VwGH 95/18/0716

VwGH95/18/071611.7.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. September 1994, Zl. SD 861/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965;
FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. September 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, "gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992", ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien im wesentlichen auch für die vorliegende Entscheidung maßgebend gewesen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie lebe bereits seit dem Jahr 1986 mit ihrem jetzigen Gatten in Österreich, scheine zwar prima vista ein erhebliches Argument zu ihren Gunsten zu sein, schlage jedoch bei näherem Hinsehen keineswegs in diese Richtung aus. Die Beschwerdeführerin habe zwar damals einen Sichtvermerksantrag gestellt, diesen jedoch, welche Gründe dafür immer maßgebend gewesen sein mögen, zurückgezogen. In der Folge habe sie dann ihren Aufenthalt in Österreich bis zum Jahre 1991 in der Weise "geregelt", daß sie sich jeweils nach einem etwa dreimonatigen Aufenthalt abgemeldet habe und (mit etwa ein oder zwei Ausnahmen) für zwei bis drei Wochen nach Jugoslawien gefahren sei. Damit sei es ihr allerdings bloß de facto, nicht aber de iure gelungen, die Sichtvermerkspflicht zu umgehen, weil die Dauer eines Aufenthaltes im Bundesgebiet durch so kurze Reisen ins Ausland nicht unterbrochen werde, was gerade durch die Ausführungen in der Berufung, sie habe seit 1986 in Wien gelebt, um so deutlicher werde. Gerade dieser Umstand, nämlich die Nichtunterbrechung des Aufenthaltes durch kurze Auslandsreisen, wende sich nun gegen die Beschwerdeführerin und mache diesen Aufenthalt zu einem illegalen.

In dieser Zeit sei die Beschwerdeführerin einmal wegen versuchter Entwendung und schließlich im Jahr 1991 ein zweites Mal wiederum wegen eines Vermögensdeliktes, und zwar wegen eines versuchten Diebstahls (und vorsätzlicher Körperverletzung) verurteilt worden.

Aufgrund der damaligen Eheschließung mit Z habe sie 1991 einen Sichtvermerk für die Dauer eines Jahres bis September 1992 erhalten. Sie sei über die Gültigkeitsdauer dieses Sichtvermerkes hinaus in Österreich geblieben und sei im Jänner 1993 nach Jugoslawien abgemeldet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Ehe mit Z bereits geschieden gewesen. Nachdem sie Ende Mai 1993 in Belgrad einen für vier Wochen gültigen Touristen- bzw. Besuchersichtvermerk beantragt habe, sei sie am 6. Juni 1993 nach Österreich eingereist und nach Ablauf des Touristensichtvermerkes illegal in Österreich geblieben. Während ihres illegalen Aufenthaltes in Österreich habe sie im April oder Mai 1994 Zugang zu einem jugoslawischen Staatsbürger gefunden, der ihr versprochen habe, gegen Bezahlung von S 10.000,-- den gewünschten Sichtvermerk sowie gegen weitere S 1.000,-- einen Meldezettel zu verschaffen. Sie habe diese Papiere einen Monat später erhalten. Der Meldezettel sei mit 24. Juni 1993 und der Sichtvermerk mit 26. Juni 1993 datiert gewesen. Nachdem die Beschwerdeführerin zunächst nur Bedenken gegen die Echtheit gehabt haben wolle, habe sie niederschriftlich zugestanden, daß ihr etwa ein bis zwei Wochen nach Erhalt des Reisepasses klar gewesen wäre, daß das Visum gefälscht sein müsse. Anfang Juni 1994 sei sie jedenfalls mit dem Reisepaß und dem Sichtvermerk in Ungarn gewesen und sei mit dem gefälschten Sichtvermerk wieder nach Österreich eingereist. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG einwandfrei erwiesen.

Überdies sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben, weil die Beschwerdeführerin mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 2. August 1994 wegen illegalen Aufenthaltes seit Ablauf ihres Touristenvisums nach dem Fremdengesetz sowie wegen Unterlassung der polizeilichen Anmeldung nach dem Meldegesetz rechtskräftig bestraft worden sei.

