VwGH 94/05/0162

VwGH94/05/016220.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H-GmbH in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. April 1994, Zl. R/1-V-92030/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §55 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs2;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §89 Abs2;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z8;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §55 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs2;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §89 Abs2;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z8;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Dezember 1993 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der (nachträglichen) baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer ca. 5.10 m x 2.60 m großen Werbeanlage auf den Grundstücken Nr. 422 und 424, EZ. 300 des Grundbuches über die Kat. Gem. A, abgewiesen und gleichzeitig der Auftrag erteilt, diese Werbeanlage bis 30. April 1994 zu entfernen. Die mangelnde Bewilligungsfähigkeit dieser Anlage wurde im wesentlichen damit begründet, daß sie das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtige.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung wurde die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976 bedarf die Aufstellung oder Anbringung von Werbeanlagen einer Bewilligung der Baubehörde. Zufolge § 89 Abs. 2 leg. cit. dürfen Werbeanlagen das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigen und müssen so beschaffen sein, daß sie mit amtlichen Hinweisen nicht verwechselt werden können und von derartigen Hinweisen nicht ablenken.

In dem auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. O. vom 7. Oktober 1991 wurde ausgeführt, daß "unbebaute Vorgartenbereiche bzw. längs der Straßenfluchtlinien vorhandene Grüngestaltungselemente, Bäume, Büsche etc. ein der Bautradition des Umlandes entsprechendes, vertrautes Erscheinungsbild bieten. Unmittelbar neben der Straße (Vorgartenbereich) situierte, großflächige Mauerkulissen oder wandartig wirkende Elemente (in zur Straße senkrechter Ausführung und somit die Vorgartenbereiche optisch sperrende Konstruktionen) sind nicht nachzuweisen. Dies gilt vor allem für die beidseits der L 7257 im Umgebungsbereich vorhandenen und optisch den Eingangsbereich markierenden Vorgartenbereiche. Gegenständliche Baulichkeit durchbricht diesen Gestaltungskanon nicht nur, sondern präsentiert sich gleichsam als Gegenteil dieser Gestaltungsmaxime, indem es senkrecht zur Blickrichtung (von Süden auf den Ort, von Norden kommend aus dem Ort führend), steht. Es ist somit die Lage und Stellung als erhebliche Störung des vorhandenen Bestandes zu werten. Durch die vis-a-vis der Werbeanlage stehende Heckenkulisse wirkt die Baulichkeit durch die optische Sperrwirkung des großformatigen Tafelelements darüber hinaus äußerst unharmonisch auf den Straßenverlauf und somit auf die fließende Blickbeziehung. Dadurch ist auch eine Verunstaltung der Blickbeziehung, d.h. der Ansicht des Ortsteiles mit seinem eingangs beschriebenen dominanten, historisch wertvollen und architektonisch beachtenswerten Schloßbaukörper gegeben. Dies wird noch durch die perspektivische Wirkung verstärkt, welche darin besteht, daß auf Grund der Entfernung des Schlosses in der Ansicht die Werbetafel bei Annäherung an diesen Bereich größenmäßig eindeutig dominiert (von Süden kommend). Es besteht daher auch auf Grund der Größe eine erhebliche Störung dieses Bereiches".

Die Beschwerdeführerin ist diesen Ausführungen inhaltlich nicht entgegengetreten und hat auch kein Gegengutachten vorgelegt, weshalb die Berufungsbehörde unter Zugrundelegung dieses Gutachtens mit Recht den Standpunkt vertreten hat, daß die den Gegenstand des Bauansuchens bildende Werbeanlage das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt.

Angesichts dieser schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen kann es dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zutreffend angenommen hat, daß die Beschwerdeführerin die Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes "zugegeben" hat. Außerdem lassen die wiedergegebenen Ausführungen des Gutachtens erkennen, daß die Beschwerdeführerin zu Unrecht behauptet, es könne dem gesamten Sachverständigengutachten nicht entnommen werden, inwieweit durch die konkrete Werbeanlage eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben ist. Ferner ist im Hinblick auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen festzuhalten, daß die Verwaltungsverfahrensgesetze den Parteien kein Recht darauf einräumen, dem Lokalaugenschein durch einen Sachverständigen beigezogen zu werden und an den Sachverständigen Fragen zu stellen, da Amtssachverständige zufolge § 55 Abs. 1 AVG außer dem Fall einer mündlichen Verhandlung mit der selbständigen Vornahme eines Augenscheins betraut werden können (vgl. dazu u. a. das bei Hauer-Zaussinger, NÖ Bauordnung, auf S. 308 zitierte hg. Erkenntnis vom 26. November 1991, Zl. 91/05/0119). Der Beschwerdeführerin wurde das erwähnte Sachverständigengutachten unter Einräumung der Möglichkeit zu einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht, weshalb sie auch Gelegenheit gehabt hätte, im Rahmen einer Gegenäußerung den Schlußfolgerungen des Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Wenn die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das schon vor längerer Zeit erstattete Gutachten meint, es sei "wohl davon auszugehen, daß zwischenzeitig die Umgebung durch weitere Bebauungen eine Veränderung erfahren hat", so ist damit für ihren Standpunkt deshalb nichts gewonnen, weil sie nicht aufgezeigt hat, inwiefern eine konkrete Änderung des dem Sachverständigengutachten zugrunde gelegten Befundes eingetreten ist, weshalb auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigende Wirkung der Werbeanlage mittlerweile durch wesentliche Veränderungen des Bestandes an Baulichkeiten weggefallen sein könnte. Aber selbst eine in der Zwischenzeit allenfalls eingetretene nachteilige Veränderung des im Beschwerdefall maßgeblichen Bereiches des Orts- und Landschaftsbildes könnte keine anderslautende Beurteilung der Rechtslage herbeiführen, weil aus dem allfälligen Vorhandensein zusätzlicher Objekte, die das Ortsbild stören, noch nicht abgeleitet werden kann, daß ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden kann, soweit noch ein schutzwürdiges Ortsbild vorhanden ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1979, Slg. Nr. 9966/A).

Der im Zusammenhang mit dem Entfernungsauftrag erhobenen Rüge der Beschwerdeführerin, die Behörden hätten nicht erhoben, "in welcher Frist die Entfernung der Werbetafel überhaupt möglich ist und inwieweit die gesetzte Frist von der Beschwerdeführerin eingehalten werden kann", ist zu entgegnen, daß solche Ermittlungen angesichts der relativ einfachen Konstruktion der Werbeanlage und der daraus resultierenden raschen Entfernbarkeit derselben entbehrlich waren, weshalb die in dem am 28. Februar 1994 zugestellten Berufungsbescheid festgesetzte Frist "30. 4. 1994" jedenfalls als angemessen anzusehen ist. Daß diese Leistungsfrist im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen - aufsichtsbehördlichen - Bescheides bereits abgelaufen war, bewirkt nicht dessen Rechtswidrigkeit, weil der bis 30. April 1994 zu erfüllende Entfernungsauftrag im Falle der Nichtbefolgung auch nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam bleibt, sofern der diesbezügliche Bescheid in der Folge nicht behoben wird, sodaß nach Ablauf dieser Frist nicht etwa von einer Unmöglichkeit der Leistung und sohin von einer Unzulässigkeit der Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG die Rede sein kann.

Die Beschwerdeführerin ist daher durch die Abweisung ihrer Vorstellung nicht in ihren Rechten verletzt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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