verteidigung des beigezogenen Gutachters sowie in der Verwerfung der Argumente der Beschwerdeführerin bestünden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Es könne der Berufungsbehörde kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie ihrer Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigengutachtens zugrunde gelegt habe. Ob durch das Bauprojekt eine Beeinträchtigung des Landschafts- und Ortsbildes hervorgerufen werde, müsse mangels eigener Fachkenntnisse der Behörde von einem Sachverständigen beurteilt werden. Eine Befangenheit des Sachverständigen könne nicht festgestellt werden, da dieser nachvollziehbar begründet habe, weshalb die Werbeanlagen den spezifischen ortsbildlichen Kriterien des gegenständlichen Ortsteiles nicht genügten. Betreffend die ausnahmsweise Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen führte die belangte Behörde aus, daß es nach Aussagen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung/Abteilung Raumplanung und Baurecht aufgrund der während des im verfahrensgegenständlichen Fall interessierenden Zeitraumes erfolgten Inanspruchnahme der Sachverständigen im Rahmen der örtlichen Raumplanung nicht möglich gewesen sei, der Berufungsbehörde einen Amtssachverständigen zur Verfügung zu stellen. Die Heranziehung sowie die erfolgte Beeidigung des nichtamtlichen Sachverständigen sei daher unbedenklich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen sowie gegen die Verwendung von dessen Gutachten durch die Gemeindebehörden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Frage, ob einem Vorhaben Interessen des Ortsbildschutzes entgegenstehen, im Baubewilligungsverfahren durch ein in Befund und Gutachten gegliedertes Sachverständigengutachten geklärt werden, welches die Einflüsse des Projektes auf das Ortsbild darlegt und die getroffene Schlußfolgerung ausreichend begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1987, Zl. 87/05/0048). Die Frage, ob Werbeeinrichtungen das Orts- oder Landschaftsbild beeinträchtigen, ist deshalb Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, weil nur der Sachverständige aufgrund seines Fachwissens in der Lage ist, objektive Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen. Aufgabe der entscheidenden Behörde ist es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1992, Zl. 91/06/0213, und vom 17. November 1994, Zl. 92/06/0061).
Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob das von der Behörde erster Instanz eingeholte Gutachten diesen Anforderungen entsprach, da es jedenfalls ausreichend ist, wenn das von der Behörde zweiter Instanz eingeholte Gutachten im Sinne der genannten Rechtsprechung zu Recht der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte.
Gemäß § 52 Abs. 2 AVG kann die Behörde ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige heranziehen, sofern Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder wenn dies mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint.
In der Beschwerde wird sowohl die Zulässigkeit der Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen bezweifelt als auch gerügt, daß keine ordnungsgemäße Beeidigung erfolgt sei.
Unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft, daß eine ("bloß") dreimonatige Arbeitsauslastung der beim Amt der Landesregierung tätigen Amtssachverständigen nicht die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen rechtfertigen könnte, ist zu dieser Verfahrensrüge darauf hinzuweisen, daß die gerügten Mängel Verfahrensmängel darstellen, die vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zum Anlaß der Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu nehmen wären, wenn die Wesentlichkeit der Verfahrensmängel dargetan wäre (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 11. März 1981, Zl. 3087/80, und vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/05/0117).
Im Hinblick auf die Frage, inwieweit die belangte Behörde bei Bestellung eines amtlichen Sachverständigen bzw. bei Verwendung einer anderen Eidesformel bei der Vereidigung des nichtamtlichen Sachverständigen zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. Juni 1987, Zl. 83/05/0146, 0147, Slg. Nr. 12.492/A, festgestellt hat, begründet nicht die Beeidigung, sondern die Bestellung die Sachverständigenstellung. Das Unterbleiben der Beeidigung stellt einen Verfahrensmangel dar, dessen Relevanz gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu prüfen ist (vgl. auch die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, unter E 140 zu § 52 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Die vorstehenden Ausführungen zur Auswirkung des Verfahrensmangels der Unterlassung der Beeidigung bzw. allfälliger Fehler bei der Beeidigung gelten auch für den Fall der Heranziehung eines Sachverständigen ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 471/1995. Es ist daher auf die Frage, ob die im Beschwerdefall durchgeführte Beeidigung des nichtamtlichen Sachverständigen dem Gesetz entsprochen hat, nicht näher einzugehen.
