VwGH 95/04/0022

VwGH95/04/002223.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. November 1994, Zl. VwSen-220698/2/Ga/La, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67d;
VStG §22 Abs1;
VStG §51e;
AVG §67d;
VStG §22 Abs1;
VStG §51e;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Spruchpunkte I. und II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. August 1993 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Der Beschuldigte, Herr H, wohnhaft: L, hat es als Konzessionsinhaber und somit als gewerberechtlich Verantwortlicher des Lokales "B" in Linz, zu vertreten, daß, wie von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, festgestellt wurde,

  1. 1) das o.a. Lokal entgegen der im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 1.10.1986, GZ 501/SO-99/86, unter Punkt 12) angeführten Auflage, daß "die Betriebszeit des Cafehauses mit 11.00 - 2.00 Uhr festgelegt wird",

  1. a) am 25.04.1992 bis 03.30 Uhr
  2. b) am 26.04.1992 bis 03.50 Uhr
  3. c) am 06.05.1992 bis 02.30 Uhr
  4. d) am 23.05.1992 bis 03.30 Uhr
  5. e) am 06.06.1992 bis 04.50 Uhr
  6. f) am 13.06.1992 bis 04.40 Uhr
  7. g) am 02.10.1992 bis 03.00 Uhr
  8. h) am 04.10.1992 bis 03.05 Uhr
  9. i) am 10.10.1992 bis 04.45 Uhr
  10. j) am 11.10.1992 bis 03.50 Uhr
  11. k) am 17.10.1992 bis 03.05 Uhr
  12. l) am 18.10.1992 bis 03.25 Uhr
  13. m) am 31.10.1992 bis 03.10 Uhr
  14. n) am 01.11.1992 bis 02.55 Uhr
  15. o) am 14.11.1992 bis 03.00 Uhr
  16. p) am 21.11.1992 bis 04.20 Uhr
  17. q) am 22.11.1992 bis 03.15 Uhr
  18. r) am 05.12.1992 bis 03.45 Uhr

betrieben wurde, indem sich zu diesem Zeitpunkt noch Gäste im Lokal befanden und Getränke konsumierten;

2) ...

3) ..."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch - zu 1) - "§ 367 Z. 26 Gewerbeordnung (GewO 1973), BGBl. Nr. 50/1974 i.d.g.F. i.V.m. dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1.10.1986, GZ 501/SO-99/86", verletzt.

Über den Beschwerdeführer wurde "in Anwendung des § 22 VStG" - zu 1) - eine Geldstrafe von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der zu Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Bescheides geltend gemacht wurde, es seien "die Betriebszeiten entgegen diverser anders lautender Zeugenaussagen eingehalten" worden, jedenfalls habe der Beschwerdeführer "dagegen nicht schuldhaft verstoßen". Weiters wurde (u.a.) vorgebracht, die Strafbehörde übersehe, daß "hinsichtlich der Übertretungshandlungen derselben Art fortgesetztes Delikt bzw. Dauerdelikt anzunehmen sind"; auch seien die verhängten Geldstrafen nicht tatschuldangemessen und entsprächen nicht den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. November 1994, wurde der Berufung zu Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in der Weise stattgegeben, daß - unter Spruchpunkt I. -

"A. der Berufungswerber nicht der 18fachen, sondern nur der ZWEIFACHEN Begehung der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung schuldig ist, nämlich

  1. 1. für den durch die lit. a bis lit. f dieses Spruchpunktes erfaßten Tatzeiraum (das ist: 25. April bis 13. Juni 1992) mit den dort jeweils angegebenen Betriebszeitüberschreitungen als EINE Übertretung und
  2. 2. für den durch die lit. g bis lit. r dieses Spruchpunktes erfaßten Tatzeitraum (das ist: 2. Oktober bis 5. Dezember 1992) mit den dort jeweils angegebenen Betriebszeitüberschreitungen als eine WEITERE Übertretung;

B. die über den Berufungswerber verhängten Strafen (18 x Geldstrafe 3.000 S/Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) aufgehoben werden; stattdessen wird über den Berufungswerber wegen dieser Verwaltungsübertretungen (vorhin: I.A.1. und I.A.2.) je eine Geldstrafe von 10.000 S (je Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage), ds. zusammengezählt 20.000 S (zehn Tage), verhängt;

C. als Strafnorm zu diesem Spruchpunkt anzuführen ist:

"§ 367 Einleitung GewO 1973"."

