VwGH 91/02/0031

VwGH91/02/003125.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, in der Beschwerdesache des Dr. NN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Jänner 1991, Zl. MA 70-10/1220/90/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, beschlossen und zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §5 Abs1;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des Beschwerdeführers, "zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG im Hinblick auf die Bestimmungen der Art. 44 B-VG und Art. 90 B-VG sowie Art. 6 MRK den Akt an den Verfassungsgerichtshof" zu "überweisen", wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen habe, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 15. Mai 1990, zugestellt am 28. Mai 1990, binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung bekanntzugeben, wer sein Kraftfahrzeug in Wien 13, Lainzerstraße 138 abgestellt hat, sodaß es am 28. April 1990 um

9.40 Uhr dort gestanden ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat die an ihn gerichtete schriftliche Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 innerhalb der zweiwöchigen Frist dahingehend beantwortet, daß das gegenständliche Fahrzeug "am 28.4.1990 von mehreren meiner Kanzleiangestellten benützt" und "es nun zufolge urlaubsbedingter Abwesenheit von Angestellten derzeit nicht möglich" sei, "den Lenker für den Zeitpunkt 28.4.1990 9.40 Uhr festzustellen". Der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, er sei damit seiner sich aus § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergebenden Verpflichtung nachgekommen, kann nicht gefolgt werden. Dieser Bestimmung liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1980, Zl. 3339/79, und vom 17. November 1982, Zlen. 82/03/0255, 0261). Eine Erstreckung der im § 103 Abs. 2 KFG 1967 genannten Frist von zwei Wochen ist nicht vorgesehen, sondern erscheint diese Frist dem Gesetzgeber für die Beantwortung der Anfrage, die allenfalls erst durch Erkundigungen des Zulassungsbesitzers bei anderen Personen oder Nachschau in entsprechenden Aufzeichnungen ermöglicht wird, im Rahmen des Zumutbaren ausreichend. Kann die geforderte Auskunft dennoch nicht innerhalb dieses Zeitraumes erteilt werden, so hat der Zulassungsbesitzer die Behörde unter Angabe der entgegenstehenden Umstände davon fristgerecht in Kenntnis zu setzen, wobei er im gegebenen Zusammenhang nur dann als straffrei anzusehen ist, wenn eine Prüfung dieser Umstände zu dem Ergebnis führt, daß ihn an der Unmöglichkeit der (rechtzeitigen) Auskunftserteilung kein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verschulden trifft (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1990, Zl. 90/18/0133). Es kommt daher nur mehr darauf an, ob den Beschwerdeführer an der Begehung dieser objektiv verwirklichten Straftat kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG trifft. Der Beschwerdeführer hat aber nicht ein solches mangelndes Verschulden im Sinne dieser Gesetzesstelle glaubhaft gemacht.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Verantwortung des Beschwerdeführers entgegengehalten, "daß er, eben um Vorfälle, wie den gegenständlichen, zu vermeiden, auch vom Gesetz her verpflichtet ist, entsprechende Aufzeichnungen zu führen, sodaß es ihm jederzeit möglich ist, auf Anfrage der Behörde den betreffenden Lenker bekanntzugeben". Damit hat die belangte Behörde erkennbar auf die Bestimmung des § 103 Abs. 2 dritter Satz zweiter Halbsatz KFG 1967 Bezug genommen, wonach dann, wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, diese Aufzeichnungen zu führen sind. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, daß sich aus dieser Bestimmung "in keiner Weise herauslesen" lasse, "daß der Halter des Fahrzeuges verpflichtet wäre, SELBST Aufzeichnungen zu führen", und er "ohne Zweifel" Aufzeichnungen habe "führen lassen, nur" seien "diese zum Zeitpunkt der Lenkerauskunft nicht greifbar" gewesen. Ungeachtet der Frage, ob es sich hiebei nicht um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt, wäre damit für den Standpunkt des Beschwerdeführers jedenfalls nichts zu gewinnen. Auch wenn es nämlich an sich nicht ausgeschlossen erscheint, derartige Aufzeichnungen von anderen Personen führen zu lassen, so muß doch - vom bereits angesprochenen Zweck der Regelung her - vom Zulassungsbesitzer zumindest verlangt werden, daß er hinreichend dafür Sorge trägt, daß ihm diese Aufzeichnungen zwecks Ermöglichung der (rechtzeitigen) Beantwortung einer Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG 1967, mit deren Erhalt er grundsätzlich immer zu rechnen hat, jederzeit zur Verfügung stehen. Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, entsprechend vorgesorgt zu haben, obwohl ihm - bei Richtigkeit seines Vorbringens - hätte bewußt sein müssen, daß er während der urlaubsbedingten Abwesenheit von Angestellten keinen Zugang zu den Aufzeichnungen hat. Der Beschwerdeführer hätte daher auch in diesem Fall den Umstand, daß er nicht rechtzeitig die von ihm geforderte Auskunft erteilt hat, in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Im Hinblick darauf, daß demnach der für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende Sachverhalt gemäß § 37 AVG feststand, erübrigte sich die Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens. Ebenso ist die Rüge des Beschwerdeführers, es sei sein Parteiengehör verletzt worden, schon deshalb verfehlt, weil er hinreichend Gelegenheit hatte, zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf Stellung zu nehmen, wovon er insbesondere in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis Gebrauch gemacht hat. Die von ihm geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich erklärt, "auch in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt worden" zu sein, so ist er darauf hinzuweisen, daß diesbezüglich dem Verwaltungsgerichtshof die Kompetenz fehlt und es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich mit Rücksicht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1988, Zlen. G 72/88 u.a., in welchem ausgesprochen wurde, daß die Regelung des § 103 Abs. 2 erster bis dritter Satz KFG 1967 in der (auch auf den vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden) Fassung der 10. Novelle durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes dieser Regelung verfassungsrechtlich gedeckt sei, auch nicht zu einer Antragstellung im Sinne des Art. 140 B-VG veranlaßt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1991, Zl. 90/18/0273).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Da für die vom Beschwerdeführer begehrte "Überweisung des Aktes an den Verfassungsgerichtshof" keine entsprechende Rechtsgrundlage vorhanden ist, war dieser in der Beschwerde subsidiär gestellte Antrag zurückzuweisen.

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