VwGH 93/10/0190

VwGH93/10/019027.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des Josef und der Elfriede M, beide in U, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. August 1993, Zl. 6-55/6 Ga 2/5-1993, betreffend Wiederherstellungsauftrag nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (BH) wurde den Beschwerdeführern gemäß § 34 Abs. 1 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976, LGBl. Nr. 65 (in der Folge: NSchG 1976), aufgetragen, die auf dem Grudstück Nr. 800/1 der KG U im Landschaftsschutzgebiet Nr. 34 ohne naturschutzrechtliche Bewilligung errichtete Unterstandshütte bis längstens 30. November 1992 zu entfernen.

Nach der Begründung hätten die Beschwerdeführer im Frühjahr 1992 auf dem genannten Waldgrundstück ohne naturschutzrechtliche Bewilligung eine Unterstandshütte im Ausmaß von 4 m x 5 m errichtet. Die Höhe des Objektes betrage ca. 4 m. Die Hütte sei auf Betonsockeln errichtet und mit Welleternit eingedeckt. Die BH habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens am 30. April 1992 einen Ortsaugenschein veranlaßt, an dem der forsttechnische Amtssachverständige und der Bezirksnaturschutzbeauftragte teilgenommen hätten. Dieser habe Befund und Gutachten erstattet. Daraus ergebe sich im wesentlichen, daß die Hütte in einem typischen Auwald mit entsprechenden Sukzessionen errichtet worden sei, wodurch der ausgeprägte Landschaftscharakter einschnittartig empfindlich gestört werde. Nach der Stellungnahme des forsttechnischen Amtssachverständigen sei die errichtete Hütte für die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der Grundstücke nicht erforderlich. Ein dafür eingebrachter Rodungsantrag sei von der Forstbehörde mit Bescheid vom 17. Oktober 1991 "untersagt" worden.

Die Beschwerdeführer hätten dazu im Rahmen des Parteiengehörs erklärt, nach ihrem Wissen sei eine naturschutzrechtliche Bewilligung nicht erforderlich, wenn Bauten oder Anlagen für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung unerläßlich seien. Der Nachweis hiefür werde erbracht werden.

In der weiteren Folge ihrer Begründung vertrat die BH im wesentlichen die Auffassung, daß für die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der 1,5 ha großen Waldfläche auch eine kleinere Hütte, welche auch in ihrer äußeren Erscheinungsform der Umgebung angepaßt sein müßte, völlig ausreichend sei. Aufgrund der Größe und der Art des gegenständlichen Objektes sei eine negative Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bzw. des Landschaftscharakters gegeben. Die Behörde folge dabei den schlüssigen Sachverständigengutachten.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, wobei sie im wesentlichen vorbrachten, daß sie auf dem oben angeführten Grundstück 8 Waldparzellen im Ausmaß von ca. 2 ha bewirtschafteten und die Hütte wegen der Entfernung zu ihrem Wohnort von etwa 40 km zur Unterbringung von Maschinen und Geräten benötigten.

Die belangte Behörde holte die Stellungnahme der Fachstelle für Naturschutz ein. Danach sei das Grundstück der Beschwerdeführer Teil eines großflächigen Auwaldkomplexes östlich der Mur, dem vegetationskundlich höchste Wertigkeit zukomme. Bauwerke ähnlicher Art seien im gesamten Auwaldkomplex in mehreren 100 m- bzw. Kilometer-Umkreis nicht anzutreffen. Erst im Norden an der Murbrücke seien einige Wohnobjekte errichtet worden, die als krasse Zersiedelungsansätze zu gelten hätten. Aus dem Katasterplan ergebe sich, daß die Besitzstruktur in diesem Auwaldkomplex sehr zersplittert und kleinflächig sei. Trotzdem sei der Baumbestand mit Silberpappeln und die bodennahe Vegetationsschichte sehr einheitlich. Nur auf dem Grundstück der Beschwerdeführer sei völlig standortfremd eine dichte Fichtenmonokultur gepflanzt und zwecks Schutzes vor Wildverbiß noch eingezäunt worden. Auch eine derartige standortfremde Nutzung sei ebenfalls im Umkreis von mehreren 100 m nicht anzutreffen. Der Landschaftscharakter und das Landschaftsbild des gesamten Auwaldkomplexes entlang der Mur sei überwiegend von einer standortgerechten Auwaldvegetation geprägt. Bauwerke seien über weite Strecken nicht anzutreffen, sodaß die Errichtung des gegenständlichen Bauwerkes eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Landschaftscharakters darstelle. Durch die Errichtung von Bauwerken jeglicher Art und die Vornahme von standortfremden Aufforstungen bestehe die Gefahr, daß die Geschlossenheit des Auwaldkomplexes durchbrochen werde, sodaß im Laufe der Entwicklung der Schutzzweck des Landschaftssschutzgebietes abhanden käme.

