VwGH 84/03/0098

VwGH84/03/009830.1.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des W N in G, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47, gegen die in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom 9. Februar 1984, Zl. 11-75 Nu 1-83,

a) der Steiermärkischen Landesregierung, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, und

b) des Landeshauptmannes von Steiermark, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 und der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §27 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §27 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark wird hinsichtlich der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 KFG einschließlich des damit im Zusammenhang stehenden Ausspruches über die Strafe und des mit S 100,-- anteilig berechneten Ausspruches über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 4.325,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 1.200,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das mit dem 26. April 1983 datierte Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz - der die Verwaltungsstrafsache sowohl hinsichtlich der Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 als auch hinsichtlich der Übertretungen kraftfahrrechtlicher Bestimmungen von der Bundespolizeidirektion Leoben gemäß § 29a VStG 1950 übertragen worden war und welche zunächst eine Strafverfügung erlassen hatte, die infolge rechtzeitiger Erhebung eines Einspruches außer Kraft getreten ist - enthält folgenden Schuldspruch (Spruchteile nach § 44a lit. a und b VStG 1950):

"Der Beschuldigte N W ..... hat am 5. 4. 1982 um 11.10 Uhr, in Leoben, Südumfahrung B 116, als Lenker d. LKW-Zuges, LKW ....., Anhänger .....,

1.) das Vorschriftszeichen 'Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten' nicht beachtet, indem er mehrspurige Kfz. überholte,

2.) die für LKW-Züge auf Freilandstraßen höchstzul. Geschwindigkeit von 60 km/h um ca. 20 km/h überschritten,

3.) ein nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Kfz. in Betrieb genommen - das vordere Kennzeichen des LKW war auseinander gebrochen und nicht dauernd fest mit dem Fahrzeug verbunden,

4.) ein nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Kfz. in Betrieb genommen - für den LKW wurden keine Unterlegkeile mitgeführt -,

5.) ein nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Kfz. in Betrieb genommen - am LKW fehlten die Gewichtsangaben an der rechten Außenseite -,

6.) ein nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Kfz. in Betrieb genommen - am Anhänger fehlten die Gewichtsangaben an der rechten Außenseite -,

7.) nicht dafür gesorgt, dass der Fahrtenschreiber in Betrieb ist, und hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 1.) 52a/4c StVO, 2.) 58 (1) 2e KDV, 3.) 102/1 i.V.m. 49/7 KFG,

  1. 4.) 102/1 i.V.m. 7/3 KFG, 5.) 102/1 i.V.m. 27/2 KFG,
  2. 6.) 102/1 i.V.m. 27/2 KFG, 7.) 102/1 KFG -, begangen."

    Gegen den Beschwerdeführer wurden - ohne Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen - Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) in der Höhe von 1.) S 1.500,-- (2 Tage), 2.)

    S 1.000,-- (36 Stunden), 3.) S 300,-- (12 Stunden), 4.) S 500,-- (1 Tag), 5.) S 300,-- (12 Stunden), 6.) S 300,- (12 Stunden) und

    7.) S 1.000,-- (36 Stunden) verhängt.

