VwGH 95/21/0010

VwGH95/21/001027.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24. März 1994, Zl. St 29/94, betreffend Ausweisung und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AVG §46;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §38 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AVG §46;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §38 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 24. März 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, gemäß § 17 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 Z. 1 FrG ausgewiesen (Spruchpunkt I); ferner wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Ghana gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht (Spruchpunkt II).

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 20. Mai 1991 aus Jugoslawien im PKW eines österreichischen Staatsangehörigen nach Österreich gelangt. Er sei nicht im Besitze eines für die Einreise und zum Aufenthalt erforderlichen Sichtvermerkes gewesen. Der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 22. Mai 1991 sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Juni 1993, rechtswirksam erlassen am 17. Juni 1993, abgewiesen worden. Eine Aufenthaltsberechtigung sei dem Beschwerdeführer im Asylverfahren nicht zugekommen.

Anläßlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde habe der Beschwerdeführer angegeben, ledig zu sein, in Ghana eine Tochter, in Österreich keine Verwandten zu haben. Während seines Aufenthaltes in Österreich sei er noch nie einer Beschäftigung nachgegangen. Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch Zuwendung eines ghanesischen Vereines und durch Musizieren. In seiner Berufung habe er ausgeführt, daß er nun als Zeitungsverteiler arbeite und dabei monatlich S 6.000,-- verdiene.

Der Beschwerdeführer halte sich - was von ihm nicht bestritten werde - nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Durch die Ausweisung werde weniger in sein Familienleben als in sein Privatleben eingegriffen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) erscheine es dringend geboten zu sein, Fremden, die unter Umgehung der für eine Einreise in das Bundesgebiet geltenden Bestimmungen in dieses gelangt seien, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht zu gestatten. Der Erteilung einer allfälligen Aufenthaltsbewilligung stehe der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG entgegen und werde der Antrag nicht anders als vom Ausland aus zu stellen sein (§ 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne nicht entnommen werden, daß er in seiner Heimat der Todesstrafe oder sonst einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sei. Würden die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 FrG auf den Beschwerdeführer zutreffen, wäre er als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzusehen, was im Asylverfahren eine entsprechende Berücksichtigung gefunden hätte. Es sei den Ausführungen des Bundesministers für Inneres in seinem Bescheid vom 2. Juni 1993 aber zweifellos beizupflichten, daß ein aktives Eintreten des Beschwerdeführers für eine Organisation nicht glaubhaft sei, zumal der Beschwerdeführer nicht einmal seine "funktionslose Mitgliedschaft" ausreichend glaubhaft machen habe können. Überdies habe der Beschwerdeführer erklärt, nicht vorbestraft zu sein, nicht gesucht zu werden und vor seiner Ausreise keine strafbaren Handlungen begangen zu haben. Diese Aussagen stellten einen eklatanten Widerspruch zu seinem restlichen Vorbringen dar. Seinen Ausführungen komme daher keine Glaubwürdigkeit zu. Darüber hinaus sei es unglaubwürdig, daß der Beschwerdeführer staatlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und trotzdem einen Reisepaß ausgestellt bekommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird gegen die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, nichts vorgebracht.

Der Beschwerdeführer meint, daß gemäß § 19 von der Ausweisung im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf sein Privatleben hätte Abstand genommen werden müssen. Er werde aus einer existenten und gesicherten Lebensposition (geordnete Wohnsitzverhältnisse, geregeltes Einkommen) herausgerissen. Die Ausweisung sei schon deshalb nicht dringend geboten, weil er sich in Österreich immer einwandfrei verhalten habe und niemals straffällig geworden sei. Die belangte Behörde habe Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 FrG unterlassen und bleibe auch eine nachvollziehbare Begründung dafür schuldig, weshalb ungeachtet seiner Integration dennoch die Ausweisung dringend geboten sei.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde ohnehin auf die im Verfahren geltend gemachten privaten Interessen des Beschwerdeführers Bedacht genommen hat. Welche weiteren Umstände die belangte Behörde außer Acht gelassen hat, zeigt die Beschwerde nicht auf. Selbst wenn man mit der belangten Behörde davon ausginge, daß durch die Ausweisung in das in Österreich geführte Privatleben des Beschwerdeführers in einer im Sinne des § 19 FrG relevanten Weise eingegriffen werde, ist damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Die belangte Behörde hat entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers begründet, warum die Ausweisung zum Schutz und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten ist. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Einreise ohne den erforderlichen Sichtvermerk und der anschließende unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet sind eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses von solchem Gewicht, daß das Dringend-geboten-sein der Ausweisung und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Sinne des § 19 FrG mit der belangten Behörde zu bejahen ist. Dazu kommt, daß einem allfälligen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz der Sichtvermerkversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG entgegensteht und ein solcher Antrag des Beschwerdeführers im Grunde des § 6 Abs. 2 erster Satz Aufenthaltsgesetz (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer meint, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte seinem Feststellungsantrag im Sinne der §§ 37, 54 FrG stattgegeben werden müssen.

Dem ist zu entgegnen, daß den Beschwerdeausführungen nicht entnommen werden kann, welche stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Bedrohung des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG sprechen sollen.

Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, ein bloßer Verweis auf die Ergebnisse des Asylverfahrens sei nicht ausreichend. Im Feststellungsverfahren sei vielmehr von der belangten Behörde selbständig zu prüfen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und 2 FrG vorlägen.

Auch mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat sich die belangte Behörde nicht mit einem bloßen Verweis auf die Ergebnisse des Asylverfahrens begnügt. Sie hat vielmehr in bezug auf die gemäß § 37 Abs. 2 FrG behauptete Bedrohung zum Teil die selben Erwägungen angestellt, wie der Bundesminister für Inneres in dem im Asylverfahren ergangenen Bescheid. Im übrigen war es der belangten Behörde aufgrund des im § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt, die Ergebnisse des Asylverfahrens zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0605). Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer über sein im Asylverfahren erstattetes Vorbringen hinaus nichts Konkretes vorgebracht hat.

Eine positive Erledigung eines Feststellungsantrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG kommt nur dann in Betracht, wenn der Fremde glaubhaft macht, daß er aktuell, also bei seiner Rückkehr in den von ihm bezeichneten Staat im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG gefährdet bzw. bedroht wäre (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0187 und Zl. 94/18/0402). Dazu hat der Fremde von sich aus konkrete, durch Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben zu machen. Es ist erforderlich, daß der Fremde seine für eine ihm drohende Verfolgung sprechenden Gründe unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig schildert. Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne hat die belangte Behörde aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen nicht angenommen. Der Beschwerdeführer zeigt in der Beschwerde keine konkreten Umstände auf, welche die Auffassung der belangten Behörde als unrichtig erscheinen ließen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Beweiswürdigung der belangten Behörde - im Rahmen der ihm zustehenden Prüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) - im Ergebnis nicht als unschlüssig zu erkennen. Die von der belangten Behörde dazu angestellten Überlegungen verstoßen in ihren wesentlichen Teilen weder gegen die Denkgesetze noch gegen die allgemeine Lebenserfahrung.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die (antragsgemäße) Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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