Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Juli 1988 war dem Beschwerdeführer die Errichtung von vier Dachgauben auf seinem Haus in X, bewilligt worden. Da er an Stelle der bewilligten vier fünf wesentlich größere Dachgauben errichtet hatte, beantragte er nach Baueinstellung die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die errichteten fünf Dachkapfer sowie für (nicht verfahrensgegenständliche) Balkone auf dem genannten Haus.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 12. Februar 1990 wurde dieses Bauansuchen hinsichtlich des Einbaues von fünf Dachkapfern an der westseitigen Dachfläche des genannten Hauses gemäß § 31 Abs. 4 lit. d der Tiroler Bauordnung abgewiesen. Dabei berief sich die Behörde auf ein schriftliches Gutachten zweier Sachverständiger, die zu dem Ergebnis kamen, daß die bereits in Angriff genommene bauliche Veränderung eine ablesbare gestalterische "Verunklärung" des Gebäudes als Einzelobjekt bewirke, die baugestalterische Veränderung der Dachform sowie der Fassade sei Teil des Orts- und Straßenbildes, wodurch das bauliche Erscheinungsbild als Gesamtbild des Straßen- und Platzbildes nachhaltig negativ verändert werde. Das Gebäude des Beschwerdeführers nehme eine zentrale Stellung im Straßen- und Ortsbild ein und weise an sich eine interessante Bauform auf; es sei in seinem Aufbau ein Repräsentant einer überkommenen Bauweise. Diesem Gutachten habe sich auch der hochbautechnische Sachverständige anläßlich der mündlichen Verhandlung am 26. Jänner 1990 angeschlossen.
Das erwähnte schriftliche Gutachten führt weiters aus, daß sich die Hofstelle des Beschwerdeführers im Ortskern von X befinde und mit den benachbarten Bauten eine baugestalterische und räumliche Einheit bilde. Die teils bäuerlich geprägten Bauten ließen weitestgehend einheitliche Gestaltungsprinzipien erkennen. Die Dachlandschaft im Kern sei gekennzeichnet durch geschlossene Satteldachformen, durch einfache Gestaltung ohne besondere Dacheinbauten. Dabei wurde die bewilligte Fassadenansicht der konsenslos ausgeführten skizzenhaft gegenübergestellt. In der bewilligten Form waren vier Dachgauben von ca. 1 m x 0,8 m vorgesehen, in der konsenslos vorgenommenen fünf Gauben mit einer Fensterlichte von 2 m x 1 m. Die Gutachter befanden schon die bewilligte Lösung seitens der Dach- und Ortsbildcharakteristik des dörflich geprägten Kerngebietes als nicht unproblematisch, da Dachkapfer vorwiegend ein städtisches Element bzw. vielfach Bestand der Villenarchitektur der Jahrhundertwende seien. Die zwischenzeitig erfolgten konsenslosen Ausbaumaßnahmen gingen jedoch weit darüber hinaus, da an Stelle der ursprünglich vier kleingliedrigen Gauben jetzt großmaßstäbliche Gauben in der genannten Größe errichtet worden seien. Dadurch zeige sich die Fassade vollständig unproportioniert. Fenstergrößen im aufgehenden Mauerwerk der seitlichen Wandfläche von maximal 1 m x 1 m stünden Fensterflächen von doppelter Größe auf der Dachfläche gegenüber. Damit entstehe eine optische Überhöhung der straßenseitigen Wand und eine faktische Anhebung der derzeitigen Traufenlinie. Die geschlossene Dachfläche werde aufgerissen und zur Gänze zerstört. Anordnung und Format der Dachgauben bewirkten eine optische Verlagerung des Baukörperschwerpunktes auf das Dach. Die Gutachter kamen daher zum Ergebnis, daß damit das bauliche Erscheinungsbild, als Gesamtheit des Straßen- und Platzbildes, nachhaltig negativ verändert werde.
In der Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten insbesondere dahin, daß keine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes vorliege, zumal der alte Charakter der Gemeinde bereits seit vielen Jahren zerstört worden sei, überdies durch den Bau eines großen Einkaufszentrums noch weiter zerstört würde. Wegen eines Neubaus mit Dachterrasse südlich des Anwesens des Beschwerdeführers sei der Ausbau einer fünften Dachgaube geradezu lächerlich und könne das Ortsbild in keiner Weise stören. Es handle sich vielmehr um einen Willkürakt der Gemeinde gegen den Beschwerdeführer, der bei den Gemeindefunktionären unbeliebt sei.
Der die Berufung abweisende Bescheid des Gemeindevorstandes vom 6. April 1990 wurde mit Vorstellungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Juni 1990 aufgehoben und die Rechtssache an den Gemeindevorstand rückverwiesen, da das Sachverständigengutachten dem Beschwerdeführer nicht in förmlicher Weise zur Kenntnis gebracht worden sei, was dem Anspruch der Partei auf Wahrung des Parteiengehörs widerspreche.
Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer eine Kopie des Gutachtens zur allfälligen Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt. Nach der Aktenlage erfolgte jedoch keine Stellungnahme. Daraufhin wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. Oktober 1990 neuerlich die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Versagungsbescheid ab. Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen und des Gutachtens der Sachverständigen ging auch die Berufungsbehörde davon aus, daß das beantragte Bauvorhaben von fünf Dachkapfern auf der westseitigen Dachfläche des Hauses des Beschwerdeführers in der beantragten Form aus der Sicht des "Ortsstraßenbildes" abzulehnen sei. Die vom Beschwerdeführer getroffenen Aussagen zum Orts- und Straßenbild der Gemeinde gingen im weiten Bereich an der Sache vorbei und stellten durch nichts begründete Behauptungen dar. So stehe der geplante Bau eines Einkaufszentrums, die bauliche Struktur einer Siedlung und das Ortsbild der Einfahrt in die Gemeinde im Osten in keinerlei Zusammenhang mit der Charakteristik des Orts- und Straßenbildes des alten Ortskernes. Nur um dessen Erhaltung gehe es; der Neubau mit Dachterrasse südlich des Anwesens des Beschwerdeführers sei gefühlvoll in die bestehende Struktur des Ortskernes eingefügt worden; aber selbst aus einer baulichen Fehlentscheidung könne nicht das Recht abgeleitet werden, weitere Baufehler zu begehen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen sei nicht erforderlich; es wäre überdies in der Möglichkeit des Beschwerdeführers gelegen, der Berufungsbehörde ein Gegengutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vorzulegen; dies habe der Beschwerdeführer aber unterlassen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Berufungsbescheid neuerlich erhobene Vorstellung ab. Begründend führte die Behörde aus, daß das Sachverständigengutachten, das die Gemeindebehörden ihren Bescheiden zugrunde gelegt hätten, durchaus den Anforderungen der Rechtsprechung an Gutachten entspreche und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen durchaus schlüssig seien. Die inhaltlichen Argumente des Beschwerdeführers gegen das Gutachten erschöpften sich in bloßen Behauptungen, die sich nicht auf derselben fachlichen Ebene bewegten. Insbesondere gehe das Vorbringen, daß ein schützenswertes Ortsbild der Gemeinde gar nicht mehr bestehe, ins Leere, da auf Grund des Gutachtens sehr wohl davon auszugehen sei, daß im gegenständlichen Bereich noch ein schützenswertes Ortsbild vorhanden sei. Damit vermöge der Hinweis auf die nicht im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit dem Gebäude stehende architektonische Verschandelung der Gemeinde in ihrer Gesamtheit nichts zu ändern. Selbst wenn aber einzelne Objekte im gegenständlichen Bereich das Ortsbild störten, so könne daraus nicht abgeleitet werden, daß ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden könne. Der Hinweis darauf, daß bereits vier Dachkapfer bewilligt seien, gehe insofern ins Leere, als die ursprünglich mit Bescheid vom 4. Juli 1988 bewilligten vier Dachkapfer nicht Gegenstand dieses Verfahrens seien und von den nachträglich beantragten, wesentlich größer ausgeführten fünf Dachkapfern in Wahrheit kein einziger bewilligt sei. Auch der Vorwurf der Befangenheit der Sachverständigen sei verfehlt, denn selbst wenn es richtig sei, daß es sich um ständig beschäftigten Architekten der mitbeteiligten Gemeinde handle, stelle dies keinen Umstand dar, die Unbefangenheit der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte mit Beschluß vom 11. Juni 1991, Zl. B 1331/90, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die belangte Behörde erstattete hiezu eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 4 lit. d der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, ist ein Bauansuchen abzuweisen, wenn sich bei der Bauverhandlung ergibt, daß das Bauvorhaben des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.
In dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Teil der Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit beantragt wird, wird das Gutachten auch unter dem Gesichtspunkt bekämpft, daß zwei Gutachter nicht ein Gutachten abgeben könnten, da der Beschwerdeführer nicht wisse, welchem der Sachverständigen die Äußerungen zuzurechnen seien; so könne dazu nicht gesondert Stellung genommen werden. Dies ist insofern unverständlich, als das Gesetz ja nicht die Einholung zweier Sachverständigengutachten vorsieht, und selbst wenn die Vermutung des Beschwerdeführers richtig wäre, daß einer der Sachverständigen das Gutachten verfaßt und der andere nur mitunterschrieben habe, ändert dies am Vorliegen eines Sachverständigengutachtens nichts.
Auch die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde, daß das Gutachten nicht schlüssig und nicht richtig sei und die Sachverständigen nicht unbefangen und dgl., gehen daran vorbei, daß es der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Gewährung des Parteiengehörs zu dem Gutachten (nach Aufhebung des ersten Berufungsbescheides durch die Vorstellungsbehörde) unterlassen hat, dem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten oder wenigstens aufzuzeigen, inwiefern es unschlüssig sei. Gegen die Schlüssigkeit des im Akt erliegenden Gutachtens bestehen umso weniger Bedenken, als sich aus der darin vorgenommenen skizzenhaften Gegenüberstellung der bewilligten kleinen vier Dachgauben (auch gegen diese hatten die Sachverständigen bereits ortsbildnerische Vorbehalte) einerseits und der ausgeführten fünf Dachgauben anderseits einleuchtend ein erheblich nachteiliger Einfluß auf das Ortsbild ergibt. Im Gegensatz zu den bewilligten vier Dachgauben rufen die fünf wesentlich vergrößerten den Eindruck hervor, daß nicht das Dach durch einzelne Dachkapfer durchbrochen werde, sondern diese Dachgauben zusammen mit den dazwischenliegenden Kaminen optisch nahezu eine Einheit bilden, die nur geringfügig durch die Dachfläche unterbochen wird. Daß dies ortsbildnerisch eine mehr als bedenkliche Maßnahme darstellt, liegt auf der Hand.
Unter diesen Umständen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennen, inwiefern der Beschwerdeführer immer nur von einer nicht bewilligten Dachgaube spricht, obwohl alle fünf nicht bewilligt sind, zumal sie sich von den bewilligten vier ganz wesentlich in der Größe unterscheiden.
Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, ist auch ein bereits einigermaßen durch störende Eingriffe beeinträchtigtes Ortsbild noch schützenswert, sofern es überhaupt noch vorhanden ist. Daß der im Sachverständigengutachten vorgenommene Befund, der von einem gegebenen Ortsbild spricht, unrichtig ist, hätte aber der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs dartun müssen.
Da unter den gegebenen Umständen die Gemeindebehörden zu Recht davon ausgegangen sind, daß die vorgesehenen fünf Dachkapfer das Orts- und Straßenbild erheblich beeinträchtigen und daher der Abweisungsgrund des § 31 Abs. 4 lit. d der Tiroler Bauordnung gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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