VwGH 97/12/0003

VwGH97/12/000326.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 21. Oktober 1996, Zl. 130880-33/96, betreffend Bemessung des Ruhegenusses (Beschwerde Zl. 97/12/0004), sowie über dessen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid (Antrag Zl. 97/12/0003), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Wiedereinsetzungsantrag wird nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem vorliegenden, am 3. Jänner 1997 zur Post gegebenen Schriftsatz bringt der Beschwerdeführer vor, er stehe als Fachinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ungeachtet der mit einem "Bescheid" vom 28. August 1996 ausgesprochenen Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 30. September 1996 befinde er sich (weiterhin) in einem aktiven Dienstverhältnis zum Bund, weil es sich bei dieser Erledigung im Sinne des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0244 (uva.), nicht um einen Bescheid handle, diese Erledigung habe daher seine Versetzung in den Ruhestand nicht bewirken können.

Der Beschwerdeführer legte die bezogene Erledigung in Ablichtung vor. Demzufolge ist diese an den Beschwerdeführer gerichtete, als Bescheid bezeichnete Erledigung bescheidmäßig gegliedert; der Spruch lautet:

"Sie werden gemäß § 14 Absatz 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333, mit Ablauf des 30. September 1996 in den Ruhestand versetzt."

Diese Erledigung trägt folgenden Kopf:

"Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft

Generaldirektion-Personalamt"

Die Fertigungsklausel lautet:

"Für den Bundesminister

i.V. (es folgt der Name eines Organwalters)"

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich weiter, daß mit Bescheid des Personalamtes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft, Direktion Graz, vom 30. August 1996 der Ruhegenuß des (noch nicht 60jährigen) Beschwerdeführers ausgehend von einer Ruhegenußbemessungsgrundlage von 70,83 % bemessen wurde. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem nun angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid sei ihm "Ende Oktober oder Anfangs November 1996" zugestellt worden, jedenfalls noch vor dem 11. November 1996. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei bereits abgelaufen gewesen, als er erstmals durch ein Telefonat mit Dr. R. (einem der Beschwerdevertreter) am 23. Dezember 1996 erfahren habe, daß er sich mangels wirksamer Versetzung in den Ruhestand tatsächlich noch im Aktivstand befinde (Hinweis auf den zuvor genannten hg. Beschluß vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0244).

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er durch Unkenntnis dieses Umstandes, nämlich daß kein wirksamer Pensionierungsbescheid vorliege, daran gehindert gewesen sei, eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Er habe ebenso wie die belangte Behörde angenommen, daß er sich aufgrund des "Bescheides" (im Original unter Anführungszeichen) vom 28. August 1996 im Ruhestand befinde, und, davon ausgehend, im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides keinen Anfechtungsgrund erblickt. Er habe daher die Frist für die Beschwerdeeinbringung zufolge eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses versäumt, keinesfalls sei ihm ein mehr als minderer Grad des Verschuldens an dieser Fristversäumnis zuzurechnen. Er beantrage daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist für die Erhebung der Beschwerde.

Zugleich bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Zusammengefaßt begründet der Beschwerdeführer dies damit, daß er sich, wie bereits ausgeführt, weiterhin im Aktivstand befinde. Dem entsprechend sei der angefochtene Bescheid deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil seine Erlassung mangels wirksamer Versetzung in den Ruhestand unzulässig gewesen sei.

