Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als von der Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws namhaft gemachte Person unterlassen, der Behörde trotz schriftlicher Aufforderung vom 25. April 1990, zugestellt am 2. Mai 1990, darüber Auskunft zu erteilen, wer das am 12. Jänner 1990 um 11.40 Uhr an einem bestimmten Ort in Innsbruck abgestellte Fahrzeug zuletzt gelenkt habe. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen, sodaß über sie gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt werde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde den Ausführungen der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde entgegnet, daß der Lenker des Fahrzeuges bis 16. Mai 1990 zu benennen gewesen wäre; welche Rechtsauskunft der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer Einvernahme am 22. August 1990 erteilt worden sei, sei unerheblich. Gemäß § 103 Abs. 2 KFG sei der Zulassungsbesitzer bzw. die von ihm benannte Person auch dann zur Auskunft verpflichtet, wenn dadurch Familienmitglieder belastet würden. Ein Rechtsirrtum könne der Beschwerdeführerin nicht zugebilligt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit "gemäß Art. 129 ff B-VG und § 42 Abs. 2 lit. a und c VwGG" aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.
Der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0014 und vom 2. September 1992, Zl. 92/02/0170).
Die Beschwerde stützt sich im wesentlichen darauf, daß die Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges, die Firma K Gesellschaft m.b.H., nicht die Beschwerdeführerin als Person benannt hätte, die die Auskunft über den Lenker erteilen könne, sondern es sei eine "Familie Z" bekanntgegeben worden, der das Fahrzeug zur Benützung überlassen worden sei. In der Folge sei lediglich ausgeführt worden, wer von dieser Familie einen gültigen Führerschein besitze, jedoch nicht eruiert werden könne, wer das Fahrzeug ordnungswidrig abgestellt habe. Die Beschwerdeführerin sei auch niemals als Lenkerin namhaft gemacht worden, sie habe auch tatsächlich das Fahrzeug nicht gelenkt; sie hätte wohl gewußt, wer das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt abgestellt habe; einer Auskunft eines Polizeijuristen zufolge sei sie jedoch nicht bereit gewesen, Familienangehörige zu belasten.
Aus dem Verwaltungsstrafakt ist ersichtlich, daß die Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges am 27. März 1990 aufgefordert wurde bekanntzugeben, wer das Fahrzeug an einem bestimmten Ort in Innsbruck abgestellt hat, "sodaß" es dort am 12. Jänner 1990 von 11.40 Uhr bis 11.55 Uhr im Bereich eines Halteverbotes gestanden ist. Diese Aufforderung wurde der Zulassungsbesitzerin am 5. April 1990 durch Hinterlegung zugestellt, Beginn der Abholfrist war der 6. April 1990. Am 6. April 1990, bei der Erstbehörde eingelangt am 10. April 1990, teilte die Zulassungsbesitzerin folgendes mit:
"Das Fahrzeug war der Familie Z ... zur Benützung
überlassen. Von dieser Familie besitzen folgende Personen einen
gültigen Führerschein:
R Z, geb. ... in ...
S Z ...
L Z ...
M Z ...
Wer von diesen das Fahrzeug zum behaupteten Zeitpunkt ordnungswidrig abgestellt hat, konnte nicht eruiert werden.
Das ist für uns unerträglich, darum werden wir das Fahrzeug jetzt verkaufen.
Innsbruck am 6.4.1990
K GmbH".
Die Erstbehörde forderte daraufhin am 25. April 1990 die Beschwerdeführerin "gemäß § 103 Abs. 2 KFG als die vom Zulassungsbesitzer zur Auskunftserteilung genannte Person" auf, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Aufforderung Auskunft darüber zu erteilen, wer den Pkw zur genannten Zeit am genannten Ort abgestellt habe. Diese Aufforderung wurde der Beschwerdeführerin am 2. Mai 1990 zugestellt. Die Beschwerdeführerin teilte daraufhin am 4. Mai 1990 der Erstbehörde mit, daß sie das betreffende Fahrzeug zum bzw. vor dem angeführten Zeitpunkt selbst nicht gelenkt bzw. am angeführten Ort abgestellt habe. Sie erkärte, keine Auskunft darüber erteilen zu können, wer zum bzw. vor dem angeführten Zeitpunkt das Kraftfahrzeug gelenkt bzw. am angeführten Ort abgestellt habe. Sie benenne jedoch die K GmbH, das sei die Zulassungsbesitzerin, welche die geforderte Auskunft erteilen könne. Anläßlich ihrer Vernehmung vor der Erstbehörde erklärte die Beschwerdeführerin, daß sie diese Auskunft "wirklich nicht" erteilen könne. Außerdem erhebe sich die Frage, ob sie wirklich Familienangehörige belasten müsse. Daraufhin erging das Straferkenntnis der Erstbehörde, welches der Beschwerdeführerin am 15. Oktober 1990 zugestellt wurde. Die Erstbehörde ging davon aus, daß das Verhalten der Beschwerdeführerin strafbar ist, weil sie die geforderte Auskunft unterlassen hat, obwohl ihr von der Zulassungsbesitzerin das Fahrzeug - gemeinsam mit anderen Personen - überlassen worden ist. Von der belangten Behörde wurde in der Berufungsentscheidung schließlich das Straferkenntnis der Erstbehörde mit der bereits erwähnten Maßgabe bestätigt, daß die Beschwerdeführerin die verlangte Auskunft als die von der Zulassungsbesitzerin namhaft gemachte Person unterlassen hat.
Schon die von der Zulassungsbesitzerin abgeforderte Lenkerauskunft entsprach nicht den Anforderungen des § 103 Abs. 2 KFG: Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Auskunft der Zulassungsbesitzerin vom 6. April 1990 ergibt, hat diese ausschließlich darauf verwiesen, daß das Fahrzeug der "Familie Z zur Benützung überlassen" worden ist, und daß von dieser Familie vier namentlich genannte Personen "einen gültigen Führerschein" haben. Zudem wurde darauf hingewiesen, daß die Person, die das Fahrzeug ordnungswidrig abgestellt hatte, nicht eruiert werden konnte. Daraus ergibt sich weder - wie dies nach der Regelung des § 103 Abs. 2 KFG erforderlich ist - jene EINZELNE PERSON, die das Fahrzeug gelenkt hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1980, Slg. Nr. 10.192/A und vom 14. Oktober 1983, Zl. 83/02/0221, ergangen zur Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG in der Fassung vor der 10. Novelle, BGBl. Nr. 106/1986, die aber insoweit auch für die geltende Rechtslage maßgebend sind und das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1990, Zl. 89/03/0318), noch eine eindeutig bestimmte Person, die die Lenkerauskunft erteilen kann. Aus der Antwort der Zulassungsbesitzerin ergibt sich zwar die Möglichkeit, daß eine der genannten Personen das Kraftfahrzeug zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt gelenkt bzw. es am genannten Ort abgestellt haben könnte, weil sie über eine Lenkerberechtigung verfügt, doch wurde damit der sich aus § 103 Abs. 2 KFG ergebenden Verpflichtung, eine einzelne eindeutig bestimmte Person namhaft zu machen, nicht entsprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1991, Zl. 91/18/0015 mit weiteren Judikaturhinweisen). Auch das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1990, Zl. 89/18/0178 steht dem nicht entgegen: Darin wird die Auffassung vertreten, daß die in §103 Abs.2 KFG mehrfach vorkommenden Wörter "ein", "einen" und "einem" unbestimmte Artikel sind, unter der Wendung "... so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann" nicht "eine einzige Person" zu verstehen ist, aber doch JENE PERSON eindeutig zuordenbar zu nennen ist, die die Auskunft erteilen kann. Als derartige Person wurde die Beschwerdeführerin jedoch nicht vom Zulassungsbesitzer genannt, sodaß ihr Verhalten entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung nicht tatbildmäßig im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG war.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde bedurfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen der Antragstellung der Beschwerdeführerin. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen.
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