VwGH 94/09/0374

VwGH94/09/037420.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers

Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Oktober 1994, Zl. UVS-07/05/00218/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §67f Abs3;
AVG §8;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §32 Abs2;
VStG §51 Abs7;
VStG §51d;
VStG §51f Abs2;
AVG §56;
AVG §67f Abs3;
AVG §8;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §32 Abs2;
VStG §51 Abs7;
VStG §51d;
VStG §51f Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (Mag.) vom 15. Dezember 1993 als Alleininhaber der Firma S in Wien wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) schuldig gesprochen und zu sieben Geldstrafen a S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je zwei Tage) verurteilt, weil er es zu verantworten habe, daß die genannte Firma als Arbeitgeber sieben namentlich genannte Ausländer (Ungarn) jeweils bis zum 21. Oktober 1991 mit diversen Arbeiten im Bereich der Heizungs- und Lüftungstechnik beschäftigt habe, ohne daß vorher Beschäftigungsbewilligungen erteilt oder den Ausländern Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Zur Straffrage führte der Mag. nur aus, unter Berücksichtigung der Familienverhältnisse (zwei minderjährige Kinder) und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers, "jedoch auf Grund der bereits rechtskräftigen verwaltungsrechtlichen Verurteilung und der Anzahl der ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigten Arbeitnehmer" sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

"Ausschließlich hinsichtlich der Höhe der augesprochenen Strafe" erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung und machte darin geltend, er habe vor dem Mag. ein unfassendes, vollständiges und reumütiges Geständnis abgelegt. Außerdem befinde er sich im Konkurs und verfüge nur über ein S 15.000,-- nicht übersteigendes Einkommen. Es sei ferner nicht überprüfbar, auf welches rechtskräftige Straferkenntnis die Behörde erster Instanz Bezug genommen habe; in Wahrheit liege kein Wiederholungsfall vor. Geldstrafen in der Höhe von S 10.000,-- pro unberechtigt beschäftigtem Ausländer wären ausreichend und angemessen gewesen.

Die belangte Behörde versuchte im Berufungsverfahren, vom Mag. Unterlagen über das in der Berufung behauptete Geständnis des Beschwerdeführers anläßlich einer Vorsprache am 12. November 1993 beizuschaffen, doch teilte der Mag. dazu am 17. Mai 1994 mit, daß "ha. kein umfassendes, vollständiges und reumütiges Geständnis vom 12. November 1993 des Berufungswerbers H vorliegt".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Oktober 1994 gab die belangte Behörde der Berufung insoferne Folge, als die sieben verhängten Geldstrafen von je S 60.000,-- auf je S 30.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen auf je einen Tag herabgesetzt wurden. Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß sich die Berufung nur gegen das Strafausmaß gerichtet habe. Einschlägige Verwaltungsvorstrafen seien zum Tatzeitpunkt noch nicht rechtskräftig verhängt gewesen und hätten daher bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden können; vielmehr sei vom Milderungsgrund der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers seien als "durchschnittlich" zu bewerten. Eine weitere Herabsetzung der Strafen sei jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht gekommen:

Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Taten könne nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden und zusätzlich zu Wettbewerbsverzerrungen führe. Das behauptete Geständnis des Beschwerdeführers sei nicht existent. Zum Verschulden des Beschwerdeführers sei auszuführen, daß diesem seit einer von seinem Rechtsvertreter am 28. Mai 1990 in einem anderen Verfahren erstatteten Rechtfertigung bewußt sein mußte, daß die ihm nunmehr bis zum 21. Oktober 1991 zur Last gelegte Ausländerbeschäftigung verboten sei. Ab dem 28. Mai 1990 habe der Beschwerdeführer somit grob fahrlässig gehandelt. Erschwerend sei der Umstand, daß die beschäftigten Ausländer unter völliger Mißachtung der österreichischen Arbeitsrechtsbestimmungen nur einen Stundenlohn von S 60,-- bis S 70,-- erhalten hätten; erschwerend sei ferner der lange Tatzeitraum. Die verhängten Strafen würden daher als angemessen erachtet; sie seien auch notwendig, um den Beschwerdeführer von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer infolge Konkurseröffnung von weiterer Gewerbeausübung ausgeschlossen sein möge, denn die Praxis zeige, daß es auch seitens von Privatpersonen und unselbständiger Erwerbstätigen zu illegaler Ausländerbeschäftigung komme.

In seiner gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, "entgegen der Bestimmung des § 28 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG in Verbindung mit § 31 Abs. 3 VStG nicht bestraft zu werden".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nur Berufung hinsichtlich der Strafbemessung erhoben hat, war auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr auf die Tat- und Schuldfrage einzugehen. Dessenungeachtet ist auch bei bloßer Bekämpfung der Strafbemessung die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage des Eintritts der Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs. 3 VStG) zu klären.

§ 31 VStG lautet:

"(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."

Nach § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.

Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat (§ 32 Abs. 2 VStG).

Im Beschwerdefall endete das dem Beschwerdeführer vorgeworfene strafbare Verhalten am 21. Oktober 1991; die dreijährige Frist nach § 31 Abs. 3 VStG ist somit am 21. Oktober 1994 abgelaufen. Nach diesem Zeitpunkt durfte ein Straferkenntnis - also auch ein Bescheid, mit dem die über den Beschuldigten verhängte Strafe in letzter Instanz festgesetzt wurde - nicht mehr gefällt werden. Der hier angefochtene Bescheid wurde mit 13. Oktober 1994 datiert und dem Beschwerdeführer am 4. November 1994 zugestellt. Die belangte Behörde hat jedoch dem auf Strafbarkeitsverjährung gestützten Vorbringen des Beschwerdeführers in der Gegenschrift entgegengehalten, daß der angefochtene Bescheid einer anderen Partei des Verwaltungsverfahrens - nämlich der erstinstanzlichen Behörde, die im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 51d VStG Parteistellung hat - bereits am 18. Oktober 1994 zugestellt worden ist.

Gemäß § 51d VStG ist im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat neben dem Beschuldigten und der Verwaltungsbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, Partei, wer nach diesem Bundesgesetz oder nach den Verwaltungsvorschriften ein Recht auf Berufung hat.

Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Mehrparteienverfahren ist (vgl. dazu bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1993, Zl. 93/02/0085) und nach Lehre und Rechtsprechung ein Bescheid im Mehrparteienverfahren bereits mit der Erlassung gegenüber (bloß) einer Partei rechtliche Existenz erlangt (siehe dazu Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, Rz 431, und die dort angeführte weitere Literatur und Rechtsprechung). Die umfassende Klärung der Frage, welche Rechtswirkungen die Erlassung eines Bescheides an nur eine Partei im Mehrparteienverfahren für die Behörde und die übrigen Parteien dieses Verfahrens nach sich zieht, kann dahingestellt bleiben:

Im Beschwerdefall ist nur zu prüfen, ob die rechtzeitige (d.h. innerhalb des in § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG vorgesehenen Zeitraumes erfolgte) Fällung (d.h. Erlassung) eines Straferkenntnisses an eine (beliebige) Partei des Verwaltungsstrafverfahrens ausreicht, den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung auszuschließen.

Dabei handelt es sich um eine spezielle auf den Anwendungsbereich des VStG beschränkte Rechtsfolge, die nicht mit der Erlassung jedes Bescheides verbunden ist. Da es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, den Eintritt einer (speziellen) Rechtsfolge im Mehrparteienverfahren nur mit der Zustellung an eine bestimmte Verfahrenspartei eintreten zu lassen (vgl. dazu die mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. September 1988, Zl. 88/09/0064 beginnende Judikatur zu § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979, die den Ausschluß der Verfolgungsverjährung von der Erlassung des Einleitungsbeschlusses gegenüber dem Beschuldigten abhängig macht, obwohl das Disziplinarverfahren im engeren Sinn wegen der Parteistellung des Disziplinaranwaltes nach § 106 BDG 1979 ein Mehrparteienverfahren ist), ist im Beschwerdefall § 31 Abs. 3 VStG in dieser Richtung zu prüfen.

Es trifft zu, daß § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG keine ausdrückliche Regelung dieser Frage enthält. Daraus allein kann jedoch ohne umfassende Auslegung dieser Bestimmung unter Berücksichtigung ihrer Systematik und ihres Zweckes noch nicht abgeleitet werden, daß die (fristgerechte) Erlassung gegenüber irgendeiner (beliebigen) Partei des Verwaltungsstrafverfahrens (hier: gegenüber der Behörde erster Instanz, die den vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpften Bescheid erlassen hat) ausreicht, die Strafbarkeitsverjährung auszuschließen.

