VfGH G10/2013 ua, V4/2013 ua

VfGHG10/2013 ua, V4/2013 ua28.6.2013

Kein Verstoß von Bestimmungen des WertpapieraufsichtsG 2007 betreffend Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten gegen das Bestimmtheitsgebot des B-VG und der EMRK; Einstellung der amtswegigen Normenprüfungsverfahren hinsichtlich der von der FMA zu erlassenden bzw erlassenen Verordnung; Abweisung der Anträge eines Unabhängigen Verwaltungssenates

Normen

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
EMRK Art7
WertpapieraufsichtsG 2007 §35 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4
Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-V der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) §2
Richtlinie 2004/39/EG über die Märkte und Finanzinstrumente Art13, Art18
Richtlinie 2006/73/EG zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen Art22
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
EMRK Art7
WertpapieraufsichtsG 2007 §35 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4
Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-V der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) §2
Richtlinie 2004/39/EG über die Märkte und Finanzinstrumente Art13, Art18
Richtlinie 2006/73/EG zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen Art22

 

Spruch:

I. 1. §35 Abs1, 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG 2007), BGBl I Nr 60/2007, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Hinsichtlich §35 Abs4 WAG 2007 wird das von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

3. Das von Amts wegen eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich §2 Z1, 2, 4 und 5 der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Interessenkonflikten und über Informationen für Kunden bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV), BGBl II Nr 216/2007, wird eingestellt.

II. Die Anträge des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss, Anträge und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist ein zu B1444-1449/11 protokolliertes Beschwerdeverfahren von sechs Beschwerdeführern, die zum Tatzeitpunkt Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG waren, anhängig, dem folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

Mit Straferkenntnissen vom 16. Juli 2010 verhängte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als erstinstanzliche Strafbehörde gegen die sechs Beschwerdeführer eine näher bestimmte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe. Sie hätten es als zur Vertretung der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG nach außen Befugte gemäß §9 Abs1 VStG zu verantworten, dass es entgegen der "Leitlinie für den Umfang mit Interessenkonflikten und Anreizen (Conflict of Interest Policy), Stand Juni 2009" der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG im näher festgelegten Tatzeitraum keine personelle und räumliche Trennung zwischen Kunden- und Eigenhandel gegeben hätte. Die Beschwerdeführer hätten dadurch §95 Abs2 Z1, §35 Abs1 WAG 2007 iVm §9 Abs1 VStG übertreten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (im Folgenden: UVS) wies die dagegen von den Beschwerdeführern ergriffenen Berufungen in der Schuldfrage ab, modifizierte die Umschreibung der Tathandlung und reduzierte das Strafausmaß. In der dagegen erhobenen Beschwerde machen die Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Anwendung des als verfassungswidrig erachteten §35 Abs1 WAG 2007, BGBl I 60/2007, geltend.

2. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 11. Dezember 2012 gemäß Art140 Abs1 B‑VG beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007, BGBl I Nr 60/2007, und die Gesetzmäßigkeit des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II Nr 216/2007, von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, der UVS als belangte Behörde bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die – offenbar eine untrennbare Einheit bildenden – Bestimmungen des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007, BGBl I 60/2007, und die – aus der Sicht des Anlassfalles offenbar ebenfalls untrennbar zusammenhängenden – Bestimmungen des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II 216/2007, angewendet hat und auch der Verfassungsgerichtshof bei der Behandlung der Beschwerde diese Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen anzuwenden hätte.

Die Erwägungen, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzes- und des Verordnungsprüfungsverfahrens veranlasst hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"[…]

2.1. §34 Abs1 WAG 2007 bestimmt allgemein, dass jeder Rechtsträger im Sinne des §15 WAG 2007 (im Folgenden: Rechtsträger) 'angemessene Vorkehrungen zu treffen [hat], um Interessenkonflikte zwischen ihm selbst, relevanten Personen, vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, einerseits und seinen Kunden andererseits oder zwischen seinen Kunden untereinander zu erkennen, die bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben entstehen'. §34 Abs2 leg.cit. nennt bestimmte Sachverhalte, deren Vorliegen der Rechtsträger hiebei zur Feststellung von Interessenkonflikten im Sinne des Abs1, die den Interessen eines Kunden abträglich sein können, 'zumindest' zu prüfen hat.

§35 WAG 2007 regelt den 'Umgang mit Interessenkonflikten': Jeder Rechtsträger hat gemäß §35 Abs1 WAG 2007 'in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umganges und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden'. Die vom Rechtsträger zu erlassenden Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten haben gemäß §35 Abs2 WAG 2007 zwei unterschiedliche Bereiche bzw. Aspekte zu behandeln: Zunächst ist 'im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben, die vom Rechtsträger oder im Namen des Rechtsträgers erbracht werden, festzulegen, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte' (§35 Abs2 Z1 WAG 2007); weiters ist 'festzulegen, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Interessenkonflikte zu bewältigen' (§35 Abs2 Z2 WAG 2007). Diese Verfahren und Maßnahmen sind gemäß §35 Abs3 WAG 2007 'so zu gestalten, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Abs2 Z1 besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist'.

§35 Abs4 WAG 2007 bestimmt, dass 'die FMA […] durch Verordnung Standards festzulegen [hat], denen die Verfahren und Maßnahmen nach Abs2 Z2 entsprechen müssen. Die Verordnung hat Art22 Abs3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu entsprechen'. §35 Abs4 letzter Satz WAG 2007 bestimmt schließlich: 'Sollten die getroffenen Maßnahmen oder Verfahren in der Praxis nicht ausreichen, um das erforderliche Maß an Unabhängigkeit zu gewährleisten, so hat der Rechtsträger alternative oder zusätzliche Maßnahmen oder Verfahren einzurichten.'

