VwGH 92/06/0246

VwGH92/06/02469.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Stadtgemeinde J, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. September 1992, Zl. 03 - 12 Ra 56 - 92/1, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: E in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in J), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §4 Abs3;
BauRallg;
GaragenO Stmk 1979 §4;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs1;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs2;
AVG §52;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §4 Abs3;
BauRallg;
GaragenO Stmk 1979 §4;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs1;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 17. September 1990 ersuchten näher bezeichnete Bauwerber unter Anschluß von Planunterlagen bei der Baubehörde erster Instanz um Erteilung der Widmungsbewilligung zum Zwecke der Errichtung eines Parkplatzes im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde (kurz: Gemeinde). Die mitbeteiligte Partei ist Nachbarin der Bauwerber.

In der Widmungsverhandlung vom 18. Oktober 1990 beschrieb der Sachverständige das Projekt folgendermaßen: Nach dem vorliegenden Widmungsplan solle das Grundstück für die Errichtung von Pkw-Abstellplätzen gewidmet werden; die Widmungsfläche betrage 624 m2 und weise einen entsprechend tragfähigen Boden auf. Die Zufahrt erfolge von einer näher bezeichneten Straße über eine neu zu schaffende Maueröffnung. Die Anordnung der Parkplätze erfolge dreiseitig, wobei in Richtung Osten und Westen je vier Abstellplätze situiert würden, an der Südseite drei. Die Entwässerung erfolge zu einem in der Mitte der Parkplatzes gelegenen Schacht, von dem eine Ableitung zu einem Sickerschacht erfolge. An der Ostseite der Parkplätze werde ein Erdwall mit einer Höhe von 1 m errichtet, wobei die Gesamtlänge rund 15 m betragen werde. In dem östlich anschließenden Grundstückstreifen bis zur Grundgrenze bzw. auf den Flächen des Erdwalles werde eine Bepflanzung vorgenommen, damit das (ortsübliche) Maß von Lärm bzw. von Abgasen nicht überstiegen werde. Für die drei südseitig geplanten Pkw-Abstellplätze werde eine Absicherung gegen die Hangkante vorgenommen.

Die Nachbarin (deren Grundstücke sich laut Plan südlich und östlich des widmungsgegenständlichen Grundstückes befinden) wendete ein, daß das Projekt der Errichtung von Abstellflächen für 11 Pkw nicht in Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan stehe. Die beabsichtigten Parkflächen seien im Flächenwidmungsplan als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Die geplante Umwidmung im beabsichtigten Ausmaß würde eine beträchtliche Vermehrung von Emissionen zu ihrem Nachteil zur Folge haben. Der Verwendungszweck des Parkplatzes für das Abstellen von 11 Pkw lasse eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung und Gefährdung erwarten, sodaß sie die Festlegung eines Abstandes von zumindest 4 m von der gemeinsamen Grundgrenze beantrage. Durch das Ab- und Zufahren von diesem Parkplatz sei nach dessen Lage und der Art seiner Verwendung mit einer das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung der Nachbarschaft zu rechnen, sodaß sie die Errichtung einer Schallschutzmauer oder einer sonst gleichwertigen Maßnahme bejahe. Der Parkplatz bewirke auch eine Brandgefahr, weil bei technischen Defekten mit dem Austreten von Treibstoffen auf den Parkplätzen zu rechnen sei, weshalb sie entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung dieser Gefahr beantrage. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß aus der Baubeschreibung die Ausführung der Parkplatzfläche ("Asphalt?") nicht zu entnehmen sei. Durch die Beseitigung der Abwässer sei eine Beeinträchtigung ihrer Liegenschaft denkbar. Es sei mit Ausfließen von Mineralöl aus den Fahrzeugen zu rechnen und damit einer Versickerung auf ihrer Liegenschaft nicht auszuschließen.

Die zu erwartenden Immissionen überschritten die ortsübliche Belastung; es sei mit folgenden ortsunüblichen Immissionen zu rechnen:

  1. a) Lärm durch ständiges Zu- und Abfahren der Fahrzeuge, was zu einer beträchtlichen Erhöhung des Lärmpegels führen werde;
  2. b) Geruchs-, Ruß- und Abgasbeeinträchtigungen, die sogar zu einer Gesundheitsschädigung führten könnten;
  3. c) erhöhte Staubimmissionen (Asphaltparkplatz).

Als Maßnahmen gegen die Lärmerhöhung werde eine das Ortsbild und die freie Sicht nicht beeinträchtigtende, natürliche Lärmschutzwand, allenfalls die Errichtung von Garagen auf Kosten der Bewilligungswerber beantragt, weiters das Anpflanzen von lärm- und geruchshemmenden Bäumen (Kiefern). Durch die Errichtung der Parkplätze komme es auch zu einer ortsunüblichen Beeinträchtigung durch Scheinwerferlicht während der Nacht sowie zu einem gesundheitsstörenden Spitzenlärmpegel durch das Starten der Fahrzeuge. Sie beantrage daher die Einholung von technischen Gutachten zur Frage der Lärm-, Staub-, Geruchs- und Abgasbeeinträchtigung, sowie die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage der Zumutbarkeit und Gesundheitsgefährdung sowie Auswirkungen dieser Immissionen auf den menschlichen Organismus.

Der Amtssachverständige erklärte, daß aus seiner Sicht gegen die Widmung dieses Grundstückes für die Errichtung von 11 Pkw-Abstellplätzen bei Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen keine Einwände bestünden.

Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 23. Jänner 1991 wurde die angestrebte Widmungsbewilligung unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt, darunter die Einhaltung eines geringsten Abstandes zur ostseitigen Grundgrenze von 2,50 m und der Baufluchtlinien lt. Widmungsplan (daraus ergibt sich insbesondere, daß der Abstand der südlich situierten Abstellplätze zur südlichen Grundgrenze jedenfalls mehr als 4 m beträgt). Die Einwendungen der Nachbarin wurden bezüglich der Abwasserbeseitigung als unzulässig zurückgewiesen, und im übrigen als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde nach einer Darstellung des Verfahrensablaufes ausgeführt, daß die Widmung dieses Grundstückes zwecks Errichtung von insgesamt

11 Pkw-Abstellplätzen im unmittelbaren Zusammenhang mit den bei näher bezeichneten (angrenzenden) Häusern geplanten Um- und Ausbauarbeiten stehe, wodurch insgesamt 11 Wohnungen geschaffen werden sollten. Gemäß § 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 sei der Bauwerber verpflichtet, geeignete Abstellflächen ausreichender Größe auf dem Bauplatz herzustellen, wenn bauliche Anlagen oder deren Verwendungszweck wesentlich geändert würden und sich dadurch der Bedarf an Abstellplätzen in gegenüber dem bisherigen Zustand der Höhe. Diese Verpflichtung gelte bei Wohnbauten dann als erfüllt, wenn je Wohneinheit mindestens 1 Abstellplatz geschaffen werde. Im vorliegenden Fall werde von den Widmungswerbern diesem gesetzlichen Erfordernis durch die Anlegung von Pkw-Abstellplätzen auf dem unmittelbar dem Wohnobjekt angrenzenden Widmungsgrundstück Rechnung getragen, wobei mit 11 Parkplätzen lediglich die erforderliche Mindestanzahl vorgesehen sei. Im Flächenwidmungsplan der Gemeinde vom 2.7.1981, in der geltenden Fassung, sei die Widmungsfläche ebenso wie die anrainenden Grundstücke - damit auch die Liegenschaft der Nachbarin - als "allgemeines Wohngebiet" mit einer zulässigen Bebauungsdichte von 0,2 - 1,2 ausgewiesen. Nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, in der geltenden Fassung, seien darunter Flächen zu verstehen, die vornehmlich für die Errichtung von Wohnbauten und diesen zugeordneten Abstellplätzen vorgesehen seien. Mit den jeweiligen Flächenausweisungen würden Baulandnutzungen festgelegt, die die erforderlichen Nebenanlagen und damit auch Kfz-Abstellmöglichkeiten einschlössen. Das gegenständliche Widmungsvorhaben stehe daher in Übereinstimmung mit dem geltenden Flächenwidmungsplan. In der Baulandkategorie "allgemeines Wohngebiet" seien gemäß § 23 Abs. 5 lit. b des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (StROG) auch wohnzweckfremde Nutzungen wie die Errichtung von Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kindergärten, Gasthäusern, Geschäften usw. zulässig. Alle diese Baulandnutzungen brächten naturgemäß größere Immissionen mit sich, als bei

