Normen
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §12 Abs5;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §12 Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 4. November 1996 mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdeführer gelte im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht als arbeitslos. Als dem Anspruch entgegenstehend beurteilte die belangte Behörde einen Kurs "F & B Management-Lehrgang", den der Beschwerdeführer besuchte:
Nach den Feststellungen der belangten Behörde fand dieser Kurs im Oktober, November, Dezember 1996 sowie Jänner und Feber 1997 einmal monatlich an drei Tagen von Montag bis Mittwoch von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr, sowie im April an zwei Tagen statt und wurde mit einer zweitägigen schriftlichen und mündlichen Prüfung ebenfalls im April 1997 abgeschlossen. Der Kurs beinhalte eine umfassende Ausbildung in den Bereichen Gastronomiemanagement, Marketing, Werbung, Kalkulation, Mitarbeiterführung und Motivation, Controlling, Kommunikation und EDV. Aufgrund "der Kursdauer und der Kursinhalte" sei "von einem geregelten Lehrgang" auszugehen. Im weiteren begründete die belangte Behörde das Fehlen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 12 Abs. 4 AlVG (in der Fassung des Art. 23 Z. 6 Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verleztung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift vorgelegt, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in seinem Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13.849/A (ebenso im Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269), ausgeführt hat, bewirkt die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlichen geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, daß der Betreffende solange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder dem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällige bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Der Grund (und zugleich die Rechtfertigung) für diese unwiderlegliche Vermutung liegt darin, daß die übliche Arbeitszeit desjenigen, der sich - entsprechend dem Lehrplan (Studienplan) - einer solchen Ausbildung unterzieht, wegen der in Schulform organisierten Ausbildung vollständig oder doch überwiegend in Anspruch genommen wird.
Den Unterschied zwischen einem - Arbeitslosigkeit ausschließenden - "geregelten Lehrgang" iS des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG und einem - für die Annahme von Arbeitslosigkeit unschädlichen - Lehrkurs im Sinne des § 12 Abs. 5 AlVG (hier und im weiteren in der Fassung vor BGBl. Nr. 201/1996) hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung darin erblickt, daß es sich bei einem Lehrgang um eine schulähnliche (in Schulform organisierte) Ausbildung mit einem bestimmten (ein bestimmtes Ausbildungsziel einschließenden) Lehrplan einer gewissen Breite der vermittelten Ausbildung, also einem mehrere Gegenstände (Fächer) umfassenden Lehrplan, handeln muß, um die unwiderlegliche Vermutung des Gesetzgebers zu rechtfertigen, daß derjenige, der an einer solchen Lehrveranstaltung teilnimmt, während dieser Zeit nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung eines Ausbildungszieles interessiert ist (vgl. neuerlich die hg. Erkenntnisse vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13849/A, und vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269). Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so könnte allein aus dem Umstand, daß Ausbildungsinhalte in Form eines ganztägigen Unterrichts vermittelt werden - und zur Erreichung des Ausbildungszieles Anwesenheit erforderlich ist - noch nicht auf eine "schultypische Ausbildung" (auf einen "geregelten Lehrgang") im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG geschlossen werden (so das Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/08/0123). Bei Vorliegen der "Schultypizität" im vorgenannten Sinne kommt es hingegen nach der Rechtsprechung nicht darauf an, wie lange die Schulungsmaßnahme insgesamt dauert und ob durch sie die Zeit (die übliche Arbeitszeit) vollständig oder doch überwiegend in Anspruch genommen wird, hätte doch das isolierte Abstellen auf diesen Umstand zur Folge, daß z.B. ein inhaltsgleicher Lehrgang zwar als ganztägige Blockveranstaltung anspruchsschädlich wäre, über einen längeren Zeitraum verteilt hingegen keinen Einfluß auf die Anspruchsberechtigung hätte (so das bereits wiederholt genannte Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13849/A). Maßstab für die Frage, ob im Sinne einer entsprechenden Inanspruchnahme eine Ausbildung iS des § 12 Abs. 3 lit. f oder ein Lehrkurs iS des § 12 Abs. 4 AlVG vorliegt, sind die jeweiligen Ausbildungsvorschriften, nicht aber die konkret-individuelle Art, wie der Auszubildende der Ausbildung obliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125).
