VwGH 91/07/0087

VwGH91/07/008712.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Mai 1991, Zl. 512.532/02-I5/91, betreffend wasserpolizeiliche Aufträge und Abweisung einer wasserrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 12. April 1985 war dem Beschwerdeführer zur Abänderung der ihm mit den Bescheiden des LH vom 6. Februar 1975 und vom 23. Juni 1976 wasserrechtlich bewilligten Rottedeponie auf bestimmt bezeichneten Grundstücken der KG X. und Y. die wasserrechtliche Bewilligung unter einer Reihe von Nebenbestimmungen erteilt worden.

Im Zuge der im Jahre 1989 an drei Verhandlungstagen vorgenommenen wasserrechtlichen Überprüfung der bewilligten Deponie kamen unzählige Abweichungen der errichteten Anlage vom bewilligten Projekt hervor, worauf der LH mit Bescheid vom 17. August 1989 gemäß § 99 WRG 1959 im Grunde der Bestimmung des § 121 WRG 1959 aussprach, daß die ausgeführte Anlage der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nicht entspreche, unter Berufung auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Durchführung unterlassener Arbeiten und die Beseitigung konsensloser Maßnahmen auftrug und gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 in dessen Fassung vor seiner im Jahre 1990 erfolgten Novellierung zusätzliche Auflagen vorschrieb.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, auf Grund derer die belangte Behörde diesen Bescheid des LH gemäß § 66 Abs. 2 AVG behob und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an den LH zurückverwies.

Am 2. und 3. April 1990 fand die neuerliche wasserrechtliche Überprüfungsverhandlung statt. Im Zuge dieser Verhandlung wurden ebenso wieder zahlreiche Abweichungen der Ausführungen des Projektes von seiner bewilligten Gestalt wahrgenommen und erörtert. So stellten die Amtssachverständigen für Abfalltechnik und -chemie unter anderem fest, daß im Bereich bei den Abwassersammelbecken auf den Grundstücken Nr. 702/1, 702/3 und 693/2 KG X. konsenslos und ohne Basisdrainage vorgenommene Deponierungen vorlägen, welche ihrem Vorschlag nach zur Gänze unter Wiederherstellung des ursprünglichen Geländezustandes von Müllteilen zu räumen seien. Des weiteren stellten diese Sachverständigen fest, daß die Deponiehöhe dem im Bescheid bewilligten Zustand nicht entspreche, und schlugen eine Reduzierung der Deponiehöhe auf das bewilligte Ausmaß von maximal 413 m ü.A. an der Firstlinie vor. Die dem aufgenommenen Befund nach vorliegende Überschreitung der Deponiehöhe um stellenweise mindestens 4 m bewirke letztendlich auch höhere Konzentrationen an Abwasserinhaltsstoffen mit entsprechenden Auswirkungen auf die in der Folge erforderlichen Abwasserreinigungsanlagen. Ferner ergab der bei der Verhandlung aufgenommene Befund, daß auf einer Teilfläche am äußerst südwestlichen Rand der Deponie eine umfangreiche Abgrabung des Schliers vorgenommen wurde, welche ein Ausmaß von ca. 50 x 40 m und eine Tiefe von bis zu 10 m erreicht hatte. Darin erblickten die Sachverständigen eine Überschreitung des Konsenses insofern, als projektsgemäß ein Abtrag der humosen Deckschicht bis zur Erreichung des anstehenden Schliers vorgesehen und bewilligt gewesen sei. Die eigenmächtigen Änderungen durch umfangreichen Schlierabbau und die nun erfolgte Zuleitung von Sickerwässern in diese Abgrabung stellten eine derart umfangreiche Änderung der Situation dar, daß eine Adaptierung der im Jahr 1989 gemachten Vorschreibungen nicht mehr möglich sei.

Am 10. Mai 1990 fand eine wasserrechtliche Verhandlung über ein vom Beschwerdeführer eingereichtes Sanierungsprojekt zur Abänderung des Abwasser- und Oberflächenwassersammelsystems seiner Deponieanlage statt; mit Bescheid des LH vom gleichen Tage wurde dieses Projekt wasserrechtlich bewilligt.

Mit Bescheid vom 11. Juni 1990 sprach der LH auf Grund der Ergebnisse der am 2. und 3. April 1990 durchgeführten Überprüfungsverhandlung, deren Verhandlungsschrift einen ergänzenden Bestandteil dieses Bescheides bilde, im Grunde der Bestimmungen der §§ 99 und 121 WRG 1959 aus, daß die Mülldeponie des Beschwerdeführers der mit Bescheid des LH vom 12. April 1985 erteilten Bewilligung "im wesentlichen entspreche", wobei jedoch gleichzeitig "die Behebung" - im folgenden einzeln aufgezählter - "teilweise schwerwiegender Mängel beauftragt" wurde (Spruchpunkt I 1) bis 23). Gemäß §§ 33 und 99 WRG 1959 wurden dem Beschwerdeführer für den Weiterbetrieb seiner Deponie weitere zusätzliche Auflagen vorgeschrieben (Spruchpunkt II 1) bis 20). Unter Spruchpunkt III wurden bestimmt bezeichnete, bei der Verhandlung festgestellte und in der Verhandlungsschrift beschriebene geringfügige Abweichungen vom bewilligten Projekt gemäß den §§ 9, 10, 32 und 99 WRG 1959 bei Einhaltung aufgezählter Auflagen wasserrechtlich bewilligt, im Spruchpunkt IV eine wasserrechtliche Bauaufsicht bestellt, mit Spruchpunkt V die im § 55 Abs. 3 WRG 1959 in seiner Fassung vor der im Jahre 1990 erfolgten Novellierung vorgesehene Feststellung getroffen, im Spruchpunkt VI Dienstbarkeiten als eingeräumt anzusehen erklärt und im Spruchpunkt VII die Verfahrenskosten festgesetzt. In der Begründung dieses Kollaudierungsbescheides führte der LH aus, daß es zwar zutreffe, daß der Beschwerdeführer beim Betrieb seiner Mülldeponie immer wieder verschiedene Bescheidauflagen nicht eingehalten habe und nicht einhalte, welcher Umstand bereits Ursache für mehrere Strafverfahren gewesen sei, daß die Wasserrechtsbehörde aber den Deponiebetrieb im nachhinein nur dann "sanktionieren" werde, wenn die mit diesem Bescheid aufgetragenen Mängelbehebungen "bzw." zusätzlichen Maßnahmen ordnungsgemäß erfüllt worden seien. Zu einem Vorgehen nach § 27 Abs. 4 WRG 1959 habe der LH sich bislang deswegen nicht veranlaßt gesehen, weil der Standort von den befaßten Sachverständigen positiv beurteilt worden sei und durch den - wenn auch mangelhaften - Deponiebetrieb bisher keine Brunnenanlagen hinsichtlich ihrer Trinkwasserqualität beeinträchtigt worden seien.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 23. Juli 1990 erließ der LH (neuerlich) auf Grund des Ergebnisses der Verhandlung vom 2. und 3. April 1990, deren Verhandlungsschrift einen ergänzenden Bestandteil (auch) dieses Bescheides bilde, gegen den Beschwerdeführer einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"I. Widerrechtliche Ablagerungen - wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959

Gemäß den §§ 99 und 138 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, in der derzeit geltenden Fassung (im folgenden kurz WRG 1959 bezeichnet), werden (Beschwerdeführer) nachstehende Maßnahmen aufgetragen:

1. Der konsenslos und ohne Basisdrainage geschüttete Deponiebereich bei den Abwassersammelbecken auf den Grundstücken Nr. 702/1, 702/3 und 693/2, alle KG (X.), ist zur Gänze von Müllteilen zu räumen und der ursprüngliche Geländezustand herzustellen.

