Normen
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1;
GewO 1973 §74 Abs2 Z2;
GewO 1973 §74 Abs2 Z3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z5;
GewO 1973 §74 Abs3;
GewO 1973 §75 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat diesen Beschwerdeführern (sohin mit Ausnahme der EM) Aufwendungen in der Höhe von S 11.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1981 erteilte der Bürgermeister der Stadt W der mitbeteiligten Partei über ihr Ansuchen gemäß §§ 74 ff, 333, 353 ff GewO 1973 die nachträgliche gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme der in der Verhandlungsschrift vom 8. Jänner 1981 näher beschriebenen Diskothekanlage und der 15 Fremdenzimmer in den Obergeschossen im Gastgewerbebetrieb in W, auf Parzellen Nr. 2123/1 und 2138 KG X nach den vorgelegten und genehmigten Plänen unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen, von welchen die Auflage Punkt 17 folgenden Wortlaut hat:
"17. Keinesfalls darf die Nachbarschaft unzumutbar durch Lärm aus der Diskothek bzw. der gesamten Betriebsanlage belästigt werden. Eine unzumutbare Belästigung wird dann vorhanden sein, wenn der maximale Lärmpegel um mehr als 10 dB(A) über den Grundgeräuschpegel angehoben wird. Insbesonders ist auf möglichst lärmarme Ausführung von Ventilatoren, Kühlaggregaten u. dgl. zu achten."
Über die Berufung der Beschwerdeführer und anderer Nachbarn erging der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. März 1984, mit welchem
1. die folgenden zusätzlichen Auflagen vorgeschrieben wurden:
"a) Im Bereich des Ausganges ist eine gut sichtbare Aufschrift (z. B. Leuchtschrift mit großen Buchstaben) anzubringen, durch welche die Besucher aufgefordert werden, sich beim Verlassen der Diskothek und auf der Straße ruhig zu verhalten.
b) Die äußere Eingangstüre ist selbstzufallend einzurichten; der schwerfallende, überlappende Vorhang ist ständig geschlossen zu halten.
c) Im Bereich des Ein- bzw. Ausganges hat ständig zumindest eine Aufsichtsperson (Türsteher) darauf hinzuwirken, daß die das Lokal betretenden oder verlassenden Gäste sich auf der Straße und im Bereich des Eingangs ruhig verhalten und daß die Eingangstüre sowie der Vorhang nach dem Durchgang der Gäste wieder geschlossen werden.
d) In die Diskothekanlage ist ein Hochbaßfilter einzubauen, um die fallweise auftretenden tiefen rhythmischen Töne auszuscheiden."
2. gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 ein Probebetrieb für die Dauer eines halben Jahres angeordnet und eine Betriebsbewilligung vorbehalten wurde sowie
3. gemäß § 74 und § 77 GewO 1973 die mit Bescheid des Magistrates der Stadt W erteilte gewerbebehördliche Genehmigung auf die ebenerdig gelegene Gastgewerbebetriebsanlage (Diskothek) eingeschränkt wurde.
Zur Begründung führte der Landeshauptmann von Oberösterreich im wesentlichen aus, die Entfernung der einzelnen Nachbargrundstücke zur Betriebsanlage sei wie folgt festgehalten worden:
Wohnhaus Dr. G: F-Gasse 28, ca. 50 m
Wohnhaus P: F-Gasse 16, ca. 45 m (Parzelle Nr. 2369)
Wohnhaus R: F-Gasse 7, ca. 28 m (Parzelle Nr. 2134).
