VwGH 95/06/0213

VwGH95/06/021330.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur Zl. 95/06/0213 protokollierte Beschwerde 1. der G P, 2. der J R, 3. der A G,

4. des Dr. H S und 5. der C S, alle in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 14. September 1995, Zl. A 17 - C - 10.457/1995 - 5, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: A-Ges. mbH in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G), sowie über den zur Zl. 96/06/0023 protokollierten Wiedereinsetzungsantrag der mitbeteiligten Partei gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Gegenschrift in dieser Beschwerdesache

Normen

AVG §52;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 impl;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauO Stmk 1968 §4 Abs3;
BauO Stmk 1968 §44 Abs2;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 idF 1992/054;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litg;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 liti;
BauRallg;
GaragenO Stmk 1979 §4;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
AVG §52;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 impl;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauO Stmk 1968 §4 Abs3;
BauO Stmk 1968 §44 Abs2;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 idF 1992/054;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litg;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 liti;
BauRallg;
GaragenO Stmk 1979 §4;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von insgesamt

S 12.740,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluß gefaßt:

Der Wiedereinsetzungsantrag der mitbeteiligten Partei wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 18. Jänner 1995 beantragte die mitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) bei der Baubehörde I. Instanz unter Hinweis auf eine ihren Rechtsvorgängern erteilte rechtskräftige Widmungsbewilligung die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit Tiefgarage auf einer Liegenschaft in Graz (es handelt sich um ein "Eckgrundstück") und die Bewilligung des Abbruches dort bestehender Objekte. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer angrenzender Grundstücke (siehe dazu die im Widmungsbewilligungsverfahren ergangenen hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0269, und vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0080, denen die örtlichen Gegebenheiten und die diesbezügliche Vorgeschichte zu entnehmen sind). Schon rechtzeitig vor der für den 22. März 1995 anberaumten Bauverhandlung erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Vorhaben, die sie in der Bauverhandlung nicht nur aufrecht erhielten, sondern ergänzten und erweiterten.

Mit Bescheid vom 21. April 1994 erteilte die Baubehörde I. Instanz die angestrebten Bewilligungen mit verschiedenen Vorschreibungen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unbegründet abgewiesen, teils als unzulässig zurückgewiesen und teils auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Mit dem tags darauf eingebrachten Schriftsatz rügten sie die Verhandlungsschrift vom 22. März 1995: Auf Seite 4 dieser Niederschrift heiße es im 5. Absatz, daß die Errichtung eines unterkellerten zwei- bis viergeschossigen Wohngebäudes mit 29 Wohnungen und ausgebautem Dachgeschoß, sowie mit einer Tiefgarage für 29 Pkw geplant sei. Diese Protokollierung sei insoweit unrichtig, als sich aus dem Bauansuchen ergebe, daß es sich um ein Wohngebäude mit 29 Wohneinheiten und

29 Tiefgaragenplätzen handle, das gemäß den vorgelegten Plänen in der S-Gasse viergeschossig (Erdgeschoß und drei Obergeschosse) und in der E-Gasse fünfgeschossig (Erdgeschoß, drei Obergeschosse, Dach und "WG") ausgebildet sei. Die Bezeichnung Dachgeschoß sei jedenfalls unrichtig, weil das dritte Obergeschoß ein voll ausgebautes Geschoß sei und keinen Unterschied zur beabsichtigten Ausführung des dritten Obergeschosses in der S-Gasse aufweise. Auch aus den vorgelegten Flächenberechnungen sei zu entnehmen, daß es sich um ein Wohngebäude handle, das zur E-Gasse fünf Geschosse und zur S-Gasse vier Geschosse aufweise. Es sei das Protokoll daher in diesen Punkten entsprechend zu berichtigen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens holte die belangte Behörde ein Gutachten des Amtes für Umweltschutz unter anderem zur Frage ein, ob durch die Situierung der Abluftschächte der geplanten Tiefgarage für 29 Pkw durch Abluftimmissionen eine Gefährdung oder unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer in bezug auf ihre Grundstücke verursacht werde, was in diesem Gutachten verneint wurde. Das Gesundheitsamt äußerte sich (gutachtlich) hiezu, daß die errechneten Zusatzimmissionen weit unter den "gefährdenden" Konzentrationen lägen, wobei allerdings keine Angaben über eine Vorbelastung vorhanden seien. Die belangte Behörde brachte diese Gutachten den Beschwerdeführern zur Kenntnis und verwies weiters darauf, daß die Bauwerberin aufgrund der eingebrachten Berufung die eingereichten Baupläne bezüglich der (Kotierung der) Abstände und der Entlüftung der Tiefgarage bzw. der Ableitung der Niederschlagswässer abgeändert und ergänzt habe. Die Beschwerdeführer hätten die Möglichkeit, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Die Beschwerdeführer äußerten sich mit Schriftsatz vom 21. August 1995 dahin, daß im Hinblick auf die Abänderung der Baupläne die Anberaumung einer öffentlich mündlichen Bauverhandlung beantragt und zugleich begehrt werde, die entsprechend abgeänderten Pläne mit dem Hinweis auf die einzelnen vorgenommenen Abänderungen zur Einsicht aufzulegen. Dies werde damit begründet, daß sämtliche Änderungen von Bauten und Planänderungen den Nachbarn durch Vorlage der Pläne zur Kenntnis zu bringen seien und gleichzeitig Planänderungen zur Folge hätten, daß darüber eine neuerliche Bauverhandlung abzuführen sei. Zu den vorgelegten Gutachten werde in bezug auf die Emissionen aus der Tiefgarage ausdrücklich gerügt, daß jene Emissionswerte, die sich beim Öffnen der laut Bauplan öffenbaren Kuppeln ober der Tiefgarage ergeben könnten, nicht errechnet worden seien. Es werde daher beantragt, zu prüfen, welche Emissionswerte sich in einem solchen Fall ergeben würden und ob diese eine Beeinträchtigung der Beschwerdeführer in gesundheitlicher Hinsicht zur Folge haben würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt, diesen aber von Amts wegen "insofern richtig gestellt", daß es im Spruch zu lauten habe: "die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines unterkellerten, vier- bis fünfgeschossigen Wohngebäudes mit 29 Wohnungen sowie einer Tiefgarage für 29 Pkw" (statt: die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines unterkellerten, zwei- bis viergeschossigen Wohngebäudes ...); die einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildende Verhandlungsschrift werde insofern abgeändert, als der dritte Absatz auf Seite 4 wie folgt zu lauten habe: "Geplant ist die Errichtung eines vierbis fünfgeschossigen Wohnhauses mit 29 Wohnungen und einer Tiefgarage für 29 Pkw" (statt: Geplant ist die Errichtung eines unterkellerten, zwei- bis viergeschossigen Wohngebäudes ...).