Mit dem Vorwurf, "die Enunziationen des Sachverständigen seien unbrauchbar, in sich widersprüchlich sowie in einer Art erfolgt, welche geeignet sei, die Unbefangenheit des einschreitenden Architekten - wäre er Sachverständiger im Sinne des § 52 AVG - in Zweifel zu ziehen", sind im Beschwerdefall nicht geeignet, die Schlüssigkeit des von der Berufungsbehörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die genannten Behauptungen sind auch nicht geeignet, Zweifel an der Unbefangenheit des einschreitenden Sachverständigen hervorzurufen.
Die Beschwerdeführerin hat auch in ihrer Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs im Berufungsverfahren vor der Gemeindebehörde keine Umstände aufgezeigt, die die Gemeindebehörde veranlassen hätten müssen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Die Beschwerdeführerin ist den Aussagen des nichtamtlichen Sachverständigen nicht mit entsprechenden sachlich fundierten Gegenargumenten auf gleichem fachlichen Niveau entgegengetreten. Die Ausführungen in dieser Stellungnahme, daß es einen Widerspruch bedeute, einmal den Standort als "Zentrumsrand", dann als "zentrumsnahe" zu bezeichnen, sind nicht geeignet, eine Unschlüssigkeit des Gutachtens aufzuzeigen. Inwiefern "geradezu eine Erwartungshaltung des Betrachters eines solchen Gebietes das Vorhandensein von Werbeanlagen gebietet", wird in der Stellungnahme nicht näher begründet.
Wenn in dieser Stellungnahme dem Gutachter vorgehalten wird, daß er bestimmte Zweckbauten selbst als strukturfremd bezeichnet habe, so ist die daraus gezogene Schlußfolgerung insoweit verfehlt, als an der bezogenen Stelle im Gutachten davon gesprochen wird, daß die Bauten der letzten Jahrzehnte zwar "je jünger desto strukturfremder (seien), sie vermochten aber trotzdem nicht, die bildhafte Qualität und Dominanz der alten Siedlungsstruktur entlang der Landesstraße zu überspielen" und besäßen durchaus Ensemblecharakter. Insgesamt hat der Gutachter das Bestehen eines durchaus qualitätsvoll bildhaften Gesamterscheinungsbildes festgestellt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertreten hat, sind einzelne störende Einflüsse durch Bauten dann nicht ausschlaggebend im Zusammenhang mit dem Ortsbildschutz, solange noch ein schützenswertes Ortsbild vorhanden ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1992, Zl. 90/06/0103, vom 13. Februar 1992, Zl. 91/06/0126, oder vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0153). Demnach ist auch ein bereits durch störende Eingriffe beeinträchtigtes Ortsbild noch schützenswert, sofern es überhaupt noch vorhanden ist. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten zum Schluß gekommen, daß ein weitgehend intaktes und durchaus qualitätsvoll bildhaftes Gesamterscheinungsbild vorhanden sei. Die Ausführungen in der genannten Stellungnahme sind nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten diesbezüglich zu entkräften. Insbesondere kann der Umstand, daß jener Markt, vor dem die in Rede stehenden Werbetafeln errichtet werden sollen, als strukturfremdes Element zu qualifizieren ist, nicht dazu führen, daß die (auch vom Gutachter festgestellten) Strukturbrüche im vorhandenen Ortsbild durch die gegenständliche Aufstellung noch zu verstärken wären.
Auch die unter Punkt 2 der Beschwerde indirekt enthaltene Verfahrensrüge hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Bescheides geht daher ins Leere.
Die behaupteten Rechtswidrigkeiten liegen somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)