Normen
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
GewO 1994 §79 Abs3;
VwRallg;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
GewO 1994 §79 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Oktober 1994 wurden der Beschwerdeführerin für ihre Obst- und Gemüsehandel-Betriebsanlage im Standort F gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hinsichtlich der südlich des Betriebsgebäudes gelegenen Flächen folgende "Betriebsbeschränkungen" vorgeschrieben:
"A) ZULIEFERUNGEN:
In der Zeit von täglich 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr darf maximal eine Zulieferfahrbewegung (einschließlich Abfahrt) mit einem lärmarmen Lastkraftwagen oder einem lärmarmen Sattelkraftwagen erfolgen. Die Anlieferung durch einen Lastkraftwagenzug ist in diesem Zeitraum nicht gestattet. Es hat jedes Anlieferungsfahrzeug während der Entlademanipulationszeiten Motoren und Kühlaggregate abzustellen. Bei den Entlademanipulationen und der Zu- und Abfahrt ist jeder unnötige Lärm zu vermeiden.
Im Falle der Verbingung von Anliefergütern in die Lagerhallen in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr sind die Transportwege mit schallschluckenden Materialien (wie Gummimatten) zu dämmen. Während der Manipulation in den Hallen sind die Hallentore geschlossen zu halten. Zur Nachtzeit ist jeder Betrieb des Dieselstaplers auf dem südlichen Freigelände der Betriebsanlage verboten.
B) NÄCHTLICHE BELADUNG UND ABFAHRTEN VON FAHRZEUGEN DER
BETRIEBSANLAGENINHABERIN:
Beladetätigkeiten zur Nachtzeit müssen ausnahmslos in der Halle bei geschlossenen Hallentoren erfolgen. Zwischen 22.00 Uhr und 04.00 Uhr darf maximal eine Abfahrt mit einem lärmarmen LKW erfolgen, in der Zeit zwischen 04.00 Uhr und 6.00 Uhr dürfen maximal 3 Abfahrbewegungen mit lärmarmen Lastkraftwagen von der Betriebsanlage erfolgen.
c) Über die Vorschriften dieses Bescheides sind sämtliche Lieferanten und Dienstnehmer im jeweils einschlägigen sachlichen Umfang nachweisbar zu informieren."
In der Begründung dieses Bescheides führte der Landeshauptmann (soweit dies für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist) aus, es seien im Auftrag der Berufungsbehörde in der Nacht vom 25. zum 26. April 1994 in der Zeit von 03.45 Uhr bis 05.00 Uhr im Nachbarwohnhaus "W" Lärmmessungen durchgeführt worden. Als Meßort sei dabei ein Zimmer im Erdgeschoß mit straßenseitigem Fenster ausgewählt worden. Die meßtechnisch erfaßten Schallpegelwerte seien vor dem geöffneten Fenster erhoben worden. Im Raum, etwa bei gekipptem Fenster, würden diese Werte je nach Aufenthaltswert um 8 bis 10 dB niedriger sein. Die Anlieferung durch Groß-LKW bzw. Sattelschlepper zur Nachtzeit sei nicht gemessen worden. Dazu hätten die Nachbarn mitgeteilt, daß diese Anlieferungen von ihnen als störend empfunden würden. Beim Zurückschieben (dieser LKW) würden die Fenster in Wohn- und Schlafräumen zum Mitschwingen angeregt. Dies werde als extrem unangenehm empfunden. Der medizinische Sachverständige habe - nach allgemeiner Darstellung der Auswirkungen von lärmbedingten Schlafstörungen - in der Berufungsverhandlung vom 2. Mai 1994 ausgeführt, daß immissionsseitig bei den Nachbarn im Rauminneren Lärmspitzen von ca. 55 bis 57 dB bei firmeneigenen Lastkraftwagen und von bis ca. 67 dB bei Sattelkraftzügen (Zulieferern) erreicht würden. Für durch Kfz bedingten Lärm könne bei 90 % der Betroffenen eine mittlere Weckschwelle von ca. 60 dB und eine Verhinderung von vegetativen Reaktionen unter 55 dB abgeleitet werden. Das Risiko einer Schlafstörung nehme auch mit der Anzahl der Schallreize zu, wobei aber kein linearer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Schallreize und den Aufwachreaktionen bestehe. Bei Häufigkeitszunahmen von Schallpegelspitzen komme es nur bei Herabsetzung des Maximalpegels zu keiner Risikoerhöhung. Im Zuge der Berufungsverhandlung vom 2. Mai 1994 habe die Beschwerdeführerin das Betriebsgeschehen dahingehend erörtert, daß sich die für die Infrastruktur und den Betriebsablauf des Unternehmens erforderliche Aufschließung ausschließlich auf der Südseite der Betriebsanlage befände. An der Nordseite der Baulichkeit seien keinerlei Laderampen ausgebildet. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, daß die von ihr im einzelnen dargelegten Betriebsabläufe (Anlieferungen, Belieferungen und Einkaufsfahrten) wesensnotwendig seien, da insoweit keine Substitutionsmöglichkeit bestünde. Die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin sei aufgrund eines (am 16. Oktober 1964 bei der Bezirkshauptmannschaft Eferding eingelangten) Ansuchens mit einem Einreichplan vom 2. Oktober 1964 gewerbebehördlich genehmigt worden. Die Betriebsbewilligung (einschließlich eines mitgenehmigten Hubstaplers) sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 13. Mai 1977 erteilt worden. Mit Bescheid dieser Bezirkshauptmannschaft vom 11. Oktober 1978 sei eine Betriebstankstelle genehmigt worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17. September 1986 sei eine Änderung und Erweiterung der Betriebsanlage gewerbebehördlich genehmigt worden. In diesem Bescheid sei in Auflage 19 festgelegt worden, "daß der Betrieb der Anlage so zu erfolgen habe, daß in einer Entfernung von 3 m vom nächstgelegenen Wohnhaus der Nachbarn der maximale Störpegel von 65 dB (A) tagsüber im Freien und 55 dB (A) während der Nacht nicht überschritten werden darf. Im übrigen ist der Betrieb so zu führen, daß eine übermäßige Belästigung der Nachbarschaft mit Sicherheit vermieden wird." In den Genehmigungsbescheiden bestünden keine weiteren Lärm- oder Betriebszeitenbeschränkungen.
In rechtlicher Hinsicht führte der Landeshauptmann (belangte Behörde) aus, die Auflage im Bescheid aus dem Jahr 1986, mit der eine Immissionsbeschränkung zur Nachtzeit bzw. Emissionsbeschränkung für die gesamte Betriebstätigkeit im Bereich der neuen Lagerhalle verfügt worden sei, nehme nur auf den Dauerschallpegel Bezug, nicht aber auf das Spitzenpegelkriterium. In Anbetracht des niedrigen Grundgeräuschpegels (mit daraus resultierender Modulationstiefe) würden - wiederholte - Lärmimmissionen zur Nachtzeit über 55 dB zu konkreten Gesundheitsgefahren führen. Derartige Lärmspitzen würden durch einen uneingeschränkten Nachtbetrieb in den angrenzenden "Wohn- und Schlafräumen" der Nachbarn wiederholt erreicht bzw. überschritten. Zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen seien daher zusätzliche Auflagen erforderlich. Die Beschwerdeführerin habe in schlüssiger Weise dargelegt, daß "wesensnotwendig zur Nachtzeit Einkaufsfahrten und zumindest eine nächtliche Anlieferung für den gegenständlichen Betrieb sind". Die vorgeschriebenen Auflagen seien daher nach Maßgabe der wesensnotwendigen Erforderlichkeiten für den Betrieb zu bestimmen gewesen. Diese Entscheidung schließe aber ein allfälliges (künftiges) Verfahren gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 nicht aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die mitbeteiligten Parteien haben trotz gebotener Gelegenheit keine Gegenschriften erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtvorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht sie (im wesentlichen) geltend, die belangte Behörde habe ihre Beweisanträge zum Thema des Wesens ihres Gemüsegroßhandels (in einem ländlichen Gebiet) unerledigt und insoweit die Tatsachengrundlage unvollständig gelassen. Auflagen seien nur zulässig, wenn durch sie die Betriebsanlage ihrem Wesen nach unberührt bleibe. Die belangte Behörde habe auch die beantragten Lärmmessungen in den Schlafzimmern nicht durchgeführt. In den Häusern der möglicherweise beeinträchtigten Nachbarn seien nämlich die Schlafzimmer in vom Verladeplatz (der Beschwerdeführerin) abgewandten Bereichen gelegen. Die Messungen beim Nachbarn W seien im Wohnzimmer bei geöffneten Fenstern durchgeführt worden. Es könnten aber nur konkrete Gesundheitsgefährdungen die Vorschreibung nachträglicher Auflagen rechtfertigen. Es scheine demnach geboten, auf die tatsächliche Widmung der Räume abzustellen. Die Gefährlichkeit der Immissionen sei wohl dann nicht gegeben, wenn die Immissionen Schlafstörungen in einem Raum bewirken können, in dem nächtens nicht geschlafen werde. Auf das abgeführte Ermittlungsverfahren habe sich die belangte Behörde in aktenwidriger Weise berufen. Hinsichtlich der Annahme, daß es in den angrenzenden Schlafräumen der Nachbarn zu Immissionen über 55 dB komme, bestünde kein Meßergebnis. Der medizinische Amtssachverständige habe konstatiert, daß durch die (firmeneigenen) PKW der Beschwerdeführerin, wenn die Beladung in der Halle und bei geschlossenen Toren erfolge, nicht mit Aufwachreaktionen zu rechnen sei. Aus dem genannten Gutachten hätte die belangte Behörde lediglich eine Gefährdung durch Fremd-LKW folgern