11 Pkw-Abstellplätzen für die Bewohner der dazugehörigen Liegenschaft zu erwarten seien und hätten regelmäßig, insbesondere unter Ausnützung der zulässigen maximalen Bebauungsdichte von 1,2 die gesetzliche Verpflichtung und praktische Notwendigkeit der Errichtung einer größeren als der in Rede stehenden Anzahl von Pkw-Abstellplätzen zur Folge. Diese raumplanerischen Voraussetzungen seien der Beurteilung der Zumutbarkeit der von der Nachbarin eingewendeten Immissionen zugrunde zu legen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang überdies, daß sich die Liegenschaft der Konsenswerber und der Nachbarin in unmittelbarer Nähe des raumplanerisch als "Kern-Büro- und Geschäftsgebiet" ausgewiesene Stadtzentrums befinde, weshalb dieses Wohngebiet innerstädtischen Charakter aufweise. Die in Rede stehenden 11 Pkw-Abstellplätze würden laut vorliegendem Lageplan so angeordnet, daß an der Ostseite des Widmungsgrundstückes und damit der Liegenschaft der Nachbarin zugewandt 4 Kfz abgestellt werden könnten. Der Mindestabstand zur Nachbargrundgrenze betrage 2,50 m, zum Nachbargebäude rund 10 m. An der Ostseite der Parkplätze sei auf einer Gesamtlänge von rund 15,00 m die Errichtung eines Erdwalles mit einer Höhe von 1,00 m geplant. Dieser Wall solle ebenso wie der zur ostseitigen Grundgrenze hin verbleibende Grundstreifen mit ortsüblicher Bepflanzung, die im Einvernehmen der Nachbarin ausgewählt werde, versehen werden. Durch diese Maßnahme sei eine ortsunübliche Beeinträchtigung durch Scheinwerferlicht ausgeschlossen, obwohl diese von Bewohnern eines städtischen Wohngebietes auch ohne Durchführung dieser im Ermessen der Widmungswerber liegenden Maßnahme in dem zu erwartenden Ausmaß hingenommen werden müßte. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß nur 4 Pkw in Richtung der "ostseitigen Anrainerin" zur Aufstellung gelangen sollten. Der Hinweis der Nachbarin auf die Möglichkeit einer Gesundheitsschädigung durch die von diesen Abstellplätzen ausgehenden Emissionen stelle im Hinblick auf die bestehende und ständig zunehmende Motorisierung der Menschen, insbesonders unter Berücksichtigung der angeführten Abstände zur Nachbarliegenschaft und der geplanten Bepflanzung das "Wohnen" in städtischen Gebieten und im Nahbereich von Verkehrsflächen grundsätzlich sowie die Errichtung von Parkplätzen im allgemeinen in Frage. Daher seien auch die Einwendungen hinsichtlich einer möglichen Gesundheitsschädigung und Beeinträchtigung durch Scheinwerferlicht als unbegründet abzuweisen. Den Bestimmungen des § 5 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 werde entsprochen (wird näher ausgeführt). Die Einholung der verlangten technischen und medizinischen Gutachten werde daher von der Baubehörde als nicht notwendig und im Interesse der Widmungswerber unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verfahrensökonomie für nicht gerechtfertigt erachtet. Bei ordnungsgemäßer Nutzung der Abstellflächen sei mit einer Brandgefahr nicht zu rechnen (wird näher ausgeführt). Die Einwendung betreffend einer Beeinträchtigung der Liegenschaft der Nachbarin durch das Ausfließen von Mineralöl im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung sei es unzulässig zurückzuweisen, weil diese Problematik einer anderen Rechtsmaterie zuzuordnen sei und hierüber nicht die Baubehörde, sondern die Wasserrechtsbehörde zu befinden habe. Im übrigen seien die Einwendungen als unbegründet abzuweisen.

Dagegen erhob die Nachbarin Berufung, in der sie inbesondere die Unterlassung der Einholung der beantragten Gutachten rügte.

