VwGH 86/07/0203

VwGH86/07/02032.2.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde des LB in W, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien VIII, Piaristengasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Juli 1986, Zl. 510.671/03-I 5/86, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: E-KG in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §56;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §99 Abs1;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §99 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1984, Zl. 83/07/0059, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den damals vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (der auch nunmehr belangten Behörde) vom 31. Jänner 1983 - damit war die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Juni 1982, soweit mit diesem der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) die Bewilligung zur Nutzung des Grundwasserteiches als Badeteich erteilt worden war, "infolge Präklusion" abgewiesen worden - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die im bekämpften Bescheid angenommene Präklusion des Beschwerdeführers mit seiner in der Berufung erhobenen Einwendung gegen die von der mP beantragte Badeteichnutzung auf einer (im übrigen von der belangten Behörde in der Gegenschrift einbekannten) Aktenwidrigkeit beruht habe; der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift unternommene Versuch, den für ihren abweislichen Bescheid allein maßgebenden Grund der (aktenwidrig angenommenen) Präklusion des Beschwerdeführers durch ein in diesem Bescheid enthaltenes obiter dictum als tragende Begründung zu ersetzen, habe unter dem Blickwinkel des hg. Erkenntnisses vom 21. März 1980, Slg. Nr. 10.074/A, aufgrund der hinsichtlich Aufbau und Formulierung eindeutigen Begründung der angefochtenen Entscheidung sowie der in deren Spruch aufgenommenen Wendung "infolge Präklusion" scheitern müssen.

2. In dem aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses vom 8. Mai 1984, Zl. 83/07/0059, notwendig gewordenen fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde nach Durchführung ergänzender Ermittlungen neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Juni 1982 entschieden. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der genannte erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 AVG 1950 durch Hinzufügung von insgesamt sieben "Bedingungen" geändert, im übrigen der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend kam die belangte Behörde, nachdem sie einleitend darlegte, die Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Wasserrechtsbehörde erster Instanz stütze sich vorliegend auf § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959, unter Hinweis auf die wesentlichen Ergebnisse der (ergänzenden) Beweisaufnahme zu dem Schluß, "daß aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der im Gutachten des ho. wasserbautechnischen Amtssachverständigen genannten Gründe, nicht hervorgekommen ist, daß der Berufungswerber durch die gegenständlichen Maßnahmen (gemeint:

durch das Vorhaben der mP zur Nutzung des Grundwasserteiches als Badeteich und als extensiv betriebener Sportfischteich ohne Zufütterung) in seinen wasserrechtlich geschützten Rechten verletzt werden könnte".

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid erstens in seinem ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980, Zl. III/1-20.123/1-80, erteilten Wasserbenutzungsrecht (Herstellung eines Baggerteiches mit einer Gesamtfläche von ca. 14 ha auf näher bezeichneten Grundstücken zur Schotterentnahme von rund 160.000 m3 und Nutzung des Grundwasserteiches als Sportfischteich), zweitens in seinem Grundeigentum, und drittens in seinem Recht auf über die ihm durch den vorzitierten Bescheid des Landeshauptmannes erteilte wasserrechtliche Bewilligung hinausgehende Nutzung des Grundwassers als Privatgewässer auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Gerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 8. Mai 1984, Zl. 83/07/0059, bemerkt, daß die Verwaltungsbehörden im ersten Rechtsgang jeden Hinweis darauf hätten vermissen lassen, worauf sich die Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Wasserrechtsbehörde erster Instanz stütze. Die belangte Behörde hat dazu im nunmehr bekämpften Bescheid dargetan, daß die Auswirkungen, die von den Folgenutzungen Baden bzw. Fischen ausgingen, nicht als Einwirkungen aus Haushaltungen, landwirtschaftlichen Haus- und Hofbetrieben oder kleingewerblichen Betrieben eingestuft werden könnten. Daraus folge, daß im Beschwerdefall die im § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 grundsätzlich statuierte Zuständigkeit des Landeshauptmannes für Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern Platz zu greifen habe. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsauffassung.

2. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerde eine wesentliche Mangelhaftigkeit des ergänzenden Ermittlungsverfahrens dergestalt geltend, daß die belangte Behörde selbst nicht jene Grundlagen erhoben habe, deren Beischaffung dem Beschwerdeführer aufgetragen worden sei. Sie habe sich auf die eingeholten gutächtlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen gestützt, ohne daß die von ihr selbst als notwendig erachteten Grundlagen vorgelegen wären und sich somit auf Wahrscheinlichkeiten berufen, die keineswegs geeignet seien, die im Verfahren vorgebrachten Stellungnahmen des vom Beschwerdeführer beauftragten Privatsachverständigen zu widerlegen.

