VwGH 94/18/0096

VwGH94/18/009624.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Jänner 1994, Zl. St 1/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §19;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Tunesien 1965 Art2;
FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §19;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Tunesien 1965 Art2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen tunesischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 sowie §§ 19, 20 und 21 FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer seit April 1992 Österreich immer nur kurzfristig verlassen habe. Zuletzt sei er im Dezember 1992 mit dem Flugzeug von Tunis nach Prag und anschließend nach Österreich gereist. Seit diesem Zeitpunkt habe er sich in Österreich aufgehalten und sei nur einmal, und zwar am 26. April 1993, nach Tschechien gereist, jedoch am selben Tag wieder nach Österreich zurückgekehrt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. April 1993 sei er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Dem damit verbundenen Auftrag, das Bundesgebiet zu verlassen, sei er offenbar durch die am 26. April 1993 erfolgte Ausreise nach Tschechien nachgekommen. Durch diese kurze Ausreise sei "in Wirklichkeit" keine Unterbrechung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet eingetreten, sodaß sein Aufenthalt nach Art. 2 des Notenwechsels über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht zwischen Österreich und Tunesien, BGBl. Nr. 254/1965, gehe man von seiner Einreise im Dezember 1992 aus, schon "zu diesem Zeitpunkt" einen Sichtvermerk erfordert hätte. Der Beschwerdeführer sei während der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich nie polizeilich gemeldet gewesen. Er sei an verschiedenen Wohnorten in Steyr sowie in Linz aufhältig gewesen und habe ohne Beschäftigungsbewilligung in einer Pizzeria als Koch gearbeitet. Zufolge seines während des Aufenthaltes im Bundesgebiet gezeigten Verhaltens (Umgehung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, Aufenthalt ohne polizeiliche Meldung, Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung ohne Bewilligung) sei die Annahme gerechtfertigt, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ging die belangte Behörde davon aus, daß er ledig sei. Er habe starke familiäre Bindungen zu seinem seit 1990 in Österreich lebenden Bruder, mit dem er jedoch nicht in einem gemeinsamen Familienverband lebe, und enge freundschaftliche Beziehungen zu einer österreichischen Staatsangehörigen behauptet. In Anbetracht des hohen Stellenwertes, der den den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen zukomme, erachtete die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG für dringend geboten. Sie bejahte auch die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG, weil Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die "Familiensituation" des Beschwerdeführers nicht vorlägen und von einer Integration aufgrund der Kürze seines Aufenthaltes im Bundesgebiet und im Hinblick auf das Fehlen eines festen Wohnsitzes nicht gesprochen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer läßt den von der belangten Behörde angenommenen, oben wiedergegebenen Sachverhalt unbestritten. Wenn er meint, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht "notwendig" gewesen wäre und eine Ausweisung genügt hätte, um den Intentionen des Fremdengesetzes ausreichend zu entsprechen, so übersieht er, daß ihn die bereits verfügte Ausweisung keineswegs zur Einhaltung der für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften bewegen konnte. In diesem Zusammenhang ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, daß die Ausreise des Beschwerdeführers am 26. April 1993 im Hinblick auf die am selben Tag erfolgte Einreise seinen bereits zu diesem Zeitpunkt im Grunde des Art. 2 des Notenwechsels über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht zwischen Österreich und Tunesien, BGBl. Nr. 254/1965, unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Anwendungsbereich der genannten Bestimmung nicht unterbrochen hat, würde doch die gegenteilige Auffassung die Möglichkeit zu einer Umgehung der in der angeführten Vorschrift vorgesehenen zeitlichen Beschränkung der Dauer des sichtvermerksfreien Aufenthaltes eröffnen. Das von der belangten Behörde festgestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers reicht entgegen seiner Ansicht aus, um den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG zu verwirklichen. Hiefür genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die bisherige Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0247) zu verweisen. Für diese Beurteilung kommt der Sicherstellung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers, der Regelung seiner Wohnverhältnisse und dem Bestehen enger Bindungen zu einer österreichischen Staatsangehörigen keine Bedeutung zu.

Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes in Anwendung der Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG Abstand zu nehmen gewesen wäre, ist ihm zu entgegnen, daß aufgrund der kurzen Dauer des erlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet und mit Rücksicht darauf, daß die Beziehungen zu dem nicht mit ihm gemeinsam lebenden Bruder nicht in den Schutzbereich des "Familienlebens" fallen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 94/18/0051) von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten, im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers keine Rede sein kann. Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "engen freundschaftlichen Beziehungen" zu einer österreichischen Staatsangehörigen - das Bestehen einer Lebensgemeinschaft wurde nicht behauptet - werden vom Schutz des § 19 FrG nicht umfaßt. Damit erübrigt sich sowohl eine Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist, als auch eine Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0534).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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