können. Für die Auflage im Sinne von Punkt b) fehle daher die Tatsachengrundlage. Die belangte Behörde habe auch unberücksichtigt gelassen, daß die Betriebsanlage bereits vor der Ansiedlung der Nachbarn bewilligt, errichtet und betrieben worden sei. Über den Zeitpunkt der Errichtung bzw. Erteilung der baubehördlichen Bewilligungen der Nachbarhäuser seien aber keine Feststellungen getroffen worden. Der vom medizinischen Sachverständigen herangezogene Schwellenwert von 55 dB trete nur bei geöffnetem Fenster in dem zur Betriebsanlage nächstgelegenen Raum beim Nachbarn W auf. Die Nachbarn würden in der Nachtzeit in ihren Wohnzimmern, die nicht zum Schlafen bestimmt seien, demnach nur belästigt. Die von genehmigten (geänderten) Anlagenteilen - die erst nach dem Zeitpunkt der Erlangung der Nachbareigenschaft genehmigt worden seien - ausgehenden Immissionen habe die Behörde jedoch nicht festgestellt. Nur hinsichtlich dieser Anlagenteile würden die Nachbarn aber den vollen Schutz des § 79 Abs. 1 GewO 1994 genießen. Die vorliegenden Auflagen würden eine Reduktion der Zulieferfahrbewegungen um 50 % bewirken. Ein Gemüsehändler, der nur noch 50 % seiner Ware anliefern könne, müsse aber notwendigerweise den Betrieb schließen. Die belangte Behörde habe damit in das Wesen der Betriebsanlage eingegriffen.
Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind zugunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, Auflagen im Sinne des Abs. 1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Auflagen im Sinne des Abs. 1 zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle sind, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zugunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs. 1 verhältnismäßig sind.
Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde gemäß Abs. 3 leg. cit. dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 5. Mai 1987, Zl. 86/04/0191, dargelegt hat, kommt im Verfahren nach § 79 GewO 1973 die Anordnung einer Stillegung des Betriebes nicht in Betracht, weil eine solche Maßnahme begrifflich nicht als "Auflage" im Sinne dieser Gesetzesstelle angesehen werden könnte. Nichts anderes hat aber für das dem Beschwerdefall zugrunde liegende Verfahren nach § 79 GewO 1994 zu gelten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf eine Betriebsanlage durch Auflagen nur so weit modifiziert werden, daß die Betriebsanlage ihrem "Wesen nach" unberührt bleibt. Die Auflagenvorschreibung hat sich - abgesehen von einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Genehmigungswerbers (als Ausfluß seiner Antragslegitimation) - daher in dem der Behörde solcherart zugewiesenen Kompetenzbereich zu halten. Auch in einem Verfahren nach § 79 GewO 1973 hat - ungeachtet der Amtswegigkeit eines solchen Verfahrens und einer allfälligen Mitwirkung des Anlageninhabers dahingehend, Vorschläge über die Gestaltung von Auflagen zu machen - keine Ermächtigung der Behörde bestanden, den genannten Kompetenzbereich bei der Auflagenvorschreibung zu überschreiten (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0136, vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0256, und vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0203).
Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage ist für den Fall, daß der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nur durch Vorschreibung von Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 ausdrücklich die Vorlage eines Sanierungskonzeptes im Rahmen eines eigenen Verfahrens vorgesehen. Demnach besteht aber im Verfahren gemäß § 79 Abs. 1 und 2 GewO 1994 (wie auch schon nach der genannten früheren Rechtslage) keine Ermächtigung der Behörde, durch nachträgliche Auflagenvorschreibung das Wesen der genehmigten Betriebsanlage zu verändern.
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß ausreichende Feststellungen darüber, welche Auswirkung die vorliegend erfolgte Auflagenvorschreibung auf das Wesen der genehmigten Betriebsanlage der Beschwerdeführerin haben wird, im angefochtenen Bescheid fehlen. Nach den Umständen des Beschwerdefalles hätte es solcher Feststellungen jedoch bedurft, weil unter Bedachtnahme auf das in der genehmigten Betriebsanlage ausgeübte Betriebsgeschehen die Eignung der vorgeschriebenen Betriebsbeschränkung, das Wesen der genehmigten Betriebsanlage der Beschwerdeführerin zu verändern, nicht ausgeschlossen werden kann.