Die Berufungsbehörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens hinsichtlich der Lärm- und Abgasimmissionen, und gewährte hiezu Parteiengehör; die Nachbarin gab eine Stellungnahme ab, in der sie darauf verwies, daß das Gutachten unzureichend sei und es überdies noch eines medizinischen Gutachtens bedürfe.

Mit Berufungsbescheid vom 12. Juni 1992 wies die Baubehörde zweiter Instanz die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Nach Darstellung des Verfahrensganges und einer zusammenfassenden Wiedergabe des Gutachtens führte die Behörde aus, daß sich das fragliche Grundstück, für welches um die Erteilung der Widmungsbewilligung zwecks Errichtung von 11 Pkw-Abstellplätzen für die Bewohner der zwei näher bezeichneten Häuser eingekommen worden sei, sich nach dem geltenden Flächenwidmungsplan (in Kraft seit 20. Jänner 1982) im Bauland der Kategorie "Allgemeines Wohngebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. b StROG befinde. In den Richtlinien des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung (ÖAL-Richtlinien) seien für die einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes Richtwerte in Form von zumutbaren obersten Grenzwerten für Lärmemmissionen festgelegt worden. Diesbezüglich sei für das "Allgemeine Wohngebiet" nach dem StROG der Grenzwert für den äquivalenten Dauerschallpegel mit 55 dB für den Tag und 45 dB für die Nacht festgelegt worden. Der Grenzwert für Schallpegelspitzen des störenden Geräusches betrage im Freien in der Zeit von 6.00 bis 18 Uhr maximal 75 dB, an Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 18.00 und 22.00 Uhr maximal 70 dB, zwischen 22.00 und 6.00 Uhr 65 dB. Die Schallpegelmessung des vorhandenen Schallpegels habe zur Tageszeit (14.55 Uhr) einen Wert von 57,3 dB ergeben; bei weiteren Messungen am gleichen Tag seien höhere Werte festgestellt worden. Nach Durchführung der Berechnungen wie im Gutachten dargestellt, ergebe sich beim Betrieb der 11 Pkw-Abstellplätze ein äquivalenter Dauerschallpegel an den drei im Gutachten genannten Immissionspunkten von 44,18, von 44 und 38,44 dB, bei Spitzenwerten an jenen Punkten von 60,44, 61,5 und 55,32 dB. Bei jenem Immissionspunkt, bei dem die lärmmindernde Wirkung des projektierten Erdwalles Berücksichtigung gefunden habe, sei bei Betrieb der Abstellplätze eine äquivalenter Dauerschallpegel von 29 dB und ein Spitzenschallpegel von 44,75 dB errechnet worden. Daraus ergebe sich eindeutig, daß sowohl der künftige äuqivalente Dauerschallpegel als auch der Spitzenschallpegel durch den Parkplatz wesentlich unter den zumutbaren ÖAL Grenzwerten liege, wobei insbesondere darauf hinzuweisen ist, daß sich durch den geplanten Erdwall zusätzliche Lärmminderungen ergeben würden. Der durch den Parkplatz zu erwartende Lärmpegel liege auch eindeutig unter dem durch Messungen festgestellten ortsüblichen Lärmpegel. Da die "anzuwendenden Belastungsgrenzwerte" in keinem Fall überschritten würden, sei die Einholung eines medizinischen Gutachtens nicht erforderlich. Die in den ÖAL angegebenen Maximalwerte für das "Allgemeine Wohngebiet" stellten überdies im Hinblick auf die Festlegung höherer Grenzwerte im Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet, im Industrie- und Gewerbegebiet 1 und 2, keine absoluten Belastungsgrenzen dar. Was die vom Gutachter ermittelten zu erwartenden Schadstoffimmissionen durch den Parkplatz betreffe, ergebe sich aus dem Gutachten, daß es durch die geplanten Abstellplätze und deren Benützung zu keiner unzumutbaren Belästigung auf der Liegenschaft der Nachbarin kommen werde. Diese zu erwartenden Immissionen lägen trotz ungünstigster Annahme (hoher Frequenz, hohe Drehzahl und niedrige Getriebegänge) wesentlich unter den zulässigen Grenzwerten, sodaß auch in diesem Falle von der Einholung eines medizinischen Gutachtens abgesehen werden könne.

Gemäß § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 in der geltenden Fassung müßten Abstellflächen so angeordnet, ausgeführt und betrieben werden, daß keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästung oder Gefährdung der Nachbarschaft zu erwarten sei. Aufgrund des unbedenklichen Gutachtens des technischen Sachverständigen zur Frage der Lärm-, Abgas- und Lichtimmissionen, dem die Nachbarin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei - sei davon auszugehen, daß der Nachbarschutz im Sinne dieser Bestimmungen gewährleistet sei.

Dagegen erhob die Nachbarin Vorstellung, in der sie (abermals) insbesondere die Unterlassung der Einholung eines medizinischen Gutachtens rügte.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Berufungsbescheid wegen Verletzung von Rechten der Nachbarin behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen. Begründend führte sie aus, daß der Nachbar gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 61 Abs. 2 lit. k der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) bereits im Widmungsverfahren einen subjektiv-öffentlichen Rechtsanspruch auf Nichtüberschreitung der ortsüblichen Belastungen durch Immissionen besitze (§ 4 Abs. 3 BO). Um abzuklären, ob dieser Rechtsanspruch aktualisiert werde oder nicht, bedürfe es der Heranziehung von Sachverständigen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Welche Sachverständige jeweils erforderlich seien, hänge von der Art des Bauvorhabens ab. Bei immissionsträchtigen Vorhaben könne durchaus eine größere Zahl von Sachverständigen erforderlich sein, wie z.B. ein bautechnischer Sachverständiger, ein lärmschutztechnischer Sachverständiger usw.; nach ständiger Rechtsprechung sei jedoch jedenfalls ein medizinischer Sachverständiger, der die Auswirkungen der festgestellten Immissionen auf den menschlichen Organismus zu begutachten habe, dem Verfahren beizuziehen (verwiesen wurde auf Hauer, Steiermärkisches Baurecht, § 61 e 5 - richtig: Anmerkung 5).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang wiederholt ausgeführt habe, habe ein medizinischer Sachverständiger zu beurteilen, welche Auswirkungen ein bestimmter Lärm auf den menschlichen Organismus ausübe; ein akustisches Gutachten reiche nicht aus (verwiesen wurde auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1983, Zl. 85/0112/80 und vom 21. Feber 1984, Zl. 83/05/0156). Dadurch, daß die Berufungsbehörde die Unerläßlichkeit der Einholung eines medzinischen Gutachtens verkannt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, wodurch Rechte der Nachbarin verletzt worden seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt; sowohl die belangte Behörde, als auch die Nachbarin haben Gegenschriften erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Selbstverwaltung, sowie in ihrem Recht auf Nichtaufhebung des Berufungsbescheides und auf richtige Anwendung der Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968, insbesondere deren §§ 2, 3 und 4 Abs. 3 verletzt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (bzw. im Widmungsbewilligungsverfahren nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung) in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, indem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A uva.).

Gemäß § 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. 42/1991, bedarf die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder einer Widmungsänderung der Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz BO sind im Widmungsverfahren die Bestimmungen über die Bauverhandlung (§ 61) sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 61 Abs. 2 BO kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Dazu zählen gemäß § 61 Abs. 2 lit. d und k die Bestimmungen über die Abstände (§ 4 und § 53) sowie über die Nichtüberschreitung der ortsüblichen Belastungen durch Immissionen (§ 4 Abs. 3, § 24 Abs. 3, § 40 Abs. 5, § 42 Abs. 3, § 44 Abs. 2, § 54 und § 56).

Gemäß § 4 Abs. 3 BO kann die Baubehörde auch größere Abstände als die im § 4 Abs. 1 festgelegten festsetzen, wenn der Verwendungszweck von Bauten eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten läßt.

Gemäß § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979, LGBl. Nr. 27/1979 idF der Novelle LGBl. Nr. 55/1989, müssen Abstellflächen, Garagen und Nebenanlagen so angeordnet, ausgeführt und betrieben werden, daß keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung und Gefährdung der Nachbarschaft zu erwarten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 87/06/0131, 0132 und vom 5. Mai 1994, Zl. 91/06/0073 ausgesprochen hat, stellt § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 eine Spezialvorschrift gegenüber § 4 Abs. 3 BO dar, die in ihrem Anwendungsbereich § 4 Abs. 3 BO verdrängt. In einem Widmungsverfahren kann § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 nur dann nicht angewendet werden, wenn aufgrund der Vorschrift des § 5 Abs. 2 leg. cit. im Hinblick darauf, daß eine gewerbliche Betriebsanlage vorliegt, die Zuständigkeit der Gewerbebehörde gegeben ist. Liegt - wie im vorliegenden Beschwerdefall - keine in die Zuständigkeit der Gewerbebehörde fallenden Anlage vor, so steht einer Anwendung des § 5 Abs. 1 leg. cit. im Widmungsverfahren nach der Steiermärkischen Bauordnung nichts entgegen. Das bedeutet, daß die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 leg. cit. - insoweit, als sie als Spezialvorschrift § 4 Abs. 3 BO verdrängen (insofern an deren Stelle treten) zu den nachbarschützenden Vorschriften im Sinne des § 61 Abs. 2 BO zählen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Anwendung des § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 im Widmungsbewilligungsverfahren nicht in Frage komme, ist in dieser Form nicht zutreffend. In der von der Beschwerdeführerin genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichthofes vom 14. September 1989, Zlen. 89/06/0148, 0149, 0150, 0151, 0152, 0153, 0154 und 0155, aber auch 0140 sprach der Gerichtshof aus, daß ein Nachbarrecht nicht dadurch verletzt werden könne, daß in der Widmungsbewilligung der genaue Standort noch nicht festgelegt worden sei. In diesem Zusammenhang ist die in diesem Erkenntnissen enthaltene Aussage, daß § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 nur im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens angewendet werden könne zu verstehen, weil es (wie es in den Erkenntnissen heißt) auf die konkrete bauliche Gestaltung ankomme. Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu, weil die konkrete bauliche Gestaltung der fraglichen Anlage bereits (in diesem Sinne: ausreichend) determiniert ist, um im Widmungsverfahren Festlegungen treffen zu können.

Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß die Widmungswerber mit der beabsichtigten Errichtung der 11 Pkw-Abstellplätze für diese 11 Wohneinheiten in jenen Wohnhäusern einer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen (§ 4 der Steiermärkischen Garagenordnung), was die Nachbarin auch nicht in Zweifel gezogen hat.

Die Beschwerdeführerin stellt nun in Frage, ob bei der gegebenen Flächenwidmung "Allgemeines Wohngebiet" im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. b StROG durch die Errichtung der gesetzlich geforderten Mindestanzahl an Pkw-Abstellflächen überhaupt eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarschaft im Sinne des § 4 Abs. 3 BO (nach dem oben Gesagten: in Verbindung mit § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979) erwartet werden könne.

Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin auf die Aussage im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246 = BauSlg. Nr. 244, wonach Wohnbauten in der Widmung "Wohngebiet" nicht als Quelle von Belästigungen im Sinne des § 4 Abs. 3 BO angesehen werden können, womit auch § 4 Abs. 3 BO keinerlei Grundlage für die Beschränkung der Beheizung derartiger Wohnbauten enthalte. Auch im Erkenntnis vom 10. November 1988, Zl. 88/06/0108 = BauSlg. 1212, wurde darauf verwiesen, daß bei einer Ölfeuerungsanlage in einem Wohngebäude keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung im Sinne des § 4 Abs. 3 BO zu erwarten sei. Gestützt auf diese Rechtsprechung, vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, daß dies gleichermaßen für die "in der gesetzlichen Mindestzahl geplanten Abstellflächen" zu gelten habe, die - in der gesetzlich vorgesehenen Mindestzahl - als notwendiger Bestandteil solcher Wohnbauten anzusehen seien, weshalb auch derartige Abstellflächen bei der gegebenen Flächenwidmung vom Typus her gesehen keine Quelle von Belästigungen für die Nachbarschaft sein könnten.