Das Wohnhaus der Nachbarn R schließe direkt an das Grundstück der mitbeteiligten Partei an. Zwischen Betriebsanlage und Wohnhaus befinde sich eine freie, als Parkplatz benützte Fläche. Von den akustischen Schwachstellen im Bereich der beiden Fenster und der Fluchttüre an der Westseite der Betriebsanlage werde dieses Wohngebäude besonders beeinflußt. Die ostseitigen Fenster seien von der Betriebsanlage ca. 22 m entfernt. Das Wohngebäude O, F-Gasse 5, liege westlich an die Nachbarn R anschließend und es bestehe eine Sichtverbindung vom 1. Obergeschoß zur Westseite der Betriebsanlage. Der Abstand betrage ca. 37 m. Das Wohnhaus S, A-Gasse 7 (Parzelle Nr. 2374) liege in einer Entfernung von ca. 64 m, westlich der Betriebsanlage. Das Wohnhaus M, F-Gasse 23 (Parzelle Nr. 2372/2) liege in einer Entfernung von ca. 70 m (südlich). Die beiden letztgenannten Entfernungen seien wieder auf die Gebäudeecke neben dem Eingang zum Lokal bezogen. Eine am 27. Mai 1982 durchgeführte Lärmmessung habe folgendes Ergebnis erbracht:
"Meßort: Hof an der Westseite der Diskothek, ca. 4 m neben der Gartenmauer zum Nachbargrundstück O, Entfernung von der Straße ca. 30 m, Abstand von der Fluchttür der Diskothek ca. 25 m.
Meßzeitraum: zwischen 0.00 und 4.00 Uhr früh wurden sowohl die Immissionen aus der Diskothek, als auch auf der Straße jeweils über einen längeren Zeitraum ermittelt. Durch punktweise Messung der Geräuschimmissionen in der Umgebung der Diskothek wurden die Auswirkungen in der Nachbarschaft untersucht.
Meßergebnis:
a) normaler Musikbetrieb in der Diskothek:
L1 = 43 dB
L95 = 36 dB
Leq = 37 dB
Störend wirkten die tiefen Bässe einzelner Schallplatten. Manche Ansagen des Discjockys waren deutlich zu verstehen, ebenso waren fallweise Besucher, die sich in der Nähe der Fluchttür aufhielten, zu unterscheiden (Meßdauer 30 Minuten).
b) Musikbetrieb in der Diskothek, streitende Besucher vor dem Lokal:
L1 = 64 dB
L95 = 36 dB
Leq = 54 dB
Die Meßdauer betrug wiederum 30 Minuten, Streitgespräche vor dem Lokal dauerten ca. 5 Minuten. Während des gesamten Meßzeitraumes 20 weggehende und 15 ankommende Besucher.
c) Messung des Grundgeräuschpegels nach Betriebsschluß:
L95 = 31 dB
Bei einer meßtechnischen Kontrolle vor dem Zugang zum Wohnhaus Dr. G war von den Musikdarbietungen in der Diskothek rein subjektiv nichts wahrnehmbar, wohl aber von der A-straße entferntes Verkehrsgeräusch. Der Grundgeräuschpegel wird zusätzlich durch den M-Bach beeinflußt.
L95 = 37 dB."
Nach Durchführung von lärmtechnischen Verbesserungsmaßnahmen, die vom technischen Fachdienst vorgeschlagen worden seien, sei am 25. Juli 1983 in der Zeit zwischen 2 Uhr und 4 Uhr eine weitere Lärmmessung durchgeführt worden, welche an dem Meßort 2 m vor dem Nachbarwohnhaus ca. 2 m neben dem ebenerdigen Fenster folgendes Meßergebnis erbracht habe:
L95 = 36 dB
L1 = 42,5 dB
Leq = 38,5 dB.
Eine Zählung durch die Bundespolizeidirektion habe ergeben, daß das gegenständliche Lokal besonders an den Wochenenden Ziel- und Ausgangspunkt für den größten Teil der Fußgänger im fraglichen Bereich bilde, wobei sich der größte Teil von ihnen von bzw. zur A-Straße bewege. Ab Mitternacht sei mit durchschnittlich fünf Taxifahrten pro Stunde zu rechnen, wobei die Taxis mit einer Geschwindigkeit von höchstens 40 km/h zu- bzw. abfahren und dadurch die Lärmimmission dieser Fahrzeuge nicht ein Ausmaß erreiche, welches lärmtechnisch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen wäre.
Der medizinische Amtssachverständige habe ausgeführt, hinsichtlich der von den Beschwerdeführern angegebenen Einschlafstörungen durch tiefe Bässe bei gekippten Fenstern sei zu bemerken, daß informationsarmer monotoner Lärm weniger einschlafstörend sei als individuell getönter Lärm. Abgesehen davon, daß Einschlafstörungen von einem relativ hohen Prozentsatz der Bevölkerung angegeben würden, sei es nicht möglich, dafür einen Schwellwert festzusetzen. Durch den Einbau eines Hochbaßfilters im Verstärker könne in dieser Hinsicht Abhilfe geschaffen werden. Bezüglich der Weckwirkung durch Passanten sei zu bemerken, daß die Weckschwelle je nach Schlaftiefe und individuellen Faktoren schwanke. Bereits durch Geräusche von 45 dB würden ca. 50 % der Schläfer geweckt. Die Lärmimmissionen aus der Diskothek seien nicht als zumutbar einzustufen. Lautstarke Unterhaltungen von Passanten hätten dagegen Weckwirkungen zur Folge. Psychische Störungen, welche weitgehend situations- und einstellungsbedingt seien, könnten Folgen regelmäßiger Weckwirkungen sein. Als weitere Folge dieser psychischen Störungen könnten bei längerer Dauer von Lärmstörungen psychosomatische und neurotische Symptome selbst bei gesunden, "normal" reagierenden Personen ausgelöst werden. Es könne weiters zu vegetativen Überreizungen, Reizbarkeit, Erregbarkeit, Apathie und allgemeiner Nervosität kommen. Zwischenmenschliche Beziehungen könnten dann direkt oder indirekt gestört werden, z. B. auch durch Übertragung der Aversion gegen den Lärm auf den Lärmerzeugenden. Bei Personengruppen wie neurotisch-psychosomatisch Kranken, aber auch bei alten, erschöpften bzw. übermüdeten und frisch operierten sowie besonders lärmempfindlichen Personen könnten sich diese Vorgänge in Gesundheitsbeeinträchtigungen hineinsteigern.
Hinsichtlich der Lärmbelästigungen seien sohin zwei Quellen zu unterscheiden, nämlich der Lärm aus der Diskothek einerseits und der Lärm, den die ein- und ausgehenden Besucher auf der Straße verursachten. Hinsichtlich des "Discolärms" habe der Konsenswerber im Laufe des anhängigen Genehmigungsverfahrens bereits folgende lärmtechnische Verbesserungsmaßnahmen getroffen: schwerfallender, überlappender Vorhang, Verkleidung der Fenster und der Fluchttüre, Lautstärkenbegrenzung der Discoanlage. Durch diese Maßnahmen sei der Lärm der Diskothek soweit abgesenkt, daß er nur im Bereich der nächsten Häuser (R, G) gelegentlich bei Offenhalten der Eingangstüre zu hören sei; gelegentlich seien im Bereich der nächsten Häuser rhythmische Baßtöne subjektiv wahrzunehmen. Dies gehe aus den Aussagen der Beschwerdeführer hervor und werde durch die Beobachtungen des Amtsarztes bestätigt. Der Grundgeräuschpegel sei nach Betriebsschluß mit 31 dB ermittelt worden. Bei einer späteren Vergleichsmessung sei ein Beurteilungspegel von 38,5 dB ermittelt worden. Zum selben Zeitpunkt seien subjektiv deutlich wahrnehmbare Lüftergeräusche vom neu errichteten Hotel als dominante Immissionen bis zu 40 dB erhoben worden. Der "Discolärm" sei somit als nicht unzumutbar zu beurteilen.