    Zur Begründung wurde ausgeführt, die Sicherheitswachebeamten S und N hätten als Zeugen einvernommen übereinstimmend klar und deutlich angegeben, dass das Überholmanöver im beschilderten Überholverbot durchgeführt worden sei und aus dem dem Beschwerdeführer entgegenkommenden Dienstkraftfahrzeug eindeutig beobachtet habe werden können. Auf Grund dieser Beobachtung habe der Dienstwagen gewendet. Im Nachfahren im gleich bleibendem Abstand über eine längere Wegstrecke (ca. 2 km) habe die Geschwindigkeit von ca. 80 km/h abgelesen werden können. Der Beschwerdeführer habe sich, wie der Anzeige zu entnehmen und vom Sicherheitswachebeamten S in dessen Zeugenaussage bestätigt worden sei, am Übertretungsort teilweise geständig gezeigt. Er habe anlässlich seiner Anhaltung bezüglich des Kennzeichens keine Angaben machen können, wobei anzunehmen sei, dass er sich damals an die von ihm später behauptete Beschädigung des Kennzeichens in der Tankstelle eher hätte erinnern müssen. Auch hinsichtlich der Unterlegkeile und des Fahrtschreibers könne der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, da ein Lenker den Prüfvorgang vor Antritt der Fahrt durchführen müsse und der Beschwerdeführer, da er nicht ständig mit dem gegenständlichen Fahrzeug fahre, die Prüfung noch genauer hätte vornehmen müssen. Wie der Zeugenaussage des Sicherheitswachebeamten S zu entnehmen sei, sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, die Unterlegkeile vorzuweisen. Dem Beschwerdeführer wäre bei genauer Überprüfung des Kraftfahrzeuges der Aufbewahrungsort bekannt gewesen. Die Verantwortung des Beschwerdeführers sei daher nicht glaubhaft. Auch wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, die Funktionsfähigkeit des Fahrtschreibers vor Antritt der Fahrt auf geeignete Weise zu überprüfen. Die Feststellung allein, dass ein Fahrtschreiber vorhanden ist, genüge nicht. Zu den Übertretungen nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG sei festzustellen, dass die Gewichtsangaben sowohl am Zugfahrzeug als auch am Anhänger gefehlt hätten, der strafbare Tatbestand daher zweimal verwirklicht worden sei und dass daher zwei Strafen zu verhängen gewesen seien.

    Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde hinsichtlich der Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 von der Steiermärkischen Landesregierung und hinsichtlich der Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 und der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 vom Landeshauptmann von Steiermark die Berufung abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis dahin gehend ergänzt, dass die über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen hinsichtlich der Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO und hinsichtlich der Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 und der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 gemäß § 134 KFG zu verhängen sind.

    Die Begründung dieses Bescheides enthält folgende Ausführungen:

    "Hinsichtlich der Übertretungen der StVO 1960 und der KDV 1967 verweist die Berufungsbehörde auf die erstmalige Rechtfertigung des Berufungswerbers, in der er sinngemäß angab, er wisse, dass er auf der Südumfahrung LKW-Züge nicht hätte überholen dürfen, zumal dort das Verkehrszeichen 'Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten' aufgestellt ist. Ferner gab er zu, dass er den LKW-Zug mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80 km/h lenkte.

    Die 1. Instanz hat sich daher - entgegen der in der Berufung dargestellten Behauptung - nicht damit begnügt, lediglich die beiden Meldungsleger als Zeugen noch einmal zu befragen, sondern kann auch hier der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt werden, wonach die bei einer ersten Einvernahme gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen.

    Auf Grund dieses Geständnisses konnte sich auch die Durchführung des beantragten Ortsaugenscheines und die Beiziehung eines Sachverständigen erübrigen.

    Hinsichtlich Punkt 3.) des Straferkenntnisses geht die Berufung insofern ins Leere, als auch hier der Berufungswerber bereits bei der Anzeige erklärte, er wisse nicht, warum das vordere Kennzeichen so aussieht. Er würde ansonsten nie mit dem Lkw-Zug fahren und fühle sich daher für diesen nicht verantwortlich. Dass er - wie in der Berufung behauptet - das vordere Kennzeichen unmittelbar vor der Fahrzeugkontrolle abgerissen hat, stellt eine bloße Schutzbehauptung dar, die im Widerspruch zum Geständnis des Berufungswerbers steht. Hätte er nämlich das vordere Kennzeichen - so wie behauptet - tatsächlich abgerissen, hätte er dies auch im Zuge der erstmaligen Einvernahme angegeben, weil man unmittelbar vor einer Fahrzeugkontrolle schon auf Grund der täglichen Erfahrung sich an einen solchen Sachverhalt sicherlich genau erinnern kann. Dass er sich hiefür nicht verantwortlich fühle, weil er ansonsten nie mit dem LKW-Zug fahre, zeigt der Berufungsbehörde, welche Einstellung der Berufungswerber als Lenker eines LKW-Zuges hat und wie er seiner Verpflichtung nachkommt, bevor er ein derartiges Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt.

    Hinsichtlich Punkt 4.) des Straferkenntnisses wird von der Berufungsbehörde ausgeführt, dass gemäß § 7 Abs. 3 KFG 1967 Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg und andere als leichte Anhänger mit mindestens zwei Unterlegkeilen ausgestattet sein müssen. Das Gesetz schreibt in keiner Weise vor, dass erst über Aufforderung - so wie bei den Fahrzeugpapieren - der Lenker die Unterlegkeile über Verlangen den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht vorzuzeigen habe. Da der Berufungswerber selbst zugibt, den LKW-Zug selten zu lenken, wusste er zum Zeitpunkt der Übertretung gar nicht, dass er welche mit sich führte. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf die beiden Zeugenaussagen der Meldungsleger S und N, die in der Niederschrift vom 12. Jänner 1983 bei der Bundespolizeidirektion Graz den Berufungswerber sehr wohl nach den Unterlegkeilen gefragt haben. Es mag wohl stimmen, dass der Berufungswerber die Unterlegkeile mit sich führte, doch hätte er diese Behauptung nicht erst später aufstellen dürfen. Er hätte eben vor Antritt der Fahrt sich vergewissern müssen, ob er sie mitführte oder nicht und hätte bei der Kontrolle diese vorzeigen müssen, da ja sonst die beiden Meldungsleger keine Veranlassung gehabt hätten, in der Anzeige anzuführen, dass er diese nicht mit sich führte.

    Hinsichtlich der Punkte 5) und 6) wird von der Berufungsbehörde nicht bestritten, dass es sich um reine Ordnungsvorschriften handelt, doch hat auch hier sich der Lenker vor Antritt der Fahrt zu vergewissern, ob das Fahrzeug allen gesetzlichen Vorschriften entspricht. Daran mag auch der Umstand nichts ändern, dass der Berufungswerber den LKW-Zug ansonsten nie in Betrieb nimmt. Wenn er dabei noch die Ansicht vertritt, er sei für die Einhaltung dieser Vorschriften nicht verantwortlich, wäre eigentlich die Berufungsbehörde berechtigt, die Frage aufzugreifen, inwieweit der Berufungswerber noch die fachliche Eignung für das Lenken derartiger Kraftfahrzeug besitzt, wenn er nicht mehr weiß, welche Pflichten ihn als Lenker eines solchen Kraftfahrzeuges treffen und welche gesetzlichen Vorschriften hiebei für ihn gelten.

    Wenn nun sowohl am LKW als auch am Anhänger an der rechten Außenseite die Gewichtsangaben fehlten, so hat die 1. Instanz zu Recht eine zweimalige Strafe verhängt, da die Bestimmung des § 27 Abs. 2 KFG 1967 ausdrücklich vorschreibt, dass u.a. an Lastkraftwagen und Zugmaschinen und an Anhängern an der rechten Außenseite vollständig sichtbar und dauernd gut lesbar und unverwischbar das Eigengewicht, das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchstzulässigen Achslasten, bei Lastkraftwagen und Anhängern außerdem die höchste zulässige Nutzlast, angeschrieben sein müssen.

    Dem Einwand, dass durch die Tat keine Behinderung oder Gefährdung eingetreten ist, muss entgegengehalten werden, dass ein derartiger Umstand zur Erfüllung des Tatbildes nicht erforderlich ist und er daher nicht berücksichtigt werden kann. .....