3.1. Im fortgesetzten Verfahren hat zunächst der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 18. Juli 1984 das von ihm eingeholte, mit 9. Februar 1983 datierte "Gutachten über die Grundwasserfließrichtung im Bereich zweier Schotterteiche in der Mitterndorfer Senke, KG G" des Univ.- Prof.Dipl.Ing. Dr. FK vorgelegt. Der mit diesem Gutachten befaßte wasserbautechnische Amtssachverständige hat daraufhin in einer Äußerung vom 10. August 1984 wie folgt Stellung genommen:

"Vor der Abgabe einer meritorischen Stellungnahme zur Frage, ob der Berufungswerber durch das Vorhaben der E-KG in seinem Recht auf Nutzung seines Baggersees als Sportfischteich verletzt wird, ersucht die ho. Fachabteilung um ergänzende Angaben zum beiliegenden Gutachten des Herrn Prof. K sowie zur derzeitigen bzw. zukünftigen Nutzung des Baggersees des Berufungswerbers, und zwar:

3.2.1. Aus der Darstellung des chronologischen Ablaufes des der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides vorangegangenen Verfahrens ist ersichtlich, daß einerseits die belangte Behörde nach Lage des konkreten Falles die Vorlage bestimmt bezeichneter planlicher Darstellungen sowie das Gutachten des Univ.-Prof.Dipl.Ing. Dr. K in bestimmter Richtung ergänzender Angaben für geboten hielt, und anderseits der Beschwerdeführer diesem behördlichen Verlangen bis zuletzt nicht entsprach. Hält man sich vor Augen, daß der wasserbautechnische Amtssachverständige in seiner oben wiedergegebenen Äußerung vom 10. August 1984 die in Rede stehenden Ergänzungen für so gewichtig erachtete, daß er sich ohne sie nicht in der Lage sah, eine "meritorische Stellungnahme" zur Frage einer allfälligen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Nutzung seines Grundwasserteiches als Sportfischteich durch das Projekt der mP abzugeben, und daß die belangte Behörde, gestützt auf dieses fachliche Urteil, den Beschwerdeführer zunächst um "ehestbaldige Vorlage der gewünschten Unterlagen" ersuchte (Schreiben vom 7. September 1984) und schließlich in einem Urgenzschreiben (vom 8. Jänner 1985) den Beschwerdeführer unter Fristsetzung aufforderte, die besagten Unterlagen vorzulegen, "um endlich in der gegenständlichen Angelegenheit eine Entscheidung herbeizuführen", so besteht für den Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel an der von der belangten Behörde aus sachverständiger Sicht angenommenen Erforderlichkeit der Bekanntgabe jener ergänzenden Darstellungen und Angaben. Die Behörde brachte solcherart in unmißverständlicher Weise zum Ausdruck, daß sie den vom Beschwerdeführer verlangten Ergänzungen für die Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes wesentliche Bedeutung beimaß. Gab aber die belangte Behörde selbst deutlich zu erkennen, daß für sie, solange sie nicht über die in der Äußerung des Amtssachverständigen vom 10. August 1984 bezeichneten "eingehenden" bzw. "genaueren" (planlichen) Darstellungen verfügt, die Sache nicht entscheidungsreif ist, dann waren, ehe ihr diese Ergänzungen nicht vorlagen, im Grunde des § 56 AVG 1950 die Voraussetzungen zur Erlassung einer die Berufung des Beschwerdeführers erledigenden Entscheidung nicht gegeben. Da, wie dargetan, der Beschwerdeführer dem Verlangen der belangten Behörde nicht Rechnung trug, vielmehr unter Hinweis auf die Amtswegigkeit des Verfahrens die Vorlage der ergänzenden Unterlagen und Angaben als durch die Mitwirkungspflicht der Parteien nicht gedeckt und letztlich als unzumutbar ansah (vgl. die Stellungnahme vom 17. Jänner 1985) - ob diese Auffassung zutrifft, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen -, und auch die belangte Behörde von sich aus nichts unternahm, um die ihr notwendig scheinenden Pläne und Daten auf andere Weise zu erhalten, war das Ermittlungsverfahren - die durch ihre eigene Vorgangsweise dokumentierte Ansicht der belangten Behörde zugrundegelegt - noch nicht abgeschlossen. Die Erlassung eines Bescheides, der den in § 60 AVG 1950 zwingend vorgesehenen Begründungselementen genügte, kam demnach nicht in Betracht.

3.2.2. Sollte indes die belangte Behörde im Zuge des ergänzenden Ermittlungsverfahrens - in Abkehr von ihrer ursprünglichen Meinung - zur Auffassung gelangt sein, daß die im Schreiben vom 7. September 1984 vom Beschwerdeführer verlangten Unterlagen und Angaben nicht als entscheidungsrelevant anzusehen seien, sodaß die diesbezügliche Beweisaufnahme entbehrlich geworden wäre, so hätte sie dies in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen gehabt. Die erstmals in der Gegenschrift geäußerte Ansicht, die im Gutachten des Univ.- Prof.Dipl.Ing. Dr. K "dargestellten Daten und Parameter (konnten als) zur Beurteilung des Sachverhaltes durchaus ausreichend angesehen werden", entbehren der Schlüssigkeit, da nicht erkennbar ist, weshalb diesfalls die belangte Behörde, gestützt auf das Urteil ihres Amtssachverständigen, nach Vorlage des vorgenannten Gutachtens durch den Beschwerdeführer am 18. Juli 1984 letzteren aufforderte, eine Reihe von eben dieses Gutachten ergänzenden Darstellungen und Angaben als für die Entscheidungsfindung erforderlich vorzulegen.

4. Da die belangte Behörde das Berufungsverfahren verfrüht abschloß (vgl. § 56 AVG 1950) und die Vorschriften über die Begründungspflicht (§§ 60, 67 AVG 1950) außer acht ließ, wobei sie, wären ihr diese Verfahrensfehler nicht unterlaufen, zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der bekämpfte Bescheid - ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zum einen die Vergütung von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz im Gesetz nicht vorgesehen ist, und daß zum anderen an Eingabengebühr lediglich S 360,-- (je Beschwerdeausfertigung S 120,--) zu entrichten waren. Wien, am 2. Februar 1988

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