VwGH 84/01/0292

VwGH84/01/029215.10.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Hoffmann, Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratskommissär Dr. Wrulich, über die Beschwerde 1. des Dkfm. Dr. H N und 2. Elektrizitätswirtschafts AG, beide in E, beide vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 18/16, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 8. August 1984, Zl. I- 00097171/9-4-1984, betreffend Ruhebezug nach dem Burgenländischen Bezügegesetz,

I. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
AVG §8;
BezügeG Bgld 1973 §28;
BezügeG Bgld 1973 §31 litf;
EMRK Art6 Abs1;
PG 1965 §32 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3 impl;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
AVG §8;
BezügeG Bgld 1973 §28;
BezügeG Bgld 1973 §31 litf;
EMRK Art6 Abs1;
PG 1965 §32 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3 impl;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und II. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Das Land Burgenland hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer war vom 30. Juni 1958 bis 30. Juni 1966 Vorstandsmitglied der Zweitbeschwerdeführerin und vom 28. Juni 1966 bis 11. Juli 1983 Mitglied der Burgenländischen Landesregierung. Mit Schreiben vom 15. Mai 1984 stellte die Zweitbeschwerdeführerin an die Burgenländische Landesregierung gemäß § 28 Abs. 1 des Burgenländischen Bezügegesetzes, LGBl. Nr. 14/1972 idF LGBl. Nr. 22/1984, den Antrag, die dem Erstbeschwerdeführer aus seiner Tätigkeit als Mitglied der Burgenländischen Landesregierung gebührenden Ruhebezüge an die Zweitbeschwerdeführerin zu überweisen. Die Zweitbeschwerdeführerin begründete ihren Antrag damit, daß der Erstbeschwerdeführer seinen Ruhegenußanspruch gegenüber dem Land Burgenland mit Vereinbarung vom 14. März 1984 an sie abgetreten habe. Gleichzeitig mit diesem Antrag legte die Zweitbeschwerdeführerin Auszüge aus den Dienstverträgen vom 19. Juni 1974 und vom 8. Jänner 1979, sowie die Vereinbarung vom 14. März 1984 und einen Beleg über die Höhe der Pension des Erstbeschwerdeführers vor.

Die belangte Behörde teilte der Zweitbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. Juni 1984 mit, daß der Anspruch des Erstbeschwerdeführers auf monatliche Ruhebezüge gemäß § 28 Abs. 1 des Burgenländischen Bezügegesetzes antragsbedürftig sei; ein diesbezüglicher Antrag sei jedoch vom Erstbeschwerdeführer bisher noch nicht gestellt worden. Weiters verwies die belangte Behörde auf § 32 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965, wonach die Abtretung von Geldleistungen der Zustimmung der Dienstbehörde bedürfe. Um die Erteilung dieser Zustimmung sei weder angesucht, noch sei eine solche erteilt worden, sodaß die zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und dem Erstbeschwerdeführer geschlossene Abtretungsvereinbarung rechtsunwirksam sei. Nach Anführung des § 31 lit. f des Burgenländischen Bezügegesetzes legte die belangte Behörde dar, daß auch jene Leistungen, die der Erstbeschwerdeführer aus seiner Tätigkeit bei der Zweitbeschwerdeführerin erhalte, unter § 31 lit. f leg. cit. fielen. Ruhebezüge seitens des Landes könnten dem Erstbeschwerdeführer erst ausbezahlt werden, wenn der Burgenländischen Landesregierung die genaue Höhe der von der Zweitbeschwerdeführerin in Aussicht genommenen Leistungen an den Erstbeschwerdeführer nachgewiesen werde. Sollte allerdings die Summe der Einkünfte des Erstbeschwerdeführers (Pensionsleistungen des Landes, Leistungen aus der gesetzlichen Pensions- und Unfallversicherung, Differenzpensionszuschuß der Zweitbeschwerdeführerin) seinen Aktivbezug als Regierungsmitglied übersteigen, so sei das Land Burgenland zu einer entsprechenden Kürzung, allenfalls zu einer gänzlichen Einstellung des Ruhegenusses an den Erstbeschwerdeführer gezwungen.

Mit Schreiben vom 23. Juli 1984 beantragte der Erstbeschwerdeführer bei der Burgenländischen Landesregierung die Zuerkennung eines monatlichen Ruhebezuges in gesetzlich geregelter Höhe und die Genehmigung der am 14. März 1984 vereinbarten Abtretung dieser monatlichen Ruhebezüge an die Zweitbeschwerdeführerin.

Mit Bescheid vom 8. August 1984 stellte die belangte Behörde fest, daß dem Erstbeschwerdeführer auf seinen Antrag gemäß den §§ 28, 30 und 32 des Burgenländischen Bezügegesetzes, ab 1. August 1984 ein Ruhebezug von derzeit monatlich brutto S 74.324,30 gebühre. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß dieser Ruhebezug gemäß § 31 leg. cit. nicht auszuzahlen sei. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, § 31 des Burgenländischen Bezügegesetzes komme deshalb zur Anwendung, weil die Zweitbeschwerdeführerin vom zweiten Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 81/1947, erfaßt sei, der Erstbeschwerdeführer gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin aus seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied ab 1. August 1984 einen Anspruch auf eine monatliche Bruttopension von S 119.313,-- habe, und dieser Betrag somit den Aktivbezug des Erstbeschwerdeführers als Landesrat von S 92.905,38 übersteige. Da der Ruhebezug des Erstbeschwerdeführers gemäß § 31 leg, cit. somit nicht auszuzahlen sei, erübrige sich die Entscheidung über eine allfällige Abtretung seiner Ansprüche an die Zweitbeschwerdeführerin.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem - hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin aus der Vereinbarung vom 14. März 1984 - im übrigen aus den §§ 28 und 30 des Burgenländischen Bezügegesetzes erfließenden Recht auf Auszahlung eines Ruhebezuges in gesetzlicher Höhe, weiters in ihrem Recht auf Genehmigung der Zession vom 14. März 1984 gemäß § 32 des Pensionsgesetzes 1965, in ihren Rechten auf Parteiengehör und sorgfältige Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, sowie die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteistellung, verletzt. Die Beschwerdeführer beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was zunächst die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin, anlangt, so erweist sich diese aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gemäß § 8 AVG 1950 sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann anhand des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muß vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften abgeleitet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1960, Zl. 2414/59, Slg. Nr. 5258/A). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juni 1971, Zl. 1625/1626/70, Slg. Nr. 8031/A), schließt der Umstand, daß das behauptete rechtliche Interesse seinen Ursprung in Verhältnissen des Privatrechtes und nicht im öffentlichen Recht hat, an sich die Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht aus, weil auch im Privatrecht begründete Interessen rechtliche Interessen sein können und daher bei Anwendung des § 8 AVG 1950 in Betracht zu ziehen sind. Entscheidend für die Parteistellung ist jedoch, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden überhaupt bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. § 8 AVG 1950 stellt somit auf einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse "an der Sache" ab "Sache" im vorliegenden Fall ist der Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 23. Juli 1984 auf Zuerkennung des monatlichen Ruhebezuges gemäß § 28 des Burgenländischen Bezügegesetzes. Da sich aus dieser Vorschrift jedoch eine Berechtigung (Rechtsanspruch, rechtliches Interesse) der Zweitbeschwerdeführerin nicht ergibt, besteht keine Berechtigung der Zweitbeschwerdeführerin an der vorliegenden "Verwaltungssache".

Bei der zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin geschlossenen Abtretungsvereinbarung vom 14. März 1984 handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, an den die beiden Vertragsparteien - nicht jedoch das Land Burgenland - gebunden sind. Eine Bindungswirkung für das Land Burgenland hätte sich erst aus der Zustimmung zu diesem Vertrag gemäß § 32 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965 ergeben. Eine solche wurde jedoch bisher nicht erteilt. Daraus folgt, daß zwischen dem Land Burgenland und der Zweitbeschwerdeführerin eine vor dem Verwaltungsgerichtshof rechtlich relevierbare Vereinbarung nicht besteht.

Da somit die Zweitbeschwerdeführerin ihre Recht aus der mehrfach erwähnten Abtretungsvereinbarung nicht als rechtliches Interesse vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend machen kann, ihr Parteistellung im Sinne des § 8 AVG 1950 nicht zukommt, war die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen; gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist dieser Beschluß in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Was dagegen die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers anlangt, so ist sie aus nachstehenden Erwägungen berechtigt.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 16. Dezember 1972 über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Landes (Burgenländisches Bezügegesetz), LGBl. Nr. 14 idF LGBl. Nr. 22/1984 - in der Folge werden bloß die Paragraphen ohne Angabe des Gesetzes genannt - lauten:

"§ 28

(1) Den Mitgliedern der Landesregierung - mit Ausnahme des Landeshauptmannes - gebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auf Antrag monatliche Ruhebezüge, wenn ihre Funktionsdauer in einer oder in mehreren Funktionen unter Berücksichtigung des Abs. 3 zusammen wenigstens sieben Jahre betragen hat.

(2) Der Ruhebezug wird auf der Grundlage des gemäß § 4 festgelegten Bezuges und der Funktionsdauer unter Berücksichtigung der Abs. 3 bis 5 des § 29 ermittelt. Hat das Mitglied der Landesregierung mehrere Funktionen ausgeübt, so ist die mit dem höchsten Bezuge verbundene Funktion maßgebend.

(3) Zeiten, die ein Mitglied der Landesregierung als Mitglied des Bgld. Landtages zurückgelegt hat, sind sowohl für die Begründung des Anspruches auf Ruhebezug als auch für die Bemessung des Ruhebezuges den Zeiten der Funktionsausübung als Mitglied der Landesregierung im Sinne des Abs. 1 zuzurechnen; hiebei ist jedes Jahr der Funktionsausübung als einer der Präsidenten des Landtages sechs Monaten und jedes Jahr der Funktionsausübung als sonstiges Mitglied des Landtages vier Monaten der Ausübung der im Abs. 1 genannten Funktionen gleichzuhalten. Für die Begründung des Anspruches auf Ruhebezug sind solche Zeiten nur bis zu einem Ausmaß von zwei Jahren anrechenbar.

