VwGH 95/07/0012

VwGH95/07/001223.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. November 1994, Zl. 513.514/01-I 5/94, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft H, vertreten durch den Obmann, in L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §42;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
AVG §13a;
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §42;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 19. November 1992 beantragte die mitbeteiligte Partei (MP) bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage.

Mit Schreiben vom 30. November 1992 übermittelte die BH das Ansuchen der MP gemäß § 99 Abs. 1 lit. c WRG zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Kärnten (LH).

Mit Schreiben vom 1. Juni 1993 betraute der LH gemäß § 101 Abs. 3 WRG die BH in der die MP betreffenden Wasserrechtsangelegenheit mit der Durchführung des Bewilligungs- und Endüberprüfungsverfahrens und ermächtigte diese, bei im wesentlichen anstandslosem Ergebnis im Namen des LH zu entscheiden.

Mit Kundmachung vom 24. Juni 1993 beraumte die BH unter Hinweis darauf, daß die MP um die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer genossenschaftlichen Wasserversorgungsanlage und für Maßnahmen zum Schutz der Quelle angesucht habe, eine mündliche Verhandlung für den 5. Juli 1993 an.

Der Beschwerdeführer wurde zu dieser mündlichen Verhandlung persönlich geladen. Der Beschwerdeführer war bei der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 1993 zugegen und erhob keine Einwendungen gegen das Projekt der MP. Von der Verhandlungsleiterin wurde in der Verhandlung festgestellt, daß der Beschwerdeführer von der gegenständlichen Anlage nicht betroffen und kein Mitglied der MP sei. Lediglich das geplante Quellschutzgebiet nehme die Parzelle des Beschwerdeführers in Anspruch. Die Niederschrift über die Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer eigenhändig unterschrieben.

Mit Bescheid vom 3. August 1994 erteilte die BH namens des LH der MP unter näher ausgeführten Bedingungen und Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung, die auf dem Grundstück Nr. 993, KG H., entspringende Quelle zu fassen, zu nutzen und abzuleiten sowie die hiefür erforderlichen Anlagen zu errichten. Zweck der Anlage sei die Versorgung der genossenschaftlichen Anwesen mit ausreichendem Trink-, Nutz- und Feuerlöschwasser. Die Quelle werde auf dem Grundstück Nr. 993, KG H., gefaßt und bis zum Grundstück Nr. 997/1, KG H., geführt, wo als Endpunkt ein Hydrant vorgesehen sei. Der Hochbehälter befinde sich ebenfalls auf dem Grundstück Nr. 993, KG H.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10. August 1994 zugestellt. Am 12. August 1994 sprach der Beschwerdeführer bei der BH vor und teilte mit, daß sich nur wenig entfernt von der geplanten Quellfassung der MP seine Quelle befinde und er nunmehr befürchte, daß seine Quelle durch die beabsichtigten Maßnahmen beeinträchtigt werde.

Mit Schreiben vom 23. August 1994 erhob der Beschwerdeführer sodann gegen diesen Bescheid Berufung und begründete diese im wesentlichen damit, daß auf seinen unmittelbar angrenzenden Grundparzellen Nr. 1002/1 und 997/2, je KG H., nur etwa 40 bis 50 m entfernt von der nunmehr bewilligten Quellfassung eine Quelle entspringe, welche niveaumäßig unterhalb der nunmehr beanspruchten Quelle liege. Durch die Errichtung der Wasserversorgungsanlage der MP sei er als Eigentümer erheblich beeinträchtigt, weil die Gefahr bestehe, daß durch die Grabungsarbeiten seine Quelle versiege oder zumindest die Quellschüttung erheblich vermindert würde. Die BH habe im Ermittlungsverfahren keinerlei Erhebungen über diese Quellsituation vorgenommen und keinerlei Messungen an seiner Quelle durchgeführt. Er sei der Meinung gewesen, daß derartige Erhebungen von Amts wegen durchzuführen seien und ein weiterer Lokalaugenschein erforderlich sein würde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den namens des LH durch die BH erlassenen Bescheid vom 3. August 1994 gemäß § 42 Abs. 1 AVG infolge Präklusion ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe aufgrund der Belehrung in der Verhandlung, wonach er im aktuellen Zeitpunkt vom Verfahren nicht betroffen sei, davon ausgehen können, daß der Gegenstand der Verhandlung auf Teilbereiche beschränkt sei, welche seine rechtlich geschützten Interessen nicht berührten. Insoweit das Verfahren jedoch auf einen Teilbereich beschränkt gewesen sei, könne darüber hinaus eine Präklusion nicht eintreten.

Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 42 Abs. 1 AVG durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.