Die belangte Behörde hat sich insoweit nur darauf gestützt, daß die Beschwerdeführerin "in schlüssiger Weise dargelegt hat, daß wesensnotwendig zur Nachtzeit Einkaufsfahrten und zumindest eine nächtliche Anlieferung für den gegenständlichen Betrieb erforderlich sind". Mit diesem Hinweis auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin allein ist die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht, die Tragweite der vorgeschriebenen Betriebsbeschränkung in Ansehung des Wesens der genehmigten Betriebsanlage bzw. den Umfang des Wesens der in Rede stehenden Betriebsanlage der Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht zu erforschen, jedenfalls nicht nachgekommen. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 1994 unter Bezugnahme auf die von ihr dargestellten Betriebsabläufe insbesondere den (bereits in ihrer Berufung vorgebrachten) Einwand erhoben, daß die im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebene Auflage auf die Wesensart ihrer Betriebsanlage verändernd Einfluß nehme. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin (nach dieser mündlichen Verhandlung) mit Schreiben vom 3. Juni 1994 konkrete Auflagen vorgeschlagen und gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesen Auflagen eingeräumt. Die Beschwerdeführerin hat diese vorgeschlagenen Auflagen mit Stellungnahme vom 19. September 1994 (eingelangt bei der belangten Behörde am 21. September 1994) aber unmißverständlich "aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen" abgelehnt. Die Beschwerdeführerin hat ausdrücklich "an ihrem eingenommenen Verfahrensstandpunkt" festgehalten. Daran vermag auch der anschließend zur Diskussion gestellte Vorschlag - der von den im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Beschränkungen überdies erheblich abweicht - jedenfalls nichts zu ändern. Im übrigen wurde dieser - von der Beschwerdeführerin nur unvorgreiflich ihres Verfahrensstandpunktes gemachte - "Vergleichsvorschlag", der die Finanzierung von Lärmschutzfenstern für das Haus W beinhaltet, mit Schreiben vom 4. Oktober 1994 von diesen Nachbarn ausdrücklich als "nicht geeignete Problemlösung" abgelehnt.
Die Beschwerdeführerin hat somit nach der Aktenlage kein Vorbringen erstattet, das allein die vorgeschriebenen Beschränkungen rechtfertigen könnte. Es ist aber auch die im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung, daß bzw. in welcher Weise den wesensnotwendigen Erforderlichkeiten für den Betrieb Rechnung getragen worden sein soll, in keiner Weise nachvollziehbar.
Aufgrund des demnach unvollständig (ermittelten und) festgestellten Sachverhaltes ist der Verwaltungsgerichtshof aber an der nachprüfenden Kontrolle bzw. Beurteilung der erheblichen Rechtsfrage gehindert, ob die im angefochtenen Bescheid gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Betriebsbeschränkung das Wesen der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin unberührt gelassen hat und demnach von der Ermächtigung der belangten Behörde gedeckt war. Die belangte Behörde hat damit ihrer Begründungspflicht (§ 60 AVG) in einem wesentlichen Punkt nicht entsprochen. Schon aus diesem Grund belastete sie daher den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt auch insoweit vor, als hinsichtlich der nächtlichen Anlieferung durch Groß-LKW bzw. Sattelschlepper (Fahrzeuge der Lieferanten) keine konkreten Messungen erfolgt sind, sondern sich der Sachverständige auf die Wiedergabe des diesbezüglichen Vorbringens der Nachbarn beschränkte. In diesem Zusammenhang wird (im Falle der Vorschreibung von Auflagen) zu beachten sein, daß nur gegenüber dem Inhaber der Betriebsanlage Auflagen vorgeschrieben werden dürfen, und daß Auflagen, die auf eine Anordnung straßenpolizeilicher Maßnahmen (auf öffentlichen Verkehrsflächen) abzielen, nicht zulässig wären. Es darf dem Anlageninhaber - mangels entsprechender Sanktionsmöglichkeit - auch keine Verpflichtung auferlegt werden, für die Einhaltung von Auflagen durch Lieferanten Sorge zu tragen, da derartige Auflagen nicht geeignet wären, Gefährdungen oder Belästigungen der Nachbarn zu vermeiden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1989, Zl. 87/04/0193, vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0238, und vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/04/0091).
Die belangte Behörde hat somit aus den dargelegten Gründen Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ferner bedarf der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den nicht erforderlichen (und auch nicht im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entrichteten) Stempelgebührenaufwand für einen Firmenbuchauszug.
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