VwGH 95/19/0612

VwGH95/19/061214.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Juni 1995, Zl. 107.036/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß "Aufenthaltsbewilligungen für private Aufenthalte an sich arbeitsfähiger Personen grundsätzlich nicht zu erteilen" seien; der Unterhalt des nicht erwerbstätigen Beschwerdeführers solle allein durch eine "Verpflichtungserklärung" "bestritten" werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Dritte ohne Gegenleistung sei nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Der Lebensunterhalt im Sinne dieser Gesetzesbestimmung kann durch hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen für die Aufenthaltsdauer gesichert erscheinen; ebenso sichert das Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen eine Person, die diesen infolge ausreichenden eigenen Einkommens oder Vermögens in zureichendem Umfang erfüllen kann, den Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung. Aber auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt kann in der Lage sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen.

Von der Voraussetzung des Vorliegens eines gesicherten Lebensunterhaltes zu unterscheiden ist der in § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG geregelte Tatbestand, der über § 5 Abs. 1 AufG gleichfalls zur Versagung der Aufenthaltsbewilligung führen kann. Gemäß § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG kann nämlich einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z. 2 leg. cit. ein Sichtvermerk erteilt werden, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint. Diese Verpflichtungserklärung verschafft dem Fremden, wie sich aus der zitierten Bestimmung klar ergibt, keine "eigenen Mittel", sondern ermöglicht der Behörde nur, trotz des Fehlens eigener Mittel einen Sichtvermerk zu erteilen (vgl. Urteil des OGH vom 23. November 1994, 10 Ob S 176/94).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine vom Beschwerdeführer vorgelegte "Verpflichtungserklärung" Bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich eine Dritte unwiderruflich verpflichtet, FÜR DEN GESAMTEN LEBENSUNTERHALT des Beschwerdeführers so lange uneingeschränkt aufzukommen, bis er dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine Beweisurkunde über einen zwischen der Dritten und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen (Unterhalts)vertrag handelt, ergibt sich doch jedenfalls aus der notariell beglaubigt unterfertigten Urkunde nach ihrem Text der Wille der Dritten, den Unterhalt des Beschwerdeführers (der diese Urkunde ja auch vorgelegt hat) zu sichern.

Die belangte Behörde hat diese Erklärung nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch Einkommens- und Vermögensverhältnisse der sich Verpflichtenden nicht als unzureichend beurteilt. Die belangte Behörde hat sich ausschließlich darauf gestützt, daß die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung durch Dritte unglaubwürdig wäre. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff wiedergegebene Rechtsprechung).

Zur Klarstellung sei nur angemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183, im Zusammenhang mit der Frage der Berechtigung der Verhängung der Schubhaft über mittel- und unterkunftslose Personen im Hinblick auf die Entscheidungsfrist nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG und die daraus erfließende erhöhte Mitwirkungspflicht erkannt hat, daß Nachweise über die erforderlichen Mittel und eine Unterkunft initiativ zu erbringen seien, dies schließe auch den Nachweis der Bonität der Person ein, die eine diesbezügliche Verpflichtungserklärung abgebe; weiters sei eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen. Diese - besonderen - Voraussetzungen liegen jedoch im Beschwerdefall nicht vor, ging es doch hier um die Frage der Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 AufG, wobei allfällige Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer beigebrachten Urkunden und sonstigen Nachweise gemäß § 37 AVG zu klären sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei der Gerichtshof von einem offenkundigen Schreibfehler betreffend die Verzeichnung von USt ausging. Das Mehrbegehren an demnach verzeichneten Stempelgebühren war abzuweisen, da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur die Vorlage einer Kopie des angefochtenen Bescheides notwendig war.

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