Reichen die Verfahren und Maßnahmen nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, hat der Rechtsträger dem Kunden die Art und Ursache von Interessenkonflikten offenzulegen, bevor er Geschäfte für den Kunden tätigt (§35 Abs5 erster WAG 2007).

Gemäß §2 IIKV, der auf Grund des §35 Abs4 WAG 2007 erlassen wurde, haben die Rechtsträger 'in ihren Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Verfahren und Maßnahmen festzulegen, die, soweit sie zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit eines Rechtsträgers notwendig und angemessen sind, zumindest' die in den Z1 bis 5 festgelegten Verfahren und Maßnahmen vorsehen müssen.

2.2. Mit §34 und §35 WAG 2007 hat der Gesetzgeber (in Verbindung mit der von der FMA erlassenen IIKV) das in der RL 2004/39/EG und in der RL 2006/73/EG vorgesehene dreistufige Modell für die Behandlung von Interessenkonflikten einerseits zwischen dem Rechtsträger und den Kunden sowie andererseits zwischen den Kunden untereinander festgelegt: Zunächst sind die möglichen Interessenkonflikte zu erkennen (vgl. insbesondere §34 WAG 2007); im Anschluss daran sollen Verfahren und Maßnahmen eingerichtet bzw. getroffen werden, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden (§35 Abs1 bis 4 WAG 2007); schließlich sollen die nicht vermeidbaren Interessenkonflikte dem Kunden vor Durchführung des konkreten Geschäfts offen gelegt werden (§35 Abs5 WAG 2007).

§34 und §35 WAG 2007 legen Grundsätze für das Verhalten des Rechtsträgers bei Interessenkonflikten fest. Bei der konkreten Erbringung der Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen für den Kunden hat der Rechtsträger nach der allgemeinen Verhaltensvorschrift des §38 WAG 2007, die durch zahlreiche Vorschriften des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 konkretisiert und ergänzt wird (vgl. zB Graf in Gruber/N.Raschauer, WAG, Band I, 2009, §38 Rn 1ff; Brandl/Klausberger in Brandl/Saria, WAG2, 2010, §38 Rn 15ff), 'ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln und den §§36 bis 51 zu entsprechen'.

2.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheinen §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV aus zwei Gründen gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung zu verstoßen:

2.4. Zum einen scheinen §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV gegen das allgemeine Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG und das für Strafrechtsbestimmungen geltende Bestimmtheitsgebot des Art7 EMRK zu verstoßen. Der Gesetzgeber hat es nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes unterlassen, den Straftatbestand bzw. dessen Elemente so klar zu umschreiben, dass dem Rechtsunterworfenen erkennbar ist, das Zuwiderhandeln stellte eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. dazu VfSlg 3207/1957, 4037/1961, 6842/1972, 14.606/1996):

2.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B-VG vereinbar ist, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (zB VfSlg 6477/1971 mwN; ferner VfSlg 11.776/1988 zu unbestimmten Gesetzesbegriffen in einem Straftatbestand). Er hat auch die Auffassung vertreten, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ganz allgemein davon auszugehen sei, dass Art18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (VfSlg 13.785/1994, S. 666).

2.4.2. Vorweg ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Begriffsbestimmung des Interessenkonfliktes selbst hat. Die betroffenen Rechtskreise können nämlich bestimmen, was darunter zu verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen ein solcher vorliegt.

Der Verfassungsgerichtshof hegt allerdings vorläufig das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht ausreichend bestimmt festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsträger überhaupt Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zu ergreifen hat, sowie weiters, welche konkreten Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zu setzen sind.

2.5. Zum anderen dürfte das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung angesichts der dargelegten Unbestimmtheit der Normen und der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik eine bestimmte Mitwirkung durch die (Aufsichts‑)Behörde (zB im Rahmen eines Genehmigungs- oder Untersagungsverfahrens) verlangen, wenn eine Rechtsvorschrift – wie die in Prüfung gezogenen Bestimmungen – einen Rechtsunterworfenen zur Erlassung (rechts)gestaltender Akte anhält und daran hoheitliche Sanktionsvorschriften gegenüber dem Rechtsunterworfenen geknüpft werden. Nur dann darf nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofs der Rechtsunterworfene für die Nichteinhaltung der von ihm selbst festgesetzten Leitlinien verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden. Dies dürfte im vorliegenden Fall für das Verhältnis zwischen FMA als zuständiger Aufsichtsbehörde und den jeweiligen Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich sein, weil nur durch einen solchen Hoheitsakt (Rechts‑)Sicherheit über den Bestand und den notwendigen Inhalt der festzusetzenden Leitlinien gewonnen und die Erlassung bzw. Änderung von bereits seitens des Rechtsträgers erlassenen Leitlinien einem transparenten Regulativ unterworfen werden kann.

2.6. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 9535/1982) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmungen, die eine Verordnung bzw. Teile einer Verordnung tragen, zur Folge, dass die Verordnung hiermit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt, weshalb deren präjudizielle Bestimmungen auch in Prüfung zu ziehen sind. Die Bestimmungen des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV scheinen auch deswegen gesetzwidrig zu sein, weil sie sich auf §35 Abs1 bis 4 WAG 2007, insbesondere §35 Abs4 WAG 2007, stützen, also auf Bestimmungen, die aus den dargelegten Gründen (vgl. Punkt 2.3.-2.5.) verfassungswidrig erscheinen. Der Verfassungsgerichtshof ist somit der vorläufigen Ansicht, dass es den in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage mangelt."

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (im Folgenden: UVS) stellte gemäß Art140 Abs1 B‑VG sowie gemäß Art139 Abs1 B‑VG, jeweils in Verbindung mit Art129a Abs3 B-VG und Art89 Abs2 B-VG, die Anträge (protokolliert zu G29/2013, G41/2013, V16/2013, V37/2013), §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007, BGBl I 60/2007, als verfassungswidrig sowie §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II 216/2007, als gesetzwidrig aufzuheben. Der UVS begründete seine Anträge damit, dass mit Straferkenntnissen der FMA bestimmten Beschuldigten, die nunmehr fristgerecht Berufung an den UVS erhoben hätten, in ihrer Eigenschaft als gemäß §9 Abs1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Personen von näher bezeichneten Kreditinstituten eine Übertretung des §35 Abs1 und 2 WAG 2007 iVm §2 IIKV zur Last gelegt würde.

3.1. Zur Präjudizialität bringt der UVS vor, er habe im Rahmen der Berufungsentscheidung zu prüfen, ob eine gemäß §95 Abs2 Z1 WAG 2007 verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionierende Übertretung des §35 Abs1 und 2 WAG 2007 iVm §2 IIKV vorliege. Gleiches gelte für §35 Abs3 WAG 2007, der die konkrete Ausgestaltung sowie die Angemessenheit der nach §35 Abs1 und 2 WAG 2007 zu treffenden Maßnahmen und Verfahren regle und daher mit den genannten Rechtsvorschriften eine untrennbare Einheit bilde. §35 Abs4 WAG 2007 enthalte – so der UVS Wien – die gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung der IIKV. Diese Verordnungsermächtigung sei somit in gleicher Weise präjudiziell wie die gegenständlich als Übertretungsnormen heranzuziehenden Vorschriften des §35 Abs1 und 2 WAG 2007 sowie des §2 IIKV.

3.2. In der Sache schließt sich der UVS den vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss zu B1444-1449/2011 geäußerten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007, BGBl I 60/2007, sowie der Gesetzmäßigkeit des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II 216/2007, an, indem der UVS die relevanten Teile des Prüfungsbeschlusses wiedergibt und ausführt, dass er nunmehr auch die vom Verfassungsgerichtshof solcherart begründeten Bedenken hege.

4. Die Bundesregierung erstattete zum amtswegig eingeleiteten Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Im Einzelnen hält sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes Folgendes entgegen (Hervorhebungen nicht vom Verfassungsgerichtshof):

"I. Zu den Anlassbeschwerdeverfahren

[…]

II. Zur Rechtslage

[…]

III. Zu den Prozessvoraussetzungen

[…]

Nach Ansicht der Bundesregierung ergibt sich aus den Sprüchen der genannten FMA-Straferkenntnisse ('§35 Abs1 iVm §95 Abs2 Z1 WAG 2007') und UVS-Bescheide ('§35 Abs1 zweiter Fall iVm §95 Abs2 Z1 WAG 2007'), dass nur §35 Abs1 WAG 2007 präjudiziell sein dürfte.

Dagegen dürfte §35 Abs2 bis 4 WAG 2007 in keinem untrennbaren Zusammenhang mit §35 Abs1 WAG 2007 stehen. Maßgeblich für die Entscheidung der belangten Behörde war offenbar der Umstand, dass die entsprechenden Leitlinien nicht eingehalten worden sind, nicht jedoch, dass derartige Leitlinien nicht festgelegt worden wären. Die genannten Absätze bilden nach Ansicht der Bundesregierung insoweit keine 'offenbar untrennbare Einheit'. Des Weiteren enthält §35 Abs4 WAG 2007 bloß eine Verordnungsermächtigung der FMA und die Aufforderung, das vollharmonisierte Unionsrecht betreffend die organisationsrechtlichen Anforderungen an das Interessenkonfliktmanagement eines Unternehmens unter Bedachtnahme auf Art22 Abs3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu berücksichtigen. Es hat weder die FMA noch der UVS die amtswegig in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen in den Anlassbeschwerdeverfahren angewendet bzw. wären diese anzuwenden gewesen. Es wurde keine Verwaltungsübertretung nach §95 Abs2 Z1 (zweite Alternative: Verstoß gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §35 Abs4 WAG 2007 erlassenen Verordnung) WAG 2007 vorgeworfen. Es kann sich daher nur um eine Verwaltungsübertretung nach §95 Abs2 Z1 (erste Alternative: Verstoß gegen eine Verpflichtung gemäß '§§28 bis 59' WAG 2007) handeln. Daher ist die lnteressenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV, BGBl II Nr 216/2007, in den FMA-Straferkenntnissen und UVS-Bescheiden offenbar auch nicht ausdrücklich erwähnt.

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen geht die Bundesregierung davon aus, dass die in Prüfung gezogenen Vorschriften nur hinsichtlich des §35 Abs1 WAG 2007 präjudiziell sind und die Prozessvoraussetzungen daher im vorliegenden Fall nur teilweise gegeben sein dürften.

IV. Zu den erhobenen Bedenken

1.) Bedenken des Verfassungsgerichtshofes

Nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheinen §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV aus zwei Gründen gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung zu verstoßen (vgl. S. 26 f. des Prüfungsbeschlusses):

[…]

Die Bundesregierung teilt diese vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Ergebnis nicht. Nach Ansicht der Bundesregierung kann aus der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausformung als Bestimmtheitsgebot insbesondere zur Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe auf die Verfassungskonformität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen geschlossen werden, wie im Folgenden näher ausgeführt werden soll. Weiters ist auch die unionsrechtskonforme Interpretation des nationalen Rechts zu berücksichtigten, da die mit dem WAG 2007 bzw. der IIKV umgesetzten Richtlinien dem Konzept der Vollharmonisierung folgen.

