Normen
AMG 1983 §84 Z5;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §370;
GewO 1973 §39 Abs1;
GewO 1973 §39;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
AMG 1983 §84 Z5;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §370;
GewO 1973 §39 Abs1;
GewO 1973 §39;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.535,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es "als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "XY-Gesellschaft m.b.H." zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 11. Oktober 1990 die Arzneispezialitäten "Johanniskrautöl-Kapseln" und "Knoblauch-Mistel-Weißdorn-Kapseln" an die Fa. G in W, J-Straße 26, geliefert und somit auf Lager zur Abgabe im Inland bereitgehalten hat, ohne daß eine Zulassung dieser Produkte durch den Bundeskanzler vorlag".
Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs. 1 i.V.m. § 84 Z. 5 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983 i.d.F. BGBl. Nr. 78/87 und BGBl. Nr. 748/1988 (AMG) i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG begangen. Es
wurde eine Geldstrafe verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde als verspätet, hilfsweise deren kostenpflichtige Abweisung beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift mit Recht darauf hin, daß die am 24. Juli 1992 überreichte Beschwerde ausgehend von dem am Rückschein mit "10. Juni 1992" angegebenen Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Vertreter des Beschwerdeführers verspätet wäre. Dem Beschwerdeführer ist jedoch der ihm offenstehende Beweis der Unrichtigkeit dieser Datumsangabe schon durch den Hinweis gelungen, daß sich auf dem Rückschein der mit 11. Juni 1992 datierte Stempelaufdruck des Aufgabepostamtes und der mit 12. Juni 1992 datierte Stempelaufdruck des Zustellpostamtes befinden; auf dieser Grundlage ist von der Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht vor dem 12. Juni 1992 auszugehen. Die Beschwerde ist daher als rechtzeitig anzusehen.
Die Beschwerde vertritt zunächst die Auffassung, der angefochtene Bescheid entspreche den durch § 44 Z. 1 VStG normierten Anforderungen in mehrfacher Weise nicht. Seinem Spruch könne nicht entnommen werden, in welcher Menge, auf welche Weise und "wo genau" die Arzneispezialitäten abgegeben worden seien. Die Stellung des Beschwerdeführers zur Gesellschaft komme nicht durch eindeutige Anführung der Art der Organfunktion zum Ausdruck.
Damit ist die Beschwerde nicht im Recht.
Der Vorschrift des § 44 Z. 1 VStG ist entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an die Tatumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach dem jeweils gegebenen Begleitumständen ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis seien (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. 11.894/A).
Davon ausgehend entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides den Anforderungen, die § 44a Z. 1 VStG betreffend die Individualisierung der als erwiesen angenommenen Tat stellt. Daß im Spruch nicht angeführt wird, in welcher Menge die Arzneispezialitäten abgegeben wurden, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht wesentlich; denn die Abgabe einer bestimmten Mindestmenge ist nicht tatbildlich im Sinne des § 84 Z. 5 AMG. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das Fehlen einer Mengenabgabe den Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt oder der Gefahr einer neuerlichen Verfolgung wegen desselben Verhaltens ausgesetzt hätte; denn ausgehend von der Fassung des Spruches umfaßte das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten die gesamte am 11. Oktober 1990 an die "Fa. G in W, J-Straße 26," gelieferte Menge.
Der Beschwerdevorwurf, es sei im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht umschrieben, auf welche Weise und "wo genau" die Arzneispezialitäten abgegeben wurden, trifft ebenfalls nicht zu. Im Spruch wird dargelegt, die Gesellschaft habe die im einzelnen bezeichneten Arzneispezialitäten an die "Fa. G in W, J-Straße 26," geliefert. Damit wird sowohl der Tatort (der Ort der Abgabe) als auch das tatbildmäßige Verhalten hinreichend umschrieben. Nach § 84 Z. 5 AMG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Arzneimittelspezialitäten, die gemäß §§ 11 oder 11a der Zulassung unterliegen, ohne Zulassung im Inland abgibt oder für die Abgabe im Inland bereit hält. Mit der durch den Begriff "liefern" im Spruch hinreichend bezeichneten Übertragung der Verfügungsbefugnis an einen anderen wurde die Verwaltungsübertretung in der Begehungsform des "Abgebens" verwirklicht; daß die belangte Behörde das hinreichend umschriebene, zutreffend dem Tatbild des § 84 Z. 5 AMG subsumierte Verhalten (insoweit fehlerhaft) nicht dem "Abgeben", sondern dem (vorgelagerten) "Feilhalten" ("somit auf Lager zur Abgabe im Inland bereit gehalten") unterstellte, konnte den Beschwerdeführer bei dieser Sachlage nicht in Rechten verletzen.
Die Beschwerde wirft dem angefochtenen Bescheid auch zu Unrecht vor, die Organfunktion des Beschwerdeführers sei nicht hinreichend bezeichnet. Der angefochtene Bescheid bezeichnet den Beschwerdeführer als "Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der XY-Gesellschaft m.b.H.". Die Beschwerde vertritt die Auffassung, aus dieser Bezeichnung gehe die Art der Organfunktion - "handelsrechtlicher" oder gewerberechtlicher Geschäftsführer - nicht klar hervor.
