VwGH 93/07/0018

VwGH93/07/001825.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde

1.) des FP und 2.) der HP, beide in R, beide vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. Dezember 1992, Zl. Wa-302654/8-1992/Fo/Mül, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag (mitbeteiligte Parteien: 1) JS, 2.) HS, 3.) MA), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs2;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs3;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs6;
WRGNov 1990;
AVG §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs2;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs3;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs6;
WRGNov 1990;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (BH) führte am 15. April 1981 über den Antrag der Beschwerdeführer (und anderer Antragsteller) auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für (bereits bestehende) artesische Brunnen eine mündliche Verhandlung durch. In der Verhandlungsschrift heißt es bezüglich des Brunnens der Beschwerdeführer, zur Versorgung des Wohnhauses R auf dem Grundstück Nr. 100/10, KG R, mit dem erforderlichen Trink- und Nutzwasser sei 1973 eine Tiefbrunnenanlage errichtet worden, bei der ein artesisch gespannter Grundwasserhorizont erschlossen worden sei. Der Ruhewasserspiegel liege bei 0,2 m über Gelände.

In der Folge erstattete der Amtssachverständige für Hydrologie folgendes, mit 23. Juli 1981 datiertes Gutachten:

"Bei der hydraulischen und hydrologischen Beurteilung der Arteser ist davon auszugehen, daß ein Wasserstrom in der Tiefe vorhanden ist, welcher in nicht bekannten Gebieten von der Erdoberfläche her regeneriert wird.

Bei der Nutzung von Artesern ergibt sich nun das Problem, daß jede Entnahme sich durch eine Druckabsenkung im Wasserleiter auswirkt, auch wenn die entnommene Wassermenge im ausreichenden Maße erneuert wird.

Die Tatsache, daß der Grundwasserleiter, der die gespannten Horizonte aufweist, offenbar weit verbreitet sein muß, was schon wegen seiner Tiefenlage anzunehmen ist, legt es nahe, daß bei der Einräumung von neuen Nutzungsrechten das öffentliche Interesse an einer möglichst breiten Ausnutzung für Trink- und Nutzwasserzwecke erreicht werden soll.

Daß eine Wechselwirkung zwischen den einzelnen Wasserentnahmen in R eintritt, ist durch die für diesen Fall als kurz anzusehenden Versuche am 2. 2. und 3. 2. 1981 weitgehendst bewiesen. Nicht nachweisbar - jedoch nicht auszuschließen - ist ein Zusammenhang mit dem Brunnen L.

Ein Vergleich der Druckhöhen zeigt, daß die gemessenen Höhen je nach Entnahme oder Verschluß in Abhängigkeit von der Zeit und je nach Art der Wasserentnahme stark unterschiedliche Werte zeigen.

Generell ist zu sehen, daß bei Stillegung der Wasserentnahmen zunächst ein Ansteigen des Druckes und erst nach Verzögerung eine Auswirkung als Druckminderung nach Beginn des Versuches (Auslauf beim Bunnen Pi. von ca. 1,5 l/s) bemerkbar ist.

Hier können Rückschlüsse auf die mögliche maximale Entnahmemenge, welche insgesamt im betrachteten Bereich möglich erscheint, vorgenommen werden.

Bei den Brunnen S. (Erst- und Zweitmitbeteiligte), A. (Drittmitbeteiligte), W., P. (Beschwerdeführer) und L. ist die im Versuch entnommene Wassermenge (1,5 l) größer als jene, die durch die genannten Brunnen verbraucht wird. Ansonsten wäre ein Druckabfall, der auch bei Versuchsende noch nicht als Beharrungszustand erkenntlich war, nicht denkbar. Andererseits war nach Versuchsende und mit Beginn der Nutzung an sämtlichen Brunnen ein deutlicher Wiederanstieg vorhanden, welcher offenbar einem Gleichgewichtszustand zwischen Verbrauch und Zulauf zustrebt.

Als Schlußfolgerung kann sohin angegeben werden:

1) Jede artesische Grundwasserentnahme bewirkt auf weite Bereiche im selben Druckhorizont eine Druckverminderung.

