Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §43;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
BauO Tir 1989 §29 Abs1;
BauO Tir 1989 §7 Abs1;
BauRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
AVG §43;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
BauO Tir 1989 §29 Abs1;
BauO Tir 1989 §7 Abs1;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Ansuchen des Beschwerdeführers wurde diesem mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 17. August 1992 die Baubewilligung für den Abbruch und die Neuerrichtung einer Außentreppe in Innsbruck, F-Straße 18, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erteilt. Gegenstand des Bauansuchens war außer dem Abbruch die Errichtung einer Wendeltreppe in Stahlkonstruktionsausführung mit einer lichten Durchgangsbreite von 1,10 m und einer Höhe von 5 m, wobei der Grenzabstand zur nordwestlichen Grundstücksgrenze 3 m betragen sollte. Die Treppe wird durch eine Brücke in Stahlkonstruktion mit dem bestehenden Balkon verbunden und soll den Zugang zu zwei Wohnungen ermöglichen.
Gegen diesen Bescheid brachten die mitbeteiligten Parteien dieses Verfahrens als Anrainer (Miteigentümer des Grundstückes F-Straße 22) die Berufung ein, in der sie im wesentlichen ausführten, es sei zu Unrecht keine mündliche Verhandlung abgehalten worden, das Bauvorhaben werde innerhalb des Abstandsbereiches von 4 m abgewickelt und verletze somit Abstandsvorschriften. Die Erstmitbeteiligte brachte zudem vor, es sei eine Beeinträchtigung durch Lärmbelästigung und Beleuchtung usw. gegeben.
Aufgrund dieser Berufung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 8. Oktober 1993 den erstinstanzlichen Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur Durchführung einer ("neuerlichen") Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Bauwerbers wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 29 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), hat die Behörde über jedes Bauansuchen, soweit sie es nicht aus den im § 31 Abs. 2 und 3 angeführten Gründen ohne weiteres Verfahren zurück- oder abzuweisen hat, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (Bauverhandlung). Die Behörde kann, ausgenommen im Verfahren zur Erteilung von Bewilligungen für den Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden (§ 25 lit. a) von der Durchführung einer Bauverhandlung absehen, wenn durch das Bauvorhaben Interessen der Nachbarn offensichtlich nicht beeinträchtigt werden können. Die grundsätzlich erforderliche Bauverhandlung kann somit nur dann unterbleiben, wenn offensichtlich Interessen der Nachbarn nicht beeinträchtigt werden können.
Das gegenständliche Bauvorhaben hält lediglich einen Grenzabstand von 3 m zur nordwestlichen Grundstücksgrenze ein; unter Berücksichtigung des Umstandes, daß gemäß § 7 Abs. 1 lit. a TBO im gemischten Wohngebiet der Mindestabstand von Gebäuden von den Grenzen gegenüber anderen Grundstücken das 0,7-fache der Höhe der dieser Grundstücksgrenze zugekehrten Wand beträgt, jedenfalls aber 4 m, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß Nachbarinteressen - hier die Einhaltung der erforderlichen Mindestabstände - beeinträchtigt werden. Da somit die Voraussetzung des § 29 Abs. 1 letzter Satz wegen der geforderten Offensichtlichkeit der Nichtbeeinträchtigung von Nachbarinteressen nicht gegeben ist, ist die Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung zwingend.
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Gemäß Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich" erscheint. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine mündliche Verhandlung u.a. dann als "unvermeidlich erscheinend" angesehen, wenn z.B. die Behörde erster Instanz entweder überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt hat (so das Erkenntnis vom 25. September 1986, Zl. 86/01/0057) oder wenn - in einem Baubewilligungsverfahren - wegen der allfälligen Notwendigkeit von Auflagen, die erst die Bewilligungsfähigkeit ermöglichen, die gleichzeitige Anwesenheit von Sachverständigen und Parteien erforderlich ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1985, Slg. N.F. Nr. 11.795/A, u.a.). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 24. September 1992, Zl. 92/06/0120, ausgeführt hat, gibt der Gesetzgeber durch die zwingende Anordnung einer mündlichen Verhandlung zu erkennen, daß ihm in diesem Verfahren im besonderen Maße an der (möglichst anzustrebenden) endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage in Rede und Gegenrede, aber auch an der verfahrenskonzentrierenden Wirkung des Rechtsinstitutes der mündlichen Verhandlung (vor allem wegen der Präklusionswirkung des § 42 AVG) gelegen ist.
Im Beschwerdefall wurde, wie bereits ausgeführt, noch keine Verhandlung durchgeführt. Das Auftreten von Nachbarn, die zumindest die theoretische Möglichkeit der Beeinträchtigung ihrer Rechte aufgezeigt haben, zieht schon die zwingende Durchführung einer (erstmaligen) mündlichen Verhandlung nach sich. Hinweise dafür, daß mit der Durchführung der mündlichen Verhandlung durch die Berufungsbehörde selbst eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden gewesen wäre, sind weder der Beschwerde noch dem Verwaltungsakt zu entnehmen.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war
- sachverhaltsbezogen - nicht entscheidend, ob im Beschwerdefall die Bestimmung des § 7 Abs. 6 lit. b TBO anwendbar ist, sondern ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwingend erforderlich ist. Diese Frage war aber aus den obigen Gründen zu bejahen.
Aber auch die Beschwerderüge, im Falle einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft könne nur deren Verwalter im Rahmen dessen Vertretungsbefugnis gemäß § 17 WEG dem Verfahren beigezogen werden, ist verfehlt. Mit seiner Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, daß § 30 Abs. 1 TBO JEDEM Eigentümer (daher auch dem Miteigentümer) eine Rechtsstellung als Nachbar einräumt und nicht nur der Gesamtheit der Miteigentümer.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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