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die belangte Behörde nach zusammengefaßter Darstellung der Begründung des bekämpften Bescheides und Wiedergabe der Berufungsausführungen sowie Darstellung der Rechtsposition des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) aus, es handle sich beim gegenständlichen Projekt um die Errichtung eines viergeschossigen (zur S-Gasse) bis fünfgeschossigen (zur E-Gasse) Wohnhauses mit 29 Wohneinheiten und einer Tiefgarage für 29 Pkw. Beim geplanten Vorhaben entspreche die Anzahl der in der Tiefgarage geplanten 29 Pkw-Abstellplätze der nach der Garagenordnung (Hinweis auf § 4 Abs. 1 leg. cit.) geforderten Mindestanzahl. Die Tiefgarageneinfahrt befinde sich in einer Entfernung von 4,15 m von der öffentlichen Verkehrsfläche S-Gasse. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien die "von der Mindeststellzahl entsprechenden Abstellflächen" typischerweise ausgehenden Immissionen in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich als ortsüblich anzusehen, soferne keine besonderen Umstände vorlägen, die eine andere Beurteilung geboten erscheinen ließen. Obwohl nach Ansicht der Berufungsbehörde keine solchen besonderen Umstände vorlägen, seien in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ein Gutachten eines abgastechnischen Amtssachverständigen sowie ein medizinisches Gutachten eingeholt worden, aus denen hervorgehe, daß keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung der Nachbarschaft zu erwarten sei. Die Beschwerdeführer seien diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Hinsichtlich der Frage, ob die geplante Entwässerungsanlage ausreichend dimensioniert sei und ob die bestehenden Kanalstränge die zusätzlichen Wassermassen aufnehmen könnten, komme den Beschwerdeführern als Nachbarn kein Mitspracherecht zu. Die Ableitung der Niederschlagswässer, die direkt auf die Humusschicht oberhalb der Tiefgarage auftreffen würden, sei von der Bauwerberin im Berufungsverfahren in den Plänen ersichtlich gemacht worden, was den Beschwerdeführern auch zur Kenntnis gebracht worden sei. Ebenso habe die Bauwerberin die Entlüftung der Tiefgarage nunmehr planlich dargestellt. Entgegen der Beurteilung der Beschwerdeführer sei es nicht erforderlich gewesen, neuerlich eine Bauverhandlung anzuberaumen. Durch die Vorgangsweise der Berufungsbehörde sei das Parteiengehör der Beschwerdeführer ausreichend gewahrt geblieben. Richtig sei das Vorbringen der Beschwerdeführer, daß es sich nicht, wie im erstinstanzlichen Bescheid angeführt, um ein zwei- bis viergeschossiges Wohngebäude mit 29 Wohnungen und ausgebautem Dachgeschoß sowie einer Tiefgarage für 29 Pkw handle, sondern vielmehr um ein Gebäude, das in der S-Gasse viergeschossig und in der E-Gasse fünfgeschossig ausgebildet sei, was durch Richtigstellung des Spruches berücksichtigt worden sei. Auf die einzuhaltenden Abstände habe diese Richtigstellung aber keine Auswirkungen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Berechnung des Seitenabstandes die jeweils der Grundgrenze nächstliegende Außenwand des Gebäudes maßgebend. Das projektierte Gebäude weise nun zurückspringende Obergeschosse aus (wurde näher beschrieben). Die entscheidende Frage sei, ob sich der Seitenabstand zu einem vier- bis fünfgeschossigen Gebäude ungeachtet der Situierung dieser Geschosse immer nach der höheren Geschoßanzahl bemesse (wovon die Beschwerdeführer ausgingen) oder ob es auch auf die Verhältnisse "im örtlichen Bereich jener Außenwände" ankomme, zu welcher, als der jeweiligen Grundgrenze nächstliegend, der Seitenabstand festzulegen sei. Diesbezüglich vertrete die belangte Behörde die Auffassung, daß es aufgrund des im Beschwerdefall allein maßgebenden Gesichtspunktes der Belichtung und Belüftung der Grundstücke der Beschwerdeführer zulässig sei, den Abstand zur Nachbargrundgrenze von der jeweiligen Außenwand des jeweiligen Geschosses zu bemessen, weil es bei dieser Variante "des Zurückspringens der jeweiligen Außenwand" zu keiner Mehrbelastung der Nachbarn nach den für die jeweiligen Abstandsvorschriften maßgebenden Wertungsgesichtspunkten komme. Bei rückspringenden Außenwänden entspreche der Abstand des jeweiligen Geschosses zur Bauplatzgrenze den Bestimmungen der Bauordnung und es träten auch keine Veränderungen bezüglich der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse für die Nachbarn ein, sodaß nach Beurteilung der belangten Behörde kein Anlaß bestehe, die Abstandsbestimmungen derart auszulegen, daß die Gesamtgeschoßanzahl für die Bemessung der Abstände maßgebend und die Bemessung des Abstandes jeweils von rückspringenden Außenwänden unzulässig sei. Davon ausgehend halte das projektierte Gebäude die Abstandsvorschriften ein (wurde eingehend näher ausgeführt). Entgegen der Beurteilung der Beschwerdeführer entspreche die "teilweise über Niveau (= 50 cm, siehe Plan Nr. 11) liegende Tiefgaragenrampe" ebenso den Abstandsbestimmungen des § 4 Abs. 1 BO, weil ein Geschoß nur dann in die Abstände mitzueinzubeziehen sei, wenn es überwiegend oberirdisch in Erscheinung trete, was bezüglich dieser Rampe nicht der Fall sei. In der zugrundeliegenden Widmungsbewilligung sei festgesetzt worden, daß Traufe, First und Ortgang die bestehenden Höhen des Gebäudes des Viert- und der Fünftbeschwerdeführerin im Bereich der E-Gasse nicht überschreiten dürften. Aus den eingereichten Planunterlagen ergebe sich eindeutig, daß das geplante Objekt die in der Widmungsbewilligung vorgegebenen Gebäudehöhen einhalte. Ebenso würden die Höhen von Traufe, First und Ortgang des Gebäudes des Viert- und der Fünftbeschwerdeführerin durch die Höhe der Dachtraufe, der Firstes und des Ortganges des Dachkörpers des geplanten Objektes nicht überschritten, sodaß das Bauvorhaben auch diesbezüglich der Widmungsbewilligung entspreche. Die beiden in der Nord-Ost-Ansicht und im Schnitt A-A ersichtlichen Stiegenhausbereiche würden weder eine Traufe noch einen Ortgang aufweisen und lägen ebenfalls unter der Firsthöhe des Nachbarhauses.

Zum Berufungsvorbringen, daß nach den "technischen Richtlinien vorbeugender Brandschutz (TRVB) 10.1" Brandrauchentlüftungen 3,0 m Abstand zur Grundgrenze einhalten sollten, sei auszuführen, daß die TRVB keine verbindliche Norm darstelle, sondern lediglich eine technische Richtlinie sei, auf deren Einhaltung dem Nachbarn kein Rechtsanspruch zustehe. Eine Bestimmung, die dem Nachbarn ein Mitspracherecht einräume, sei § 21 Abs. 1 BO, wonach dann, wenn ein Gebäude unmittelbar an eine Nachbargrundgrenze oder an ein anderes Gebäude angebaut werde, die Außenwände an der Grundgrenze oder die an ein Nachbargebäude anschließenden Außenwände als Feuermauer ausgestaltet werden müßten. Jedes Gebäude müsse eigene Feuermauern haben. Aus den Bauplänen sei ersichtlich, daß vorliegendenfalls die an das angrenzende Gebäude des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin anschließende Außenwand als Feuermauer ausgestaltet sei. Die in der Berufung vertretene Auffassung, aufgrund des Umstandes, daß das angrenzende Haus des Viert- und der Fünftbeschwerdeführerin keine Feuermauer aufweise, und daher aufgrund der Bestimmung des § 21 Abs. 2 BO eine "gesamte Feuermauer zur südlichen Hauswand" zu errichten, oder der niedrigere Teil bis 10,0 m horizontal brandbeständig herzustellen und ohne Öffnung nach oben zu verschließen wäre, sei unrichtig, weil sich die Bestimmung des § 21 Abs. 2 BO einerseits auf verschieden hohe brandabschnittsbildende Teile eines Gebäudes und, entgegen der Beurteilung der Beschwerdeführer, nicht auf die "bauliche Situation zwischen Nachbargebäude und geplantem Gebäude" beziehe und andererseits diese Bestimmung dem Nachbarn aufgrund der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte im Gesetz kein Mitspracherecht einräume.

Dagegen richtet sich die vorliegende, zur Zahl 95/06/0213 protokollierte Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführer haben unaufgefordert einen weiteren Schriftsatz eingebracht.

Die Bauwerberin als mitbeteiligte Partei beantragt mit dem zugleich mit ihrer Gegenschrift eingebrachten, zur Zahl 96/06/0023 protokollierten Wiedereinsetzungsantrag, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung dieser Gegenschrift zu bewilligen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Die dem Wiedereinsetzungsbegehren zugrundeliegende Beurteilung der Bauwerberin, daß auf verspätete Gegenschriften keinesfalls Bedacht genommen werden dürfe, ist unzutreffend. Vielmehr bestand vorliegendenfalls kein Hindernis, diese Gegenschrift bei der Behandlung der Beschwerde zu berücksichtigen. Da die Bauwerberin somit durch die verspätete Einbringung der Gegenschrift keinen Rechtsnachteil im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG erlitten hat, war der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.

2. Zur Bescheidbeschwerde:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.).

Gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 54/1992 (BO), kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen; diese sind in dieser Bestimmung taxativ aufgezählt.

Die Beschwerdeführer bringen vor, "die amtswegige Änderung des Gebäudetyps von zwei- bis viergeschossig, wie es sich durch das ganze Verfahren gezogen hat und auch Antragsgegenstand der Bauwerberin war, auf vier- bis fünfgeschossig", sei deshalb unzulässig, weil über eine derartige Änderung eine entsprechende Bauverhandlung hätte abgeführt werden müssen. Die Pläne der Bauwerberin seien daher von vornherein falsch gewesen, sodaß das Bauansuchen aus diesem Grund hätte abgewiesen werden müssen. Richtigerweise hätte somit der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben werden müssen. Die "amtswegige Änderung" im Berufungsverfahren sei rechtlich unzulässig gewesen.

Dieser Beurteilung ist nicht beizutreten. Diese nun bekämpfte vermeintlichte "Änderung des Gebäudetyps" durch die belangte Behörde erfolgte gerade aufgrund des Einwandes der Beschwerdeführer in ihrer Berufung sowie in der Protokollrüge, die Beschreibung des Projektes durch die erstinstanzliche Behörde im erstinstanzlichen Bescheid sowie (durch den Amtssachverständigen) in der Niederschrift entspreche nicht den vorgelegten Bauplänen, sodaß die Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ist, daß es sich diesbezüglich um eine richtigstellende Präzisierung handelt. Eine Plan- oder Projektänderung erfolgte diesbezüglich nicht. Es kann daher nicht davon die Rede sein, daß das Baugesuch schon deshalb abzuweisen oder diesbezüglich eine Bauverhandlung abzuführen gewesen wäre.

Richtig ist, daß - ebenfalls infolge des Vorbringens der Beschwerdeführer - die Bauwerberin im Berufungsverfahren Ergänzungen in den Bauplänen vorgenommen hat, wie sie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auch näher umschrieben wurden. Zutreffend führen die Beschwerdeführer aus, daß im Hinblick auf diese Änderungen ihre neuerliche Anhörung erforderlich war, was aber nicht bedeutet, daß deshalb zwingend eine neuerliche Bauverhandlung anzuberaumen war. Auch dem von ihnen zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1973, Zl. 765/72, = Slg. Nr. 8.494/A, ist eine Aussage, daß es einer BAUVERHANDLUNG bedürfe, also das Parteiengehör der Nachbarn nicht auf andere Weise gewahrt werden könne, nicht zu entnehmen. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber zutreffend ausgeführt hat, wurde den Beschwerdeführern im Berufungsverfahren Gelegenheit zu einer entsprechenden Äußerung gegeben, womit der behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt. Insbesondere war es entgegen ihrer Beurteilung im Beschwerdefall nicht erforderlich, ihnen die Änderungen "durch Vorlage der Pläne zur Kenntnis zu bringen" (nach dem Zusammenhang gemeint: durch Übersendung der Pläne); daß sie erfolglos versucht hätten, in der ihnen eingeräumten Frist in die Pläne Einsicht zu nehmen, behaupten sie nicht und es ist Derartiges nicht hervorgekommen. Im übrigen haben sie auch in ihrem ergänzenden Schriftsatz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verkleinerte Ablichtungen der Baupläne mit und ohne Veränderungen vorgelegt und auch in diesem Schriftsatz solche Änderungen hervorgehoben. Auch hier wurde nicht näher ausgeführt, in welchen konkreten Nachbarrechten - also über den Umstand dieser im Berufungsverfahren vorgenommenen Änderungen hinaus - die Beschwerdeführer verletzt worden wären.

Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof rügen die Beschwerdeführer, es sei nicht geklärt worden, ob die geplanten Entwässerungsanlagen ausreichend dimensioniert seien und ob die bestehenden öffentlichen Kanäle, die bereits jetzt voll ausgelastet seien, in der Lage wären, die zusätzlichen Wassermengen aufzunehmen. Es wäre zu klären gewesen, was mit jenen Wässern passiere, die direkt auf die Humusschicht oberhalb der Tiefgarage aufträfen und nicht durch Versickern aufgefangen werden könnten. Diese Wässer könnten auf die Grundstücke der Beschwerdeführer gelangen, "sodaß diesen sehr wohl eine subjektiv-öffentliche relevante Beeinträchtigung durch Emissionen in diesem Fall Wasser", entstehe.

Die belangte Behörde hat zutreffend ausgeführt, daß den Beschwerdeführern diesbezüglich kein Mitspracherecht zusteht, wobei ihre Nachbarrechte, die sich aus dem bürgerlichen Recht ergeben, dadurch nicht berührt werden (siehe dazu auch die Ausführungen in dem im Widmungsbewilligungsverfahren ergangenen hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0269). Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 61 Abs. 2 lit. i BO, weil sich diese Bestimmung, wie sich aus dem Klammerverweis "(§ 44 Abs. 2)" ergibt, nur auf Bauten im Sinne des § 44 Abs. 2 BO (Jauchen-, Senk-, Sickergruben, Kläranlagen und dergleichen) bezieht.

Die belangte Behörde hat ausgeführt, daß die Anzahl der in der Tiefgarage vorgesehenen Pkw-Abstellplätze der nach der Garagenordnung geforderten Mindestanzahl entspricht. Sie hat auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Errichtung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstellplätze für Pkw grundsätzlich als zulässig und ortsüblich anzusehen ist, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, Gegenteiliges anzunehmen (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juni 1994, Zl. 92/06/0246, = BauSlg. Nr. 123/1994, zur Steiermärkischen Bauordnung). In diesem Zusammenhang bringen die Beschwerdeführer zwar zutreffend vor, daß sie beantragt hätten, "die Emissionswerte, die sich ergeben würden, wenn die Lichtkuppeln über der Garage vollständig oder teilweise geöffnet werden, zu errechnen", und daß die belangte Behörde eine entsprechende Ergänzung des Gutachtens nicht veranlaßt habe, sie vermögen aber mit diesem Vorbringen vor dem zuvor aufgezeigten rechtlichen Hintergrund keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, zumal diese Garage den Projektunterlagen zufolge ja nicht über die Lichtkuppeln, sondern vielmehr mechanisch über Dach entlüftet werden soll.

Gemäß der diesem Bauverfahren zugrunde liegenden Widmungsbewilligung dürfen Traufe, First und Ortgang des gegenständlichen, projektierten Gebäudes die bestehenden Höhen des Gebäudes des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin nicht überschreiten. Daraus leiten die Beschwerdeführer ab, daß "Traufe, First und Ortgang auszubilden sind. Im gegenständlichen Projekt wurden aber weder Traufe noch First noch Ortgang entsprechend ausgebildet". Damit meinen die Beschwerdeführer offensichtlich, daß in der Widmungsbewilligung die Ausbildung einer bestimmten Dachform vorgeschrieben wurde, was aber nicht der Fall ist (die Konturen des verfahrensgegenständlichen Gebäudes unterscheiden sich stark von jenen des benachbarten Gebäudes des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin, das im übrigen ein Satteldach aufweist). Auch hat die belangte Behörde näher begründet, weshalb ihrer Beurteilung nach das gegenständliche Vorhaben die in der Widmungsbewilligung festgesetzten Höchsthöhen nicht überschreite. Das nicht näher substantiierte Vorbringen in der Beschwerde, das Gebäude überschreite die Höhe des Hauses des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin, ist nicht geeignet, Zweifel an diesen Ausführungen der belangten Behörde zu erwecken.

Gemäß § 4 Abs. 1 BO müssen Gebäude entweder unmittelbar aneinandergebaut werden oder voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muß ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um vier, ergibt. Eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrundgrenze errichtet wird, muß von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, als die Anzahl der Geschosse, vermehrt um zwei, ergibt. Bei Gebäuden ohne die übliche Geschoßeinteilung errechnet sich die Geschoßanzahl aus der Gebäudehöhe in Metern, geteilt durch drei.

Das projektierte Gebäude weist zurückversetzte Obergeschosse auf. Die im Beschwerdefall strittige Frage, ob dessen ungeachtet auch die unteren, nicht zurückversetzten Geschosse die der jeweiligen Gesamtanzahl der Geschosse entsprechenden Abstände einhalten müssen oder nicht, ist im Sinne der Ausführungen der belangten Behörde zu verneinen. Die Annahme der Beschwerdeführer, "nach der klaren Definition des Gesetzes" müsse das GESAMTE GEBÄUDE mindestens so viele Meter von der Grundgrenze entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse vermehrt um zwei ergebe, ist im Ansatz insofern unzutreffend, als es eben an einer derartigen "klaren Definition" mangelt. Wie die belangte Behörde nämlich zutreffend erkannt hat, gestattet der maßgebliche Wortlaut des Gesetzes auch die Beurteilung, daß ein Haus wie das gegenständliche mit zurückversetzten Geschossen mehrere "Gebäudefronten" aufweist, sodaß es - jedenfalls vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles - ausreicht, wenn die jeweiligen Fronten der Geschosse den jeweils erforderlichen Abstand aufweisen (also beispielsweise - fallbezogen - die Front des vierten Geschosses den für ein viergeschossiges Gebäude erforderlichen Abstand uam. - dies entspricht übrigens auch der in Ruprecht-Perner-Frank, Bauvorschriften für das Land Steiermark7 in E 3 zur vergleichbaren Bestimmung des § 13 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 vertretenen Beurteilung). Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß dieses Ergebnis, das dem Grundsatz der Baufreiheit entspricht und Belichtungsverhältnisse berücksichtigt, im Beschwerdefall zu einer Mehrbelastung der Nachbarn nach den für die jeweilige Abstandsvorschrift maßgebenden Wertungsgesichtspunkten führen würde (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0031, zu einem Gebäude mit mehreren Trakten).

Davon ausgehend vermögen die Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, daß die eingehenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid (mit Gegenüberstellung der jeweils erforderlichen und eingehaltenen Abstände) unzutreffend wären (vielmehr gehen die auch in der Beschwerde wiederholten Berechnungen der Beschwerdeführer von ihrer - unzutreffenden - Annahme aus, das "gesamte Gebäude" müsse mindestens so viele Meter von der Grundgrenze entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse vermehrt um zwei ergebe). Der Umstand, daß die Decke der nach oben geschlossenen Abfahrtsrampe über eine geringe Entfernung 50 cm über das Null-Niveau ragt (bis die erforderliche Tiefe erreicht wird), führt entgegen der Annahme der Beschwerdeführer nicht dazu, daß die Rampe insofern einen Abstand von 3 m zur Grundgrenze einhalten müßte, weil es sich dabei nicht um eine Gebäudefront im Sinne des § 4 Abs. 1 BO handelt, dieser Erhebung vielmehr nach den für die Abstandsvorschriften maßgebenden Wertungsgesichtspunkten keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Die Beschwerdeführer führen weiters aus, zur Brandrauchentlüftung sei zu bemerken, "daß auf die Einhaltung der Feuerschutzbestimmungen ein Rechtsanspruch der Anrainer besteht. Dies betrifft auch die Brandrauchentlüftung". Im Sinne der Brandschutzbestimmungen stelle das Gebäude des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin als Nachbarhaus einen Brandabschnitt dar, "weshalb diese Auflagen vom Neubau zu erfüllen sind".

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer durch § 21 Abs. 1 iVm § 61 Abs. 2 lit. g BO geschützten Nachbarrechte nicht aufzuzeigen. Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, verweist § 61 Abs. 2 lit. g BO (unmittelbar) nur auf § 21 Abs. 1, nicht auch auf die übrigen Absätze des § 21. Abs. 1 leg. cit. handelt aber weder von Brandrauchentlüftungen noch von Brandabschnitten. Ein allgemeines Mitspracherecht hinsichtlich des Brandschutzes räumt das Gesetz dem Nachbarn nicht ein (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1994, Zl. 92/06/0201).

Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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