VwGH 96/12/0373

VwGH96/12/037316.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 28. Oktober 1996, Zl. 129177-33/96, betreffend Ruhegenußbemessung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs5 idF 1996/201;
PG 1965 §3 Abs1;
PG 1965 §4 Abs3 idF 1996/201;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs5 idF 1996/201;
PG 1965 §3 Abs1;
PG 1965 §4 Abs3 idF 1996/201;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1940 geborene Beschwerdeführer wurde mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 9. August 1996 gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, mit Ablauf des 31. August 1996 in den Ruhestand versetzt.

Diese Erledigung trägt folgenden Kopf:

"Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft

Generaldirektion - Personalamt"

Die Fertigungsklausel lautet:

"Für den Bundesminister

(Nennung eines Organwalters)"

Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 1996 wurde der Ruhegenuß des Beschwerdeführers in Anwendung der Kürzungsregel der §§ 4 und 62c des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 in der Fassung des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201 - ausgehend von einer Ruhegenußbemessungsgrundlage von 71,5 v.H. und seinem zuletzt bezogenen Gehalt - bemessen. Die belangte Behörde ging dabei in der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß der Beschwerdeführer mit "Bescheid" vom 9. August 1996 mit Ablauf des 31. August 1996 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden sei.

Gegen diesen Bescheid vom 28. Oktober 1996 richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich unter anderem in seinem Recht darauf, daß nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere nicht unter Verletzung des § 14 BDG 1979 und des § 3 PG 1965) für ihn überhaupt ein Ruhegenuß bemessen werde, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung BGBl. Nr. 820/1995, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wird die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monates, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam.

Nach § 3 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 in Verbindung mit der im Beschwerdefall anzuwendenen Übergangsbestimmung des § 62b zur Novelle BGBl. Nr. 297/1995 gebührt dem Beamten des Ruhestandes ein monatlicher Ruhegenuß, wenn seine ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit mindestens 10 Jahre beträgt.

Nach § 4 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, ist für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, die Ruhegenußbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes unter anderem vor, die Ruhestandsversetzung sei ein rechtsgestaltender Akt, der für die Rechtsstellung des Beamten von entscheidender Bedeutung sei. Sie könne nur mit Bescheid und nicht rückwirkend verfügt werden, was durch § 14 Abs. 5 BDG 1979 bestätigt werde. Die Erledigung der belangten Behörde vom 9. August 1996, mit der er in den Ruhestand versetzt worden sei, sei wegen der widersprüchlichen Behördenbezeichnung im Kopf und in der Fertigungsklausel kein Bescheid (Hinweis auf den hg. Beschluß vom 30. September 1996, 96/12/0287). Der Beschwerdeführer befinde sich nach wie vor im Aktivstand. Eine Ruhegenußbemessung könne nicht erfolgen, solange sich der Beamte nicht im Ruhestand befinde oder bevor nicht alle für die Ruhegenußbemessung wesentlichen Elemente feststünden.

Die belangte Behörde hielt dem in ihrer Gegenschrift entgegen, aus dem Verfahrensablauf (Einholung der Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers vom 25. März 1996; Verständigung von der in Aussicht genommenen Ruhestandsversetzung; "Schriftsatz" vom 9. August 1996 betreffend Verfügung der Ruhestandsversetzung) sei die verfügte Maßnahme klar erkennbar gewesen und vorerst auch nicht in Zweifel gezogen worden. Dies ungeachtet des Umstandes, "daß die Ruhestandsversetzung mit einem Bescheid verfügt worden ist, der im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit der nötigen Eindeutigkeit erkennen läßt, welcher Behörde er zuzurechnen ist."

Die Beschwerde ist berechtigt.

Die Versetzung in den Ruhestand hat, wie der Beschwerdeführer zutreffend erkannt hat, mit Bescheid zu erfolgen (siehe dazu § 14 Abs. 5 BDG 1979; in diesem Sinne bereits hg. Beschluß vom 26. Februar 1997, 97/12/0003, 0004). Tatsächliche Vorgänge im Ruhestandsversetzungsverfahren, wie sie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift anführt, können dieses Erfordernis nicht ersetzen und keine rechtswirksame Ruhestandsversetzung herbeiführen.

Die Erledigung vom 9. August 1996, mit der der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. August 1996 in den Ruhestand versetzt wurde, ist ungeachtet ihrer Bezeichnung KEIN Bescheid, weil wegen des Widerspruches zwischen der im Kopf und in der Fertigungsklausel angeführten Behörden nicht erkennbar ist, von welcher Behörde diese Erledigung stammt (so die Rechtsprechung zu gleichartigen Erledigungen der belangten Behörde beginnend mit den hg. Beschlüssen vom 30. September 1996, 96/12/0244, 96/12/0268 und 96/12/0287; vgl. ferner die hg. Beschlüsse vom 18. Dezember 1996, 96/12/0349, sowie vom 26. Februar 1997, 97/12/0003, 0004).

Daraus folgt, daß die im angefochtenen Bescheid betreffend die Ruhegenußbemessung zugrundeliegende Annahme, der Beschwerdeführer sei mit Ablauf des 31. August 1996 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden, unzutreffend ist. Der Beschwerdeführer ist vielmehr nach wie vor Beamter des Dienststandes. Der angefochtene Bescheid konnte sich auch nicht gleichsam selbst die fehlende Grundlage, nämlich die Versetzung in den Ruhestand mit Wirkung vom 31. August 1996, schaffen (so bereits der hg. Beschluß vom 26. Februar 1997, 97/12/0003, 0004).

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die Ruhegenußbemessungsgrundlage von 71,5 v.H. auf Grund der mit Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 eingeführten Kürzungsregelung des § 4 Abs. 3 PG 1965 erfolgt ist. Da aber im Beschwerdefall mangels wirksamer Versetzung in den Ruhestand die nach § 4 Abs. 3 PG 1965 rechtserhebliche Zahl der Monate noch nicht feststeht, ist der angefochtene Bescheid schon deshalb (objektiv) rechtswidrig.

Zu klären bleibt, ob der angefochtene Bescheid mangels wirksamer Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nicht überhaupt ins Leere geht. Jedenfalls kann er nicht die Wirkung entfalten, daß dem Beschwerdeführer, der noch in einem aktiven Dienstverhältnis steht, ab dem 1. September 1996 lediglich die sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden eingeschränkten besoldungsrechtlichen Ansprüche gebührten. Allerdings kann - jedenfalls bei der gegebenen Verfahrenslage - die Möglichkeit, daß mit dem angefochtenen Bescheid, der eine korrekte Behördenbezeichnung aufweist, nicht andere nachteilige Rechtsfolgen für den Beschwerdeführer verbunden sind, die ihn in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen könnten, nicht ausgeschlossen werden. Deshalb ist der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen, in dem die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Kürzungsregelung gemäß § 4 Abs. 3 PG 1965 bestritten wird, einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte