VwGH 95/20/0750

VwGH95/20/075012.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 2. November 1995, Zl. 413.062/2-V.6/1995, betreffend Strafvollzugsortsänderung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
StPO §185;
StVG §10 Abs1 Z2;
StVG §119 Abs1;
StVG §134 Abs1;
StVG §134 Abs2;
StVG §134;
StVG §22 Abs3;
StVG §9 Abs1;
AVG §56;
AVG §8;
StPO §185;
StVG §10 Abs1 Z2;
StVG §119 Abs1;
StVG §134 Abs1;
StVG §134 Abs2;
StVG §134;
StVG §22 Abs3;
StVG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Graz-Karlau eine lebenslange Freiheitsstrafe. Am 30. Dezember 1994 hatte er die zeitlichen Voraussetzungen für die bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs. 5 StGB erfüllt.

Am 15. September 1995 stellte er - soweit hier wesentlich - den schriftlichen Antrag auf "Strafortsveränderung nach § 10 Abs. 1 und 2" (gemeint: StVG) im Sinne einer Überstellung in die Justizanstalt St. Pölten oder in die Justizanstalt Innsbruck. In St. Pölten könne er den Gesellenbrief für Schuhmacher erwerben, wobei er als Erweiterung noch Orthopädie zur Auswahl habe. Außerdem bestünde dort die Nähe zur Emmausgesellschaft, die ihn betreue und wo er nach seiner Entlassung für ein bis zwei Jahre aufgenommen werden würde. In Innsbruck könne er in der dortigen Schuhmacherei arbeiten oder in seinem erlernten Beruf als Maler und Anstreicher. Für Innsbruck spreche auch die Nähe zu seiner Freundin, die in Kitzbühel wohne und mit der er seit 1983 engen Kontakt pflege.

Am 2. November 1995 richtete die belangte Behörde an den Leiter der Justizanstalt Graz-Karlau ein Schreiben folgenden Inhaltes:

"Betrifft: Strafgefangener R -

Ansuchen um Änderung des Vollzugsortes

gemäß § 134 Abs. 6 StVG

Auf Grund des Ansuchens des Strafgefangenen R vom 15.9.1995 hat das Bundesministerium für Justiz derzeit keinen Anlaß gefunden, gemäß § 134 Abs. 6 StVG die Fortsetzung des Strafvollzuges in einer anderen Anstalt anzuordnen.

Hiefür war maßgebend, daß gegenüber den der Klassifizierung zugrundeliegenden Umständen keine wesentliche Änderung eingetreten ist und der Strafrest für mit Vollzugslockerungen verbundene Entlassungsvorbereitungsmaßnahmen zu lang ist.

Der Anstaltsleiter wird ersucht, dem genannten Strafgefangenen die getroffene Entscheidung mündlich bekanntzugeben und ihn über die hiefür maßgeblichen Gründe zu belehren."

Gegen diese vom Beschwerdeführer als Bescheid angesehene Erledigung, deren Inhalt ihm am 14. November 1995 mündlich verkündet wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich "in dem ihm gemäß § 10 StVG eingeräumten Recht auf Strafvollzugsortsänderung verletzt".

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 9 Abs. 1 StVG sind Freiheitsstrafen, deren Strafzeit ein Jahr übersteigt, in der nach § 134 zu bestimmenden Strafvollzugsanstalt zu vollziehen; bis zur Bestimmung der zuständigen Strafvollzugsanstalt ist der Strafvollzug jedoch im Gefangenenhaus eines Gerichtshofes einzuleiten.

Ist der Vollzug einer Freiheitsstrafe im Gefangenenhaus eines Gerichtshofes einzuleiten, so ist nach § 9 Abs. 3 StVG grundsätzlich das Gefangenenhaus desjenigen Gerichtshofes, in dessen Sprengel der Verurteilte seinen Wohnsitz hat, örtlich zuständig. Dieses Gefangenenhaus hat den zu einer Freiheitsstrafe, deren Strafzeit ein Jahr übersteigt, Verurteilten als Strafgefangenen aufzunehmen (§ 131 Abs. 1 StVG). Längstens binnen sechs Wochen nach der Aufnahme hat der Bundesminister für Justiz im Rahmen der Klassifizierung u. a. zu bestimmen, in welcher Strafvollzugsanstalt die Strafe im Einzelfall zu vollziehen ist (§ 134 Abs. 1 StVG). Nach welchen Kriterien dabei vorzugehen ist, regelt § 134 Abs. 2 StVG:

"Bei der Bestimmung ist auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der Straftat, deren er schuldig erkannt worden ist, insoweit Bedacht zu nehmen, als es erforderlich ist, um die Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges unter bestmöglicher Ausnützung der Vollzugseinrichtungen zu gewährleisten."

Nach § 134 Abs. 3 und 4 StVG ist die Entscheidung in aller Regel aufgrund der Aktenlage zu treffen (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen, 511 BlgNR 11. GP, Seite 86). Soweit es der Kenntnis weiterer Umstände des Einzelfalles bedarf, sind diese auf geeignete Weise zu erheben. Erforderlichenfalls kann eine sachverständige Beobachtung und Begutachtung des Strafgefangenen angeordnet werden. Die Anhörung des Strafgefangenen schreibt das StVG nicht vor. Gemäß § 134 Abs. 5 Satz 2 StVG ist er vom Ergebnis der Klassifizierung "insoweit in Kenntnis zu setzen, als es sich auf den unmittelbar anschließenden Strafvollzug bezieht, und in die zur Durchführung des weiteren Strafvollzuges zuständige Anstalt zu überstellen" (vgl. dazu die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. Dezember 1972, SSt 43/53).

Nach § 135 Abs. 1 StVG hat der Leiter der zum Strafvollzug bestimmten Anstalt Einzelheiten des Vollzuges in einem Vollzugsplan festzulegen. Zur Vorbereitung dieses Planes ist der Strafgefangene nach § 135 Abs. 2 StVG zu hören. Nach § 135 Abs. 3 Satz 1 StVG (in der Fassung der StVG-Novelle 1993, BGBl. Nr. 799) ist mit dem Strafgefangenen in der zum Strafvollzug bestimmten Anstalt schließlich auch ein "Gespräch über die für die Klassifizierung maßgebenden Erwägungen sowie über den Inhalt des Vollzugsplanes zu führen". Nach § 135 Abs. 4 StVG gilt für den Vollzugsplan im übrigen § 134 StVG dem Sinne nach.

Nachträgliche Änderungen der Klassifizierung regelt § 134 Abs. 6 StVG:

"Erscheint es im späteren Verlaufe des Strafvollzuges unter Bedachtnahme auf die im Abs. 2 angeführten Umstände und zur Erreichung der dort genannten Zwecke erforderlich, den Strafvollzug in einer anderen Anstalt, in anderer Form oder nach anderen Grundsätzen fortzusetzen, so hat das Bundesministerium für Justiz die entsprechenden Änderungen anzuordnen. Die Abs. 3 bis 5 sind hiebei dem Sinne nach anzuwenden."

§ 10 StVG regelt unter der Überschrift "Strafvollzugsortsänderung" in Abs. 1, wann das Bundesministerium für Justiz "allgemein oder im Einzelfall" die Zuständigkeit "einer anderen als der nach § 9 zuständigen Anstalt" anzuordnen "hat". Dies hat zu geschehen,

"1. wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzuges (§ 20) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzuges zweckmäßig ist oder

2. wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzuges entgegenstehen."

Nach § 10 Abs. 2 StVG dürfen Freiheitsstrafen, deren Strafzeit drei Monate nicht übersteigt - sie sind nach § 9 Abs. 2 StVG "ausschließlich in den Gefangenenhäusern der Gerichtshöfe zu vollziehen" - nur dann in Strafvollzugsanstalten (statt in den Gefangenenhäusern der Gerichtshöfe) vollzogen werden, wenn der Verurteilte "damit einverstanden ist".

Gemäß § 119 Satz 1 StVG haben die Strafgefangenen "das Recht, hinsichtlich des ihre Person betreffenden Vollzuges in angemessener Form mündlich oder schriftlich Ansuchen zu stellen".

2. Vor dem Hintergrund der dargestellten Bestimmungen über die Zuständigkeit für die Einleitung und den Vollzug einer Freiheitsstrafe, deren Strafzeit ein Jahr übersteigt, vertritt die belangte Behörde in der Gegenschrift folgende Rechtsauffassung:

"Ein Recht eines Strafgefangenen, in einer bestimmten Anstalt angehalten zu werden, besteht nicht. Ein Erlaß des Bundesministers für Justiz, in welchem über die Anregung eines Strafgefangenen entschieden wird, eine Änderung der Klassifizierung vorzunehmen, ist kein Bescheid, sondern lediglich eine Mitteilung an die betreffende(n) Anstalt(en)."

Belegt wird diese Auffassung von der belangten Behörde im daran anschließenden Satz wie folgt:

"Diese Rechtsansicht hat der Verfassungsgerichtshof immer wieder in seinen Entscheidungen vertreten (siehe

VfSlg. 10.567/1985, 11.137/1986, Beschluß vom 24. Februar 1992, B 681/91). Auch der Verwaltungsgerichtshof ist insbesondere unter Hinweis auf § 134 Abs. 5 StVG gleichfalls dieser Ansicht (siehe Beschluß vom 19. April 1989, Zl. 89/01/0043)."

In seiner Stellungnahme zur Gegenschrift hält der Beschwerdeführer dem entgegen, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 4. Juli 1980, Slg.Nr. 10.198/A, gegenteilig entschieden und die Ablehnung eines Ansuchens auf Strafvollzugsortsänderung als bekämpfbare Sachentscheidung gewertet.

3. Dieser Hinweis ist richtig. Die Behauptungen der belangten Behörde über die Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zeichnen in bezug auf den Verfassungsgerichtshof ein unvollständiges und in bezug auf den Verwaltungsgerichtshof ein unrichtiges Bild:

Zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 144, vertrat der Verfassungsgerichtshof die Ansicht, aus den damals maßgeblichen Bestimmungen der StPO ergebe sich kein subjektives Recht eines Strafgefangenen, auf den Ort der Strafverbüßung Einfluß zu nehmen. Die formlose Ablehnung eines Antrages auf Änderung des Strafortes sei kein Bescheid (Beschluß vom 14. Oktober 1963, Slg.Nr. 4.561; vgl. auch Lohsing-Serini, Österreichisches Strafprozeßrecht (1952), Seite 650).

In einem Beschluß vom 27. Jänner 1970, Zl. 43/70, folgte der Verwaltungsgerichtshof dieser Auffassung. Er fügte hinzu, die Bestimmungen des am 1. Jänner 1970 in Kraft getretenen Strafvollzugsgesetzes seien auf den Fall noch nicht anzuwenden, weshalb "die Verletzung eines der im StVG normierten subjektiv-öffentlichen Rechte" nicht in Frage komme. Für die "Rechtslage bis zum Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes" verwies er auf den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1963.

Mit Beschluß vom 26. Februar 1970, Slg.Nr. 6.120, hielt auch der Verfassungsgerichtshof mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß das Strafvollzugsgesetz auf den Beschwerdefall noch nicht anzuwenden sei, die im Beschluß vom 14. Oktober 1963 zum Ausdruck gebrachte Auffassung in bezug auf die alte Rechtslage aufrecht.

Mit der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes befaßte sich der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom 26. Februar 1971, Slg.Nr. 6.376. Die von der Beschwerde betroffene Erledigung bestand wie im vorliegenden Fall in einem an den Leiter der Strafvollzugsanstalt gerichteten und dem Strafgefangenen mündlich mitgeteilten Erlaß des Inhalts, es sei nicht Anlaß gefunden worden, dem Begehren auf Änderung des Strafvollzugsortes zu entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof wertete diese Erledigung ohne nähere Begründung als Bescheid und wies die Beschwerde nicht zurück, sondern ab.

In einem Erkenntnis vom 9. Juni 1971, Slg.Nr. 6.441, bewertete der Verfassungsgerichtshof ein gleichartiges Schreiben der belangten Behörde an den Leiter einer Strafvollzugsanstalt wie folgt:

"In dieser Mitteilung kommt nicht bloß etwa die Meinung der Behörde zum Ausdruck, daß sie zu einer aufsichtsbehördlichen Verfügung keinen Anlaß finde, was zur Folge hätte, daß dem Verwaltungsakt kein Bescheidcharakter zukommt (vgl. Erkenntnis Slg.Nr. 4.113/1961). Vielmehr liegt im Verwaltungsakt eine rechtsgestaltende individuelle Anordnung, also ein Bescheid im Sinne des Art. 144 B-VG. Dem Strafgefangenen erwächst nämlich aus § 10 StVG ein gewisser Anspruch auf Strafvollzugsortsänderung; dieser Anspruch wurde hier verneint.

Der Inhalt des Bescheides wurde dem Beschwerdeführer ... durch

ein Organ der Strafvollzugsanstalt ... mündlich verkündet."

Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte in einem Erkenntnis vom 10. April 1973, Zl. 1793/72, die Erledigung eines Antrages auf Abänderung eines anderen Ergebnisses der Klassifizierung (Normal- statt Erstvollzug als angeordnete Form des Strafvollzuges). Auch hier hatte die belangte Behörde den Leiter der Strafvollzugsanstalt angewiesen, den Strafgefangenen (durch dessen Vertreter) davon in Kenntnis zu setzen, daß zu einer positiven Erledigung seines Ansuchens kein Anlaß bestehe. Der Verwaltungsgerichtshof wertete diese Erledigung als Bescheid, berief sich dazu u.a. auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1971 und fügte hinzu, hinsichtlich der strittigen Vollzugsform ergebe sich aus der Formulierung des § 127 Abs. 1 StVG ("... SIND getrennt ... anzuhalten") ein "Anspruch" des Strafgefangenen. Die als Bescheid gewertete Erledigung wurde aufgehoben, weil sie keine Begründung im Sinne der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG enthielt. Die Ablehnung eines Ansuchens auf Anhaltung im Erstvollzug wertete der Verwaltungsgerichtshof auch in einem weiteren Fall als Bescheid (Erkenntnis vom 21. Dezember 1976, Zl. 2667/76).

Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis vom 4. Juli 1980, Zl. 2256/79 (Slg.Nr. 10.198/A), betraf eine Unterbringung nach § 21 Abs. 2 StGB. Der Untergebrachte war "gemäß § 161 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 StVG" aus der Sonderabteilung einer Strafvollzugsanstalt in die Sonderabteilung einer anderen Strafvollzugsanstalt überstellt worden und hatte seine Rücküberstellung beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof wertete die Erledigung der belangten Behörde - wieder ein Schreiben an den Leiter der Strafvollzugsanstalt, wonach die Eingabe nicht zu Verfügungen Anlaß gegeben habe - als Bescheid und hob diesen wegen des Fehlens einer Begründung auf. Er berief sich dabei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1971 und auf das Erkenntnis vom 10. April 1973, Zl. 1793/72.

In dem dem Erkenntnis vom 30. Oktober 1985, Zl. 85/01/0018 (Leitsatz: Slg.Nr. 11.928/A), zugrunde liegenden Fall hatte die belangte Behörde über die Beschwerde eines gemäß § 21 Abs. 2 StGB Unterzubringenden, er sei nicht in der dafür bestimmten besonderen Abteilung der Strafvollzugsanstalt untergebracht, mit Bescheid gemäß § 121 Abs. 1 StVG in letzter Instanz entschieden und ausgesprochen, einem Verurteilten stehe "grundsätzlich ein subjektives Recht auf Anhaltung in der gesetzlichen Vollzugsanstalt zu", doch sei die vom Anstaltsleiter angeordnete Unterbringung in einem Einzelhaftraum außerhalb der besonderen Abteilung im konkreten Fall nicht rechtswidrig (vgl. dazu § 8 Abs. 4 Satz 2 StVG in der Fassung BGBl. Nr. 605/1987). Der Verwaltungsgerichtshof gab der Beschwerde, mit der das "subjektive Recht auf Anhaltung in einer gesetzlichen Vollzugsanstalt" geltend gemacht wurde, unter ausdrücklicher Bejahung der Existenz eines solchen Rechtes Folge.

Auch der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1986, Zl. 85/01/0118, zugrunde liegende Fall betraf eine Unterbringung nach § 21 Abs. 2 StGB. Der Untergebrachte befand sich in einer Strafvollzugsanstalt und begehrte seine Überstellung in die Sonderanstalt Mittersteig. Die belangte Behörde ersuchte den Leiter der Strafvollzugsanstalt in einem an ihn gerichteten Schreiben, dem Untergebrachten "mitzuteilen, da eine Überstellung in die Justizanstalt Mittersteig aufgrund der langen Strafzeit derzeit nicht möglich" sei.

Der Untergebrachte wandte sich an den Verfassungsgerichtshof, der die Beschwerde mit dem ersten der Beschlüsse, auf die sich die belangte Behörde im vorliegenden Verfahren in der Gegenschrift stützt, zurückwies (Beschluß vom 28. September 1985, Slg.Nr. 10.567). Er begründete dies im wesentlichen wie folgt:

"Weder aus den Bestimmungen des StVG (§§ 10, 158 ff) noch

aus Art. III des Strafvollzugs-Anpassungsgesetzes ergibt sich

das Recht eines Strafgefangenen (Untergebrachten), in einer

bestimmten Anstalt angehalten zu werden. ... Vor dem

Hintergrund dieser Rechtslage kann die formlose Erledigung des

Bundesministers ... nur als bloße Mitteilung, nicht aber als

vor dem VfGH bekämpfbarer Bescheid bewertet werden. Damit fehlt es aber an einem tauglichen Beschwerdegegenstand."

Der vom Untergebrachten gleichfalls angerufene Verwaltungsgerichtshof wertete die Erledigung als Bescheid und gab der Beschwerde, mit der die Verletzung im "Recht auf Strafvollzugsortsänderung" geltend gemacht wurde, wegen der mangelhaften Begründung des Bescheides Folge (Erkenntnis vom 29. Jänner 1986, Zl. 85/01/0118).

Mit Beschluß vom 1. Dezember 1986, Slg.Nr. 11.138, wies der Verfassungsgerichtshof erneut eine Beschwerde, die sich gegen eine gleichartige Erledigung eines Ansuchens um Überstellung aus einer Strafvollzugsanstalt in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wandte, mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes zurück. Die Begründung stimmte in den oben wiedergegebenen Teilen wörtlich mit der des Beschlusses vom 28. September 1985 überein.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt in zwei Erkenntnissen vom 25. Februar 1987, Zlen. 86/01/0113 und 86/01/0206, an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. In beiden Fällen ging es um Strafgefangene, die längere Freiheitsstrafen zu verbüßen hatten und von einer Strafvollzugsanstalt in eine andere

(Zl. 86/01/0113) bzw. in ein gerichtliches Gefangenenhaus (Zl. 86/01/0206) verlegt werden wollten. Die dem schon mehrfach beschriebenen Muster entsprechenden Erledigungen der belangten Behörde wurden vom Verwaltungsgerichtshof als Bescheide gewertet und wegen ihrer mangelhaften Begründungen aufgehoben. Der Beschwerdepunkt war in beiden Fällen das "Recht auf Strafvollzugsortsänderung". Das Verfahren über eine weitere Beschwerde dieser Art wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft eingestellt (Beschluß vom 18. Mai 1988, Zl. 87/01/0076).

Mit Beschluß vom 25. Februar 1988, Slg.Nr. 11.605 (Leitsatz), sprach der Verfassungsgerichtshof wieder aus, weder aus den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes noch aus einer anderen Bestimmung ergebe sich das Recht eines Strafgefangenen, in einer bestimmten Anstalt angehalten zu werden. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage könne die formlose Erledigung des Bundesministers für Justiz nur als bloße Mitteilung, nicht aber als vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfbarer Bescheid gewertet werden.

Mit Beschluß vom 19. April 1989, Zl. 89/01/0043 (Slg.Nr. 12.902/A) - der einzigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, die die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift erwähnt - beurteilte der Verwaltungsgerichtshof einen Fall, in dem es, soweit hier von Bedeutung, nicht um die Erledigung eines nachträglichen Antrages, sondern um das Ergebnis der Klassifizierung nach § 134 Abs. 1 StVG ging, der ein Antrag des Verurteilten, die Haft in einer bestimmten Vollzugsanstalt verbüßen zu dürfen, schon vorausgegangen war. Der Verwaltungsgerichtshof verweigerte der Ansicht des Beschwerdeführers, bei der erstmaligen Bestimmung des Strafvollzugsortes handle es sich um einen individuellen, hoheitlichen, im Außenverhältnis ergehenden, normativen Verwaltungsakt, somit um einen Bescheid, die Zustimmung und führte aus, es handle sich "abgesehen davon", daß der Strafgefangene vom Ergebnis der Klassifizierung nur eingeschränkt im Sinne des § 134 Abs. 5 StVG in Kenntnis zu setzen sei, "hiebei nur um die Mitteilung eines Prüfungsergebnisses aus einem Ermittlungsverfahren, in dem dem Beschwerdeführer nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich auch kein Mitspracherecht zukommt. Die bloße gesetzlich vorgesehene Bekanntgabe des Ergebnisses, soweit sie sich auf den unmittelbar anschließenden Strafvollzug bezieht", sei kein Bescheid. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Mit dem letzten der von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierten Beschlüsse (Beschluß vom 24. Februar 1992, Slg.Nr. 12.965) wies der Verfassungsgerichtshof eine weitere Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages auf Fortsetzung des Strafvollzuges in einer anderen Anstalt als gegen eine "bloße Mitteilung" gerichtet zurück. Die Begründung entsprach inhaltlich den Beschlüssen vom 28. September 1985, 1. Dezember 1986 und 25. Februar 1988, auf die zum Teil auch verwiesen wurde (der Hinweis auf "VfSlg. 11.137/1986" ist auf den Beschluß vom 1. Dezember 1986, Slg.Nr. 11.138, zu beziehen).

4. Den zuletzt aufgezählten Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes ist gemeinsam, daß sie - ebenso wie die belangte Behörde in der Gegenschrift - die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1971, Slg.Nr. 6.376, und vom 9. Juni 1971, Slg.Nr. 6.441, sowie die u.a. auf das zweite dieser Erkenntnisse gegründeten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1973, Zl. 1793/72, vom 4. Juli 1980, Zl. 2256/79 (Slg.Nr. 10.198/A), vom 29. Jänner 1986, Zl. 85/01/0118, und vom 25. Februar 1987, Zl. 86/01/0113 und Zl. 86/01/0206, nicht erwähnen.

Andererseits sind die drei letzten dieser Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes dadurch gekennzeichnet, daß sie (abgesehen von der Zitierung der in den amtlichen Sammlungen veröffentlichten Vorerkenntnisse mit "Slg.Nr. 6.641" statt Nr. 6.441 und "Slg.NF Nr. 1.198/A" statt Nr. 10.198/A) eine "übereinstimmende Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts" für sich in Anspruch und auf die erwähnten neueren, gegenteiligen Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes somit nicht Bedacht nehmen.