    Auch die Übertretung hinsichtlich Punkt 7.) muss von der Berufungsbehörde unter Bedachtnahme auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen angenommen werden und sie steht somit im Widerspruch mit der in der Berufung dargelegten Behauptung, dass das Überprüfen der Funktionstüchtigkeit des Fahrtschreibers dem Lenker eines Lastkraftwagenzuges nicht zugemutet werden kann. Nicht der erste Satz des § 102 Abs. 1 KFG 1967 - wie in der Berufung behauptet -, sondern der zweite Satz dieser Gesetzesstelle kommt hier zur Anwendung. Daraus geht hervor, dass Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr 3.500 kg u.a. dafür zu sorgen haben, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt, eingelegt ist; sie haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers auszuhändigen. Aus dem zweiten Satz dieser Gesetzesbestimmung ist nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht zu entnehmen, dass das Einhalten dieser Vorschriften dem Lenker nicht zumutbar ist. Wenn der Fahrtschreiber eventuell erst nach Aufnahme der Fahrt vom Berufungswerber unbemerkt im Dienst versagt haben sollte, so hätte sich eben der Berufungswerber vor Antritt der Fahrt darüber vergewissern müssen, ob § 102 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 zutrifft. Die Vernachlässigung bzw. Missachtung der Prüfungspflicht kann zur straf- und zivilrechtlichen Haftung des Lenkers führen. Wenngleich das Gesetz keine diesbezügliche Unterscheidung vornimmt, muss bei Übernahme fremder Kraftfahrzeuge die Prüfung begreiflicherweise genauer erfolgen als beim ständig benutzten eigenen Fahrzeug. Diesen Umstand hätte der Berufungswerber auch bedenken müssen, als er den LKW-Zug seines Vaters in Betrieb nahm. Dass der Berufungswerber den Fahrtschreiber hinsichtlich seiner Funktionstüchtigkeit nicht überprüfte, gibt er in seiner Stellungnahme vom 25. November 1982 selbst zu, sodass sich eine Durchführung der angebotenen Beweise - wie die Vernehmung des Vaters als Zeugen sowie die nochmalige Einvernahme des Beschuldigten - erübrigte."

    Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangten Behörden legten die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstatteten eine Gegenschrift, in der der Antrag gestellt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Übertretung nach § 52 lit. a Z. 4c StVO:

Der vom Sicherheitswachebeamten N am 12. Jänner 1983 abgelegten Zeugenaussage konnte die belangte Behörde entnehmen, dass das gegenständliche Überholverbot auf der B 116 durch Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 4c StVO nach der Ortseinfahrt Leoben deutlich gekennzeichnet sei und dass der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Überholvorgang im Bereich des gekennzeichneten Überholverbotes vorgenommen habe. Der Sicherheitswachebeamte S führte in seiner Zeugenaussage vom gleichen Tag aus, dass der Überholvorgang im Bereich des beschilderten Überholverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einen höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t aus dem dem Beschwerdeführer entgegenkommenden Dienstkraftfahrzeug einwandfrei wahrgenommen habe werden können. Der Beschwerdeführer sprach in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 1983 lediglich davon, dass ein Wahrnehmungsirrtum der Sicherheitswachebeamten nicht ausgeschlossen sei, und er äußerte sich in seiner Berufung dahin, es sei als durchaus denkbar anzusehen, dass eine genaue der Distanzen zwischen dem Abschlusspunkt des Überholvorganges und dem Beginn der Überholverbotszone im Hinblick auf den sich bewegenden Beobachtungsstandpunkt nicht ohne weiteres möglich sei und dass den Meldungslegern ein Irrtum unterlaufen sein könnte.

Solcherart äußerte der Beschwerdeführer eine bloße Vermutung dahin, dass ein Irrtum vorliegen könnte, ohne jedoch einen bestimmten, an Ort und Stelle überprüfbaren Umstand konkret anzuführen, dessen Vorliegen auch noch nachträglich an Ort und Stelle überprüft hätte werden und der gegebenenfalls die Richtigkeit der Beobachtung der als Zeugen vernommenen Meldungsleger in Frage hätte stellen können. Dass die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenschein nicht durchführte, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2. Zur Übertretung nach. 58 Abs. 1 Z. 2 lit. e der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967:

Das Überschreiten der kraftfahrrechtlich vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit wurde von den als Zeugen vernommenen Sicherheitswachebeamten durch Nachfahren mit dem Dienstkraftwagen und Ablesen der eingehaltenen Geschwindigkeit am Tachometer festgestellt. Die belangte Behörde hatte keinen Anlass, dieses aus den vorliegenden beiden Zeugenaussagen hervorgehende Beweisergebnis durch die Durchführung einer Geschwindigkeitsprobe und die Aufnahme des Gutachtens eines Sachverständigen zu überprüfen, weil der Beschwerdeführer seinen diesbezüglichen Beweisanträgen das Vorbringen zu Grunde legte, der gegenständliche LKW sei voll beladen (so in der Stellungnahme vom 25. November 1982) bzw. beladen (so in der Berufung) gewesen, ohne für eine behördliche Feststellung des Ausmaßes der Beladung geeignete Beweise anzuführen.

3. Zur Übertretung nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 7 KFG:

Was den Zeitpunkt des Eintrittes des der Vorschrift des § 49 Abs. 7 KFG widersprechenden Zustandes anlangt (die auseinander gebrochene vordere Kennnzeichentafel des vom Beschwerdeführer gelenkten Lkws stand mit diesem Fahrzeug nach dem von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigten Schuldspruch nicht mehr in dauernder fester Verbindung), stand der belangten Behörde als Beweismittel die in der Anzeige enthaltene Äußerung des Beschwerdeführers zur Verfügung, er wisse nicht, "warum das vordere Kennzeichen so aussieht". Der belangten Behörde stand als Beweismittel ferner die Zeugenaussage des Sicherheitswachebeamten

S vom 12. Jänner 1983 zur Verfügung, der Beschwerdeführer habe "im Zuge seiner Rechtfertigung" (nämlich anlässlich seiner Anhaltung) keine Angaben gemacht, wie sie in der Stellungnahme (vom 25. November 1982) aufscheinen (dass nämlich die vordere Kennzeichentafel erst während der gegenständlichen Fahrt bei einem auf einer Tankstelle durchgeführten Fahrmanöver abgerissen sei). Weitere Beweismittel standen der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang nicht zur Verfügung. Die von der belangten Behörde auf dem Boden der beiden vorhandenen vorangeführten Beweismittel im Instanzenzug bestätigte Feststellung, der Beschwerdeführer habe den LKW in einem hinsichtlich der vorderen Kennzeichentafel nicht dem § 49 Abs. 7 KFG entsprechenden Zustand in Betrieb genommen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig und aus den dargelegten Gründen somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

4. Zur Übertretung nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 KFG:

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist hinsichtlich des Punktes 4.) des im Instanzenzug bestätigten Straferkenntnisses in sich widersprüchlich. Zum einen lässt sich der Begründung die Auffassung der belangten Behörde entnehmen, dass der Beschwerdeführer entsprechend den Angaben der beiden Meldungsleger die Unterlegkeile nicht mit sich geführt habe, zum anderen gesteht die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu, dass es wohl stimmen möge, dass er die Unterlegkeile mit sich geführt habe. Auf dem Boden der solcherart in sich widersprüchlichen Begründung durfte die belangte Behörde den von der Erstbehörde getroffenen Schuldspruch, der Beschwerdeführer habe ein nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Kfz in Betrieb genommen - für den Lkw seien keine Unterlegkeile mitgeführt worden, im Instanzenzug nicht bestätigen.

Hinsichtlich der Übertretung nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 KFG hat die belangte Behörde, indem sie sich auf eine in sich widersprüchliche Begründung stützte, die Verfahrensvorschrift über die sorgfältige Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§ 24 VStG 1950 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 AVG 1950) außer acht gelassen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie bei deren Einhaltung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