Das Gesamtfehlverhalten der Beschwerdeführerin lasse keinen Zweifel offen, daß ihr Aufenthalt die öffentliche Ordnung, d. h. ein geordnetes Fremdenwesen gefährde, und damit den im Art. 8 MRK genannten Interessen zuwiderlaufe. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern nicht die §§ 19 oder 20 FrG entgegenstünden.

Es liege zweifellos ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 FrG vor, da sie, allerdings erst vor kurzem während ihres illegalen Aufenthaltes, am 4. Juli 1994 ihren geschiedenen Ehegatten, bei dem auch ihre Tochter lebe, wieder geheiratet habe. Dennoch sei angesichts des krassen Fehlverhaltens der vorliegende Eingriff zur Verhinderung strafbarer Handlungen und im Interesse eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten.

Bei sorgfältiger Abwägung der zweifellos beträchtlichen Interessen der Beschwerdeführerin, die eine Aufenthaltsbewilligung zur Begründung eines Wohnsitzes nicht erlangt und mit "allen" illegalen Mitteln versucht habe, sich den Aufenthalt zu erzwingen, mit den öffentlichen Interessen, sei die belangte Behörde (im Rahmen der Interessensabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG) zu der Auffassung gelangt, daß die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin läßt die Tatsache ihrer beiden gerichtlichen Verurteilungen unbestritten. Sie wendet sich indes gegen die - angebliche - Ansicht der belangten Behörde, daß durch diesen Sachverhalt der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (vierter Fall) FrG verwirklicht sei. Die belangte Behörde übersehe, daß es sich jeweils um geringfügige Geldstrafen für "Bagatelldelikte" gehandelt habe, die zur Begründung eines Aufenthaltsverbotes völlig ungeeignet erschienen.

1.2. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (vierter Fall) FrG weder spruchgemäß noch nach den Ausführungen in der Begründung des bekämpften Bescheides als erfüllt ansah, sie vielmehr die den beiden Verurteilungen wegen versuchter Entwendung und wegen versuchten Diebstahls zugrunde liegenden Straftaten erkennbar im Rahmen des nach § 18 Abs. 1 FrG zu beurteilenden Gesamtfehlverhaltens der Beschwerdeführerin berücksichtigte. Gegen diese Vorgangsweise hegt der Gerichtshof keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde hält auch die Auffassung der belangten Behörde, daß durch die rechtskräftige Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen Übertretung des Fremdengesetzes und Übertretung des Meldegesetzes der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei, für rechtswidrig, weil die Beschwerdeführerin "nur einmal im Verwaltungsweg rechtskräftig bestraft wurde".

2.2. Auch dieser Beschwerdeeinwand ist verfehlt, hindert doch die Tatsache, daß zwei Bestrafungen (einmal nach dem Fremdengesetz, einmal nach dem Meldegesetz) Gegenstand "eines" Straferkenntnisses waren, nicht die Heranziehung des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0672).

3.1. "Krass rechtswidrig" ist nach Meinung der Beschwerde die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich bewußt einen gefälschten Sichtvermerk und einen gefälschten Meldezettel gegen Bezahlung durch einen jugoslawischen Staatsangehörigen "verschaffen" lassen. Vielmehr habe ihr der jugoslawische Staatsbürger Mlada(n) B. glaubhaft versichert, in ihrer speziellen familiären Situation wäre aufgrund einer Ausnahmebestimmung des Fremdengesetzes die Erteilung eines legalen Sichtvermerkes möglich. Dazu sei darauf hinzuweisen, daß der zur unabhängigen Rechtsprechung berufene Unabhängige Verwaltungssenat Wien die Verantwortung der Beschwerdeführerin für glaubwürdig erachtet und ihre Darstellung als erwiesenen Sachverhalt in die Begründung seines Bescheides (vom 16. August 1994) aufgenommen habe. Die belangte Behörde führe in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst aus, daß die Beschwerdeführerin im April oder Mai 1994 Mlada(n) B. kennengelernt und die "Papiere" einen Monat später erhalten habe. Die Datierung des Meldezettels mit 24. Juni 1993 und des Sichtvermerkes mit 26. Juni 1993 sei der Beschwerdeführerin aufgrund der Vordatierung "UM NUR EINIGE TAGE" (anfangs) unbedenklich erschienen. Die Reise der Beschwerdeführerin nach Ungarn sowie die Wiedereinreise in das Bundesgebiet Anfang Juni 1994 mit ihrem Reisepaß und dem gefälschten Sichtvermerk seien sohin zu einem Zeitpunkt erfolgt, "als ich mir über die Fälschung des Sichtvermerkes bzw. des Meldezettels noch nicht bewußt gewesen bin".

3.2. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde eine Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung im Ergebnis nicht aufzuzeigen.

Zwar ist es fraglich, ob sich aus dem in der Begründung des bekämpften Bescheides herangezogenen chronologischen Ablauf der Beschaffung des in Rede stehenden Sichtvermerkes für die Beschwerdeführerin durch M (einschließlich der Erklärung der Beschwerdeführerin, daß ihr etwa ein bis zwei Wochen nach Erhalt des Reisepasses klar war, "daß das Visum gefälscht sein muß") ein verläßlicher Schluß darauf ziehen läßt, daß sie um die Fälschung des Sichtvermerkes - daß eine solche an sich vorliegt, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen - (schon) im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Reise nach Ungarn und zurück (am 4. Juni 1994) wußte. Denn ungeachtet dessen, daß sich eine exakte, nach Datum bestimmte zeitliche Einordnung der besagten "etwa ein bis zwei Wochen nach Erhalt des Reisepasses" in bezug auf das Datum des Grenzübertrittes am 4. Juni 1994 (zumindest aber: vor oder erst nach diesem Zeitpunkt) offenbar nicht vornehmen läßt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie letztlich zu dem Schluß gelangte: "Im übrigen ist es aber unglaubwürdig, daß dies" (d.h. die Fälschung des Sichtvermerkes) "der Berufungswerberin nicht schon von vornherein bewußt war". Diese Folgerung steht nämlich angesichts einer Reihe weiterer Aussagen der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer - von der belangten Behörde als Beweismittel herangezogenen - Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien am 30. Juli 1994 keineswegs in Widerspruch zur Lebenserfahrung und zu den Denkgesetzen. Hervorgehoben seien insbesondere die Aussagen der Beschwerdeführerin, daß ihr die Mittelsperson, die sie im April/Mai 1994 in einem Park kennengelernt habe, gesagt hätte, einen gewissen M zu kennen, "welcher Sichtvermerke macht", daß sie, nachdem sie mehrmals von M vertröstet worden sei, ihren "Paß zurückhaben (wollte), da mir die Sache langsam bedenklich vorkam", und weiters, daß während ihrer mehrmaligen Besuche bei M in dessen Wohnung fast durchwegs mehrere Personen aufhältig gewesen seien und sich das Gespräch "immer um Sichtvermerke (drehte)". Von daher gesehen stößt es - im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Beweiswürdigung zustehenden Prüfungszuständigkeit (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) - auf keinen Einwand, wenn die belangte Behörde als erwiesen annahm, daß der Beschwerdeführerin die Fälschung "schon von vornherein", also jedenfalls vor ihrer Reise nach Ungarn und zurück nach Österreich, bewußt gewesen sei. Eine allenfalls abweichende Beweiswürdigung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien in seinem Bescheid vom 16. August 1994, mit dem die weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft für rechtswidrig erklärt wurde, hindert diese Beurteilung nicht, oblag es doch der belangten Behörde, die ihr vorliegenden Beweise eigenständig und ohne Bindung an deren Würdigung durch eine andere Behörde zu werten.

Bei dieser Sachlage - positives Wissen der Beschwerdeführerin über die Fälschung des Sichtvermerkes - konnte die belangten Behörde den Umstand, daß sich die Beschwerdeführerin mit diesem anläßlich ihrer Einreise von Ungarn nach Österreich den österreichischen Grenzkontrollorganen gegenüber auswies, in rechtlich einwandfreier Weise dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG subsumieren.