Der Verwaltungsgerichtshof tritt dieser Beurteilung - grundsätzlich - bei. Die von derartigen - mit einer nach der Widmung zulässigen Nutzung verbundenen - Abstellflächen in der gemäß § 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 vorgesehenen Mindestzahl typischerweise ausgehenden Immissionen sind in einem "Allgemeinen Wohngebiet" grundsätzlich als ortsüblich anzusehen, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die eine andere Beurteilung geboten erscheinen lassen. So entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Wiener Garagengesetz, daß dann, wenn Pflichtstellplätze in Erfüllung der nach § 36 des Wiener Garagengesetzes bestehenden Stellplatzverpflichtung errichtet werden sollen, ein Widerspruch zu § 6 leg. cit. nur dann anzunehmen ist, wenn besondere Umstände vorliegen (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1960, Slg. 5.389/A, vom 7. Februar 1977, Zl. 2093, 2097, 2099/76, vom 27. November 1990, Zl. 89/05/0026, vom 4. April 1991, Zl. 90/05/0190 uam.).

Auch im Fall des von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnisses vom 29. April 1986, Zl. 85/06/0117, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit Garagen (in Vorarlberg) der Widmung der Grundstücke als "Baufläche Mischgebiet" im Sinne der Bestimmungen des § 14 Abs. 4 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973, nicht widerspreche, insbesondere nicht angenommen werden könne, daß hieraus eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn zu erwarten sei (zumal der Nachbar im Bauverfahren nicht konkret dargetan hatte, welche ÜBER das ORTSÜBLICHE Ausmaß hinausgehende Belästigung oder welche Gefährdung aus der Realisierung des in Rede stehenden Bauvorhabens für ihn entstehen könnte, weshalb auch die Einholung von Gutachten entbehrlich gewesen sei).

Vor diesem Hintergrund wird es der Einholung von Gutachten (erst) dann bedürfen, wenn aufgrund derartiger besonderer Umstände Hinweise dafür bestehen, daß die von den projektierten Abstellflächen zu erwartenden Immissionen nicht als ortsüblich angesehen werden könnten. Die belangte Behörde verweist zwar an sich zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Frage, ob eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung vorliege, stets der Beantwortung durch einen medizinischen Sachverständigen bedürfe (verwiesen wird auf das Erkenntnis vom 24. März 1987, Zl. 86/05/0132, BauSlg. Nr. 892, betreffend einen Hühnerstall), und auch der medizinische Sachverständige insbesondere die Frage zu beurteilen habe, ob etwa die Methode des "äquivalenten Dauerschallpegels" auch dem konkreten Sachverhalt gerecht werde (verwiesen wird auf das Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 80/05/0112, BauSlg. 86, betreffend einen Schießplatz, und vom 5. Februar 1991, Zl. 90/05/0142, betreffend ein Parkhaus/Parkdeck), nur bedarf es nach dem Gesagten der Einholung derartiger Gutachten jedenfalls dann nicht, wenn - aufgrund der gegebenen Verfahrenslage gleichsam vorweg - von einem ortsüblichen Ausmaß an Immissionen auszugehen ist (was im Fall des zitierten Erkenntnisses vom 5. Feber 1991, Zl. 90/05/0142, nicht zutraf). An sich ebenfalls zutreffend verweist die Beschwerdeführerin der Sache nach darauf, daß die Einholung eines Gutachtens auch dann entbehrlich ist, wenn besondere (sachverständige) Fachkenntnisse zur Lösung der Tatfrage nicht erforderlich sind.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß im gegenständlichen Fall - in dem es lediglich um die Errichtung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstellplätze für PKW geht, welches Vorhaben als grundsätzlich zulässig zu beurteilen ist - "besondere Umstände" vorlägen, sodaß sich die Einholung weiterer Gutachten erübrigt. Die Berufungsbehörde hat somit im vorliegenden Fall zutreffend von der Einholung eines medizinischen Gutachtens Abstand genommen, weshalb es unrichtig war, den Berufungsbescheid zu beheben, um das Berufungsverfahren durch Einholung eines derartigen Gutachtens zu ergänzen. Die belangte Behörde belastete dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag auf Ersatz von entrichteten Stempelgebühren war abzuweisen, da die Beschwerdeführerin gem. § 2 Gebührengesetz 1957 von deren Entrichtung befreit ist.

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