2. Die Deponiehöhe ist auf den im Bescheid des (LH) vom 12. April 1985, (Zl.), bewilligten und im Befund beschriebenen Zustand zu reduzieren, das heißt auf eine maximale Höhe von 413,0 m ü.A. an der Firstlinie.

3. Die konsenslosen Müllschüttungen sind entweder auf bescheidmäßig eingerichteten und daher wasserrechtlich bewilligten Deponieteilflächen der Deponie (Y.) oder auf eine andere wasserrechtlich bewilligte Deponie zu verbringen.

4. Die eigenmächtigen Neuerungen sind bis 30. September 1990 zu beseitigen. Von der Durchführung ist die Wasserrechtsbehörde unaufgefordert schriftlich zu verständigen.

5. Die Zuleitung von Sickerwässern in den Bereich, in dem ein umfangreicher Schlierabbau vorgenommen worden ist, ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 25. August 1990 einzustellen. Die Einstellung ist der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert und schriftlich mitzuteilen.

II. Aufhöhung der Deponie - Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung - Abweisung

Das Ansuchen des (Beschwerdeführers) um Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für die bereits erfolgte Höherschüttung gegenüber dem ursprünglichen wasserrechtlich bewilligten Projekt wird gemäß §§ 31 b, 99 und 105 WRG 1959 abgewiesen."

Begründend führte der LH aus, daß unter Zugrundelegung des mit seinem Bescheid vom 12. April 1985 bewilligten Projektes die Grundstücke Nr. 702/1, 702/3 und 693/2 KG X. nicht mehr vom wasserrechtlichen Konsens als erfaßt angesehen werden könnten, weshalb deren Einbeziehung in die Deponie eine unbefugte Neuerung darstelle. Da die Müllschüttungen in diesem Bereich auch ohne Verlegung einer Basisdrainage durchgeführt worden seien, habe die Behörde auch nicht die Möglichkeit einer nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung wählen können, da diese Form der Müllschüttung den Deponierichtlinien widerspreche. Die Überprüfungsverhandlungen hätten ferner ergeben, daß die im wasserrechtlich bewilligten Projekt vorgesehene Deponiehöhe von 413 m ü.A. stellenweise um mindestens 4 m überschritten worden sei, was diese Aufschüttungen als wasserrechtlich bewilligungspflichtig erkennen lasse. Befände sich die Deponie in einem ordnungsgemäßen Zustand, dann könnte die Behörde ein Ansuchen um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung dieser Deponiehöhe einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren wohl unterziehen. Wie sich jedoch aus den zahlreichen Mängeln, insbesondere hinsichtlich der ordnungsgemäßen Sammlung und Ableitung der Sickerwässer, ergebe, befinde sich die Mülldeponie zur Zeit in einem Zustand, welcher von vornherein eine nachträgliche wasserrechtliche Genehmigung ausschließe. Sollte der Beschwerdeführer die ihm bescheidmäßig aufgetragene Mängelbehebung durchführen oder die Sammlung und Beseitigung der bei der Deponie anfallenden Sickerwässer auf eine andere Art und Weise sicherstellen, so werde die Behörde durchaus in der Lage sein, zu diesem Zeitpunkt auf Grund geänderter Sachlage ein Ansuchen um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung einem Bewilligungsverfahren zuzuführen. Das schon gestellte Ansuchen um Genehmigung des derzeit vorgefundenen Zustandes habe aber abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer. Er wandte sich gegen den von ihm als überraschend empfundenen wasserpolizeilichen Auftrag mit dem Vorbringen, daß der wasserrechtliche Kollaudierungsbescheid vom 11. Juni 1990 den Verhandlungsgegenstand seiner Auffassung nach bereits zur Gänze erledigt habe, zumal in dem genannten Bescheid auch keine weitere Entscheidung über denselben Verhandlungsgegenstand vorbehalten oder angekündigt worden sei. Es habe der Beschwerdeführer auch gegen die großteils sinnvollen Auflagen im Kollaudierungsbescheid keine Berufung erhoben, weil diese Auflagen zum Teil durch das umfangreiche Sanierungsprojekt, welches mit Bescheid vom 10. Mai 1990 genehmigt worden sei, ohnehin erledigt würden. Angesichts der grundsätzlichen Genehmigung der Anlage im Bescheid vom 11. Juni 1990 sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, daß auch die nunmehr bemängelten Müllschüttungen und die Aufhöhung der Deponie von dieser Genehmigung umfaßt seien; dies sei für ihn der Hauptgrund gewesen, weshalb er auch nicht gegen einzelne, durchaus bekämpfbare Auflagen des Kollaudierungsbescheides berufen habe. Daß die Behörde nunmehr versuche, dem Kollaudierungsbescheid Auflagen gleichsam "nachzuschieben", müsse als rechtswidrig angesehen werden. Für den wasserpolizeilichen Auftrag fehle es an einer Veranlassung, weil weder der Antrag eines Betroffenen vorliege, noch öffentliche Interessen aufgezeigt worden seien. Daß Schüttungen auf den Grundstücken Nr. 702/1, 702/3 und 693/2, alle KG X., tatsächliche vom Konsens des Jahres 1985 umfaßt seien, habe schon der seinerzeitige Aufhebungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. Jänner 1990 ausgesprochen, dessen Bindungswirkung der LH nicht beachtet habe. Das mit Bescheid vom 10. Mai 1990 bewilligte Sanierungsprojekt lasse der LH mit seinem wasserpolizeilichen Auftrag völlig außer acht. Die gesetzte Frist sei unangemessen, die Abtragung der als konsenslos qualifizierten Schüttungen unverhältnismäßig im Sinne des § 21 a Abs. 3 WRG 1959.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und setzte die im Bescheid des LH enthaltenen Fristen mit 31. August 1991 neu fest. Begründend räumte die belangte Behörde ein, daß sich der Kollaudierungsbescheid vom 11. Juni 1990 "verbal" wohl auf die gesamte ausgeführte Anlage und nicht nur auf näher genannte Teile derselben bezogen habe. Es könne ein Kollaudierungsbescheid allerdings immer nur die Übereinstimmung mit einer erteilten Bewilligung feststellen und im gesetzlich vorgesehenen Rahmen selbst Bewilligungen für geringfügige Abweichungen erteilen, eine fehlende Bewilligung aber niemals ersetzen und damit bewilligungslos bestehende Zustände auch nicht konsentieren. Es habe sich der Kollaudierungsbescheid demnach nur auf die konsensgemäß ausgeführten Anlagenteile bezogen, weshalb es der Behörde nicht verwehrt gewesen sei, hinsichtlich nicht konsentierter Anlagenteile nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 vorzugehen. Eine solche Vorgangsweise sei der Behörde auch dann aufgetragen, wenn aus öffentlichem Interesse dies zur Hintanhaltung der nachteiligen Beeinflussung der Gewässerbeschaffenheit angezeigt sei. Dazu habe der bekämpfte Bescheid des LH zwar keine Begründung gegeben, das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten ihres Amtssachverständigen erweise aber, daß die vom LH in seinem wasserpolizeilichen Auftrag angeordneten Maßnahmen im öffentlichen Interesse erforderlich seien. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 21 a Abs. 3 WRG 1959 gehe fehl, da der LH nicht einen darauf gestützten Bescheid, sondern einen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 leg. cit. erlassen habe. Die im Aufhebungsbescheid der belangten Behörde vom 12. Jänner 1990 aufgenommene Begründungspassage von der Konsensumfassung des Grundstückes Nr. 702/1 könne keine über diesen Bescheid hinausgehenden Rechtswirkungen entfaltet haben. Spruchpunkt II des Bescheides des LH habe der Beschwerdeführer nicht substantiiert bekämpft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf ein fehlerfreies Verfahren, auf Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vor Erlassung eines Auftrages nach § 138 WRG 1959, auf Einhaltung der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 21 a Abs. 3 WRG 1959 und § 138 Abs. 1 lit. b leg. cit. und darauf verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen des § 138 WRG 1959 einen wasserpolizeilichen Auftrag zu erhalten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt zu Beginn der Rechtsausführungen der Beschwerdeschrift dem angefochtenen Bescheid mit dem schon im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt entgegen, daß die Erlassung des Kollaudierungsbescheides vom 11. Juni 1990 es der Behörde nicht mehr ermöglicht habe, die bekämpften Entscheidungen nachträglich zu treffen. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 hat sich die zur Erteilung der Bewilligung in erster Instanz zuständige Wasserrechtsbehörde unmittelbar nach erfolgter Ausführung einer nach diesem Bundesgesetz bewilligungspflichtigen Wasseranlage in einem nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 AVG auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen, das Ergebnis dieser Überprüfungsverhandlung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen, wobei geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden können. Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens und des ein solches Verfahren abschließenden Bescheides ist die Feststellung der Übereinstimmung der hergestellten Anlage mit der seinerzeit erteilten Bewilligung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 1989, 89/07/0110, und vom 28. Februar 1989, 88/07/0102, mit weiteren Nachweisen). Trifft die Wasserrechtsbehörde im Überprüfungsverfahren die Feststellung, daß das ausgeführte Projekt mit der erteilten Bewilligung übereinstimmt, dann hat das wasserrechtliche Verfahren betreffend dieses Projekt - abgesehen vom Vollzug der zur Beseitigung wahrgenommener Mängel und Abweichungen erteilten Aufträge - mit der Rechtskraft eines solchen Bescheides seinen Abschluß gefunden. Die ausgeführte Anlage ist mit Ausnahme jener Mängel und Abweichungen, deren Beseitigung im Überprüfungsbescheid veranlaßt wurde, ansonsten als rechtmäßig und den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes entsprechend hergestellt anzusehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. September 1977, 736/77). Wie in einem solchen Falle das Vorbringen einer Partei, in welchem geltend gemacht wird, daß die ausgeführte Anlage mit der erteilten Bewilligung nicht übereinstimme, mit welchem die Partei im Überprüfungsverfahren aber nicht durchgedrungen ist, nicht zum Gegenstand eines Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 gemacht werden könnte, da insbesondere die Voraussetzungen der Übertretung der Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes und einer eigenmächtigen Neuerung fehlten (vgl. neben dem soeben zitierten Erkenntnis ebenso auch die Ausführungen in dem schon von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 22. April 1980, 2271/78), so steht die Rechtskraft eines Kollaudierungsbescheides nach § 121 WRG 1959 ebenso einem amtswegigen Vorgehen der Behörde nach § 138 Abs. 1 lit. a leg. cit. entgegen, welches auf die Beseitigung solcher Konsenswidrigkeiten abzielt, die im Rahmen des Kollaudierungsbescheides wahrzunehmen die Behörde verabsäumt hatte. Auch der Überprüfungsbescheid schafft Recht zwischen Partei und Behörde. Er kann zwar, wie der belangten Behörde einzuräumen ist, die fehlende Bewilligung nicht schlechterdings ersetzen, bindet die Behörde aber an die von ihr getroffene Feststellung des Übereinstimmens des ausgeführten mit dem bewilligten Projekt in dem von Beseitigungsaufträgen nicht betroffenen Umfang des Kollaudierungsbescheides insofern, als die Behörde von einer dem Inhalt des Kollaudierungsbescheides widerstreitenden Konsenslosigkeit der Projektsausführung künftig nicht mehr ausgehen darf und im Falle der Erforderlichkeit der Behebung übersehener Mißstände wie bei Vorliegen einer Bewilligung auf andere rechtliche Möglichkeiten verwiesen bleibt.