2) Durch eine rein artesische Entnahme stellt sich bei einer neuen oder bei einer Mehrentnahme ein Gleichgewichtszustand ein, welcher - soferne die Regeneration vorhanden ist - einen verminderten Druck und dadurch eine verminderte Schüttung auf andere Arteser bewirkt.

3) Durch die zeitlich verzögerte Druckfortpflanzung wird eine Auswirkung auf Nachbararteser dann besonders deutlich und stark merkbar, wenn ein dauerndes Ausfließen gegeben ist.

Für den Fall "R" dürfte die entnommene Wassermenge unter der Regenerationsmenge liegen. Die sporadischen Meßwerte, welche seit 1976 vorhanden sind, schwanken zwar, zeigen aber insgesamt kein einheitliches Abnehmen der entnommenen, frei ausfließenden Wassermenge.

Die Schüttungsabnahme einzelner Arteser ist aber durchaus

denkbar.

....

Zusammenfassend sei angeführt, daß in hydrologischer Hinsicht eine wr. Bewilligung des Brunnens W. dann möglich erscheint, wenn sämtliche Ausläufe absperrbar ausgestaltet werden und nur die für den Haus- und Wirtschaftsbedarf notwendige Wassermenge entnommen wird. Überdies ist ein Druckmeßgerät einzubauen und ist dieses laufend abzulesen.

Die Bewilligung wäre - im Hinblick auf die dzt. laufenden langfristigen Arteser-Untersuchungen - nur befristet zu erteilen.

Abschließend sei festgehalten, daß eine wasserrechtliche Bewilligung einer Wassernutzung eines Artesers nur nach der entnommenen Wassermenge erteilt werden sollte. Ein Anspruch auf eine bestimmte Druckhöhe scheint - schon wegen der mögl. natürlichen Schwankung des Druckes - äußerst problematisch und nicht zielführend."

In einem Schreiben an die BH vom 12. März 1987 bestritt der Erstbeschwerdeführer, daß es sich bei seinem Brunnen um einen artesischen handle. Eine Messung durch einen Amtssachverständigen habe ergeben, daß das Wasser nicht über das gewachsene Gelände gedrückt werde.

Mit Schreiben vom 28. September 1987 teilte die BH den Beschwerdeführern mit, die bei ihrem Brunnen zuletzt durchgeführten Untersuchungen hätten ergeben, daß der Brunnen auf Grund der derzeit gegebenen Druck- und Schüttungsverhältnisse nicht als artesisch einzustufen sei und daher nicht der Bewilligungspflicht nach dem WRG 1959 unterliege.

Mit Bescheid vom 21. April 1992 wies die BH die Anträge der mitbeteiligten Parteien auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in bezug auf den Brunnen der Beschwerdeführer ab.

Begründet wurde dies damit, daß es sich um keinen artesischen Brunnen handle.

Die mitbeteiligten Parteien beriefen.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Hydrologie ein. Dieser führte in seinem Gutachten vom 27. Oktober 1992 zur Frage, ob es sich beim Brunnen der Beschwerdeführer um einen artesischen handle, aus:

"Im Dezember 1979 lag, wie in der Verhandlungsschrift vom 15. April 1981 erwähnt, der gemessene Druckspiegel 0,2 m über Gelände.

Im Juli 1984 (Untersuchung BVFA-Arsenal) lag der gemessene Druckspiegel etwa 0,5 m unter Gelände. Auch derzeit liegt die unmittelbar nach Abdrehen des Brunnens meßbare Druckspiegelhöhe mehrere Dezimeter unter Gelände. Wie bereits unter Punkt 3 erwähnt, liegt der Ruhewasserspiegel jedoch mehrere Meter über diesen gemessenen Druckspiegelhöhen.

In der ÖNORM B 2400 ist der Begriff "artesisch gespanntes Grundwasser" als "gespanntes Grundwasser, dessen Grundwasserdruckfläche über der örtlichen Geländeoberfläche liegt" definiert, wobei die Grundwasserdruckfläche per Definition der "geometrische Ort aller Standrohrspiegelhöhen der Grundwasseroberfläche" ist und die Grundwasseroberfläche wiederum als "obere Grenzfläche des Grundwassers in einem Grundwasserleiter" definiert wird. Der Begriff eines "Ruhewasserspiegels" kommt in der Ö-Norm B 2400 nicht vor.

Gemäß der in ÖNORM B 2400 vorgenommenen Definition war der Brunnen (der Beschwerdeführer) somit im Jahr 1979 zwar artesisch (in der Verhandlungsschrift vom 15. April 1981 angegebener Druckwasserspiegel), ist es derzeit und zum Zeitpunkt der von der BVFA-Arsenal ausgeführten Untersuchung im Jahre 1984 jedoch nicht mehr.

In der Erläuterung zum österreichischen Wasserrecht definieren Hartig und Grabmayr (1961) artesische Brunnen als solche, bei denen das Wasser "durch eigenen Druck frei ausströmt", wenn die undurchlässige Deckschicht durchstoßen wird." Bei Zugrundelegung dieser Definition muß der Brunnen (der Beschwerdeführer) als artesisch gelten, da bei "Durchstoßen der undurchlässigen Deckschicht", also in der ersten Zeit nach Brunnenerrichtung, ein artesischer Überlauf stattfand.

Wird die Höhe des Ruhewasserspiegels der Definition "artesisch" zugrundegelegt, was jedoch keinem österreichischen Regelwerk entnommen werden kann, so ist der Brunnen (der Beschwerdeführer) als artesisch zu betrachten, da der Ruhewasserspiegel, wie unter Punkt 3 erläutert, mehrere Meter über Gelände liegt.

Bezüglich der verschiedenen Definitionen für "artesisch" wird vorgeschlagen, der ÖNORM B 2400 zu folgen und den Brunnen (der Beschwerdeführer) als nicht mehr artesisch zu betrachten."

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten führten die Beschwerdeführer aus, ihr Brunnen sei bei der Untersuchung durch die BVFA-Arsenal im Jahr 1984 als nicht artesisch vorgefunden worden. Es werde entsprechend der ÖNORM B 2400 vorgeschlagen, ihren Brunnen als nicht mehr artesisch zu betrachten.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1992 gab die belangte Behörde den Berufungen der mitbeteiligten Parteien statt und änderte den Bescheid der BH vom 21. April 1992 dahingehend ab, daß den Anträgen der mitbeteiligten Parteien auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes entsprechend den Beschwerdeführern aufgetragen wurde, bis zum 31. März 1993 den zur Versorgung der Liegenschaft R. 18 errichteten Brunnen unter behördlicher Kontrolle (Terminabsprache mit Wasserrechtsbehörde) ordnungsgemäß aufzulassen, also die Bohrung durch Einpressung von inertem und auch sonst für diesen Zweck geeignetem Material fachgerecht so abzudichten und bis zur Brunnenoberkante aufzufüllen, daß aus den gespannten Grundwasserhorizonten kein Wasser in höhere Bodenschichten entweichen kann und die gesamte Bohrung insgesamt in einem dem ursprünglichen vergleichbaren Zustand zu versetzen. Soweit zu diesem Zweck notwendig, ist die Verrohrung der Brunnenbohrung zu entfernen.

Dieser Bescheid stützte sich auf § 66 Abs. 4 AVG und § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959.

In der Begründung wird ausgeführt, artesisch und somit wasserrechtlich bewilligungspflichtig sei ein Brunnen dann, wenn das gespannte Grundwasser ohne Verwendung einer Pumpe über die Geländeoberfläche frei austrete oder austreten würde, wenn die Bohrung unverschlossen bis zur Geländeoberfläche reichen würde. Ein Brunnen habe aber auch dann als artesisch zu gelten, wenn der Druckspiegel infolge von Menschen verursachter Einflüsse nicht über Gelände reiche. Als Ursachen kämen insbesondere die Horizontvermischung bei ungenügender Verrohrung der Brunnenbohrung oder unzureichender Abdichtung des Ringraumes der Verrohrung in Betracht, aber auch andere Erschließungen des artesischen Horizontes, mögen sie bewilligt sein oder nicht.

Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Hydrologie vom 27. Oktober 1992 zufolge könne aus den von der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal angestellten Untersuchungen (verschiedene Bohrlochmessungen) bzw. aus dem Untersuchungsbericht über deren Ergebnisse vom 22. August 1984 geschlossen werden, daß über den in einer Tiefe zwischen 178 m und 185 m festgestellten gespannten Grundwasserhorizonten keine höheren, für einen maßgeblichen Druckverlust in Frage kommenden Grundwasserhorizonte bestünden. Der Druckverlust im artesischen Horizont, der dazu geführt habe, daß der Druckspiegel der Bohrung nicht mehr über Gelände reiche, sei also jedenfalls nicht nur auf eine Horizontvermischung über die Bohrung selbst zurückzuführen. Der Amtssachverständige für Hydrologie habe aber auch ausführlich und schlüssig dargelegt, daß der Druckspiegel in der Bohrung, welche im Jahre 1984 etwa 0,5 m und am 10. August 1987 1 m unter Gelände festgestellt worden sei, kein Ruhewasserspiegel sei. Der Ruhewasserspiegel sei jener Wasserspiegel, welcher im Falle der Einstellung aller Grundwasserentnahmen aus demselben gespannten Grundwasserhorizont auftreten würde. Dieser Ruhewasserhorizont wäre dem hydrologischen Gutachten zufolge jedenfalls um mehrere Meter höher als der Druckspiegel und würde daher zweifellos über Gelände reichen.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes werde der durch die Beschwerdeführer errichtete Brunnen als artesisch und damit als wasserrechtlich bewilligungspflichtig angesehen, und zwar sowohl zur Zeit der Errichtung (wegen des damals über Gelände reichenden Druckspiegels) als auch danach bis heute und weiterhin, so lange der Ruhewasserspiegel (fiktiv) über Gelände reiche.

Den Mitbeteiligten stehe das (jeweils im Wasserbuch eingetragene) Recht zum Betrieb von artesischen Brunnen zu. Die Mitbeteiligten seien durch diese Wasserbenutzungsrechte legitimiert, die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages an die Beschwerdeführer zu beantragen. Zu prüfen sei gewesen, ob den grundsätzlich zulässigen Anträgen der Mitbeteiligten Berechtigung zukomme, ob also die Rechte der Mitbeteiligten durch den Bestand oder die Benutzung des Brunnens der Beschwerdeführer beeinträchtigt würden. Aussagen in dieser Hinsicht enthalte das Gutachten eines Amtssachverständigen für Hydrologie vom 23. Juli 1981, worin auf das artesiche Grundwasservorkommen von R. allgemein, also nicht nur auf den Brunnen der Beschwerdeführer bezogen, eingegangen werde. Der Sachverständige habe in diesem Gutachten dargelegt, daß jede artesische Grundwasserentnahme zu einer Druckverminderung in weiten Bereichen desselben Druckhorizontes führe und daß durch die Absenkung des Drucks auch die Schüttung der anderen artesischen Brunnen vermindert werde. Es sei daher davon auszugehen, daß die Benutzung des Brunnens der Beschwerdeführer tatsächlich zu einer Beeinträchtigung der 170 m bzw. 75 m entfernten Brunnen und daher zu einer Beeinträchtigung der Rechte der Mitbeteiligten führe. Diesen stehe daher nicht nur die Einbringung eines Antrages gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zu, sondern auch eine zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes führende Entscheidung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien haben Gegenschriften erstattet, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Beschwerdeführer haben hiezu eine Äußerung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde habe ihren Brunnen zu Unrecht als artesisch eingestuft, indem sie von einem fiktiven Ruhewasserspiegel ausgegangen sei und sich nicht an den im Ermittlungsverfahren vorgekommenen Wasserdruckwerten orientiert habe. Unter artesischem Brunnen sei Wasser zu verstehen, das durch Menschen absichtlich erschlossen werde und über die Erdoberfläche aufspiegle (gespanntes Wasser). Unter einem artesischen Brunnen könne nur einer verstanden werden, bei dem durch einen Überdruck das Wasser selbsttätig über die Geländekante aufsteige. Daß ein fiktiver Wasserspiegel unter Zugrundelegung des Verschlusses aller bestehenden artesischen Brunnen konstruiert werden könne, sehe das Gesetz nicht vor. Auf Grund der Tatsache, daß auch die belangte Behörde nicht die Feststellung zu teffen vermocht habe, beim Brunnen der Beschwerdeführer trete das Wasser artesisch aus, wäre der Brunnen als solcher nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 zu qualifizieren gewesen und, da eine unverhältnismäßige Wasserinanspruchnahme weder behauptet noch hervorgekommen sei, nicht bewilligungspflichtig. Die belangte Behörde habe das Gutachten des Amtssachverständigen für Hydrologie vom 27. Oktober 1992 außer acht gelassen, in welchem vorgeschlagen worden sei, ihren Brunnen als nicht artesisch zu betrachten. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, den Beschwerdeführern die Stellungnahmen der Mitbeteiligten zur Kenntnis zu bringen. Hätten die Beschwerdeführer geahnt, daß die belangte Behörde zu einer Einstufung ihres Brunnens als artesisch käme, hätten sie weitere Beweise vorgebracht; dazu hätten sie sich aber auf Grund des Umstandes nicht veranlaßt gesehen, daß im Gutachten des Amtssachverständigen für Hydrologie ohnehin vorgeschlagen worden sei, ihren Brunnen nicht als artesisch einzustufen.

Nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 bedarf der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht.

In allen anderen Fällen ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.

Nach § 10 Abs. 3 leg. cit. bedürfen artesische Brunnen jedenfalls der Bewilligung nach Abs. 2.

§ 10 Abs. 3 WRG 1959 enthält keine Definition des artesischen Brunnens. Nach Grabmayr-Rossmann (Das Österreichische Wasserecht2, S. 65, FN 6) werden als "artesische" solche Brunnen bezeichnet, bei denen das Wasser nicht erst durch irgendwelche Vorrichtungen aus dem Brunnenschacht gefördert werden muß, sondern durch eigenen Druck frei ausströmt, wenn die undurchlässige Deckschicht durchstoßen wird. Ähnliche Definitionen finden sich in der Brockhaus-Enzyklopädie (S. 754), wo ein artesischer Brunnen als Überlaufbrunnen oder -quelle definiert wird, in welcher das Wasser durch natürlichen Überdruck zutage tritt und in Meyer"s großem Lexikon (S. 655), welches artesische Brunnen als Brunnen definiert, bei denen das Wasser infolge Überdrucks des Grundwassers selbsttätig aufsteigt.

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen für Hyrologie war der Brunnen der Beschwerdeführer jedenfalls nach diesen Definitionen zum Zeitpunkt seiner Errichtung artesisch, da das Wasser durch eigenen Druck frei ausströmte. Diesen Feststellungen des Amtssachverständigen sind die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Ihr Einwand, sie hätten dazu keine Notwendigkeit gesehen, weil der Sachverständige ohnehin vorgeschlagen habe, ihren Brunnen nicht als artesisch einzustufen, geht ins Leere. Aufgabe des Sachverständigen war es, Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen; dies hat er auch getan. Sein darüber hinausgehender Vorschlag über die Einstufung des Brunnens stellt einen rechtliche Subsumtionsvorgang dar, der Sache der Behörde war.

Ziel des § 10 Abs. 3 WRG 1959 ist es, Beeinträchtigungen fremder Rechte durch Wasserentnahme durch einen artesischen Brunnen hintanzuhalten. Vor dem Hintergrund dieses Regelungszweckes ist die Frage, ob ein Brunnen als artesisch einzustufen ist, zu beurteilen. Es wäre nun ein nicht auflösbarer Wertungswiderspruch zu diesem Regelungsziel, wollte man annehmen, ein Brunnen, bei dem zum Zeitpunkt seiner Errichtung Wasser durch eigenen Druck frei ausströmte, bedürfe keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn diese Eigenschaft des Brunnens später verlorenging, die Möglichkeit der Beeinträchtigung fremder Rechte aber weiterhin gegeben ist. Im Beschwerdefall hat der Amtssachverständige festgestellt, daß der Ruhewasserspiegel - bei längerdauernder Einstellung der Wasserentnahmen - über Gelände liegt. Der Umstand, daß beim Brunnen der Beschwerdeführer das Wasser nicht mehr durch eigenen Druck frei ausströmt, ist demnach nicht auf natürliche Veränderungen zurückzuführen, sondern auf die Wasserentnahme durch Brunnen, darunter auch jener des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist der Brunnen des Beschwerdeführers als artesisch einzustufen und bedarf einer wasserechtlichen Bewilligung. Die gegenteilige Auffassung würde bedeuten, daß ein durch die Errichtung eines solchen Brunnens beeinträchtigter Inhaber eines Wasserrechtes wehrlos würde.

Daß den Beschwerdeführern die Stellungnahmen der Mitbeteiligten nicht zur Kenntnis gebracht wurden, stellt keinen Verfahrensmangel dar, weil sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht auf diese Stellungnahmen gestützt hat.

Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und begründen dies damit, es liege weder ein Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages noch ein begründeter Berufungsantrag vor.

Die erstmitbeteiligte Partei richtete am 14. Jänner 1992 ein Schreiben an die BH, in dem sie bemängelte, die Behörde habe bislang nichts gegen die "Schädigerbrunnen" - zu denen namentlich auch jener der Beschwerdeführer gezählt wurde - unternommen und schlug eine Reihe von Maßnahmen vor, darunter auch, diese "Schädigerbrunnen" tiefer zu verrohren oder an die Ortswasserleitung anzuschließen.

In einer weiteren Eingabe vom 10. März 1992 an die BH brachten die erst- und zweitmitbeteiligte Partei vor, sie erwarteten, endlich einen Bescheid zur Wiederherstellung des Rechtszustandes zu erhalten.

Die drittmitbeteilige Partei verlangte mit Schreiben vom 12. März 1992 von der BH, den dem Gesetz entsprechenden Zustand herzustellen.

Alle mitbeteiligten Parteien beriefen gegen den die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages abweisenden Bescheid der BH vom 21. April 1992. Das Berufungsvorbringen läßt deutlich erkennen, daß und aus welchen Gründen sie mit der Entscheidung der Erstbehörde nicht einverstanden waren. Daraus ergibt sich auch ohne formellen Berufungsantrag zweifelsfrei, was sie mit ihrer Berufung anstrebten, nämlich eine Entscheidung in ihrem Sinn. Damit war dem Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG Rechnung getragen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 492 angeführte Judikatur).

Die Beschwerdeführer bestreiten die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen wasserpolizeilichen Auftrages, weil sich die Zuständigkeit zur Erlassung solcher Aufträge als Annexzuständigkeit nach der Kompetenz zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die eigenmächtige Neuerung richte, sodaß im gegenständlichen Fall von der Kompetenz der Bezirksverwaltungsbehörde auszugehen gewesen sei.

In erster Instanz ist im Beschwerdefall die BH eingeschritten. Durch die Berufung der mitbeteiligten Parteien ging die funktionelle Zuständigkeit auf die belangte Behörde über. "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG war für die belangte Behörde die Frage, ob ein wasserpolizeilicher Auftrag zu erlassen sei oder nicht. In diesem Rahmen hat sich ihre Entscheidung auch gehalten. Der Umstand, daß die BH den Antrag der mitbeteiligten Parteien abgelehnt hat, bedeutete nicht, daß die belangte Behörde lediglich die bekämpfte Entscheidung aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen durfte; vielmehr hatte sie in der Sache selbst zu entscheiden. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, selbst wenn man vom Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung ausginge, lägen die Voraussetzungen für einen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 nicht vor, da weder ein öffentliches Interesse an der Beseitigung ihres Brunnens gegeben noch die mitbeteiligten Parteien als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 WRG 1959 anzusehen seien. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen über die tatsächliche Beeinträchtigung der mitbeteiligten Parteien treffen können. Unerfindlich bleibe in diesem Zusammenhang auch, warum die belangte Behörde einen Alternativauftrag für ausgeschlossen halte. Eine konkrete Beeinträchtigung der mitbeteiligten Parteien sei nicht festzustellen gewesen. Der allgemeine Verweis auf das Gutachten eines Amtssachverständigen, wonach jede artesische Grundwasserentnahme zu einer Druckverminderung in weiten Bereichen desselben Druckhorizonts führe, könne ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und entsprechende Feststellungen nicht ersetzen. Die belangte Behörde hätte weiters rechtlich zu berücksichtigen gehabt, daß auf Grund der Feststellung, daß keine für einen maßgeblichen Druckverlust in Frage kommenden höheren Grundwasserhorizonte bestünden, auch durch Verschluß des gegenständlichen Brunnens keine Änderung der Druckverhältnisse bei den Brunnen der mitbeteiligten Parteien eintreten könnten.

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Nach § 138 Abs. 6 leg. cit. sind als Betroffene im Sinne des Abs. 1 die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

Bestehende Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

§ 138 Abs. 6 WRG 1959 bestimmt nur, aus welchen Rechten die Stellung als Betroffener resultieren kann, sagt aber nichts darüber aus, welche Auswirkungen eine eigenmächtige Neuerung auf diese Rechte haben muß, um dem Inhaber eines solchen Rechtes einen Anspruch auf Beseitigung dieser Neuerung zu geben. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 138 WRG idF vor der Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, ausgeführt, als Betroffener kann nur derjenige angesehen werden, in dessen Rechte durch die eigenmächtige Neuerung eingegriffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1990, Zl. 90/07/0038). Daran hat sich auch durch die Definition des "Betroffenen" durch § 138 Abs. 6 WRG 1959 nichts geändert. Ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung besteht demnach nur dann, wenn durch diese die im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte (tatsächlich) beeinträchtigt werden.

Als eigenmächtige Neuerung ist im Beschwerdefall die Errichtung eines artesischen Brunnens ohne die erforderliche wasserechtliche Bewilligung anzusehen.

Die Betroffenheit der mitbeteiligten Parteien hat die belangte Behörde in einer Beeinträchtigung ihrer wasserrechtlich bewilligten artesischen Brunnen erblickt. Sie stützt sich dabei auf das Gutachten eines Amtssachverständigen für Hydrologie vom 23. Juli 1981, demzufolge jede artesische Grundwasserentnahme zu einer Druckverminderung in weiten Bereichen desselben Druckhorizontes führt und durch die Absenkung des Drucks die Schüttung der anderen artesischen Brunnen vermindert wird. Mit dieser Feststellung ist aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob die Auswirkungen des Brunnens der Beschwerdeführer auf jene der mitbeteiligten Parteien ein wasserrechtlich relevantes Maß erreichen. Insbesondere kann auf Grund der mangelnden diesbezüglichen Feststellungen nicht beurteilt werden, ob etwa eine Reduktion der Wassermenge eine wasserrechtlich relevante Beeinträchtigung der Brunnen der mitbeteiligten Parteien bewirkt. Dazu wäre es erforderlich gewesen, festzustellen, welches Maß der Wasserbenutzung für die wasserrechtlich bewilligten Brunnen der mitbeteiligten Parteien festgesetzt wurde und ob das gegenwärtige Wasserdargebot dieses Maß - (mit)verursacht durch den Brunnen der Beschwerdeführer - nicht mehr erreicht. Sollte die Beeinträchtigung des Brunnens der mitbeteiligten Parteien in anderer Weise erfolgen, so wäre auch dies im angefochtenen Bescheid darzustellen gewesen.

Schließlich bekämpfen die Beschwerdeführer als rechtswidrig auch die Frist für die Durchführung des wasserpolizeilichen Auftrages. Die belangte Behörde habe nicht ausreichend berücksichtigt, daß vom gegenständlichen Brunnen die Versorgung eines Sechspersonenhaushaltes abhängig sei und man den Beschwerdeführern jedenfalls zubilligen müsse, für ein entsprechenden Ersatz zu sorgen, was schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in drei Monaten bewerkstelligt werden könne.

Die belangte Behörde hat für die Festsetzung der Leistungsfrist keine nähere Begründung gegeben. Die Beschwerdeführer hatten auch keine Gelegenheit, im Verfahren zur Fristsetzung Stellung zu nehmen. Es liegt auch kein Fall vor, in welchem offensichtlich wäre, daß diese Frist für die Durchführung der angeordneten Maßnahme ausreichen würde. Die Beschwerdeführer sind daher mit ihrem Einwand, diese Fristsetzung sei rechtswidrig, im Recht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Den gesonderten Ersatz von Kopierkosten sieht das VwGG nicht vor.

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