Schließlich nimmt auch der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1989, Zl. 89/01/0043 (Slg.Nr. 12.902/A), weder auf die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes noch auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, die sich mit der Erledigung von Anträgen auf Überstellung in eine andere Anstalt oder andere nachträgliche Änderungen der Ergebnisse der Klassifizierung befassen, Bezug. Er betrifft aber selbst keine Erledigung eines solchen Antrages. Entgegen der Darstellung der belangten Behörde in der Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof die dort geäußerte Ansicht - nämlich die, es gebe kein Recht auf Anhaltung in einer bestimmten Anstalt und ein Erlaß, in dem über die Anregung eines Strafgefangenen entschieden werde, eine Änderung der Klassifizierung vorzunehmen, sei kein Bescheid, sondern lediglich eine Mitteilung - daher bis jetzt nicht vertreten. In Anbetracht der geschilderten Vorjudikatur bedürfte es dazu auch der Entscheidung eines verstärkten Senates (§ 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG). Das würde selbst dann gelten, wenn der Verwaltungsgerichtshof in dem Beschluß vom 19. April 1989 - ohne Verstärkung des Senates - von der bisherigen Rechtsprechung abgewichen wäre.

5. Der Beschluß vom 19. April 1989 stützt sich auf das Argument, die im § 134 Abs. 5 StVG vorgeschriebene Verständigung des Strafgefangenen (vor seiner Überstellung) sei nur "die Mitteilung eines Prüfungsergebnisses aus einem Ermittlungsverfahren, in dem dem Beschwerdeführer nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich auch kein Mitspracherecht zukommt". Das seit der StVG-Novelle 1993, BGBl. Nr. 799, vorgeschriebene (nachträgliche) Gespräch "über die für die Klassifizierung maßgebenden Erwägungen sowie über den Inhalt des Vollzugsplanes" (§ 135 Abs. 3 Satz 1 StVG) würde daran nichts ändern. In seinem schon erwähnten Erkenntnis vom 10. April 1973, Zl. 1793/72, hob der Verwaltungsgerichtshof hervor, § 134 Abs. 5 StVG sei gemäß § 134 Abs. 6 Satz 2 StVG sinngemäß anzuwenden, wenn es im späteren Verlauf des Strafvollzuges gemäß § 134 Abs. 6 Satz 1 StVG zu Änderungen der Klassifizierung komme. Er zog daraus die Konsequenz, daß "auch

bei einer Ablehnung des Antrages ... auf Änderung des Strafvollzugs eine solche Verständigung ... zu erfolgen" habe,

ließ es zugleich "dahingestellt", ob dem Strafgefangenen in dem zuletzt erwähnten Fall nicht auch ein Recht auf eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung zustehe, und gelangte - wie schon teilweise dargestellt - zu dem Ergebnis, die Erledigung hätte zumindest im Fall einer schriftlichen Bekanntgabe ihres Inhaltes durch den Leiter der Strafvollzugsanstalt (damals gegenüber dem Rechtsvertreter des Strafgefangenen) eine Begründung im Sinne der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG enthalten müssen. Die späteren Erkenntnisse kamen auch bei bloß mündlicher Bekanntgabe der Erledigung durch den Anstaltsleiter zum gleichen Ergebnis. Andererseits fehlte es auch in dem Fall, der dem Beschluß vom 19. April 1989 zugrunde lag, nicht an einem Ansuchen des Verurteilten, auf das in der Erledigung auch in ähnlicher Weise, wie dies in den Fällen der Klassifizierung nachfolgender Anträge geschehen war, eingegangen wurde (vgl. Kunst, StVG (1979), Anmerkung 1 zu § 10, hinsichtlich der sinngemäßen Anwendung des § 119 StVG auf derartige Ansuchen vor Beginn des Vollzuges). Schließlich kann auch die Frage nach dem Bestand oder Nichtbestand eines subjektiven Rechtes auf Beachtung der im Gesetz verankerten Kriterien für die Bestimmung der Strafvollzugsanstalt, die für die Einstufung der Erledigung als Bescheid oder als "bloße Mitteilung" von Bedeutung ist, im Zusammenhang mit der Klassifizierung nach § 134 Abs. 1 StVG nicht anders beurteilt werden als im Zusammenhang mit nachträglichen Änderungen der Klassifizierung im Sinne des Abs. 6 dieser Bestimmung.

6. Diese Gemeinsamkeiten führen zwar nicht zu einem direkten Widerspruch, aber doch zu einem Spannungsverhältnis zwischen den Erkenntnissen über die Erledigung der Klassifizierung nachfolgender Anträge einerseits und der Zurückweisung der Beschwerde gegen die erstmalige Bestimmung des Strafvollzugsortes bei gleichzeitiger Erledigung eines diesbezüglichen Antrages andererseits. In Verbindung mit dem Zeitabstand zu den letzten der erwähnten Erkenntnisse und der nun offenkundigen Divergenz in der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe öffentlichen Rechts legt dies eine Überprüfung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bescheidqualität von Erledigungen wie der im vorliegenden Fall zu beurteilenden nahe.