4. Der belangten Behörde ist demnach zuzustimmen, daß im Beschwerdefall die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 2 und Z. 6 FrG verwirklicht seien - dies ungeachtet dessen, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides die Zitierung (auch) des § 18 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. offensichtlich aus Versehen unterblieben ist. Ob die belangte Behörde - wie die Beschwerde meint - auch die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin (§ 18 Abs. 2 Z. 7 FrG) angenommen hat, kann, da für das Ergebnis nicht wesentlich, dahingestellt bleiben.

5. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, das Gesamtfehlverhalten der Beschwerdeführerin lasse keinen Zweifel offen, daß ihr Aufenthalt die öffentliche Ordnung gefährde (§ 18 Abs. 1 FrG), bringt die Beschwerde nichts Konkretes vor. Der Gerichtshof pflichtet im Hinblick auf die dargelegte Erfüllung zweier Aufenthaltsverbotstatbestände des § 18 Abs. 2 FrG sowie die gerichtlich geahndeten strafbaren Handlungen der Beschwerdeführerin der Ansicht der belangten Behörde bei.

6. Zu prüfen bleibt die Frage, der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG.

6.1. Die belangte Behörde hatte mit Rücksicht auf den von ihr aufgrund der festgestellten privaten und familiären Bindungen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet - zu Recht - angenommenen Eingriff in deren Privat- und Familienleben i.S. des § 19 FrG zu prüfen, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen die Beschwerdeführerin nach der genannten Bestimmung dringend geboten sei. Wenn sie diese Frage angesichts des "krassen Fehlverhaltens" der Beschwerdeführerin im öffentlichen Interesse der Verhinderung strafbarer Handlungen und der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens bejahte, so ist diese Beurteilung - unter Bedachtnahme auf die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin - nicht als rechtsirrig zu erkennen. Denn der Einhaltung der Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden kommt aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/18/1355, vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0081, und vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0116). Die im vorliegenden Fall durch besonders hartnäckiges Zuwiderhandeln gegen diese Vorschriften herbeigeführte nachhaltige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens führt dazu, daß die - obgleich beachtlichen - privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich hinter das maßgebliche öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zurückzutreten haben.

6.2.1. Die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung zu Ungunsten der Beschwerdeführerin bekämpft die Beschwerde mit dem Argument, daß hiebei das "österreichische familiäre Umfeld" der Beschwerdeführerin - sie lebe seit acht Jahren im Kreis der Familie ihres Ehegatten, insbesondere ihrer Schwiegermutter und ihrer Schwägerin (beide österreichische Staatsangehörige) - nicht festgestellt und entsprechend berücksichtigt worden sei; außerdem wäre eine "genauere Überprüfung der Situation" der Tochter der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen. Hätte die belangte Behörde dies getan, so wäre sie zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt.

Die belangte Behörde nahm darauf Bedacht, daß die Beschwerdeführerin ihren früheren Gatten, von dem sie zwischenzeitig geschieden gewesen sei und bei dem auch die Tochter der Beschwerdeführerin lebe, am 4. Juli 1994 wieder geheiratet habe, also erst vor kurzem und während ihres illegalen Aufenthaltes.

6.2.2. Wenngleich der Beschwerde einzuräumen ist, daß die belangte Behörde solcherart nicht alle die private und familiäre Interessenlage der Beschwerdeführerin konstituierenden Umstände berücksichtigte, kommt diesem Versäumnis keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Unter Zugrundelegung auch der diesbezüglichen Beschwerdeausführungen hat die Beschwerdeführerin mit ihrem jetzigen Gatten - abgesehen von den zahlreichen kurzen Unterbrechungen durch ihre Heimreise nach Jugoslawien - seit dem Jahr 1986 in Österreich zusammengelebt, wobei eine Ehe lediglich für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren bestand und die (zweite) Eheschließung am 4. Juli 1994 in eine Zeit fiel, in der sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig, da auf der Basis eines gefälschten Sichtvermerkes, im Bundesgebiet aufhielt. Darüber hinaus ist im gegebenen Zusammenhang von Relevanz, daß der (nach der Aktenlage) etwas mehr als siebenjährige Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich im Zeitraum Jänner 1986 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zum weitaus überwiegenden Teil, nämlich mit Ausnahme von bloß etwa einem Jahr, nicht rechtmäßig war. Denn abgesehen von der Zeit ab Ende Juni 1993 (Ablauf der einmonatigen Gültigkeitsdauer des ihr erteilten Touristensichtvermerkes) vermochte die Beschwerdeführerin - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - auch ihren Aufenthalt in den Jahren 1986 bis 1991 nicht zu einem rechtmäßigen zu machen, führten doch ihre zahlreichen kurzzeitigen (jeweils zwei- bis dreiwöchigen) Ausreisen in ihre Heimat nicht zu einer Unterbrechung ihres im Hinblick auf den mit drei Monaten begrenzten sichtvermerksfreien Aufenthalt (vgl. das Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, idF BGBl. Nr. 117/1983) zu den jeweiligen Ausreisezeitpunkten bereits unerlaubten Aufenthaltes (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/18/0096).

Von daher gesehen kommt dem mehrjährigen Zusammenleben der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten (davon nur etwa zwei Jahre in aufrechter Ehe) und der daraus resultierenden Integration der Beschwerdeführerin keineswegs großes Gewicht zu. Diese Einschätzung erfährt durch die Tatsache, daß die gemeinsame Tochter (geb. am 2. November 1986 in W) mit ihren Eltern zusammenlebt, keine wesentliche Änderung, wurde doch zum einen dieser Umstand von der belangten Behörde zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt und ist zum anderen zu bedenken, daß - Gegenteiliges wurde weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet - die Obsorge für das Kind den Eltern gemeinsam zukommt. Im übrigen hat die Beschwerde nicht dargetan, worauf sich eine "genauere Überprüfung der Situation" der Tochter zu beziehen gehabt hätte. Schließlich weist der Umstand, daß sich das Zusammenleben der Beschwerdeführerin auch auf ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin erstreckt, nicht den hohen Stellenwert auf, den ihm die Beschwerde beimißt. Denn in einem Fall, in dem wie vorliegend die Beschwerdeführerin mit ihrem Gatten und dem gemeinsamen Kind, also ihren engsten Bezugspersonen, zusammenlebt, tritt der Gesichtspunkt des gemeinsamen Haushaltes der - bereits 28-jährigen - Beschwerdeführerin mit weiteren, nicht so nahen Familienangehörigen im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG in seiner Bedeutung in den Hintergrund.

Den somit - zusammengefaßt - zwar beachtlichen, aber doch nicht allzu stark ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin stehen im Beschwerdefall die im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen maßgeblichen öffentlichen Interessen der Verhinderung strafbarer Handlungen, vor allem aber des Schutzes der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) gegenüber. Wie bereits dargelegt (oben II. 6.1.) wurde durch das besonders hartnäckige und lang andauernde Fehlverhalten der Beschwerdeführerin das zuletzt genannte Rechtsgut in erheblichem Maß gefährdet. Diese gravierende Beeinträchtigung führt dazu, daß die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin (die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation und die ihrer Familie) nicht so schwer zu gewichten waren wie die durch ihr verpöntes Verhalten herbeigeführte Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen (die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes). Dies wurde von der belangten Behörde richtig gesehen.

7.1. Letztlich wirft die Beschwerde der belangten Behörde vor, sie habe die Festsetzung der (Höchst-)Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht begründet. Auch die (lapidare) Begründung der Erstinstanz hätte auf ein psychologisches Gutachten gestützt werden müssen.

7.2. Die belangte Behörde übernahm hinsichtlich der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes - im Wege der Verweisung - die Begründung der Erstbehörde. Wenngleich diese Begründung - insoweit ist der Beschwerde zuzustimmen - sehr knapp ausgefallen ist ("Die Dauer des erlassenen Aufenthaltsverbotes entspricht jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel des Fremden erwartet werden kann".), so zeigt auf der anderen Seite die Beschwerde nicht auf, was die belangte Behörde hätte veranlassen müssen anzunehmen, daß die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (d.h. die oben dargestellte massive Gefährdung öffentlicher Interessen) vorhersehbarerweise vor Verstreichen der festgesetzten Dauer von zehn Jahren wegfallen werde. So gesehen führt auch diese Rüge die Beschwerde nicht zum Erfolg.

8. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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