VwGH 90/18/0273

VwGH90/18/027318.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. April 1990, Zl. Ib-292-62/89, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwRallg;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. April 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, als Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen vom 21. Februar 1989 nicht binnen zwei Wochen nach der am 27. Februar 1989 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt zu haben, von wem das dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug am 4. Oktober 1988 vor 22,50 Uhr in Wien 1., auf Höhe des Hauses Singerstraße 5, abgestellt worden sei, bzw. die Person nicht benannt zu haben, die diese Auskunft erteilen könne. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe 96 Stunden) verhängt worden ist.

Die Berufungsbehörde wies in der Begründung ihres Bescheides darauf hin, daß der Beschwerdeführer unbestritten der Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges sei und nicht in Abrede gestellt habe, seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen zu sein. Dem Einwand des Beschwerdeführers, § 103 Abs. 2 KFG 1967 sei "konventionswidrig", erwiderte die Behörde mit einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1988, Zl. G 72/88, mit welchem dieser Gerichtshof die in Rede stehende Bestimmung auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft und nicht als verfassungswidrig aufgehoben habe. Wenn nun der Beschwerdeführer neuerlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung geltend mache, so ändere dies nichts daran, daß die Verwaltungsbehörden bestehende Normen ohne Rücksicht auf ihre Verfassungskonformität bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof anzuwenden hätten. Zu einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen sei allein der Verfassungsgerichtshof berufen, weshalb die Einwendungen des Beschwerdeführers unbeachtlich seien. Zur Strafbemessung wurde in der Begründung dieses Bescheides nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 19 VStG 1950 bemerkt, daß durch das Verhalten des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt worden sei, da der Schutzzweck der vom Beschwerdeführer übertretenen Rechtsvorschrift darin liege, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden könne. Diesem Schutzzweck habe der Beschwerdeführer durch sein Verhalten zuwidergehandelt. Er sei in der Lage gewesen, das Unerlaubte seines Verhaltens einzusehen. Aus der Berufung des Beschwerdeführers ergebe sich, daß ihm ganz klar gewesen sei, mit der Auskunftsverweigerung gegen bestehende Gesetze zu verstoßen. Es sei daher von einem Verschulden auszugehen, wobei als Schuldform Vorsatz angenommen werde. Als erschwerend seien mehrere einschlägige Vorstrafen zu bewerten. Milderungsgründe seien keine hervorgekommen. Die behauptete Willkür der Behörde liege daher nicht vor, da sich die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe immer noch im unteren Bereich des im Kraftfahrgesetz vorgesehenen Strafrahmens bewege und die wiederholte Begehung einer Tat strafverschärfend wirke. Die vom Beschwerdeführer angeführten Beweggründe für sein Verhalten (Konventionswidrigkeit der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967) seien unbeachtlich. Mit Schreiben vom 23. Mai 1989 sei der Beschwerdeführer ersucht worden, Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu machen, worauf er geantwortet habe, daß die verhängte Geldstrafe seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sicher angemessen sei. Daher könnten auch die persönlichen Verhältnisse keine für den Beschwerdeführer günstigere Strafbemessung bewirken. Unter sorgfältiger Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse finde die Berufungsbehörde daher keinen Anlaß, von der festgesetzten Strafe abzugehen. Die verhängte Geldstrafe erscheine der Behörde "schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen".

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch in der Beschwerde nicht, die verlangte Auskunft verweigert zu haben, meint aber neuerlich, daß die Bestimmungen des § 103 Abs. 2 KFG 1967 insbesondere gegen Art. 6 der EMRK verstoßen, weil er gezwungen werden sollte, gegen seine Gattin oder seine Tochter auszusagen, da eine von beiden das Fahrzeug zum maßgebenden Zeitpunkt vorschriftswidrig abgestellt habe.

In Erwiderung auf dieses Vorbringen ist auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1988, Zlen. G 72/88 u.a., zu verweisen, in welchem ausgeführt worden ist, daß die Regelung des § 103 Abs. 2 erster bis dritter Satz KFG 1967 in der Fassung der 10. Novelle durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes dieser Regelung verfassungsrechtlich gedeckt sei, weshalb sie weder Art. 90 Abs. 2 B-VG noch Art. 6 MRK - den der Verfassungsgerichtshof (bloß) in seiner innerstaatlichen Maßstabfunktion anzuwenden habe - verletze. Sie sei daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zu keiner (neuerlichen) Antragstellung im Sinne des Art. 140 B-VG veranlaßt. Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, eine auf Art. 144 Abs. 1 B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.

Der Beschwerdeführer vermag aber auch mit dem gegen die Strafbemessung gerichteten Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Einerseits hat er nämlich während des Berufungsverfahrens, wie schon erwähnt, der belangten Behörde gegenüber ausdrücklich erklärt, daß die (von der Behörde erster Instanz) "verhängte Geldstrafe meinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sicher angemessen ist", und andererseits ist dem Einwand, im vorliegenden Fall sei von der Fahrzeuglenkerin gegen ein Parkverbot verstoßen worden und es sei nicht nachvollziehbar, warum für die Verweigerung der Auskunft "eine höhere Geldstrafe angesetzt wird, als jene, welche für das Grunddelikt einzusetzen gewesen wäre", zu entgegnen, daß die belangte Behörde nicht gehalten war, bei der Strafbemessung auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Übertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 89/02/0005). Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß bei der Strafbemessung zufolge § 19 Abs. 2 VStG 1950 auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist, weshalb auch der Umstand besonders ins Gewicht fällt, daß der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung vorsätzlich begangen hat. Daß über ihn wegen einer früher begangenen gleichartigen Übertretung sogar schon einmal eine höhere Strafe verhängt worden ist, bedeutet nicht, daß der belangten Behörde deshalb im Beschwerdefall eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung vorgeworfen werden könnte, weshalb auch die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht von Bedeutung ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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