Hinsichtlich des Straßenlärmes werde auf Grund der Ermittlungsergebnisse als erwiesen angenommen, daß das Verhalten der Gäste im Bereich des Lokales zu unzumutbaren Lärmbelästigungen geführt habe und daß vom Konsenswerber keine ausreichenden und geeigneten Maßnahmen getroffen worden seien, um ein ruhiges Verhalten der Gäste (im Bereich des Lokales) bzw. ein diszipliniertes Publikum "zu bewirken". In der F-Gasse bestehe zwar ein weiteres Lokal, dennoch entfalle der überwiegende Teil des Fußgängerverkehrs in der F-Gasse bei Nacht auf Discbesucher. Das Verhalten der Gäste auf der Straße sei als Betriebslärm zu werten, jedoch nur insoweit, als das Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft führe. Daraus ergebe sich ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Lokalbesuch. Was den örtlichen Zusammenhang betreffe, könne nur das Verhalten der Gäste im unmittelbaren Bereich des Eingangs des Gastgewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nur im unmittelbaren Bereich des Einganges lasse sich der Nachweis führen, ob ein Fußgänger in der F-Gasse ein Discobesucher sei oder nicht. Darüber hinaus bestehe lediglich eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, weil in der F-Gasse auch ein anderen Zielen zugeordneter Fußgängerverkehr stattfinde. Die Behörde sei der Auffassung, daß die im Spruch angeordneten zusätzlichen Auflagen geeignet seien, allenfalls auftretende Lärmbelästigungen durch Lokalbesucher auf der Straße im Bereich der Betriebsanlage, die gelegentlich ein unzumutbares Ausmaß erreichten, auf ein zumutbares Maß gesenkt werden könnten. Diese Auffassung werde durch das immissionstechnische Gutachten vom 19. Jänner 1983 bestätigt, wonach laut vorliegenden Erfahrungen ein Lokalinhaber durchaus in der Lage sei, auf das Verhalten der Gäste einzuwirken. Ob allerdings die zusätzlichen Auflagen tatsächlich ausreichend seien, könne nur im Laufe eines Probebetriebes festgestellt werden. Es sei daher ein Probebetrieb anzuordnen gewesen, der sich auch über die Sommermonate, in denen Lärmereignisse besonders stark empfunden würden, erstrecke.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer und andere Nachbarn neuerlich Berufung, welcher der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie mit Bescheid vom 1. März 1985 keine Folge gab. Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie schloß sich in der Begründung seines Bescheides den Ausführungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich zur Gänze an und führte in Erwiderung des Berufungsvorbringens darüber hinaus aus, das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach die Auswirkungen der Auflagen schon durch die fünfeinhalb Jahre dauernde genehmigungslose Betriebsführung absehbar seien und daher eine Probebetrieb nicht erforderlich sei, entbehre deshalb der Schlüssigkeit, weil während dieser Zeit die nunmehr vorgeschriebenen Maßnahmen zur Herabsetzung von Geräuscheinwirkungen nicht getroffen gewesen seien. Es gehe nicht an, bestimmte Maßnahmen nur deshalb abzulehnen, weil dem eigenen subjektiven Empfinden nach, der erwartete Erfolg dieser Maßnahme nicht eintreten werde. Die Aktenlage gebe hinsichtlich der Sachverständigengutachten und der diesen zugrundeliegenden Schallpegelmessungen keinen Anlaß, Verfahrensmängel festzustellen. Abgesehen davon, daß die Vorinstanzen bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen durch Lärm auf die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften entsprechend Rücksicht genommen hätten, bleibe ergänzend zu bemerken, daß die Bestimmung des § 16 Abs. 3 des Oö Raumordnungsgesetzes der Errichtung und dem Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage nicht entgegenstehe. Der hier in Betracht kommende normative Gehalt dieser Gesetzesbestimmung sei dahin zu sehen, daß andere Bauten und sonstige Anlagen (als Wohngebäude) in Wohngebieten nur errichtet werden dürften, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen dienten und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner mit sich brächten. Da somit auch nach Auffassung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie zu erwarten sei, daß bei Einhaltung der Auflagen eine Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO ausgeschlossen sei und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 leg. cit. auf ein zumutbares Maß beschränkt würden, sei gemäß § 77 GewO 1973 die Betriebsanlage zu genehmigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem auf den Bestimmungen der Gewerbeordnung gestützten Nachbarrecht, nicht durch Lärm beeinträchtigt zu werden, als verletzt. Sie bringen hiezu im wesentlichen vor, bei der Beurteilung der Betriebsanlage seien auch Vorgänge einzubeziehen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielten. Im angefochtenen Bescheid sei aber nicht in ausreichender Form der Lärm, der durch den Besucherstrom vom und zum Lokal hervorgerufen werde, in