Die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß sich der Kollaudierungsbescheid nur auf die konsensgemäß ausgeführten Anlagenteile bezogen haben könne, weshalb es der Behörde nicht verwehrt gewesen sei, hinsichtlich "nicht konsentierter Anlagenteile" gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 vorzugehen, ist in dieser undifferenzierten Form nicht zu teilen. Mit einer solchen Betrachtung sieht die belangte Behörde nämlich an dem Umstand vorbei, daß es gerade auch eine im Gesetz vorgesehene Funktion des Überprüfungsbescheides ist, die Beseitigung nicht nur wahrgenommener Mängel, sondern auch wahrgenommener Abweichungen (zu verstehen: vom Konsens) zu veranlassen. Insoweit verdrängt die spezielle Norm des letzten Halbsatzes des ersten Satzes des § 121 Abs. 1 WRG 1959 die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 lit. a leg. cit. (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 4 zu § 121 WRG 1959). Abweichungen vom bewilligten Projekt sind im Kollaudierungsbescheid entweder einem Beseitigungsauftrag oder - unter den im zweiten Satz des § 121 Abs. 1 WRG 1959 genannten Bedingungen - der nachträglichen Genehmigung zu unterziehen; als dritte Möglichkeit verbleibt der Weg der - als solche allerdings zu deklarierenden - Teilkollaudierung in Verbindung mit der Durchführung eines gesonderten, neuerlichen Bewilligungsverfahrens für nicht mehr geringfügige, aber bewilligungsfähige Projektsabweichungen (vgl. dazu die Ausführungen bei Rossmann, Wasserrecht2, 331). Gegenstand eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aber können Maßnahmen, die als Abweichungen vom bewilligten Porjekt anzusehen sind, nicht mehr sein, wenn im Kollaudierungsbescheid verabsäumt wurde, ihre Beseitigung zu veranlassen.