Unter Spruchpunkt II. wurden die Verfahrenskosten zu Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses auf S 2.000,-- herabgesetzt.

Der Berufung zu den Spruchpunkten 2) und 3) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde - unter Spruchpunkt III. - zur Gänze stattgegeben; in diesen Spruchpunkten wurde das angefochtene Straferkenntnis (Schuldspruch, Straf- und Kostenausspruch) aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a. (zu Spruchpunkt I.), aus der Aktenlage habe die belangte Behörde einen hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale und der angewendeten Gesetzesstelle bzw. verbindlichen Bescheidauflage vollständig geklärten, hinreichend konkretisierten und richtig dargestellten Sachverhalt vorgefunden und stelle diesen als erwiesen fest. Dieser Sachverhalt sei von den im Akt einliegenden Anzeigen der einschreitenden Organe der Bundespolizeidirektion Linz gedeckt und er sei vollständig mit tauglichen und rechtzeitigen Verfolgungshandlungen dem Beschwerdeführer als Verdacht bestimmter Verwaltungsübertretungen bekanntgegeben worden. Gegen diesen Sachverhalt, auf den als maßgebend auch für dieses Erkenntnis verwiesen werde, bringe der Beschwerdeführer nur vor, er habe die Betriebszeiten entgegen diverser anderslautender Zeugenaussagen eingehalten, jedenfalls dagegen nicht schuldhaft verstoßen. Ein konkretes Bestreitungsvorbringen zu den festgestellten Zeitüberschreitungen enthalte die Berufungsbegründung nicht. Auch dagegen, daß die belangte Behörde einerseits die Aussagen der zu ihren Anzeigen jeweils als Zeugen förmlich vernommenen Nachbarn als glaubwürdig, andererseits bestimmte Aussagen des Berufungswerbers im Zuge seiner Vernehmung als nicht glaubwürdig bzw. tatsachenwidrig beurteilt habe, bringe der Beschwerdeführer nichts vor. In der Berufung gänzlich unbekämpft sei der Tatort geblieben, aber auch der Wortlaut und die Rechtsgültigkeit der zugrundeliegenden Bescheidauflage und die eben dadurch verbindliche Betriebszeit von 11.00 Uhr bis 02.00 Uhr sowie, daß zu den festgestellten Überschreitungszeitpunkten sich noch Gäste im Lokal befunden und Getränke konsumiert hätten. Nach der Aktenlage habe sich somit die belangte Behörde auf Grund des ihr vorgelegenen Ermittlungsergebnisses ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhalte machen können. Im Hinblick auf die schon aus der Aktenlage erwiesene und unzweifelhafte Tatzeit einerseits und den Umstand andererseits, daß der Beschwerdeführer zu diesem Spruchpunkt keinerlei konkrete Beweisaufnahmen beantragt habe, habe die von ihm begehrte öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben können. Gerade nämlich wegen der völlig eindeutigen Tatzeiten "auf der einen Hand" und die undifferenziert vorgetragene, schlichte Verneinung der Beweisergebnisse "auf der anderen Hand" ergebe sich die "Überflüssigkeit" der begehrten Verhandlung, weil nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, konkret dargetan sei, durch welche bestimmten Beweisergebnisse im Zuge der Berufungsverhandlung ein anderes, nämlich freisprechendes oder sonst für den Beschwerdeführer günstiges Ergebnis hätte erzielt werden können. Bei Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes dürfe der Täter nur wegen der Begehung einer Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt werden und es dürfe auch nur eine Strafe verhängt werden. Angewendet auf den Berufungsfall bewirke diese Rechtsmeinung für den Spruchpunkt I., daß sämtliche Einzelhandlungen vom 25. April 1992 bis einschließlich 13. Juni 1992 ihre Selbständigkeit verloren und zusammengefaßt als eine einzige Verwaltungsübertretung zu erkennen und zu bestrafen seien; gleiches gelte hinsichtlich der übrigen Einzelhandlungen vom 2. Oktober 1992 bis einschließlich 5. Dezember 1992. Dabei sei die Zusammenfassung bzw. Trennung in zwei fortgesetzte Delikte deswegen vorzunehmen gewesen, weil zwischen den Einzelhandlungen am 13. Juni 1992 einerseits und am 2. Oktober 1992 andererseits ein Zeitraum von immerhin dreieinhalb Monaten liege und nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates insoweit der vorauszusetzende zeitliche Zusammenhang nicht mehr erkennbar sei, sodaß nach den Umständen des Falles von einem Abreißen des Fortsetzungszusammenhanges nach dem 13. Juni 1992 und von einem erst wieder mit 2. Oktober 1992 beginnenden, neuen Gesamtkonzept des Täters ausgegangen werden müsse.

Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar nur gegen dessen Spruchpunkte I. und II. - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen der Bestimmung des § 367 Einleitung GewO 1973 nicht bestraft zu werden", verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, mit der Ablehnung der ausdrücklich beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung habe die belangte Behörde gegen § 51e VStG verstoßen, weil sie zweifellos bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift zu einem anderen Erkenntnis hätte kommen können. Ihm sei dadurch die Möglichkeit genommen worden, seine Berufung zu präzisieren, zu konkretisieren und Beweisanträge zu stellen. Der Beschwerdeführer hätte von der belangten Behörde erwarten können, daß sie ihn auffordert zur Akteneinsicht, weil er darum ausdrücklich ersucht habe. Sein Rechtsvertreter habe davon ausgehen können, daß er von der belangten Behörde aufgefordert werde, von der Akteneinsicht Gebrauch zu machen, weil er ja nicht wisse, wann der Verwaltungsstrafakt von der Erstbehörde und eine allfällige Gegenäußerung der Erstbehörde beim unabhängigen Verwaltungssenat einlangten. Keineswegs könne darin eine Verletzung einer Mitwirkungspflicht gesehen werden, wenn sein Rechtsfreund im guten Glauben darauf, daß er zufolge seines Ersuchens eine Aufforderung zur Akteneinsicht seitens der Berufungsbehörde erhalten würde, nicht von sich aus eine Intervention zur Akteneinsicht vornehme. Sein Rechtsfreund habe sich diese Intervention vorgenommen, spätestens ab Erhalt der Ladung zur Berufungsverhandlung. In der Regel bestehe dann noch genügend Zeit, allenfalls ein ergänzendes Vorbringen mittels Schriftsatzes zu erstatten. Darüberhinaus diene ja die mündliche öffentliche Verhandlung dazu, dort allenfalls ergänzendes Vorbringen zu erstatten und Beweisanträge zu stellen. Der Beschwerdeführer hätte in der mündlichen Berufungsverhandlung Zeugen namhaft machen können, mit deren Aussagen er seine Schuldlosigkeit hätte unter Beweis stellen können. Auch hätte er unter Beweis stellen können, daß er seit Aufgabe seines Lokales "B" bedeutend weniger ins Verdienen bringe, als dies zuvor der Fall gewesen sei. Sein Einkommen liege seither im Bereich des Existenzminimums, weil sein Betrieb nicht so laufe, wie er sich das vorgestellt habe. Durch das Unterbleiben der Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung sei der angefochtene Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig, weil dies mit Art. 6 Abs. 1 MRK "vereinbar" (wohl gemeint: unvereinbar) sei. Der Beschwerdeführer sei durch die Nichtabführung der beantragten Verhandlung in seinen Verteidigungsrechten geschmälert worden. Er hätte anläßlich der Verhandlung Belastungszeugen Fragen stellen können, er hätte ihnen Vorhaltungen machen können, die ihn letztendlich bei entsprechender Beantwortung entlasten hätten können. Der belangten Behörde sei auch insofern nicht zu folgen, als sie nach dem 13. Juni 1992 von einem Abreißen des Fortsetzungszusammenhanges spreche, und daß erst wieder mit dem 2. Oktober 1992 vom Beginn eines neuen Gesamtkonzeptes des Täters ausgegangen werden müsse. Diese Beurteilung sei nicht richtig, weil sie zu einem unbilligen Ergebnis führe. Hätte er nämlich auch zwischen dem 13. Juni 1992 und dem 2. Oktober 1992 (wiederholt) gegen die Sperrstunde verstoßen, wäre er "nach dieser Beurteilung wohl nur wegen der einfachen Begehung zur Übertretung nach § 367 GewO verurteilt worden".

§ 51e VStG lautet auszugsweise:

"(1) Wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, dann ist eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

(2) Wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, dann ist eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.

(3) Von der Verhandlung kann abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen.