Die Strafbarkeitsverjährung ist eine von drei Formen der Verjährung, die in § 31 VStG geregelt ist. Auch die VERFOLGUNGSVERJÄHRUNG nach § 31 Abs. 1 VStG stellt (ähnlich wie § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979) darauf ab, daß die Behörde gegen eine (bestimmte) Person eine Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist bei sonstiger Unzulässigkeit der (weiteren) Verfolgung setzen muß. Durch die (erste taugliche) Verfolgungshandlung wird die Rechtsstellung des Beschuldigten als Verfahrenspartei begründet (§ 32 Abs. 1 VStG). Erst aus § 32 Abs. 2 VStG (und zwar sowohl aus den demonstrativ aufgezählten Beispielen - z.B. dem Auftrag zur Ausforschung - einer tauglichen Verfolgungshandlung, aber auch aus dem letzten Halbsatz) ergibt sich, daß die Wirksamkeit der Verfolgungshandlung nicht davon abhängt, daß sie ihr Ziel erreicht oder dem Beschuldigten zur Kenntnis gelangt. Der Gesetzgeber hat hier - offenbar im Hinblick auf die objektive Verjährungsfrist (in der Regel sechs Monate) - ungeachtet der zentralen Bedeutung, die die Verfolgungshandlung für die Begründung der Parteistellung des Beschuldigten hat, die Kenntnis des Beschuldigten ausdrücklich für rechtlich unerheblich erklärt, auf diese Weise jedoch seine Rolle als Hauptbetroffener unterstrichen. Gäbe es diese ausdrückliche Regelung des § 32 Abs. 2 VStG (einschließlich des Verweises in § 31 Abs. 1 VStG) nicht, wäre die Kenntnis des Betroffenen von der gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlung Voraussetzung für die Begründung seiner Parteistellung und damit auch für die Beurteilung, ob Verfolgungsverjährung eingetreten ist oder nicht. Die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 1 und § 32 VStG getroffene Regelung stellt daher einen Kompromiß zwischen einer vergleichsweise kurzen objektiven Verjährungsfrist, die sowohl der Behörde als auch dem Beschuldigten den Zugang zur Wahrheitsfindung bzw. Rechtsverteidigung sichern soll, und dem Strafanspruch des Staates dar, der in dieser Phase des Verfahrens nicht durch übertriebene Formalismen behindert werden soll.

Bei der VOLLSTRECKBARKEITSVERJÄHRUNG (§ 31 Abs. 3 Satz 2 VStG) stellt der Gesetzgeber den Beginn der Frist auf die rechtskräftige Verhängung der Strafe ab. Da der Eintritt der Rechtskraft gegenüber einer Partei auch im Mehrparteienverfahren die Erlassung eines Bescheides voraussetzt (sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet hat wie z.B. in § 107 WRG 1959), beginnt diese Frist ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem das Straferkenntnis nach Erlassung dem Beschuldigten gegenüber rechtskräftig geworden ist.

Die Systematik des § 31 VStG zeigt also nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung, daß es entscheidend auf den Beschuldigten ankommt; wo der Gesetzgeber dessen Bedeutung zurückdrängen wollte, hat er dies ausdrücklich angeordnet (vgl. § 32 Abs. 2 VStG).

Eine derartige Bestimmung wie sie § 32 Abs. 2 VStG getroffen hat, fehlt jedoch für den Bereich der STRAFBARKEITSVERJÄHRUNG nach § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG. Dazu kommt, daß der Gesetzgeber offenbar die vergleichsweise lange Frist von drei Jahren (die außerdem im Falle einer Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gehemmt ist) als ausreichend für die Wahrung des Strafbedürfnisses des Staates angesehen hat, das in der Regel (jedenfalls bei Offizialdelikten) von der verfahrensleitenden Behörde wahrzunehmen ist. Die Auffassung, die Zustellung an irgendeine andere Verfahrenspartei des Strafverfahrens innerhalb der Dreijahresfrist reiche zur Wahrung der Strafbarkeitsverjährung aus, nimmt dementgegen in Kauf, daß auch noch wesentlich später (im Extremfall bis zum Tod des Beschuldigten) das materielle Strafbedürfnis des Staates gegenüber der Beschuldigten rite geltend gemacht werden kann. Im übrigen ist der Umstand und der Zeitpunkt der Zustellung an eine andere Verfahrenspartei des Strafverfahrens dem Beschuldigten regelmäßig nicht bekannt.

Aus diesen aus den §§ 31 und 32 VStG abgeleiteten Gründen ist daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Frist nach § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG nur dann gewahrt, wenn das Straferkenntnis innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde. Die Erlassung des Straferkenntnisses an eine andere Verfahrenspartei ist hingegen nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen. Diese Auslegung schaltet auch die Bedeutung des Zufallmomentes, in welchem Stadium sich das Verwaltungsstrafverfahren gerade befindet, für die Strafbarkeitsverjährung aus: denn in der Regel ist dasselbe Verwaltungsstrafverfahren im Verfahren vor der Behörde erster Instanz ein Einparteienverfahren und wird erst im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf § 51d VStG ein Mehrparteienverfahren.

Ein Widerspruch zu dem zu § 51 Abs. 7 VStG ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1993, Zl. 93/02/0085, liegt schon deshalb nicht vor, weil § 31 VStG als Schlüssel für die Lösung der hier zu behandelnden Frage entscheidende Unterschiede gegenüber § 51 Abs. 7 VStG aufweist.

Da die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer als Beschuldigten des Verwaltungsstrafverfahrens erst nach Ablauf der in § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG geregelten Frist und damit nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung erfolgte, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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