Anders verhält es sich freilich mit solchen vom Bewilligungsträger gesetzten Sachverhalten, die zwar aus Anlaß der Überprüfung des bewilligten Projektes wahrgenommen wurden, aber nicht selbst Projektsbestandteil sind (vgl. Raschauer, a. a.O.). Außerhalb des bewilligten Projektes gesetzte Maßnahmen entziehen sich der einem wasserpolizeilichen Auftrag entgegenstehenden Rechtskraftwirkung des Kollaudierungsbescheides schon deswegen, weil sich der - nach Maßgabe des § 121 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 am bewilligten Projekt zu messende - Überprüfungsbescheid auf außerhalb des Projekts gesetzte und insofern tatsächlich als eigenmächtige Neuerungen im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 anzusehende Vorgänge schon vom Gegenstand der Verwaltungsangelegenheit her nicht erstrecken kann, wie die belangte Behörde insoweit durchaus zutreffend erkannt hat.

Die Abgrenzung zwischen einer bloßen Abweichung vom bewilligten Projekt und einer außerhalb des bewilligten Projekts gelegenen eigenmächtigen Neuerung kann nun sachverhaltsbezogen in jedem Einzelfall nur anhand des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vorgenommen werden. Steht ein im Zuge des Überprüfungsverfahrens wahrgenommener konsenswidriger Sachverhalt mit dem bewilligten Projekt in einem technisch sachnahen Zusammenhang, dann liegt eine Abweichung vom bewilligten Projekt vor, über die in der oben aufgezeigten Weise entweder nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 zu verfahren oder - nach Teilkollaudierung des Anlagenrestes - das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren einzuleiten ist. Ist ein solcher innerer Zusammenhang des konsenswidrigen Sachverhaltes mit dem bewilligten Projekt aber nicht zu erkennen, dann steht der Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages betreffend den wahrgenommenen Umstand nichts - im besonderen auch nicht die Rechtskraft des das bewilligte Projekt betreffenden Überprüfungsbescheides - entgegen.

Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des im Instanzenzug ergangenen wasserpolizeilichen Auftrages aus dem Grunde der entgegenstehenden Rechtskraftwirkung des Kollaudierungsbescheides für solche Sachverhalte zutrifft, die wegen ihres inneren Zusammenhangs als bloße Projektsabweichungen im Sinne des § 121 Abs. 1 WRG 1959 zu beurteilen gewesen wären. Sachverhaltsbezogen muß dies für Spruchpunkt I.2. (Reduzierung der Deponiehöhe) des vom LH erlassenen Bescheides nach dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt jedenfalls bejaht werden, weil der Umstand, daß die bewilligten Schüttungen höher als konsentiert vorgenommen wurden, einen Vorgang darstellt, der mit dem bewilligten Projekt im engsten Zusammenhang steht, und somit rechtlich jedenfalls als Projektsabweichung anzusehen ist. Dem die Beseitigung dieser Höherschüttung auftragenden Bescheid nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 stand damit die Rechtskraft des vorangegangenen Kollaudierungsbescheides ebenso entgegen, wie die Bindung der Behörde an ihre Feststellung der Übereinstimmung des ausgeführten mit dem bewilligten Projekt in diesem Umfang auch die zu Spruchpunkt II des Bescheides des LH verfügte und im angefochtenen Bescheid bestätigte spätere Abweisung des seinerzeit gestellten nachträglichen Bewilligungsantrages nicht mehr zuließ.

Hinsichtlich der zu den Spruchpunkten I.1. und I.5. als eigenmächtig vorgenommene Neuerungen beurteilten Sachverhalte liegt der einer solchen rechtlichen Beurteilung aus den oben dargelegten Erwägungen entgegenstehende innere Zusammenhang mit dem bewilligten Projekt zwar gleichfalls nahe, kann aber aus dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt nicht in vergleichbar zwingender Weise beurteilt werden. Ausgehend von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, wonach nicht konsentierte "Anlagenteile" - und damit auch Projektsbestandteile - ungeachtet rechtskräftiger Kollaudierung des Projekts einem wasserpolizeilichen Beseitigungsauftrag zugänglich seien, hat die belangte Behörde sich damit begnügt, im angefochtenen Bescheid die ihrer Auffassung nach vorliegende Konsenswidrigkeit auch dieser, schon bei der Überprüfungsverhandlung wahrgenommenen Umstände aufzuzeigen, ohne dabei jene Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, aus denen sich die streitentscheidende Frage des Bestehens oder des Fehlens eines inneren Zusammenhangs der "Neuerungen" mit dem bewilligten Projekt rechtlich zuverlässig beurteilen ließe. Erst die Gegenüberstellung des präzise zu beschreibenden bewilligten Gesamtprojekts mit Gegenstand, Lokalisierung, Art und Beschaffenheit der konsenswidrigen Sachverhalte konnte Aufschluß darüber geben, ob diese Sachverhalte als bloße Projektsabweichungen im Überprüfungsbescheid wahrgenommen und beseitigt werden hätten müssen, oder ob sie mangels eines technisch sachnahen Zusammenhangs mit dem Projekt von der Rechtskraft des Kollaudierungsbescheides unberührt und damit dem bekämpften wasserpolizeilichen Auftrag zugänglich geblieben waren.

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid demnach mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Ob der angefochtene Bescheid auch noch aus anderen der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gründe rechtswidrig gewesen wäre, brauchte somit nicht mehr untersucht zu werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; Stempelmarken konnten nur in Höhe des begehrten Umfangs zugesprochen werden (§ 59 Abs. 1 VwGG), ein Zuspruch von Kopierkosten ist im § 48 Abs. 1 VwGG nicht vorgesehen.

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