2.) Judikatur zum Rechtsstaatsprinzip (Determinierungsgebot) und zum Gebot der richtlinienkonformen Interpretation des innerstaatlichen Rechts

a) Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgebot

Wie der Verfassungsgerichtshof, ausgehend von der im Erkenntnis VfSlg 3207/1957 entwickelten, im Erkenntnis VfSlg 4037/1961 vertieften und seither beibehaltenen (vgl. z.B. VfSlg 8695/1979), aus dem rechtsstaatlichen Gebot des Art18 B-VG abgeleiteten Rechtsprechung dargelegt hat, muss die Rechtsordnung, um dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten und den Unrechtsgehalt seines Handelns und Unterlassens eindeutig zu erkennen, die Freiheitssphäre vom Gebiet des Unerlaubten durch eine deutliche Grenzziehung scheiden. Wie der Verfassungsgerichtshof aber gleichfalls wiederholt ausgesprochen hat, macht die Notwendigkeit, eine andere Vorschrift sinngemäß anzuwenden, die Regelung ebensowenig unbestimmt (vgl. z.B. VfSlg 6355/1971) wie die Technik der sogenannten Blankettstrafnorm (vgl. z.B. VfSlg 6896/1972). Tatbestände an deren Übertretung eine Strafdrohung anknüpft, müssen daher so abgefasst sein, dass sich für den Einzelnen Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens in Bezug auf den Tatbestand nicht ergeben können (vgl. z.B. VfSlg 11.520/1987 mwH).

Auch hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B-VG vereinbar ist, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (vgl. z.B. VfSlg 6477/1971 mwN; ferner VfSlg 11.776/1988 zu unbestimmten Gesetzesbegriffen in einem Straftatbestand). Art18 B-VG verlangt dabei – angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, – einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad (vgl. z.B. VfSlg 13.785/1994).

Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl. z.B. VfSlg 8209/1977, 9883/1983 und 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. z.B. VfSlg 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996, 14.631/1996 und 15.493/1999 sowie 16.137/2001 und 16.635/2002).

b) Judikatur zum Bestimmtheitsgebot im Finanzmarktbereich

Was speziell den Finanzmarktbereich betrifft, hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 16.993/2003 betreffend §82 Abs5 Z3 Börsegesetz 1989 ausgeführt, dass eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes nicht vorliegt, wenn jene Personen, die einer Materie besonders nahe stehen und in einem bestimmten Sachgebiet somit als Fachleute gelten, unter Androhung einer Strafe in eben diesem Sachgebiet zu einem ordnungsgemäßen Verhalten, zur Sorgfalt, zum Ergreifen 'geeigneter' Maßnahmen oder zur Verhinderung von Missbräuchen angehalten werden. In jenem Verfahren ging es um die Frage der Strafbarkeit eines leitenden Bankangestellten auf Grund der Unterlassung geeigneter organisatorischer Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen, da der Bereich des 'Aktieneigenhandels' vom 'Aktienkundenhandel' in unzureichender Form getrennt gewesen war. Im Einzelnen heißt es hierzu in VfSlg 16.993/2003 (S. 374) auszugsweise (Hervorhebungen nicht im Original):

[…]

Der Verfassungsgerichtshof hatte auf Grund der genannten Erwägungen auch keine Bedenken gegen die korrespondierende Strafbestimmung des §48 Abs1 Z6 Börsegesetz 1989 sowie die bezughabende Verordnungsermächtigung des (damaligen) §82 Abs5a Börsegesetz 1989 (idF vor BGBl I Nr 19/2007).

c) Bestätigung von VfSlg 16.993/2003 durch VfSlg 17.349/2004

In VfSlg 17.349/2004 werden die Überlegungen von VfSlg 16.993/2003 hinsichtlich des sachkundigen Personenkreises vom Verfassungsgerichtshof ausdrücklich bestätigt. Der Verfassungsgerichtshof hatte dabei keine Bedenken gegen die in der Lebensmittelhygieneverordnung vorgesehene Verpflichtung des Inhabers oder Geschäftsführers eines Lebensmittelunternehmens zur Festlegung, Durchführung, Einhaltung und Überprüfung angemessener Sicherheitsmaßnahmen für die Lebensmittelsicherheit im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot. Auszugsweise lautet es dort (Hervorhebungen nicht im Original):

[…]

d) Fortsetzung der Rechtsprechung in jüngeren Ablehnungsbeschlüssen

Diese Rechtsprechung wird in zahlreichen neueren Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zum §48a (Marktmissbrauch) Börsegesetz 1989 in Verbindung mit §48c Börsegesetz 1989 (Verbot der Marktmanipulation) fortgesetzt (vgl. z.B. B2005/08-4, B2017/08-4, B2018/08-4, B2019/08-4, B2031/08-4 und B2032/08-4, jeweils vom 16. Juni 2009; B329/10-10 vom 7. Juni 2010; B876/10-5 vom 21. Februar 2011; B547/10-4 vom 10. März 2011; B392/11-5 und B393/11-5, jeweils vom 9. Juni 2011). Im Beschluss B393/11-5 bekräftigt beispielsweise der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsprechung zu VfSlg 16.993/2003 und 17.349/2004 und führt dort Folgendes aus (Hervorhebungen nicht im Original):

[…]

e) Rechtsprechung zur richtlinienkonformen Interpretation

Aus Art4 Abs3 EUV (früher: Art10 EG bzw. Art5 EGV) wird das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation des innerstaatlichen Rechts abgeleitet. Die nationalen Gerichte, also auch der Verfassungsgerichtshof, sind deshalb verhalten, das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Lichte und Zielsetzung auszulegen. Alle nationalen Gerichte sind somit unionsrechtlich verpflichtet, das nationale Recht unter voller Ausschöpfung des richterlichen Beurteilungsspielraums in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen und anzuwenden. Dieser Grundsatz kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Regelung eines Sachverhalts Gegenstand nicht nur einer nationalen Bestimmung, sondern auch einer Richtlinienbestimmung ist (vgl. z.B. VfSlg 15.354/1998).

3.) Zum ersten Teil der Bedenken: Ausreichende Bestimmtheit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen

Der erste Teil der Bedenken des Verfassungsgerichtshofs geht dahin, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen nicht ausreichend bestimmt festlegten, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsträger überhaupt Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zu ergreifen habe, sowie weiters, welche konkreten Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zu setzen seien.

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass bereits aus der zitierten Vorjudikatur, insbesondere aus VfSlg 16.993/2003, auf eine ausreichende Bestimmtheit der in Prüfung gezogenen Normen geschlossen werden kann. In diesem Erkenntnis ging es um Vorkehrungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem (besonderen) Informationsaustausch betreffend Insiderinformationen. Die dortigen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes, wonach der betroffene sachkundige Personenkreis eine im Wesentlichen übereinstimmende Auffassung über den Inhalt des gebotenen Verhaltens und die typischerweise geeigneten organisatorischen Maßnahmen hat, lassen sich ohne Weiteres auch auf den allgemeinen Informationsaustausch im Zusammenhang mit dem System des Interessenkonfliktmanagements in einem Unternehmen übertragen.

a) Zu Voraussetzungen für und zum Inhalt von Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten gemäß §35 WAG 2007

Im vorliegenden Fall geht es nach dem unionsrechtlichen dreistufigen System des Interessenkonfliktmanagements um ein Erkennen, ein Verhindern bzw. eine Offenlegung von Interessenkonflikten [vgl. Art13 (Organisatorische Anforderungen) und Art18 (Interessenkonflikte) der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art22 (Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten) der Richtlinie 2006/73/EG ; siehe auch Assmann, Interessenkonflikte und 'Inducements' im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40 (42 ff.)].

Aus dem Unionsrecht ergibt sich, dass die 'Wertpapierfirmen' – Adressat der aufsichtsrechtlichen Organisationspflichten ist das betreffende Unternehmen – 'in schriftlicher Form wirksame, der Größe und Organisation der jeweiligen Firma sowie der Art, des Umfanges und der Komplexität ihrer Geschäfte angemessene Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und auf Dauer umsetzen' haben (vgl. Art22 Abs1 und z.B. Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2006/73/EG und §35 Abs1 WAG 2007). Die Nichteinhaltung der Verpflichtungen durch die einzelne Wertpapierfirma ist verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionieren [vgl. Art51 (Verwaltungssanktionen) Abs1 der Richtlinie 2004/39/EG : '… dass bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften gegen die verantwortlichen Personen … im Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden … Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. '].

Der einzelne Rechtsträger (§15 WAG 2007) hat daher sein Interessenkonfliktmanagement vor dem Hintergrund der unbestimmten, aber dem Inhalt nach bestimmbaren Gesetzesbegriffe (arg: 'Größe' und 'Organisation' des Unternehmens; 'Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte') auf Unternehmensebene im Einzelnen unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Angemessenheits-, Verhältnismäßigkeits- und Zumutbarkeitsprinzips zu kalibrieren. Das Gleiche gilt für die vom jeweiligen Unternehmen anhand einer 'Feinkalibrierung' festzulegenden Grundsätze (Leitlinien), 'welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind', um die erkennbaren Interessenkonflikte zu bewältigen (vgl. Art22 Abs2 der Richtlinie 2006/73/EG und §35 Abs2 Z2 WAG 2007).

Nach Ansicht der Bundesregierung lassen sich dem Finanzmarktrecht (vgl. z.B. §82 Abs5 Z3 Börsegesetz 1989 iVm §4 Abs4 ECV2007) auch genügende Anhaltspunkte dafür entnehmen, welche Verfahren und Maßnahmen im Hinblick auf den allgemeinen Informationsaustausch und zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu setzen sind [siehe auch die Begründung zu §2 der IIKV: '… Beispiele dafür sind folgende Maßnahmen: Errichtung von 'Chinese Walls' oder Einrichtung von permanenten und allenfalls projektbezogenen Vertraulichkeitsbereichen …'; vgl. weiters zum 'Handelsbrauch' den Standard Compliance Code der Österreichischen Kreditwirtschaft 2007, z.B. Modul 2 Pkt. 4, wobei es in VfSlg 16.993/2003 als gar nicht maßgebend erachtet wurde, dass typischerweise geeignete Maßnahmen (dort zur Verhinderung von Insidergeschäften) bereits in einem derartigen Compliance Code verdichtet wurden].

b) Notwendigkeit abstrakter Regelungen im WAG 2007

Alle typischerweise geeigneten organisatorischen Maßnahmen wären wegen ihrer abstrakten Vielfalt und der zahlreichen unterschiedlichen konkreten Geschäftsfelder der einzelnen Wertpapierfirmen gar nicht taxativ aufzählbar. In diesem Zusammenhang führen Resch/Dämon, Überblick über die organisatorischen Anforderungen an Rechtsträger im Hinblick auf das WAG 2007, 169 (179) in: Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer (Hrsg.), Von der MiFID zum WAG 2007, Folgendes aus (Hervorhebungen nicht im Original):

'… Resümee … Die recht komplexen Regelungen im Zusammenhang mit verschachtelten Ausnahmebestimmungen und Verhältnismäßigkeitserwägungen stellen in der Anwendung jedoch sowohl für die Rechtsträger als auch die Aufsichtsbehörde erhebliche Herausforderungen dar. Für die Rechtsträger sind keine generelle[n] Aussagen möglich, welche konkreten organisatorischen Anforderungen zu erfüllen sind. Es obliegt dem jeweiligen Unternehmen selbst im konkreten Einzelfall zu entscheiden, welches Ausmaß an organisatorischer Ausgestaltung im Hinblick auf die allgemeinen Anforderungen, Compliance, Risikomanagement und Interne Revision erforderlich ist. Diese Einzelfallentscheidung des Unternehmens unterliegt in weiterer Folge der behördlichen Prüfung. …'

Da die spezifischen Verhältnisse in den einzelnen Wertpapierfirmen daher allgemeine Vorschriften nicht genügen lassen, erfasst nach Ansicht der Bundesregierung §35 WAG 2007 richtlinien- und verfassungskonform verstanden, Verstöße gegen Grundsätze im Umgang mit Interessenkonflikten, deren Beachtung für jede im Finanzmarktbereich sachkundig tätige Personengruppe selbstverständlich sein muss (so – im Zusammenhang mit einem lebensmittelrechtlichen Verbot – VfSlg 9187/1981, S. 666). Als eine solche Selbstverständlichkeit ist im Finanzmarktbereich im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch und der Vermeidung von Interessenkonflikten auch die Trennung von Eigen- und Kundenhandel anzusehen (vgl. VwGH 05.11.2003, Zl. 2003/17/0212: '… Interessenkonflikte 'möglichst gering' zu halten, indem [das Unternehmen] – soweit unter Berücksichtigung [der] Unternehmensstruktur wirtschaftlich möglich – eine personelle Trennung der in den Vertraulichkeitsbereichen Kunden- bzw. Eigenhandel operativ tätigen Personen vornimmt.'; vgl. weiters den Sachverhalt im Anlassverfahren zu VfSlg 16.993/2003). In den Anlassbeschwerdeverfahren wurde diese Selbstverständlichkeit bei der RLBOÖ, einem größeren Kreditinstitut auf dem österreichischen Markt (und mit laut Zitat auf Seite 4 des Prüfungsbeschlusses einem Gesamtwert der Wertpapierdepots von rund 16,3 Milliarden Euro), erst auf Betreiben der Aufsichtsbehörde hergestellt.

Wenn dem sachkundigen Personenkreis unterstellt werden kann, zu wissen, welche organisatorischen Maßnahmen typischerweise geeignet sind, um Interessenkonflikte im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch zu verhindern, muss dies nach Ansicht der Bundesregierung umso mehr auch dafür gelten, dass ihm weiters auch bekannt ist, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmter Rechtsträger konkrete Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu ergreifen hat. Das Legalitätsprinzip des Art18 B-VG sollte daher im komplexen Finanzmarktaufsichtsrecht und unter dem Blickwinkel des vollharmonisierten Unionsrechts nicht überspannt werden

Nach Ansicht der Bundesregierung sind daher die in Prüfung gezogenen Vorschriften insbesondere vor dem Hintergrund der dargelegten einschlägigen ständigen Rechtsprechung zum sachkundigen Personenkreis und zur Zulässigkeit einer finalen Determinierung von Rechtsvorschriften sowie im Lichte der Zielsetzungen der Richtlinie 2004/39/EG und der Richtlinie 2006/73/EG hinreichend bestimmt.

4.) Zum zweiten Teil der Bedenken: Mitwirkung der (Aufsichts-)Behörde

Der zweite Teil der vorläufigen Bedenken im Prüfungsbeschluss geht dahin, dass angesichts der Unbestimmtheit der Normen und der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik eine bestimmte Mitwirkung durch die (Aufsichts-)Behörde (z.B. im Rahmen eines Genehmigungs- oder Untersagungsverfahrens) erforderlich wäre, wenn eine Rechtsvorschrift – wie die in Prüfung gezogenen Bestimmungen – einen Rechtsunterworfenen zur Erlassung (rechts)gestaltender Akte anhalte und daran hoheitliche Sanktionsvorschriften gegenüber dem Rechtsunterworfenen geknüpft würden.

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zur hinreichenden Bestimmtheit des §35 WAG 2007 ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die im Prüfungsbeschluss vorläufig dargelegten (weiteren) Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips im vorliegenden Fall vom Verfassungsgerichtshof gar nicht mehr weiter geprüft werden brauchen. Da die in Prüfung gezogenen Bestimmungen einen dem Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad aufweisen, ist auf Grund des Rechtsstaatsprinzips auch keine derartige Mitwirkung der Behörde bei der Festlegung der Leitlinien für den Umgang mit Interessenskonflikten geboten.

Im Übrigen ist die Bestimmung im Sinne des bereits oben zitierten Erkenntnisses VfSlg 9187/1981, S. 666, auch einer Auslegung zugänglich, dass eine verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung auf Fälle begrenzt wäre, in denen gegen Grundsätze der Vermeidung von Interessenskonflikten verstoßen wurde, deren Beachtung für im Finanzmarktbereich tätige Personen selbstverständlich sein muss.

Weiters dürfte nach Ansicht der Bundesregierung ein Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren auch gegen das unionsrechtliche Verbot des nationalen Gold-Plating verstoßen (vgl. Art31 Abs1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG : 'keine zusätzlichen Anforderungen'; siehe auch Erwägungsrund 7 der Richtlinie 2006/73/EG : '… für Wertpapierfirmen [sollten] harmonisierte organisatorische Anforderungen … festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten und zuständigen Behörden sollten bei der Umsetzung und Anwendung der in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen folglich keine zusätzlichen verbindlichen Vorschriften erlassen, es sei denn, die Richtlinie lässt dies ausdrücklich zu. ').

Es könnte vor dem Hintergrund des vollharmonisierten Unionsrechts allenfalls zur Klarstellung und im Hinblick auf das Verhältnis zwischen FMA und beaufsichtigtem Rechtsträger eine Wortfolge in den innerstaatlichen Rechtsbestand (ergänzend) aufgenommen werden, wie dies in §18 Abs2 dritter Satz WAG 2007 vorgesehen ist (vgl. Art6 Abs1 der Richtlinie 2006/73/EG iVm Art13 Abs2 der Richtlinie 2004/39/EG ). Der besagte Satz lautet wie folgt: 'Hierbei ist zu gewährleisten, dass der FMA alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, sodass sie ihre Befugnisse wirksam ausüben kann.' Die Einführung eines behördlichen Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren für Unternehmensleitlinien im Zusammenhang mit dem Interessenkonfliktmanagement wäre hingegen mit den verbindlichen Vorgaben der einschlägigen Richtlinien 2004/39/EG und 2006/73/EG nicht vereinbar und daher unionsrechtswidrig. Wäre nämlich eine Kontrolle der vom einzelnen Unternehmen festzulegenden Richtlinien durch die zuständige Behörde intendiert gewesen, hätte der Unionsgesetzgeber eine ähnliche Regelung wie in Art13 der Richtlinie 2003/71/EG getroffen. Dort ist explizit das Billigungsverfahren des Prospektentwurfs durch die zuständige Behörde normiert.

Auf Grund des Vorrangs des Unionsrechts auch vor dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten (vgl. VfSlg 16.050/2000) hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 18.642/2008 die Aufhebung einer Bestimmung, die Unionsrecht umsetzt, dann für unzulässig erachtet, wenn das Unionsrecht dem innerstaatlichen Gesetzgeber keinen Spielraum für die inhaltliche Gestaltung einräumt, sodass der Gesetzgeber keine Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen, die sowohl dem Unionsrecht als auch dem innerstaatlichen Verfassungsrecht entspricht.

5.) Aufsichtsrechtliche Aspekte

Die Bundesregierung möchte noch auf weitere potentielle Folgen für die Aufsicht über Rechtsträger bei einer sehr engen Auslegung des Art18 B-VG bzw. des Art7 EMRK im Sinne eines Erfordernisses einer Mitwirkung der (Aufsichts‑)Behörde hinweisen:

Dass eine Nichteinhaltung von §35 WAG 2007 mit Verwaltungsstrafe gemäß §95 Abs2 Z1 WAG 2007 bedroht wird, ist erforderlich, damit die beaufsichtigten Unternehmen der Verpflichtung, angemessene Leitlinien festzulegen und diese in der operativen Realität auch dauerhaft umzusetzen, auch tatsächlich nachkommen. Eine Ausgestaltung von §35 WAG 2007 etwa als lex imperfecta könnte dazu führen, dass einige Unternehmen über einen längeren Zeitraum unerkannt erforderliche Maßnahmen zur Hintanhaltung von Interessenkonflikten nicht setzen, während andere Beaufsichtigte in der Zwischenzeit nicht unerhebliche Kosten und Mühen auf sich nehmen, der gesetzlichen Verpflichtung des §35 WAG 2007 nachzukommen. Dies kann jedoch nicht im Interesse einer effektiven Finanzmarktaufsicht sein.

Würde daher die Bundesverfassung den nationalen Gesetzgeber (wohl unionsrechtswidrig) verpflichten, eine behördliche Mitwirkung im Rahmen eines Genehmigungs- oder Untersagungsverfahrens in §35 WAG 2007 zu normieren, so hätte dies erhebliche Auswirkungen auf unzählige weitere Regelungsbereiche des WAG 2007 und in anderen unionsrechtlich harmonisierten Aufsichtsgesetzen:

 So verpflichtet etwa §17 Abs2 WAG 2007, der Art5 Abs2 der Richtlinie 2006/73/EG (Art13 Abs2 bis 8 der Richtlinie 2004/39/EG) wörtlich umsetzt, den Rechtsträger, angemessene Systeme und Verfahren zum Schutz von Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit von Informationen einzurichten und laufend anzuwenden.

 Gemäß §17 Abs3 WAG 2007 sind in Umsetzung von Art5 Abs3 der Richtlinie 2006/73/EG vom Rechtsträger geeignete und angemessene Systeme, Ressourcen und Verfahren einzurichten und sonstige angemessene Vorkehrungen zu treffen, die bei einer Unterbrechung seiner Systeme und Verfahren gewährleisten, dass wesentliche Daten und Funktionen erhalten bleiben und Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten fortgeführt werden können.

 Gemäß §18 Abs2 WAG 2007 ist der Rechtsträger in Umsetzung von Art6 Abs1 der Richtlinie 2006/73/EG (Art13 Abs2 der Richtlinie 2004/39/EG ) angehalten, angemessene Grundsätze und Verfahren festzulegen und laufend einzuhalten, die darauf ausgelegt sind, jedes Risiko einer etwaigen Missachtung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten sowie die damit verbundenen Risiken aufzudecken. Durch angemessene Maßnahmen und Verfahren sind diese Risiken auf ein Mindestmaß zu beschränken.

