Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs4 litd;
B-VG Art10 Abs1 Z9 idF 1974/444 ;
B-VG Art11 Abs1 Z4 idF 1960/148 ;
KFG 1967 §100 idF 1971/285 ;
KFG 1967 §123 idF 1986/106 ;
StVO 1960 §11 Abs1;
StVO 1960 §18 Abs1;
StVO 1960 §94a Abs1 idF 1989/86 ;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §47 Abs1 idF 1987/516 ;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §52 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs4 litd;
B-VG Art10 Abs1 Z9 idF 1974/444 ;
B-VG Art11 Abs1 Z4 idF 1960/148 ;
KFG 1967 §100 idF 1971/285 ;
KFG 1967 §123 idF 1986/106 ;
StVO 1960 §11 Abs1;
StVO 1960 §18 Abs1;
StVO 1960 §94a Abs1 idF 1989/86 ;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §47 Abs1 idF 1987/516 ;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §52 Abs1;
Spruch:
1) Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung richtet, als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2) Der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 24. November 1988, gegen 20.45 Uhr, auf einem näher bezeichneten Abschnitt der B 1 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws 1) beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 60 km/h einen Abstand von ca. 1 m zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe,
2) Schallzeichen gegeben, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert habe, 3) Blinkzeichen vorschriftswidrig durch längere Zeit abgegeben, 4) nach dem Überholvorgang den Fahrstreifen nach rechts gewechselt, ohne sich vorher überzeugt zu haben, daß dies ohne Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei; der überholte Kraftfahrzeuglenker habe sein Fahrzeug stark abbremsen und ablenken müssen. Der Beschwerdeführer habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu
1) nach § 18 Abs. 1 StVO, zu 2) nach § 22 Abs. 2 erster Satz StVO, zu 3) nach § 100 zweiter Satz KFG, zu 4) nach § 11 Abs. 1 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
ZUM BESCHEID DER OBERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG:
Der Beschwerdeführer macht Verfolgungsverjährung geltend, weil die Strafverfügung vom 24. Jänner 1989 auf der Anzeige einer Privatperson beruhe und er ein Geständnis nicht abgelegt habe. Sie sei daher entgegen der Bestimmung des § 47 Abs. 1 VStG erlassen worden und stelle keine taugliche Verfolgungshandlung dar.
Dieser Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten: Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist (verjährungsunterbrechende) Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung - wie ausdrücklich auch eine Strafverfügung -, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid selbst ausgeführt, daß die Strafverfügung der Erstbehörde gegen § 47 Abs. 1 VStG verstoßen hat. Eine mit diesem Fehler behaftete Strafverfügung ist deshalb aber nicht schon rechtlich wirkungslos; der Beschwerdeführer erkennt selbst, daß das Gesetz hiefür keine Nichtigkeitssanktion vorsieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1988, Zl. 88/03/0102). Sogar einer von einer unzuständigen Behörde erlassenen Amtshandlung billigt das Gesetz die Eigenschaft einer tauglichen Verfolgungshandlung zu. Auch eine entgegen § 47 Abs. 1 VStG erlassene Strafverfügung läßt den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten Person und einer bestimmten strafbaren Handlung erkennen. Die Strafverfügung vom 24. Jänner 1989 war somit geeignet, die Verjährung der Verfolgung der Straftat vom 24. November 1988 zu verhindern.
Unzutreffend ist auch die Meinung des Beschwerdeführers, bei Verfolgung der Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO wäre als Tatbestandselement (zusätzlich) anzuführen gewesen, daß das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst werde. Der zweite Halbsatz des § 18 Abs. 1 StVO stellt lediglich einen gesetzlichen Hinweis ("auch wenn") darauf dar, für welchen - beispielhaften - Fall u.a. das rechtzeitige Anhalten möglich sein muß. Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers wird durch die von ihm zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. März 1978, ZVR 1978/302, nicht gestützt. Damals hat der Oberste Gerichtshof lediglich ausgesprochen, daß der Nachkommende nicht damit zu rechnen brauche, ein grob verkehrswidrig in die Lücke schneidender dritter Verkehrsteilnehmer werde den für das gefahrlose Anhalten bei einer plötzlichen Bremsung des vorausfahrenden Verkehrsteilnehmers notwendige Tiefenabstand verkürzen.
Sowohl in der Strafverfügung als auch im angefochtenen Bescheid ist die dem Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 StVO angelastete Tat noch näher damit umschrieben worden, daß der Beschwerdeführer bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 60 km/h einen Abstand von ca. 1 m zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Lichte seiner Rechtsprechung zu § 44a lit. a VStG (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894/A) nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt und die Tatumschreibung daher bedenklich wäre (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 9. November 1984, Zl. 84/02B/0064).
Unschlüssig sind die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Tatvorwurf nach § 11 Abs. 1 StVO: Es widerspricht keineswegs der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Lenker eines überholenden und schnelleren Fahrzeuges den Lenker eines zu überholenden Fahrzeuges beim Wiedereinordnen in den rechten Fahrstreifen behindern kann. Dies kann dann der Fall sein, wenn ersterer diesen Fahrstreifenwechsel im Zuge des Überholvorganges zu früh vornimmt. Wenn die belangte Behörde daher der Aussage des Anzeigers, der Beschwerdeführer hätte ihn so "geschnitten", daß er aufs Bankett gekommen sei und Mühe gehabt habe, sein Fahrzeug auf der Straße zu halten, Glauben geschenkt hat, so kann der Verwaltungsgerichtshof darin im Rahmen der ihm zustehenden beschränkten Beweiswürdigungskontrolle (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) eine rechtswidrige Beweiswürdigung nicht erblicken. Der Einholung eines Kfz-technischen Amtssachverständigengutachten bedurfte es unter den gegebenen Umständen nicht.
Zur Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 2 erster Satz StVO hat der Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet, auf das gesondert einzugehen wäre.
Die Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
ZUM BESCHEID DES LANDESHAUPTMANNES VON OBERÖSTERREICH:
Gemäß § 100 Satz 2 KFG dürfen Blinkzeichen - außer mit Alarmblinkanlagen - nicht durch längere Zeit abgegeben werden.
Der Beschwerdeführer behauptet, der diesbezügliche Tatvorwurf finde in den Verfahrensergebnissen keine Deckung.
Dem von der belangten Behörde bestätigten Schuldspruch des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer deshalb bestraft wurde, weil er Blinkzeichen vorschriftswidrig "durch längere Zeit" abgegeben hat.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid aber keine Tatsachenfeststellungen getroffen, an Hand derer überprüft werden könnte, ob die Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter die genannte Gesetzesstelle richtig ist. Der allgemeine Verweis auf die Ausführungen des Anzeigers, der im übrigen hiezu lediglich angegeben hat, der Beschwerdeführer habe vor dem Überholvorgang "mehrmals" die Lichthupe betätigt, reicht hiefür nicht aus.
Die vorliegende Begründungslücke hindert somit die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit, weshalb der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 600 ff).
Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Da in der Beschwerde zwei in einer Ausfertigung zusammengefaßte Bescheide angefochten wurden, die in verfassungsrechtlich getrennten Vollzugsbereichen ergangen sind, war die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz gemäß § 52 Abs. 1 VwGG so zu beurteilen, wie wenn jeder der Bescheide in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre (vgl. Dolp, a.a.O. S. 675f).
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