VwGH 90/16/0103

VwGH90/16/010314.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden von 26 Miteigentümern gegen die Bescheide der FLD für Wien, NÖ und Bgld 9., 10., 12. und 15. je

vom 23. April 1990, 7., 8., 20. und 23. bis 26. je vom 24. April 1990, 11., 16., 19. und 22. je vom 25. April 1990,

1. bis 6., 13., 14., 17., 18. und 21. je vom 16. April 1990 lauten Zl. 1. GA 11-2183/89 (hg. Zl. 90/16/0103),

2. GA 11-2184/89 (hg. Zl. 90/16/0104, 3. GA 11- 2187/89 (hg. Zl. 90/16/0105), 4. GA 11- 2191/89 (hg. Zl. 90/16/0106),

5. GA 11 - 2190/89 (hg. Zl. 90/16/0107), 6. GA 11 - 2189/89 (hg. Zl. 90/16/01089, 7. GA 11 - 2167/89 (hg. Zl. 90/16/0109),

8. GA 11 - 2166/89 (hg. Zl. 90/16/0110), 9. GA 11 - 2165/89 (hg. Zl. 90/16/0111), 10. GA 11 - 2164/89 (hg. Zl. 90/16/0112),

11. GA 11 - 2177/89 (hg. Zl. 90/16/0113), 12. GA 11 - 2163/89 (hg. Zl. 90/16/0114), 13. GA 11 - 2197/89 (hg. Zl. 90/16/0115),

14. GA 11 - 2196/89 (hg. Zl. 90/16/0116), 15. GA 11 - 2162/89 (hg. Zl. 90/16/0117), 16. GA 11 - 2178/89 (hg. Zl. 90/16/0118),

17. GA 11 - 2185/89 (hg. Zl. 90/16/0119), 18. GA 11 - 2186/89 (hg. Zl. 90/16/0120), 19. GA 11 - 2182/89 (hg. Zl. 90/16/0121),

20. GA 11- 2172/89 (hg. Zl. 90/16/0122), 21. GA 11- 2188/89 (hg. Zl. 90/16/0123), 22. GA 11 - 2176/89 (hg. Zl. 90/16/0124),

23. GA 11 - 2171/89 (hg. Zl. 90/16/0125), 24. GA 11 - 2168/89 (hg. Zl. 90/16/0126), 25. GA 11 - 2170/89 (hg. Zl. 90/16/0127), und 26. GA 11 - 2173/89 (hg. Zl. 90/16/0128); alle betreffend Grunderwerbsteuer zu

Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §5;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §6 Z9 lita;
VwGG §41 Abs1;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §5;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §6 Z9 lita;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Spruch dieses Erkenntnisses näher angeführten und mit weiteren, im wesentlichen gleichlautenden zwölf Berufungsentscheidungen wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) jeweils die Berufung eines bzw. einer der - in der Folge als Miteigentümer bezeichneten - 38 Miteigentümer einer bestimmten Liegenschaft in Wien VIII. (in der Folge: Liegenschaft) gegen den ihn bzw. sie betreffenden Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) vom 22. März 1989 als unbegründet ab. Mit diesen erstinstanzlichen Bescheiden war jeweils das mit einem rechtskräftigen Bescheid des FA vom 14. Dezember 1984 abgeschlossen gewesene, den jeweiligen der 38 Erwerbsvorgänge betreffende Grunderwerbsteuerverfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und Grunderwerbsteuer mit einem (gegenüber dem ursprünglich festgesetzt gewesenen) höheren Betrag festgesetzt worden.

Diese Berufungsentscheidungen begründete die belangte Behörde im wesentlichen wie folgt:

Voreigentümer der 549 m2 großen, mit einem um das Jahr 1840

in Ziegelbauweise errichteten, unterkellerten, viergeschoßigen

Mietwohnhaus (in der Folge: Haus) bebauten Liegenschaft seien

(seit dem Jahre 1975) die (Bauunternehmung) B... und

Co. Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: B) mit einem Anteil von

265/384stel und (der mit Unternehmungsveräußerungen,

Immobilien, Wohnungen und Lokalitäten befaßte

Immobilientreuhänder) Ernst ... (in der Folge: Ernst) mit einem

Anteil von 119/384stel gewesen. Ursprünglich habe das Haus eine Gesamtnutzfläche von 1159,32 m2 - vier Geschäftslokale und 17 Wohnungen (Ausstattungskategorie D: Wasserentnahmestelle und Klosett auf dem Gang) - gehabt.

Vor dem Jahre 1983 sei der Architekt Dipl. Ing. K. (in der Folge: K) von B und Ernst mit der Planung eines Um- und Zubaues des Hauses durch Wohnungszusammenlegungen und Ausbau des Dachgeschoßes samt Lifteinbau beauftragt worden. Die von K. verfaßten Einreichpläne seien mit 7. Jänner 1983 datiert.

Am 15. April 1983 sei durch (den Immobilienverwalter und zumindest eine Zeitlang Geschäftsführer der B) Herbert T... (in der Folge: T) als bevollmächtigten Vertreter der Voreigentümer der Liegenschaft ein Bauansuchen bei der Baubehörde eingebracht worden. T sei ebenfalls als Bauwerber aufgetreten. Der Bauführer sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden. Als Planverfasser sei K. ausgewiesen gewesen.

In der Folge seien von der Baubehörde für den 30. Mai und 26. Juli 1983 mündliche Verhandlungen anberaumt worden. Deren Gegenstand sei gewesen:

a) die Errichtung zweier Wohnungen im Dachgeschoß durch Ausbau des Dachbodens und Abtragen der Dachkonstruktion über beiden Seitentrakten zur Schaffung von Terrassen,

b) die Abänderung der Raumeinteilung in sämtlichen Geschoßen, Zusammenlegung von Wohnungen, Einbau von Bädern und Aborten in die Wohnungen sowie der Umbau der hinteren Abortgruppe in einen Aufzugsschacht. An Stelle von bisher 17 Wohnungen und 4 Geschäften seien 13 Wohnungen und 4 Geschäfte vorgesehen gewesen;

c) die Errichtung einer maschinellen Hauswaschküche und eines Aufzugstriebwerkraumes im Kellergeschoß.

Mit Schriftsatz vom 26. August 1983 sei von den durch Rechtsanwalt Dr. P... vertreten gewesenen Voreigentümern der Liegenschaft ein Antrag auf Erhöhung der Hauptmietzinse beim Magistrat der Stadt Wien eingebracht worden. Nach diesem Antrag betrage das monatliche Deckungserfordernis bei einem Verteilungszeitraum von zehn Jahren S 70.000,--. Die Entscheidung in dieser inzwischen bei Gericht anhängig gemachten Sache stehe noch aus.

Mit Bescheid der Baubehörde vom 28. Dezember 1983 sei die Baubewilligung für die vorgesehenen Revitalisierungsmaßnahmen erteilt worden. Der Bescheid sei an T als Bauwerber, sowie an B und Ernst als Grundeigentümer ergangen.

In der Folge sei von einer Anlagenberatungsgesellschaft in Salzburg als Initiatorin ein Beteiligungskonzept für das in der Folge näher bezeichnete Projekt ausgearbeitet worden.

Mit dem im August 1984 erstellten und veröffentlichten Prospekt sei das Projekt, "Miteigentümergemeinschaft Josefstadt, 1080 Wien ..." einem anlagewilligen Publikum vorgestellt und dieses zur Zeichnung von Liegenschaftsanteilen eingeladen worden.

Dieser Prospekt beinhalte im wesentlichen eine Beschreibung des Projekts, die Darstellung der erforderlichen Investitionen und deren Finanzierung, die Vorstellung der Beteiligungsform, die Art der Verwertung des Objektes, eine Prognose über die Wertentwicklung der Liegenschaft und eine steuerliche Betrachtung.

Der Prospekt stelle als Partner vor: Die erwähnte

Anlagenberatungsgesellschaft (Konzeption, Vertriebskoordination

und Anlagenbetreuung), einen namentlich nicht genannten

beeideten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Salzburg

(steuerliche Konzeption und Steuerberatung), einen namentlich

nicht genannten Rechtsanwalt in Wien (Vertragserrichtung und

Verbücherung), den - in der Folge als Treuhänder bezeichneten -

Immobilien- und Vermögenstreuhänder Dr. K... in Wien

(Treuhänder), den Architekt Dipl. Ing. M... in Wien

(Projektplanung und Prüfungsingenieur), die - in der Folge als Treuhandgesellschaft angeführte - A...

Treuhandgesellschaft m.b.H. in Wien (Generalunternehmer, Mietgarantie) und die - in der Folge als Sparkasse erwähnte - W... Sparkasse (Finanzierungszusage für Fremdmittel).

Der Investitionsbedarf von insgesamt S 31,000.000,-- werde folgendermaßen aufgeschlüsselt: S 6,600.000,-- (Kaufpreis der Liegenschaft einschließlich Nebenkosten), S 6,640.000,-- (Instandsetzung des Hauses), S 2,560.000,-- (Ausbau des Hauses), S 8,874.000,-- (Finanzierungskosten einschließlich Zinsenvorauszahlung), S 1,500.000,-- (Konzeption und Vertrieb), S 2,290.800,-- (Honorare, Garantie, Liquiditätsreserve) und S 2,535.200,-- (Umsatzsteuer).