Ergeben diese Ausbildungsvorschriften, daß der Lehrgang auf Berufstätige zugeschnitten ist, wie z.B. die Aufbaulehrgänge an Höheren Technischen Lehranstalten für Berufstätige, so sind solche Lehrgänge nicht unter § 12 Abs. 3 lit. f AlVG zu subsumieren (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, und vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0133).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung auch Lehrgänge privater Veranstalter nicht grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ausgeschlossen (vgl. etwa das einen WIFI-Kurs betreffende Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/08/0123). Voraussetzung der Gleichbehandlung solcher Lehrgänge mit gesetzlich geregelten Lehrgängen ist jedoch, daß sie diesen auch sachlich gleichen und daher als vom Zweck des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG mitumfaßt angesehen werden müssen.
Soweit solche Lehrgänge aber auf Berufstätige in der Weise zugeschnitten sind, daß sie üblicherweise neben der Erwerbstätigkeit besucht werden können, kann für sie nichts anderes gelten, als für die zuvor erwähnten Lehrgänge an öffentlichen Lehranstalten. In Ermangelung entsprechender Rechtsvorschriften kann bei privaten Lehrgängen diese Beurteilung nur nach dem äußeren Erscheinungsbild eines solchen Lehrganges in Verbindung mit den dazu vom Veranstalter erstellten Unterlagen vorgenommen werden. Bei einem durchgehenden Lehrgang, der eine Unterbrechung der Berufstätigkeit erfordert, könnte von einem solchen Zuschnitt nicht die Rede sein (vgl. dazu neuerlich das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13.849/A, betreffend einen Meisterprüfungslehrgang in der Dauer von 5 Monaten, jeweils durchlaufend an fünf Tagen in der Woche von 7.45 Uhr bis 16.00 Uhr). Soweit solche Lehrgänge aber am Abend abgehalten werden, sind sie im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung jedenfalls unschädlich. Dies muß aber auch dann gelten, wenn der Veranstalter eines solchen Lehrganges auf andere Weise auf die Bedürfnisse Berufstätiger Bedacht nimmt, etwa dadurch, daß die zeitliche Inanspruchnahme so gestaltet ist, daß der Besuch eines solchen Lehrganges Berufstätigen im allgemeinen möglich ist. In einem solchen Fall ist nämlich die der Regelung des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG zugrundeliegende Annahme sachlich nicht gerechtfertigt, daß der Teilnehmer an einem solchen Lehrgang mit seiner Teilnahme zum Ausdruck bringt, für die Dauer dieser Ausbildung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung zu stehen; die Anwendung der in § 12 Abs. 3 lit. f AlVG liegenden unwiderleglichen Vermutung auch auf solche Lehrgänge wäre daher auch unter Gleichheitsgesichtspunkten unangebracht.
Bei Beurteilung der Frage, ob ein solcher Lehrgang für Berufstätige vorliegt, ist die zeitliche Inanspruchnahme durch den Lehrgang ebenso zu berücksichtigen, wie der Umstand, ob dieser nach seiner Ausgestaltung eher Fortbildungscharakter hat und sich gerade an in Beschäftigung stehende Personen wendet, sodaß eine Teilnahme - soweit sie nicht durch den Dienstgeber gefördert wird - allenfalls auch unter Berücksichtigung des im allgemeinen pro Jahr zur Verfügung stehenden Urlaubs ohne Unterbrechnung des Dienstverhältnisses möglich ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer - würde er vom Arbeitsmarktservice an eine neue Stelle vermittelt - in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit des Beschäftigungsverhältnisses bereits einen Rechtsanspruch auf einen ausreichenden Erholungsurlaub erwerben würde, um den Kurs besuchen zu können. Zu beurteilen ist vielmehr ausschließlich, ob die zeitliche Inanspruchnahme durch einen solchen Lehrgang die Vermutung sachlich rechtfertigt, daß ein Teilnehmer an einem solchen Lehrgang dadurch dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht zur Verfügung steht. Dies ist nach dem Gesagten hier nicht der Fall. Es kann daher die weitere Frage, ob der Lehrgang unter § 12 Abs. 3 lit. f oder unter § 12 Abs. 5 AlVG zu subsumieren wäre, auf sich beruhen.
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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