Der Ausgangspunkt muß dabei die Frage sein, ob es sich bei den Ansuchen gemäß § 119 StVG, auf die sich diese Erledigungen beziehen, um solche handelt, mit denen der Strafgefangene ein dem Gesetz entnehmbares subjektives Recht verfolgt (was nicht schon aus der Zulässigkeit der Ansuchen folgt; vgl. dazu Kunst, aaO., Anmerkung 1 zu § 119). Ist dies der Fall, so wird vom Bundesminister für Justiz als für die Klassifizierung und deren Änderung in erster und letzter Instanz zuständiger Behörde (vgl. dazu das Erkenntnis vom 4. Juli 1980, Slg.Nr. 10.198/A) in einschränkender Interpretation des § 22 Abs. 3 StVG eine bescheidmäßige, auf Verlangen schriftlich auszufertigende Erledigung solcher Ansuchen zu fordern und eine Erledigung von der Art der vorliegenden, wie dies in der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geschehen ist, als Bescheid zu werten sein. Der Strafgefangene müßte sonst den unnötigen Umweg beschreiten, die Tatsache der seiner unveränderten Klassifizierung entsprechenden, auf einer Entscheidung des Bundesministers für Justiz beruhenden Anhaltung in einer bestimmten Anstalt zum Gegenstand eines durch mehrere Instanzen zu führenden Beschwerdeverfahrens zu machen, um eine bescheidmäßige Erledigung seines Anliegens herbeizuführen und die Kontrolle der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts in Anspruch nehmen zu können (vgl. in diesem Zusammenhang die Erläuternden Bemerkungen zur StVG-Novelle 1971, 26 BlgNR 13. GP, Seite 6, wiedergegeben bei Kunst, aaO., Anmerkung 3 zu § 22).

7. Was die Existenz eines subjektiven Rechtes anlangt, so war der Verfassungsgerichtshof zunächst der Auffassung, dem Strafgefangenen erwachse "aus § 10 StVG ein gewisser Anspruch auf Strafvollzugsortsänderung" (Erkenntnis vom 9. Juni 1971, Slg.Nr. 6.441). Gründe dafür, warum sich dies aus derselben Bestimmung nun nicht mehr ergeben sollte, sind den neueren Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes, die keinen Versuch einer argumentativen Ableitung dieses Standpunktes enthalten, nicht entnehmbar. Die ursprüngliche Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschloß, entsprach den Absichten, die der Gesetzgeber mit dem Strafvollzugsgesetz verfolgte (vgl. dazu, auch unter Berücksichtigung der seither ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Recht auf ein Verfahren vor dem "gesetzlichen Richter", die Erläuternden Bemerkungen zum StVG, 511 BlgNR 11. GP, Seite 39f), und der daraus resultierenden, ins einzelne gehenden Gestaltung der gesetzlichen Regelung, die "offenbar auf die Einräumung eines dem Art. 83 Abs. 2 B-VG entsprechenden Rechtes abzielt, mag sie auch objektiv gefaßt sein und nur im § 10 Abs. 2 auf das Einverständnis des Verurteilten abheben" (Kunst, aaO., Anmerkung 6 zu § 9 StVG). Warum dies nicht mehr gelten und die Rechtslage damit, wie dies in den neueren Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes geschieht, wieder gleich zu beurteilen sein sollte wie vor dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Für die Annahme eines subjektiven Rechtes spricht vielmehr zusätzlich die in der Zwischenzeit verfestigte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Ableitung solcher Rechte aus Vorschriften, die der Behörde auch und gerade im Interesse der betroffenen Personen bestimmte Pflichten auferlegen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 14. Oktober 1976, Slg.Nr. 9.151/A, vom 13. Mai 1980, Slg.Nr. 10.129/A, vom 19. März 1991, Slg.Nr. 13.411/A, und vom 24. Jänner 1994, Slg.Nr. 13.985/A; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz 119). Bei § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG ist das nach dem erkennbaren und in den Materialien (511 BlgNR 11. GP, Seite 47) erläuterten Zweck dieser Vorschrift der Fall.

8. In einem Erkenntnis aus jüngster Zeit hat der Verfassungsgerichtshof aus § 185 StPO, nach dessen erstem Satz Untersuchungshäftlinge in dem Gefangenenhaus des für das Strafverfahren zuständigen Gerichtshofes anzuhalten sind, und nach dessen zweitem Satz der Bundesminister für Justiz "die Zuständigkeit des Gefangenenhauses eines anderen Gerichtshofes anzuordnen" hat, "wenn dies zur Erreichung der Haftzwecke notwendig ist", abgeleitet, dem Untersuchungshäftling werde damit das subjektive Recht eingeräumt, an dem im ersten Satz der Bestimmung genannten Ort angehalten zu werden, wenn nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des zweiten Satzes der Bestimmung oder der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Norm (§ 1 des Art. I des Bundesgesetzes, mit dem vorübergehende Maßnahmen für die Anhaltung in Untersuchungshaft und im Strafvollzug getroffen werden, BGBl. Nr. 467/1992) erfüllt sind. In diesem Gesetzesprüfungsverfahren hatte sich die Bundesregierung auf die jüngere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 10 StVG berufen, um die Annahme, bei der Anordnung der Überstellung eines Untersuchungshäftlings in eine Strafanstalt handle es sich um einen Bescheid, zu widerlegen, und dabei auf die Ähnlichkeit der Fälle hingewiesen. Der Verfassungsgerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und führte aus, entgegen der Auffassung der Bundesregierung gehe es im Fall des § 185 StPO "nicht um rein organisationsrechtliche Anordnungen, wie sie § 10 des Strafvollzugsgesetzes für Strafhäftlinge zu entnehmen sind (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere VfSlg. 11138/1986, 11605/1988, 12965/1992, die ausschließlich Fälle des Strafvollzuges betreffen)". Das "Konzept des Strafvollzugsgesetzes" dürfe nicht auf die Anhaltung von Untersuchungshäftlingen übertragen werden (Erkenntnis vom 29. Juni 1995, G 13/95).

Betrifft eine Regelung, nach der der Bundesminister für Justiz "die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 (StVG) zuständigen Anstalt anzuordnen" hat, "organisationsrechtliche Anordnungen", so gilt dies wohl auch für eine Regelung, nach der er "die Zuständigkeit des Gefangenenhauses eines anderen (als des nach § 185 Satz 1 StPO zuständigen) Gerichtshofes anzuordnen" hat. Der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, im ersten dieser Fälle und nur in diesem gehe es um "rein" organisationsrechtliche Anordnungen, ist für den hier zu untersuchenden Fall, daß der Bundesminister für Justiz die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt - unter weiteren Voraussetzungen - dann anzuordnen hat, "wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird" (§ 10 Abs. 1 Z. 2 StVG), nicht zu folgen. Die Anerkennung des subjektiven Rechts eines Untersuchungshäftlings auf Anhaltung in dem nach § 185 Satz 1 StPO zuständigen Gefangenenhaus bestätigt daher die Richtigkeit

der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (und der früheren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) zur Bescheidqualität § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG betreffender Erledigungen.

9. § 10 StVG nennt Fälle, in denen das Bundesministerium für Justiz "die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 zuständigen Anstalt anzuordnen" hat. Das bezieht sich zunächst auf die sachliche Zuständigkeit sowie auf die örtliche Zuständigkeit insoweit, als § 9 StVG in dieser Hinsicht detaillierte Vorschriften enthält, was in bezug auf die Gefangenenhäuser der Gerichtshöfe der Fall ist. Die Bestimmung der Strafvollzugsanstalt, in der eine Freiheitsstrafe, deren Strafzeit ein Jahr übersteigt, zu vollziehen ist, hat gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 StVG im Zuge der Klassifizierung jeweils im Einzelfall zu erfolgen, wobei bewußt davon abgesehen wurde, den Strafvollzugsanstalten bestimmte "Einzugsgebiete" zuzuweisen und diese - etwa in Verbindung mit dem Wohnsitz des Verurteilten - für maßgeblich zu erklären (vgl. die EB zu § 9 StVG, 511 BlgNR 11. GP, Seite 46). Bei der Klassifizierung, zu der wesentlich die Bestimmung der für die Durchführung des Vollzugs zuständigen Strafanstalt gehört (vgl. dazu die zitierten EB, Seite 86; OGH 7. Dezember 1972, SSt 43/53), sind die im § 134 Abs. 2 StVG genannten Kriterien zu beachten. § 10 StVG gilt aber auch im Bereich der auf diese Weise festgelegten Zuständigkeit "nach § 9" (vgl. dazu das Beispiel in den Erläuternden Bemerkungen, aaO., Seite 47, das sich auf den Vollzug in einem gerichtlichen Gefangenenhaus bezieht, dessen Gründe auf den Vollzug in einer Strafvollzugsanstalt aber ebenso zutreffen). Begehrt daher ein Strafgefangener, der eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe verbüßt, aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG eine Änderung des Vollzugsortes und somit der Klassifizierung, so macht er in einer aus dem Gesetz ableitbaren Weise ein subjektives Recht geltend.

10. In bezug auf Ansuchen von der Art des vom Beschwerdeführer gestellten besteht somit kein Grund, von den in der bisherigen Judikatur entwickelten, von der belangten Behörde aber offenbar nie beachteten Kriterien für ihre Erledigung abzugehen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles folgt daraus, daß die angefochtene Erledigung als Bescheid zu werten ist und aus den gleichen Gründen wie in den mit dem Erkenntnis vom 29. Jänner 1986, Zl. 85/01/0118, und mit den Erkenntnissen vom 25. Februar 1987, Zlen. 86/01/0113 und 86/01/0206, auf die in dieser Hinsicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, entschiedenen Fällen wegen der Mangelhaftigkeit ihrer Begründung nicht dem Gesetz entspricht.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Anspruch auf zusätzlichen Ersatz von Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand besteht danach nicht.

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