VwGH 95/18/0525

VwGH95/18/052518.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des D in M, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1994, Zl. 102.698/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. November 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes "zurück".

Der Beschwerdeführer habe am 31. Mai 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt und diesen Antrag im wesentlichen damit begründet, daß er eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 12. Juni 1994 habe und auch sonst alle vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung vorlägen.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten habe diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen (richtig: zurückgewiesen), daß gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes Anträge auf Verlängerung spätestens vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer einer Bewilligung zu stellen seien. Diese Frist sei vom Beschwerdeführer nicht gewahrt worden, sodaß eine Verlängerung nicht in Frage komme.

Dies sei nach Auffassung der belangten Behörde zutreffend. Vom Ende der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers an gerechnet ergebe sich als letzter Tag der vierwöchigen Frist der 16. Mai 1994. Da der Beschwerdeführer den Verlängerungsantrag erst am 31. Mai 1994 eingebracht habe, habe er die gesetzlich vorgeschriebene Frist versäumt.

Auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Erstbescheid könne nicht weiter eingegangen werden, "da es sich bei der genannten Frist um eine vom Gesetz normierte Fallfrist handelt, die der Behörde keinen Ermessensspielraum einräumt, sondern um eine zwingend anzuwendende Norm". Eine Auseinandersetzung mit den Angaben des Beschwerdeführers wäre nur dann zulässig gewesen, wenn dieser gleichzeitig mit seinem Antrag einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG gestellt hätte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "gemäß § 42 Abs. 2 VwGG zur Gänze aufzuheben".

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorweg ist festzuhalten, daß die Erstbehörde den Antrag des Beschwerdeführers spruchgemäß "zurückgewiesen" - und nicht, wie die belangte Behörde annimmt, "abgewiesen" - hatte. Die Begründung des Erstbescheides läßt aber keinen Zweifel daran, daß die Erstinstanz über die Versagung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgesprochen hatte, indem sie in die Prüfung der Frage der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Antragstellung vom Inland bzw. vom Ausland aus eingetreten und dabei zu dem Ergebnis gelangt war, daß mangels Vorliegens eines dem Begriff des Verlängerungsantrages subsumierbaren Antrages der vorliegende Antrag als Erstantrag vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre. Da somit die Erstinstanz aufgrund inhaltlicher Überlegungen den Antrag des Beschwerdeführers negativ beschieden hatte, handelt es sich bei der spruchgemäßen "Zurückweisung" desselben um ein bloßes Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, daß tatsächlich eine meritorische Erledigung in Form einer "Abweisung" des Antrages des Beschwerdeführers durch die Erstbehörde vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 95/18/0889).

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten insofern verletzt, als die Erstbehörde ihn nicht gemäß § 13a AVG über seine Möglichkeiten, bei Versäumung einer Frist einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzubringen, belehrt und die belangte Behörde diese Verletzung der Manuduktionspflicht nicht berücksichtigt habe.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Frist des § 6 Abs. 3 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) um eine materiell-rechtliche Frist, gegen die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/0786). Das Beschwerdevorbringen betreffend die Verletzung der Anleitungspflicht nach § 13a AVG geht somit ins Leere.

3. Auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, durch die Zurückweisung seines Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung werde unzulässigerweise in sein Recht auf Privat- und Familienleben eingegriffen, ist kein Erfolg beschieden. Zum einen kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/18/0372, mwH). Zum anderen hält sich der Beschwerdeführer - nach Ausweis des Verwaltungsaktes - erst seit dem 26. Juni 1992, somit erst ca. 2 Jahre und 5 Monate in Österreich auf. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach unter bestimmten Voraussetzungen im Falle eines relativ geringfügigen Versäumens der Antragsfrist nach § 6 Abs. 3 AufG der Antrag - im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen Auslegung - als rechtzeitig gestellt gilt, kommt für den Beschwerdefall somit nicht zum Tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/18/0366).

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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