Die Beschwerdeführer erklärten dazu in einer Stellungnahme vom 14. März 1993, daß das Gutachten in keiner Weise auf die Ausnahmebestimmung des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes eingehe, wonach für die Errichtung von Bauten und Anlagen, die für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung unerläßlich seien, keine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich sei.

Die belangte Behörde holte daraufhin auch ein Gutachten eines Sachverständigen der Rechtsabteilung 8 ein. Danach seien die Beschwerdeführer Eigentümer einer Liegenschaft im Ausmaß von ca. 2 ha Auwald. Das anfallende Laubbrennholz von ca. 40 rm pro Jahr werde für die Eigenversorgung verwendet. Die Bewirtschaftung sei nicht als eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit einzustufen, sondern als "Freizeit-Land- und Forstwirtschaft". Für derartige Liegenschaftsgrößen und Nutzungsformen sei ein Wirtschaftsgebäude nicht orts- und betriebstypisch.

In einer Stellungnahme zum Gutachten verwiesen die Beschwerdeführer auf den Umstand, die Holzgewinnung zur Beheizung ihres Wohnhauses zu nützen. Außerdem werde anfallendes Blochholz verkauft. Es könne daher sicher eine gewinnerzielende Tätigkeit nachgewiesen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt. Aufgrund der eingeholten Gutachten habe der Nachweis der Unerläßlichkeit der errichteten Hütte nicht erbracht werden können. Bedingt durch die Größe der Grundstücke könne eine Ausnahmebewilligung nicht erteilt werden. Nach dem Ermittlungsverfahren sei davon auszugehen, daß die Hütte im Landschaftsschutzgebiet ohne naturschutzrechtliche Bewilligung errichtet worden sei, obwohl dadurch Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 NSchG 1976 zu erwarten seien, weil eine nachhaltige Veränderung und Beeinträchtigung des geschlossenen Auwaldbestandes eintrete. Der bescheidmäßige Entfernungsauftrag bestehe daher zu Recht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß die Liegenschaft der Beschwerdeführer in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.

Nach § 6 Abs. 3 NSchG 1976 sind in Landschaftsschutzgebieten alle Handlungen zu unterlassen, die den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 widersprechen.

Die verwiesene Bestimmung des § 2 Abs. 1 leg. cit. sieht in lit. b vor, daß bei allen Vorhaben, durch die nachhaltige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind, zur Vermeidung von die Natur schädigenden, das Landschaftsbild verunstaltenden oder den Naturgenuß störenden Änderungen auf die Erhaltung und Gestaltung der Landschaft in ihrer Eigenart (Landschaftscharakter) sowie in ihrer Erholungswirkung (Wohlfahrtsfunktion) Bedacht zu nehmen ist.

Gemäß § 6 Abs. 3 lit. c NSchG 1976 ist für die Errichtung (Widmung und Aufführung) von Bauten und Anlagen, die nicht unter lit. b fallen und außerhalb eines geschlossenen, bebauten Gebietes liegen oder über die Ortssilhouette hinausragen, eine Bewilligung einzuholen; ausgenommen davon sind solche, die für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung unerläßlich sind.

Nach § 34 Abs. 1 NSchG 1976 sind, unabhängig von einer Bestrafung nach § 33, Personen, die entgegen einer Bestimmung dieses Gesetzes oder entgegen einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides Veränderungen vorgenommen oder veranlaßt haben, durch Bescheid der nach diesem Gesetz für die Bewilligung zuständigen Behörde zu verpflichten, den früheren bzw. den bescheidmäßigen Zustand binnen einer festzusetzenden Frist wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer von der Behörde als sachgemäß bezeichneten Weise im Sinne des § 2 Abs. 1 abzuändern.

In der Beschwerde wird zunächst kritisiert, der angefochtene Bescheid lasse eine Begründung für die Sachverhaltsfeststellungen zur Bewirtschaftung des Grundstückes vermissen, die über die wörtliche Zitierung der Sachverständigengutachten hinausgehe. Darauf ist zu erwidern, daß ein in sich widerspruchsfreies und schlüssiges, auf eine ausreichende Befundaufnahme gegründetes Sachverständigengutachten eine taugliche und beweiskräftige Grundlage für die Sachverhaltsfeststellung der Behörde darstellt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Juni 1990, Zl. 90/05/0005). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bestehen keine Bedenken gegen die wörtliche Übernahme von Teilen eines Gutachtens unter Hinweis auf dessen Schlüssigkeit. Einem schlüssigen Sachverständigengutachten kann auch nicht mit bloßen Behauptungen entgegengetreten werden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Jänner 1988, Zl. 87/10/0143).

Die beschwerdeführenden Parteien bringen ferner vor, die belangte Behörde habe wegen eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens fälschlicherweise das Vorliegen einer freizeitmäßigen Forstbewirtschaftung ohne Gewinnerzielungsabsicht festgestellt.

Nach dem oben wiedergegebenen § 6 Abs. 3 lit. c NSchG 1976 muß ein Bauwerk für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung UNERLÄßLICH sein, um eine Ausnahme von der grundsätzlichen Bewilligungspflicht zu bewirken. Die belangte Behörde hat nicht nur das Vorliegen einer "Freizeit-Forstwirtschaft" festgestellt, sondern auch die Auffassung vertreten, daß Bauwerke - wie das verfahrensgegenständliche - für Betriebe der vorliegenden Größe und Art nicht orts- und betriebstypisch sind. Dadurch käme sie auch bei Annahme einer Forstwirtschaft zu Erwerbszwecken zur selben rechtlichen Schlußfolgerung, nämlich zur Bewilligungspflicht der streitgegenständlichen Bauführung, weil ein nicht betriebstypisches Bauwerk nicht für die Forstwirtschaft "unerläßlich" sein kann.

Die beschwerdeführenden Parteien machen auch geltend, der von der belangten Behörde beigezogene naturschutzfachliche Sachverständige habe dieser empfohlen, die Entscheidung der BH zu bestätigen. Darin liege eine vorweggenommene Beweiswürdigung, wobei sich die beschwerdeführenden Parteien auch in ihrem Recht auf Parteiengehör als verletzt erachten.

Richtig ist, daß es nicht Aufgabe eines Sachverständigen ist, rechtliche Schlußfolgerungen zu ziehen. Daraus folgt aber noch nicht, daß es einen Verfahrensmangel darstellt, wenn der Sachverständige in sein Gutachten Rechtsausführungen aufnimmt. Erstellt er ein schlüssiges Gutachten, so hat auf diese Eigenschaft der Umstand, daß er gleichzeitig eine "juristische Wertung" vorgenommen hat, keinen Einfluß. Unzutreffend ist auch die Behauptung der Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör. Dieses ist grundsätzlich lediglich zu der Verfahrensergebnissen zu gewähren, nicht jedoch zu den rechtlichen Schlußfolgerungen. Im Umstand, daß den Beschwerdeführern die Empfehlung des Amtssachverständigen, den Bescheid der BH zu bestätigen, nicht mitgeteilt wurde, ist daher keine Verletzung des Parteiengehörs zu erblicken.

Wenn die beschwerdeführenden Parteien unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften schließlich vorbringen, die belangte Behörde hätte sie zu ihren schriftlichen Einwendungen vernehmen müssen, so sind sie darauf zu verweisen, daß die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels von ihnen in keiner Weise dargelegt wird.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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