Nach § 42 Abs. 2 AVG erstreckt sich im Falle einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung die im Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

Ist der Antrag nicht gemäß § 106 sofort abzuweisen oder beharrt der Antragsteller ungeachtet der ihm mitgeteilten Bedenken auf seinem Vorhaben, so ist das Verfahren gemäß § 107 Abs. 1 WRG 1959 bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheides durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung (§§ 40 bis 44 AVG 1950) fortzusetzen, sofern nicht in besonderen Fällen nach ausdrücklichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann. Zur mündlichen Verhandlung sind der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, persönlich zu laden; dies gilt auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll.

Aus einer Zusammenschau des § 42 Abs. 1 und 2 AVG und des § 107 Abs. 1 WRG 1959 ergibt sich, daß für Personen, die rechtzeitig zu einer mündlichen Verhandlung persönlich geladen wurden, Präklusion eintritt, wenn sie nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung oder während der Verhandlung Einwendungen vorgebracht haben.

Die Rechtsfolgen der Präklusion können allerdings nur bezüglich des in der Ladung bzw. in der Kundmachung angeführten Verhandlungsgegenstandes eintreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1989, 89/07/0045). Laut Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 5. Juli 1993, die an den Beschwerdeführer persönlich ergangen ist, waren Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung die Errichtung der Wasserversorgungsanlage der MP und Maßnahmen zum Schutz der Quelle. Der Gegenstand der Verhandlung war somit entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht auf Teilbereiche beschränkt. Auch geht aus dem vom Beschwerdeführer eigenhändig unterfertigten Verhandlungsprotokoll über die Verhandlung am 5. Juli 1993 nicht hervor, daß er dahingehend belehrt worden sei, vom Verfahren "derzeit" nicht betroffen zu sein.

Es wäre dem Beschwerdeführer oblegen, auf die Existenz einer Quelle auf seinem Grundstück hinzuweisen und entsprechende Einwendungen zu erheben. Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers war die Verhandlungsleiterin auch nicht verhalten, den Beschwerdeführer als Rechtsunkundigen und zum damaligen Zeitpunkt Unvertretenen dahingehend zu belehren, daß er Einwendungen sofort zu erheben hätte. Denn die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG geht nicht so weit, daß eine Partei, die unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 Abs. 1 AVG zu einer mündlichen Verhandlung geladen wurde, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müßte (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, zu § 13a AVG, S. 178, unter E 6a angeführte hg. Judikatur).

Der Hinweis des Beschwerdeführers, er sei sich nicht bewußt gewesen, daß das Unterlassen des Erhebens von Einwendungen eine derart weitreichende Rechtsfolge nach sich ziehe, ist rechtlich unerheblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, 88/07/0001).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er sei im guten Glauben gewesen, daß von der Behörde noch Erhebungen von Amts wegen durchgeführt würden. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme auf den Wasserhaushalt der Umgebung zu überprüfen. Da beim gegebenen Sachverhalt keinesfalls feststehe, daß das Projekt tatsächlich ohne Verletzung wasserrechtlich geschützter Interessen dritter Personen durchgeführt werden könne, wäre eine Bewilligung nicht zu erteilen gewesen.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß es eben gerade Zweck der mündlichen Verhandlung war, allfällige Beeinträchtigungen von Rechten Dritter in Erfahrung zu bringen. Auf eine solche Beeinträchtigung seiner eigenen Rechte hat der Beschwerdeführer trotz der ihm dazu gebotenen Möglichkeit jedoch nicht hingewiesen. Dem Beschwerdeführer kommt weiters - sofern sein Vorbringen so verstanden werden sollte - keine Berechtigung zur Wahrung wasserrechtlich geschützter Rechte anderer zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1985, 84/07/0349).

Der Beschwerdeführer führt schließlich aus, daß ein von ihm erstattetes Sachvorbringen nicht protokolliert worden sei. Weiters sei das von ihm erstattete Sachvorbringen von der Behörde auch rechtsirrig beurteilt worden.

Dieses Vorbringen steht mit den weiteren Beschwerdeausführungen in Widerspruch, wonach die belangte Behörde auf die vom Beschwerdeführer in der Berufung dargelegten Gründe, warum er in der Verhandlung vom 5. Juli 1993 keine Einwendungen erhoben habe, in rechtswidriger Weise nicht eingegangen sei. Darüber hinaus wurde dieses Sachvorbringen das erste Mal im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet, weshalb es eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG für den Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung darstellt.

Angesichts der Präklusionsfolgen nach § 42 AVG war die belangte Behörde der Aufgabe enthoben, sich mit den verspäteten Einwendungen des Beschwerdeführers, die nicht bei der wasserrechtlichen Verhandlung vor der BH, sondern erst im Berufungsverfahren vorgebracht wurden, auseinanderzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1950, VwSlg. 1465/A).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte