VwGH 92/02/0170

VwGH92/02/01702.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der MJ in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Februar 1992, Zl. MA 64-10/712/91/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 5. September 1990, zugestellt durch Übernahme am 3. Oktober 1990, Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einen bestimmten Ort in Wien abgestellt habe, sodaß es dort am 25. August 1990 um 15.01 Uhr gestanden sei. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 54 Stunden) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin verweist auf die von ihrem Sohn auch für sie erteilte Auskunft vom 12. Juli 1990 (richtig: 12. Oktober 1990). Aus diesem Schreiben ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil darin kein bestimmter Lenker genannt wird; es wird darin lediglich als richtig bestätigt, daß das Kraftfahrzeug mit dem in der Lenkeranfrage angegebenen Kennzeichen am bezeichneten Ort abgestellt war. Weiters wird von einem Telefonat der Beschwerdeführerin mit einem Beamten eines Bezirkspolizeikommissariates berichtet, wobei nicht geklärt werden konnte, von wem der an der Windschutzscheibe vorgefundene Verständigungszettel stammte. Diesen Ausführungen war aber nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin selbst die Lenkerin gewesen wäre.

Der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0014). Diesen Anforderungen entsprach das Schreiben des Sohnes der Beschwerdeführerin vom 12. Oktober 1990 nicht.

Ob die Beschwerdeführerin bei dem oben erwähnten Telefonat einem - vom Vorfall nicht informierten - Beamten gegenüber sich selbst als Lenkerin bezeichnete, ist unerheblich, da die Lenkeranfrage erst später erfolgte.

Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde Verschulden (im Verwaltungsverfahren: Vorsatz) bestreitet, ist zu bemerken, daß zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Da es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, war es Sache der Beschwerdeführerin, initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0128).

Daß in der Lenkeranfrage (unrichtig) zusätzlich der Name ihres Sohnes aufschien, vermag die Beschwerdeführerin nicht zu entschuldigen, weil sie das auch an sie gerichtete Poststück persönlich übernommen hat und sie aus dem angeführten polizeilichen Kennzeichen erkennen konnte, daß es sich um ein ausschließlich auf sie zugelassenes Fahrzeug handelte. Eine Verwechslung mit einem anderen (Wechsel)Kennzeichen wäre daher vermeidbar gewesen. Beim Vorbringen, sie habe auf Grund der Adressierung auf dem Kuvert dessen Inhalt nicht näher geprüft, handelte es sich insoferne um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung, als die Beschwerdeführerin bei ihrer Vernehmung als Beschuldigte ausgeführt hat, sie habe das Schreiben kurz angesehen und festgestellt, daß es sich um eine Autosache handle. Wenn sie weiters ausgesagt hat, sie habe die von ihrem Sohn gegebene Auskunft überhaupt nicht gelesen, so kann sie dies ebenfalls nicht entschuldigen. Angemerkt sei, daß die Beschwerdeführerin schon einmal wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG bestraft wurde; auch deshalb wäre zu erwarten gewesen, daß sie einer Lenkeranfrage größere Aufmerksamkeit widmet.

Dem Vorbringen, die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers weise keine ordnungsgemäße Unterfertigung auf, ist entgegenzuhalten, daß die Aufforderung vom 5. September 1990 offensichtlich automationsunterstützt hergestellt wurde. Gemäß § 18 Abs. 4 letzter Satz AVG bedarf daher die der Partei zugestellte Ausfertigung weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Das Aktenexemplar hingegen weist sehr wohl einen handschriftlichen Genehmigungsvermerk auf (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 90/02/0065).

Dem Beweisantrag auf Vernehmung des Sohnes der Beschwerdeführerin zum Nachweis dafür, daß eine ordnungsgemäße Lenkerauskunft dem Gesetz entsprechend erteilt wurde, mußte die belangte Behörde nicht folgen, da das Schreiben des Sohnes der Beschwerdeführerin vom 12. Oktober 1990 der Behörde ohnehin vorlag und über Rechtsfragen kein Zeugenbeweis aufzunehmen war.

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe aktenwidrig ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, daß SIE die gewünschte Auskunft erteilt habe, ist unrichtig. Die Beschwerdeführerin bringt auch in ihrer Beschwerde nicht vor, sie selbst habe die Lenkeranfrage vom 5. September 1990 beantwortet.

Bei einer Ermahnung mußte es die belangte Behörde nicht bewenden lassen, weil das tatbildmäßige Verhalten der Beschwerdeführerin hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht erheblich zurückblieb (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zlen. 91/02/0147, 0148). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war die belangte Behörde auch nicht gehalten, bei der Strafbemessung auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1991, Zl. 91/18/0015).

Im übrigen kann der Verwaltungsgerichtshof angesichts des bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmens nicht finden, daß der belangten Behörde bei der Ausmittlung der Geldstrafe mit S 900,-- ein Ermessensfehler unterlaufen wäre. Auf die einschlägige Vorstrafe der Beschwerdeführerin ist neuerlich hinzuweisen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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