5. Zu den Übertretungen nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG:

§ 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG enthält, wie sich aus dem Wortlaut der letzteren Bestimmung ergibt, mehrere Tatbilder, nämlich u.a. einerseits das Sich-Überzeugen, dass die in § 27 Abs. 2 KFG angeführten Angaben in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise auf einem Lastkraftwagen angeschrieben sind, und andererseits das Sich-Überzeugen, dass die betreffenden Angaben auf einem Anhänger gesetzmäßig angeschrieben sind. Dass die belangte Behörde die im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses enthaltenen Schuld- und Strafaussprüche Punkte 5 und 6 im Instanzenzug bestätigte und diesbezüglich nicht die Verwirklichung nur einer Verwaltungsübertretung feststellte und nicht nur eine Strafe verhängte, ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen. Abgesehen davon, dass den Lenker eines Lkws nach § 102 Abs. 1 KFG die Verpflichtung, sich von der Einhaltung der Bestimmungen des § 27 Abs. 2 KFG zu überzeugen, nicht nur "in zweiter Linie" trifft, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, dass die für die gegenständlichen beiden Verwaltungsübertretungen verhängte Geldstrafe von je S 300,-- (Ersatzarreststrafe je 12 Stunden) den Beschwerdeführer als Lenker hinsichtlich der Strafzumessung "in voller Schärfe" belasten würde, vielmehr handelt es sich um eine Strafzumessung im untersten Bereich des in § 134 Abs. 1 KFG vorgesehenen, bis

S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe bis zu sechs Wochen) reichenden Strafrahmens, die der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang nicht als rechtswidrig zu erkennen vermag.

6. Zur Übertretung nach § 102 Abs. 1 (dritter Satz) KFG:

Die Bestimmung des dritten Satzes des § 102 Abs. 1 KFG lautet wie folgt:

"Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3500 kg oder von Omnibussen haben dafür zu sorgen, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist; sie haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers auszuhändigen."

Im ersten Teil dieser Bestimmung ist dem Lenker u.a. eines Lastkraftwagens mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg die Verpflichtung zur Sorge, dass der Fahrtschreiber in Betrieb ist, schlechterdings auferlegt. Eine Begrenzung dieser Verpflichtung im Sinne eines Ausdruckes "soweit dies zumutbar ist", wie er im ersten Satz des § 102 Abs. 1 KFG enthalten ist, findet sich im dritten Satz dieser Bestimmung nicht.

Dem Beschwerdevorbringen ist weiters entgegenzuhalten, dass vom Beschwerdeführer als Lenker eines Lkws mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg die Kenntnis der in Rede stehenden Vorschrift zu erwarten war. (Vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1983, Zlen. 82/02/0035, 0036, auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird.) Dass der Beschwerdeführer den Beweis dafür hätte erbringen können, dass ihm im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 die Einhaltung der gegenständlichen Vorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre, war seinen im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erstatteten Äußerungen nicht zu entnehmen. Insofern war von der belangten Behörde eine ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers im Zuge des Berufungsverfahrens nicht in Betracht zu ziehen. Der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Vernehmung des H N, dass der Beschwerdeführer von diesem den gegenständlichen Lkw übernommen und dass der Beschwerdeführer jedenfalls angenommen habe, dass der Fahrtschreiber vorhanden und ordnungsgemäß in Betrieb gewesen sei, geht an der dargelegten, nach dem dritten Satz des § 102 Abs. 1 KFG bestehenden Rechtslage vorbei. Die belangte Behörde hatte H N, da der betreffende Beweisantrag somit kein für die Erledigung der Verwaltungsstrafsache maßgebendes Beweisthema betraf, somit nicht als Zeugen zu vernehmen.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark hinsichtlich der Übertretung nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 KFG in dem vorstehend im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, im übrigen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das Begehren des Beschwerdeführers auf Ersatz seiner Aufwendungen hinsichtlich der Eingabengebühr für die Beschwerdeausfertigung, die er für den Bundesminister für Verkehr beigebracht hat, gegen den Bund und dass sein übriges Kostenbegehren je zur Hälfte gegen das Land Steiermark und gegen den Bund gerichtet ist und dass das in der Gegenschrift enthaltene Kostenbegehren von der Steiermärkischen Landesregierung und vom Landeshauptmann von Steiermark je zur Hälfte erhoben wird. Die Entscheidung über die solcherart beantragten Aufwandersätze gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 und 2, 50, 52 Abs. 1 und 59 VwGG in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1, 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 30. Jänner 1985

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