die Beurteilung einbezogen worden. Durch diesen stoßweise auftretenden Lärm, der um die 70 dB(A) und darüber liege und phasenweise auftrete, würden die Nachbarn am Ein- und Durchschlafen gehindert, sodaß schwerwiegende und nachhaltige Schlafstörungen auftreten. Die gegenständliche Diskothek befinde sich in einem Wohngebiet; ein entsprechender Flächenwidmungsplan liege vor. Auch aus diesem Grund sei die Betriebsanlage gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 unzumutbar, da ein durch die Besucherfrequenz hervorgerufener Lärm zu einer unzumutbaren Belästigung führe. Dieses Zumutbarkeitskriterium sei im bisherigen Verfahren immer nur auf den aus der Diskothek selbst herrührenden Lärm abgestellt worden, ohne den "ernstlich enormen" Besucherstrom und den dadurch verursachten Lärm in Betracht zu ziehen. Es sei völlig unverständlich, wie der angefochtene Bescheid davon ausgehen könne, daß die im Berufungsverfahren vorgeschriebenen Auflagen gegriffen hätten. In einem Verfahren wegen Verkürzung der Betriebszeit sei vielmehr festgestellt worden, daß der durch den Besucherstrom von der Diskothek hervorgerufene Lärm die Grenze des Zumutbaren weit überschreite und zu ernsten und schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn führe. Weiters ergebe sich aus der Aktenlage, daß es im Bereich unmittelbar vor dem Lokal und im Lokal selbst wöchentlich mehrfach zu Polizeieinsätzen komme. Die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Schallpegelmessungen hätten Werte von 70 dB(A) und darüber ergeben, die eindeutig gesundheitsgefährdend seien und unter Berücksichtigung der gegebenen Flächenwidmung als Wohngebiet eine dauernd nachhaltige unzumutbare Belästigung darstellten überdies seien die erteilten Auflagen zum Teil auch derart unbestimmt, daß auch diesbezüglich eine Rechtswidrigkeit vorliege. Es werde in der Auflage Punkt 17 des erstbehördlichen Bescheides von einem Grundgeräuschpegel ohne entsprechende Konkretisierung ausgegangen und auch die Auflagen im Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich nehmen nicht "auf bestimmte konkrete Lärmwerte Bezug". Es fehle daher im gesamten angefochtenen Bescheid jedweder Inhalt und auch jedwede Auflage über einen etwa durch den Besucherstrom maximal erzielbaren Geräuschpegel.
Vorweg war die Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen.
Im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
In den in der Gewerbeordnung 1973 festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 leg. cit. durch einen nach § 77 oder § 81 in Verbindung mit § 77 leg. cit. ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1985, Zlen. 84/04/0069, 0111).
Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1973 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstigen dinglichen Rechte gefährdet werden könnten. Zufolge der Regelung des § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren über ein Ansuchen um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage; im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Eine Einwendung muß, um aufgrund des § 356 Abs. 3 leg. cit. zu bewirken, daß ein Nachbar Parteistellung erlangt, somit auf einen oder mehrere der Tatbestände des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 leg. cit., im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1979, Slg. Nr. 9979/A). Wer eine solche Einwendung rechtzeitig erhebt, erlangt im Rahmen dieser Einwendung als Nachbar Parteistellung. In Ansehung der betreffenden subjektiven Rechte der Nachbarn, nämlich im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 leg. cit. nicht gefährdet oder - jenseits der Zumutbarkeitsgrenzen (§ 77 Abs. 1 und 2) - nicht belästigt, nicht beeinträchtigt oder nachteilig betroffen zu sein, hat die Behörde die Genehmigungsfähigkeit des Projektes oder deren Herstellbarkeit durch Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 leg. cit. - unbeschadet der Verpflichtung der Parteien zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen - von Amts wegen zu prüfen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1985).
Hinsichtlich der Parteierklärung der Beschwerdeführerin EM ist in der Verhandlungsschrift vom 8. Jänner 1981 folgendes festgehalten:
"Nachbarin EM hat sich nach dem Lokalaugenschein vor Abfassung der Verhandlungsschrift mit dem Ersuchen entfernt, es möge festgehalten werden, daß sie nunmehr auch Eigentümer des Hauses F-Gasse 18 ist und daß dort ihre Tochter und ihr Schwiegersohn wohnen, weiters daß vor einigen Nächten zwei am Fahrbahnrand vor ihrem Maus geparkte Autos von Passanten beschädigt worden seien, ebenso der Zaun und daß es immer wieder vorkomme, daß Passanten sowohl beim Haus F-Gasse 18 als beim Haus F-Gasse 23 unbefugt die Türklingeln betätigen. Durch diese Vorfälle fühlt sich Frau M unzumutbar belästigt, weil solche Vorkommnisse durch die Kunden des vertragsgegenständlichen Lokals hervorgerufen werden."
Die Einwendung der Beschwerdeführerin EM ist somit nicht auf den Tatbestand "Lärm" abgestellt, hinsichtlich dieses Tatbestandes erlangte sie damit keine Parteistellung und kann daher auch durch den angefochtenen Bescheid in diesem Punkt nicht in einem subjektiven Recht verletzt sein. Da die vorliegende Beschwerde aber ausschließlich eine Rechtsverletzung durch gesundheitsgefährdende Lärmimmissionen geltend macht, war sie hinsichtlich der Beschwerdeführerin EM gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Im übrigen ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt.
Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, unter anderem 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 243/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 ist eine gewerbliche Betriebsanlage erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn überhaupt oder bei Einhaltung der Auflagen zu erwarten ist, daß eine Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 ausgeschlossen ist und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Im Grunde des § 77 Abs. 2 leg. cit. ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, nach den Maßstäben eines gesunden, normal empfindenden Menschen und auf Grund der örtlichen Verhältnisse zu beurteilen. Hiebei sind auch die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1979, Slg. Nr. 9943/A, und in der Folge in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist zwischen gewerblichen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 grundsätzlich zu unterscheiden. Dies schließt nicht aus, daß die Eignung einer "örtlich gebundenen Einrichtung" die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen, liegen kann. Solche Vorgänge sind gegenüber dem Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Weise abzugrenzen, daß zwar das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr dem einer Betriebsanlage zugehörigen Geschehen zuzurechnen ist.
Zu den Vorgängen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der gegenständlichen Betriebsanlage abspielen, gehört auch das Verhalten der Gäste. Mit dem Besuch einer Tanzbar (Diskothek) ist nämlich nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ein Lärmen der Gäste im erwähnten örtlichen Bereich verbunden. Dieses Lärmen ist als ein im Sinne des § 74 Abs. 3 GewO 1973 zu qualifizierendes Verhalten von Personen anzusehen, die "die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1983, Zl. 81/04/0153). Von diesem Rechtsstandpunkt anzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall nicht veranlaßt.
Im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführer verkannte die belangte Behörde diese Grundsätze allerdings nicht. Wie sich aus der obigen Darstellung des Sachverhaltes ergibt, traf sie die erforderlichen Feststellungen über das Verhalten der Gäste der gegenständlichen Diskothek in deren engerem örtlichen Wirkungsbereich und wertete die davon ausgehenden Lärmimmissionen als für die Nachbarn unzumutbar. Sie erteilte daher auch der mitbeteiligten Partei in dem angefochtenen Bescheid (in den Punkten a) bis c)) zur Abwehr dieser Immissionen verschiedene Auflagen. Während die Annahme der belangten Behörde die im Punkt
b) des angefochtenen Bescheides zur Vermeidung von Belästigungen der Nachbarn durch aus dem Inneren der Betriebsanlage dringenden Lärm vorgeschriebene Auflage sei geeignet, dieses Ziel zu erreichen, nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, wird die Erwartung der belangten Behörde, durch die Erfüllung der in den Punkten a) und c) des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen werde ein die Nachbarn belästigendes Lärmen der die Betriebsanlage betretenden oder sie verlassenden Gäste hintangehalten werden, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Diskotheken werden erfahrungsgemäß in aller Regel von einem Personenkreis aufgesucht, der nach den Erfahrungen des täglichen Lebens, vor allem beim Verlassen des Lokales, gefördert durch den im Inneren desselben herrschenden Lärmpegels - selbst ohne Alkoholeinfluß - zu besonders lauter, oft übermütiger Unterhaltung neigt. Zu erwarten, diese Gäste könnten in ihrer meist durch das Musik- und Tanzerlebnis aufgeputschten Stimmung durch eine, wenn auch noch so auffallende Leuchtschrift und eine jeder Sanktionsmöglichkeit entbehrende Aufsichtsperson zu ruhigem Verhalten veranlaßt werden, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung.
Da somit die in den Punkten a) und c) des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen ungeeignet sind, drohende Lärmbelästigungen der Nachbarn durch Lärm im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 zu vermeiden, belastete die belangte Behörde durch Vorschreibung dieser Auflagen den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Wien, am 10. Dezember 1985
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