Die Finanzierung solle durch Eigen- (S 11,000.000,--) und Fremdmittel (S 20,000.000,--) erfolgen.

Ausdrücklich werde im Prospekt hervorgehoben, daß die Einhaltung der planmäßigen Baukosten und die vorgesehene Bauzeit durch eine Fixpreis- und Fertigstellungsgarantie der Treuhandgesellschaft gewährleistet und die Mieteinnahmen für die Jahre 1986 bis 1990 in Höhe einer Jahresmiete von S 1,020.000,-- mit einer Mietgarantie dieser Gesellschaft besichert seien.

Die Zeichnung der Liegenschaftsanteile solle in Stückelungen von 384stel-Anteilen erfolgen, wobei die Mindestbeteiligung 4/384stel betrage.

Die Zeichnungsunterlagen - bestehend aus Prospekt, steuerlicher Konzeption, Mietgarantie, Formularen und Vertriebsmustern - seien von der Initiatorin des Anlage-Angebotes neben einer Anlegerschutz-Erklärung nach dem Muster eines bestimmten Kapitalanlageinformationszentrums in der (damaligen) BRD Anlageinteressenten, Anlageberatern und Steuerberatern übermittelt worden.

Im Rahmen des "Bauherrnmodells" seien nachstehend angeführte Garantieerklärungen abgegeben bzw. vom Treuhänder folgende Vereinbarungen abgeschlossen worden:

Die erwähnte Anlagenberatungsgesellschaft (Erstellung des

Vertriebskonzeptes, Auftrag vom 20. August 1984,

Schließungsgarantie vom 27. August 1984,

Generalvertriebsvertrag vom 31. August 1984), die

Treuhandgesellschaft (Mietgarantie-Erklärung vom

31. August 1984, Hauptübernehmerwerkvertrag vom

13. Dezember 1984), Elisabeth ... (Vermittlung der

Mietgarantie-Erklärung, Vereinbarung vom 31. August 1984) und

Fritz ... (Kreditvermittlung, Vereinbarung vom

31. August 1984).

In der Zeit vom 3. September bis 28. November 1984 seien 38 Interessenten (diese bzw. in einem Fall die Rechtsnachfolgerin sind die Miteigentümer) für das Beteiligungsangebot akquiriert worden. Von ihnen sei das an die Voreigentümer gerichtete unwiderrufliche Anbot, Miteigentum im bestimmten Ausmaß an der Liegenschaft zu dem im Prospekt angeführten Kaufpreis erwerben zu wollen, unterfertigt worden, und zwar mit den damit im Zusammenhang stehenden Verpflichtungen, einen Kaufvertrag über den Erwerb des Liegenschaftsanteiles, eine Vereinbarung und Bevollmächtigung, wodurch der Treuhänder als solcher mit der Durchführung der festgelegten Maßnahmen zur "Zedierung" des Projekts beauftragt und bevollmächtigt werde, sowie einen Darlehensvertrag mit der Sparkasse samt Pfandbestellungsurkunde zu unterfertigen.

Der Interessent habe in seinem Anbot ausdrücklich bestätigt, ihm sei der Inhalt der Beilagen (Kaufvertrag, Vereinbarung und Bevollmächtigung, Darlehensvertrag und Pfandbestellungsurkunde), der Zahlungsplan sowie der Prospekt mit den Angaben zur Vorgangsweise der Miteigentümergemeinschaft bekannt.

Weiters habe der Anleger bereits im Anbot an die Voreigentümer den Treuhänder und die erwähnte Anlagenberatungsgesellschaft beauftragt und bevollmächtigt, die für die Kaufdurchführung, Finanzierung und Projektabwicklung erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

Die auf den Liegenschaftsanteil entfallenden Eigenmittel seien binnen 14 Tagen nach Anbotsunterfertigung auf ein bestimmtes Konto bei der Sparkasse (in der Folge: Treuhandkonto) einzuzahlen gewesen.

An dieses Anbot sei der Zeichner bis zum 31. Dezember 1984

gebunden gewesen.

Im Zeitraum 6. November bis 4. Dezember 1984 seien von den Zeichnern unter einem folgende Urkunden unterfertigt worden:

a) Kaufvertragsanbot für den Erwerb eines bestimmten Miteigentumsanteils,

b) Vereinbarung und Bevollmächtigung (Treuhandvereinbarung), mit der der Treuhänder ermächtigt worden sei

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