Diese Auffassung kann für den Beschwerdefall nicht geteilt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß in der Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG zum Ausdruck kommen, worauf sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten gründet, d. h. ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung, als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche nach § 9 VStG oder etwa als durch die Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zum Verantwortlichen bestimmter (z.B. gewerberechtlicher Geschäftsführer) begangen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Juni 1993, Zl. 93/10/0013). Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG bestraft, so erfordert es § 44a Z. 1 VStG, daß im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 14. Mai 1990, Zl. 89/10/0162).
Diesen Anforderungen entspricht im vorliegenden Fall die Bezeichnung als "Geschäftsführer und somit als Vertretung nach außen berufenes Organ der XY-Gesellschaft m.b.H." durchaus, wenngleich die Voranstellung des gebräuchlichen Beisatzes "handelsrechtlicher" die vorliegenden Erörterungen erspart hätte.
Aus dem Kontext der Bezeichnung "Geschäftsführer" mit der Bezichnung als "als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der XY-Gesellschaft m.b.H." ergibt sich für den vorliegenden Fall zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer damit als im Sinne des § 15 GmbHG bestellter ("handelsrechtlicher") Geschäftsführer der Gesellschaft angesprochen wird (vgl. das Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 91/19/0375); denn DIESER ist das zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft berufene Organ (vgl. § 18 GmbHG und die Überschrift des zweiten Abschnittes des I. Hauptstückes des GmbHG).
Die Beschwerde kann sich auch nicht mit Erfolg auf jene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berufen, in der ähnlich lautende Bezeichnungen des Täters im Spruch des Straferkenntnisses als nicht dem § 44a Z. 1 VStG entsprechend qualifiziert wurden (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 14. November 1983, Slg. 11.187/A, vom 15. September 1987, 87/04/0041, und vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0134). Dabei handelte es sich durchwegs um Fälle, in denen - anders als im vorliegenden Fall - nach der Verwaltungsvorschrift (primär) die Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO bestellten (gewerberechtlichen) Geschäftsführers in Betracht kam (vgl. hiezu auch die Erkenntnisse vom 29. März 1990, Zl. 86/17/0056 und Zl. 89/17/0139, und vom 21. September 1990, Zl. 89/17/0040, wonach die undifferenzierte Bezeichnung als Geschäftsführer in jenen Fällen nicht genüge, wo es darauf ankomme, ob eine Person als handels- oder gewerberechtlicher Geschäftsführer bestraft werde).
Ein Fall, in dem die Verantwortlichkeit eines gewerberechtlichen Geschäftsführers im Sinne der §§ 39 Abs. 1, 370 Abs. 2 GewO in Betracht käme, liegt im Beschwerdefall nicht vor. Hier steht eine Übertretung des AMG in Rede. Eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der Vorschriften des AMG normierte, besteht nicht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 9 Abs. 1
zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Regelungen, die nicht dem Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG) zugehören, fallen selbst dann, wenn sie in Beziehung zur Gewerbeausübung stehen, nicht in den Bereich der Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers (vgl. z.B. zum Lebensmittelgesetz die Erkenntnisse vom 27. September 1988, Zlen. 88/10/0094, 0109 bis 0111, und vom 28. Februar 1992, Zl. 91/10/0187, zum Weingesetz das Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 87/10/0124, zum Ausländerbeschäftigungsgesetz das Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0161, und zu Arbeitnehmervorschriften das Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 91/19/0373, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur). Die Verantwortlichkeit eines - allenfalls bestellten - gewerberechtlichen Geschäftsführers kam im Beschwerdefall somit nicht in Betracht; Übertretungen der Vorschriften des AMG hat nach dem Gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs. 2 VStG - der im angefochtenen Bescheid hinreichend deutlich bezeichnete "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten. Es wurde niemals bestritten, daß der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitpunkt der gemäß § 15 GmbHG bestellte Geschäftsführer der Gesellschaft war.
Soweit die Beschwerde ihren Vorwurf, es sei gegen den Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist keine wirksame Verfolgungshandlung wegen einer bestimmten Tat erfolgt, lediglich auf ihre Auffassung gründet, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei nicht hinreichend konkretisiert, ist sie auf die obigen Darlegungen zu Verweisen. Aber auch der in diesem Zusammenhang auf die Behauptung, in erster Instanz sei der Beschwerdeführer nur als "als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma XY" - ohne nähere Anführung der Organfunktion - bezeichnet worden, gestützte Verjährungseinwand ist nicht zielführend. Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in § 32 Abs. 2 VStG wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodaß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG beziehen muß. Für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung ist es in diesem Stadium des Verfahrens nicht erforderlich, dem Beschuldigten noch vorzuwerfen, die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG verantworten zu müssen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 28. Februar 1992, Zl. 91/10/0187, und vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0066). Umsoweniger fehlt den bereits gegen den Beschwerdeführer "als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma XY" gerichteten, innerhalb der Verjährungsfrist erfolgten Maßnahmen der ersten Instanz die Eignung als Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 31 Abs. 1, 32 VStG.
Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf; sie war gemäß § 42 Abs. 1 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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