Der angefochtene Bescheid weise eine ordnungsgemäße Fertigungsklausel auf. Dies zweifellos im Hinblick auf die zuvor genannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Daraus sei zu schließen, daß der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits bekannt gewesen sei, daß er nicht wirksam in den Ruhestand versetzt worden sei, weil der diesbezügliche "Bescheid" vom 28. August 1996 den genannten Widerspruch zwischen Behördenbezeichnung im Kopf einerseits und Fertigungsklausel andererseits aufweise. Vorsichtshalber mache er als Verfahrensmangel geltend, daß die belangte Behörde diese Tatsache nicht in ihre Entscheidung einbezogen habe, darüber weder Erhebungen gepflogen noch Feststellungen getroffen habe.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Die Versetzung in den Ruhestand hat, wie der Beschwerdeführer zutreffend erkannt hat, mit Bescheid zu erfolgen (§ 14 Abs. 5 BDG 1979). Dem entsprechend wird in der Einleitung der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28. August 1996 mit Ablauf des 30. September 1996 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden sei. Geht man davon aus, daß es sich dabei um die vom Beschwerdeführer in Ablichtung vorgelegte, als Bescheid bezeichnete Erledigung vom 28. August 1996 handelt (das Vorbringen des Beschwerdeführers ist zwar diesbezüglich unbedenklich, die vorsichtige Formulierung erfolgt aber deshalb, weil bei der gegebenen Verfahrenslage die belangte Behörde hiezu nicht gehört wurde), ist seine Beurteilung zutreffend, daß diese Erledigung wegen des Widerspruches zwischen dem Kopf und der Fertigungsklausel keinen Bescheid im Rechtssinne darstellt. Hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit Art. 14 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes auf den bereits angeführten hg. Beschluß vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0244, verwiesen werden. Das bedeutete weiters, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme, der Beschwerdeführer sei mit jener Erledigung vom 28. August 1996 mit Ablauf des 30. September 1996 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden, unzutreffend wäre und sich der Beschwerdeführer vielmehr, wie er zutreffend ausführte, weiterhin im aktiven Dienstverhältnis befand. Der angefochtene Bescheid vermochte nämlich nicht gleichsam sich selbst die fehlende Grundlage, nämlich die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand, mit Wirkung vom 30. September 1996 zu verschaffen.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie dem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, daß die Ruhegenußbemessungsgrundlage von 70,83 % aufgrund der mit Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, eingeführten Kürzungsregelung des § 4 Abs. 3 PG 1965 erfolgt ist.

Nach dieser Bestimmung ist für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein

60. Lebensjahr vollendet haben wird, die Ruhegenußbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 % Punkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.

Stand aber im Beschwerdefall mangels wirksamer Versetzung in den Ruhestand die nach § 4 Abs. 3 PG 1965 rechtserhebliche Zahl an Monaten noch nicht fest, war der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig.

Es fragt sich allerdings, ob der angefochtene Bescheid mangels wirksamer Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nicht überhaupt ins Leere geht. Jedenfalls kann er nicht die Wirkung entfalten, daß dem Beschwerdeführer, falls er - wie oben ausgeführt - rechtlich noch in einem aktiven Dienstverhältnis stehen sollte, was in einem Feststellungsverfahren über die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung geklärt werden könnte -, ab dem 1. Oktober 1996 lediglich die sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden, eingeschränkten besoldungsrechtlichen Ansprüche gebührten. Allerdings kann - jedenfalls bei der gegebenen Verfahrenslage - die Möglichkeit, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein könnte, nicht ausgeschlossen werden.

Daraus ist aber für den Beschwerdeführer vorliegendenfalls nichts zu gewinnen, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde nicht vorliegen:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Erkenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Beschwerdeführer begründet die Versäumung der Frist zur Einbringung der vorliegenden Beschwerde damit, er sei (wie sich herausgestellt habe, zu Unrecht) davon ausgegangen, daß die Erledigung vom 28. August 1996 einen Bescheid darstelle. Dem muß entgegengehalten werden, daß ein Vertrauen auf die tatsächliche und rechtliche Richtigkeit eines Bescheides kein (unvorhergesehenes oder unabwendbares) Ereignis darstellt (siehe das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1966, Zl. 344/65), was sinngemäß für die Annahme zu gelten hat, es handle sich bei der vorliegenden Erledigung um einen Bescheid. Auch ist ein Rechtsirrtum nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das eine Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (siehe dazu beispielsweise die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 648/649 angeführte hg. Judikatur).

Damit war - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben und demgemäß die Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

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