(4) Eine Zurechnung nach Abs. 3 hat nur zu erfolgen, soweit sie zur Erreichung des vollen Ruhebezuges erforderlich ist.

(5) Eine mehrfache Berücksichtigung ein und desselben Zeitraumes ist unzulässig.

§ 31:

Besteht neben dem Anspruch auf Ruhebezug nach § 28 ein Anspruch auf

f) ein Einkommen oder einen Ruhegenuß aus der Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes oder als Geschäftsführer von Unternehmungen, die Gesellschaften, Unternehmungen oder Betriebe zum Gegenstand haben, die vom Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 168/1946, oder vom zweiten Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 81/1947, erfaßt sind, oder von sonstigen Unternehmungen, bei denen oberste Organe der Vollziehung des Bundes einschließlich der Bundesregierung bzw. oberste Organe der Vollziehung des Landes einschließlich der Landesregierung hinsichtlich von Gesellschaftsorganen ein Bestellungs- oder Bestätigungsrecht ausüben oder an denen der Bund oder das Land Burgenland mit wenigsten fünf v. H. beteiligt ist, sowie aus der Tätigkeit als Mitglied des Generalrates der Österreichischen Nationalbank, so ist der Ruhegenuß nur in dem Ausmaß auszuzahlen, um das die Summe der in lit. a bis i) genannten Beträge hinter dem Bezug zurückbleibt, der der Bemessung des Ruhebezuges zugrundegelegt wurde. Für die erforderliche Vergleichsberechnung sind die Bruttobeträge heranzuziehen."

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) zu prüfen. Er ist an den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt unter anderem insofern nicht gebunden, als der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig festgestellt wurde, der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf oder Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a bis c VwGG; hiezu kann beispielsweise auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1950, Zl. 815/49, Slg. Nr. 1235/A, hingewiesen werden).

Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung eines Bescheides unter anderem auch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen. Ein Bescheid, der diesen Erfordernissen nicht entspricht, bedarf hinsichtlich des Sachverhaltes der Ergänzung und ist daher, sofern durch diesen Mangel die Parteien in der Verfolgung ihrer Rechte beeinträchtigt sind, mit einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG behaftet. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung), bedeutet nicht, daß dieser in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die in Rede stehende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 hat nur zur Folge, daß, sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Die Regelung schließt aber keinesfalls eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind aber solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren entspricht daher in dieser Hinsicht den Anforderungen, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 1965, G 28/64, Slg. Nr. 5100, unter Z. 6 lit. C zu c) in den Entscheidungsgründen hinsichtlich der Sachverhaltsprüfung einschließlich der Kontrolle der Beweiswürdigung an ein Gericht im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention gestellt hat. Wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung führen zur Aufhebung des Bescheides (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1974, Zl. 1579/73).

Die belangte Behörde ging bei ihrer Feststellung, wonach dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 31 lit. f) ein Ruhegenuß nicht auszuzahlen sei, offensichtlich von dem (undatierten) Beleg über die Höhe der Pension des Erstbeschwerdeführers aus seiner Tätigkeit bei der Zweitbeschwerdeführerin aus. Feststellungen darüber, ob ein Anspruch des Erstbeschwerdeführers auf Ruhegenuß aus seiner Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes in der Zeit vom 30. Juni 1958 bis 30. Juni 1966 besteht, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Obgleich die Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach die formale Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen den beiden Beschwerdeführern für die Entscheidung über die Anwendung des § 31 lit. f) nicht wesentlich sei, grundsätzlich zu bejahen ist, weil diese Bestimmung ausdrücklich einen "Anspruch auf ein Einkommen oder einen Ruhegenuß aus der Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes" normiert, hätte die belangte Behörde gleichwohl Erhebungen darüber anstellen müssen, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Ruhegenuß aus seiner Vorstandstätigkeit in der Zeit vom 30. Juni 1958 bis 30. Juni 1966 zusteht, und bejahendenfalls, in welcher Höhe dieser Anspruch besteht. Aus dem von der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegten Beleg über die Höhe der Pension des Erstbeschwerdeführers geht lediglich hervor, daß der Erstbeschwerdeführer vom 30. Juni 1958 bis 31. Juli 1983 Dienstnehmer der Zweitbeschwerdeführerin war, jedoch ist daraus nicht zu ersehen, in welchen Funktionen der Erstbeschwerdeführer in diesem Zeitraum bei der Zweitbeschwerdeführerin tätig war und aus welchen Beträgen sich der Ruhegenuß des Erstbeschwerdeführers von S 119.312,80 zusammensetzt.

Da das Ermittlungsverfahren sohin in entscheidungswichtigen Punkten unzulänglich geblieben ist, war der angefochtene Bescheid schon deshalb und ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2, 51, 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, die auf Grund ihres Art. III Abs. 2 im vorliegenden Fall anzuwenden ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. September 1967, Zl. 2235/65, Slg. Nr. 7175/A).

Wien, am 15. Oktober 1986

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