(4) ..."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Mai 1993, Zl. 93/11/0013, zur vergleichbaren Bestimmung des § 67d AVG dargetan hat, sind die unabhängigen Verwaltungssenate u. a. gerade aus dem Grund eingerichtet worden, um eine Tatsacheninstanz zu schaffen, die grundsätzlich nach durchgeführter mündlicher Verhandlung entscheidet. Im genannten Erkenntnis wird weiters die Aussage getroffen, daß der (damalige) Beschwerdeführer darauf habe vertrauen dürfen, daß über seine (zulässige) Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung durchgeführt werde, sofern ihr nicht ohnedies ein Erfolg beschieden sei. Nichts anderes hat auch für den vorliegenden, im Anwendungsbereich des § 51e VStG liegenden Beschwerdefall zu gelten (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 94/17/0007, und vom 17. Juni 1994, Zl. 93/17/0351).

Im Beschwerdefall wurde in der Berufung nicht nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht; vielmehr wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis im Tatsachenbereich bekämpft. Da auch ein anderer, das Absehen von einer mündlichen Berufungsverhandlung rechtfertigender Grund nach § 51e VStG nicht vorlag, wäre eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

Vor dem Hintergrund der zu beurteilenden verfahrensrechtlichen Situation in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof kann es auch dahingestellt bleiben, ob es mit dem im Art. 6 Abs. 1 MRK (insbesondere im Zusammenhalt mit Art. 6 Abs. 3 lit. d MRK) verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vereinbar ist, die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Verletzung dieses Rechtes und damit die Gewährleistung desselben davon abhängig zu machen, daß der Beschwerdeführer die Relevanz des Unterbleibens der Berufungsverhandlung in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof dartut bzw. welches Vorbringen als erforderlich und zumutbar erachtet werden kann, oder ob die den Bestimmungen des § 51e VStG widersprechende Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung nicht jedenfalls einen Aufhebungsgrund wegen Verletzung des fair trial darstellt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/17/0007).

Die Beschwerde ist im Ergebnis aber schon insofern begründet, als die Unterbrechung eines Fortsetzungszusammenhanges bestritten wird.

Insoweit mehrere Tathandlungen zu einem fortgesetzten Delikt zusammentreten, ist nicht von verschiedenen selbständigen Taten, sondern von einer einzelnen Tat zu sprechen. Unter einem fortgesetzten Delikt sind eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten, zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 1986, Zl. 84/03/0368). Nach dem zuletzt Gesagten kommt es wesentlich auf das Gesamtkonzept des Täters an, also (in Ansehung des Beschwerdefalles) darauf, daß der Täter nicht durch ein NACH AUßEN HIN IN ERSCHEINUNG TRETENDES VERHALTEN zu erkennen gegeben hat, daß er das der Tat zugrundeliegende Gesamtkonzept seines Verhaltens geändert hat (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Mai 1980, Slg. N.F. Nr. 10.138/A), wofür nach den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides kein Anhaltspunkt besteht. Bei der Art der nach der behördlichen Annahme in Frage stehenden Tathandlungen ist aber auch eine ca. dreieinhalb monatige Unterbrechung FÜR SICH ALLEIN noch nicht geeignet, eine Unterbrechung des Gesamtkonzeptes des Täters zu indizieren. Damit verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, wenn sie allein schon wegen dieser zeitlichen Komponente eine Deliktseinheit (der Tathandlungen vor dem 13. Juni 1992 und nach dem 2. Oktober 1992) verneinte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch noch eine weitere in der Beschwerde nicht gerügte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides aufzugreifen:

Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Nach § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist.

In Ansehung des § 367 Z. 26 GewO 1973 stellt die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, die Strafbestimmung des § 367 Z. 26 i.V.m. der KONKRET BEZEICHNETEN UNTERGLIEDERUNG jenes Bescheides dar, in dem die in Rede stehende Auflage vorgeschrieben wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0294, und vom 24. November 1992, Zl. 90/04/0350), u.a.).

Die belangte Behörde trennte im vorliegenden Fall den Spruch des angefochtenen Bescheides nach Darstellung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z. 1 VStG) und nach Bezeichnung der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z. 2 VStG). In Hinsicht darauf widerspricht der angefochtene Bescheid insofern der dargestellten Rechtslage, als in dem § 44a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteil als verletzte Norm lediglich § 367 Z. 26 GewO 1973 i.V.m. dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1. Oktober 1986, nicht aber jener Punkt des in Frage kommenden Betriebsanlagenbescheides genannt ist, in dem die in Rede stehende Auflage normiert wird.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid im Umfang seiner Spruchpunktes I. und II. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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