VwGH 90/18/0110

VwGH90/18/01107.9.1990

N gegen Wiener Landesregierung vom 20. März 1990, Zl. MA 70-9/395/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 20. März 1990 wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug für schuldig erkannt, sie habe am 25. Mai 1988 um 19.25 Uhr in Wien 1, Laurenzerberg 2, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug "gehalten", obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotstafeln gekennzeichnetes Halteverbot bestanden habe. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 begangen; es wurde eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verurteilt. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, nach den Angaben des als Zeuge vernommenen Meldungslegers sei der für die Beschwerdeführerin zugelassene Pkw zur Tatzeit am Tatort abgestellt gewesen. Die "Mitteilungspflicht" des Beschuldigten im Strafverfahren erfordere es, daß dieser seine Verantwortung nicht auf die Bestreitung konkreter Erhebungsergebnisse beschränke, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, das Kraftfahrzeug zur Tatzeit einer anderen Person zum Lenken überlassen zu haben, sie habe auch nicht vorgebracht, daß das Fahrzeug zur Tatzeit anderswo abgestellt gewesen sei. Aus diesen Gründen sei die Tat als erwiesen anzunehmen gewesen. Zur Frage des am Tatort zur Tatzeit verordneten Halteverbotes wurde ausgeführt, laut Niederschrift vom 5. November 1986 sei das Halteverbot verordnet und ordnungsgemäß kundgemacht worden. Die Kopie des Verordnungsaktes - und nur eine solche sei auch der Berufungsbehörde vorgelegen - sei leserlich. Aus diesem Akt sei zu entnehmen, daß in Wien 1, Laurenzerberg Nr. 2 (Tatort) ab dem Schutzweg auf der Höhe Fleischmarkt auf einer Länge von 10 m und in der Höhe Schwedenplatz ONr. 3-4 ab der Auffahrtsrampe auf einer Länge von 15 m das Halten für Fahrzeuge aller Art verboten sei. Der Beschwerdeführerin stehe kein subjektives Recht auf Einsichtnahme in den Verordnungsakt zu. Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei demnach rechtswidrig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegene, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was die Frage anlangt, ob der gesetzliche Tatbestand durch die Beschwerdeführerin hergestellt wurde, so handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h., ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Ausgehend von diesen Grundsätzen, erscheint die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht unschlüssig. Anstelle des von der belangten Behörde verwendeten Ausdruckes "Mitteilungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren" soll es allerdings heißen "Mitwirkungspflicht", wie dies z.B. das Erkenntnis vom 17. September 1968, Slg. N.F. Nr. 7400/A ausgesprochen hat.

Zur Frage der Erlassung und Kundmachung einer Verordnung über ein Halteverbot am Tatort:

Mit Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 5. November 1986 wurde 1. in Wien 1, Laurenzerberg ONr. 2, ab dem Schutzweg in der Höhe des Fleischmarktes auf einer Länge von 10 m ein Halteverbot schlechthin, und 2. anschließend an die genannte Verkehrsfläche vor der restlichen Örtlichkeit Laurenzerberg 2 ein Halteverbot für Fahrzeuge aller Art, ausgenommen neun Taxifahrzeuge, erlassen. Die entsprechenden Verkehrszeichen wurden, wie sich aus einem Aktenvermerk der Magistratsabteilung 46 ergibt, am 6. Juli 1987 aufgestellt.

In Anbetracht des unbestrittenen Umstandes, daß das Kraftfahrzeug der Beschwerdeführerin kein Taxifahrzeug war, erweist sich die Rüge gegen die Art der Umschreibung des Tatortes als nicht gerechtfertigt - bestand doch zur Tatzeit vor der gesamten Örtlichkeit Laurenzerberg ONr. 2 ein Halteverbot, welches für das Fahrzeug der Beschwerdeführerin galt. Nach dem oben zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates, diese Ausführungen veröffentlich in Slg. N.F. Nr. 11894/A, wird das an die Tatort- und Tatzeitumschreibung zur stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an bestimmten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein. Diese Rechtsschutzüberlegungen bestehen darin, daß der Beschuldigte im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren, in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, ferner, daß der Spruch geeignet sein muß, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es ist weder ersichtlich noch wird es von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, in welcher Richtung ihre diesbezüglichen Verteidigungsrechte durch das Verhalten der belangten Behörde verletzt worden sein sollten.

Auch die Rüge der Beschwerdeführerin, ihr Recht auf Parteiengehör sei verletzt worden, weil die ihr zugekommenen Unterlagen betreffend der Halteverbotsverordnung nicht deutlich lesbar gewesen seien, ist deshalb nicht begründet, weil die Beschwerdeführerin nicht vorbrachte, welche konkreten Anträge zum Ermittlungsverfahren sie gestellt hätte, wären ihr - nach ihrer Ansicht nach leserliche - "Unterlagen" zugekommen. Es läßt sich aus dieser Rüge somit nicht erkennen, daß geschützte Rechte der Beschwerdeführerin im Sinne des Aufhebungsgrundes des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG verletzt wurden.

Da es somit der Beschwerde insgesamt nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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