§19 Abs1 Z1 WAG 2007, der Art7 Abs1 lita der Richtlinie 2006/73/EG (Art13 Abs5 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG) umsetzt, verpflichtet den Rechtsträger, angemessene Leitlinien und Verfahren für sein Risikomanagement festzulegen, die die mit seinen Geschäften, Abläufen und Systemen verbundenen Risiken erfassen und diese Leitlinien laufend anzuwenden.

 Gemäß §19 Abs2 WAG 2007 ist vom Rechtsträger in wörtlicher Umsetzung von Art7 Abs2 der Richtlinie 2006/73/EG eine unabhängige Risikomanagement-Funktion dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist.

§24 Abs1 WAG 2007, der Art12 Abs1 der Richtlinie 2006/73/EG (Art13 Abs2 der Richtlinie 2004/39/EG ) umsetzt, normiert, dass vom Rechtsträger angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten sind, um relevante Personen […] daran zu hindern, ein persönliches Geschäft zu tätigen, bei dem zumindest eine der Voraussetzungen von lita bis c erfüllt ist.

Gemäß §25 Abs1 WAG 2007 hat der Rechtsträger in Umsetzung von Art14 der Richtlinie 2006/73/EG und Art13 Abs5 Richtlinie 2004/39/EG angemessene Vorkehrungen gemäß Anlage 1 zu §25 WAG 2007 zu treffen, um unnötige zusätzliche Geschäftsrisiken zu vermeiden.

 Gemäß Z4 der Anlage 1 zu §25 WAG 2007 haben in Umsetzung von Art14 Abs2 litd der Richtlinie 2006/73/EG , falls Zweifel bestehen, dass der Dienstleister seine Aufgaben wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausführt, angemessene Schritte eingeleitet zu werden.

§43 Abs1 WAG 2007, der Art37 Abs1 der Richtlinie 2006/73/EG (Art19 Abs4 und 5 der Richtlinie 2004/39/EG) umsetzt, bestimmt: Sofern in diesem [7.] Abschnitt Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen eines Kunden im Anlagebereich einzuholen sind, haben diese die in Z1 bis 3 genannten Punkte zu enthalten, soweit dies nach Art des Kunden, Art und Umfang der zu erbringenden Dienstleistung und Art des in Betracht gezogenen Produkts oder Geschäfts unter Berücksichtigung der damit jeweils verbundenen Komplexität und Risiken angemessen ist.

§52 Abs1 WAG 2007 normiert in Umsetzung von Art21 der Richtlinie 2004/39/EG und Art44 und 45 der Richtlinie 2006/73/EG , dass ein Rechtsträger […] wirksame Vorkehrungen zu treffen, eine Durchführungspolitik festzulegen und sicherzustellen hat, dass die in Z1 bis 3 genannten Dienstleistungen jeweils nach Maßgabe der Durchführungspolitik vorgenommen werden, um gleich bleibend das beste Ergebnis für seine Kunden zu erreichen.

 Gemäß §55 Abs4 WAG 2007 darf ein Rechtsträger in Umsetzung von Art47 Abs3 der Richtlinie 2006/73/EG Informationen im Zusammenhang mit laufenden Kundenaufträgen nicht missbrauchen und hat alle angemessenen Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs derartiger Informationen durch seine relevanten Personen zu treffen.

Müsste ein Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren in §35 WAG 2007 normiert werden, so wären konsequenterweise in all den soeben aufgelisteten Bestimmungen ebenfalls solche Verfahren einzuführen, weil es sich um vergleichbare Regelungsinhalte handelt.

Eine solche Vorgangsweise scheint in der Praxis jedoch von der FMA als zuständiger Aufsichtsbehörde jedenfalls unter dem Blickwinkel von Effektivitätsgesichtspunkten nicht (mehr) vollziehbar: So wären sämtliche vom Rechtsträger nach den Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 festzulegenden Richtlinien von der FMA nicht nur vor deren Einführung im Unternehmen inhaltlich zu prüfen, vielmehr wäre in logischer Konsequenz auch eine fortlaufende Kontrolle im Sinne einer Follow-up-Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde angezeigt. Darüber hinaus müsste die FMA jede einzelne Änderung einer bereits erlassenen Richtlinie einer ex-ante Prüfung unterziehen. Ein solches Procedere würde jedoch den zur Verfügung stehenden Rahmen personeller Ressourcen der Aufsichtsbehörde sprengen und ist überdies vom Unionsgesetzgeber nicht gewollt. Auch wären die Aufsichtskosten letztlich von allen beaufsichtigten Unternehmen zu tragen.

Auch in anderen unionsrechtlich harmonisierten Aufsichtsgesetzen finden sich Regelungen, die inhaltlich mit §35 WAG 2007 vergleichbar sind:

So verpflichtet etwa in Umsetzung der (3. Geldwäsche-)Richtlinie 2005/60/EG im Bereich der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung §41 Abs4 Z1 BWG die Kredit- und Finanzinstitute, 'angemessene und geeignete Strategien und Verfahren' […] einzuführen, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern, sowie 'geeignete Strategien' zur Verhinderung des Missbrauchs von neuen Technologien für Zwecke der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu entwickeln. Wird in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen der einzelne Rechtsträger zur Festlegung angemessener Leitlinien verpflichtet, sind hier die Kredit- und Finanzinstitute angehalten, angemessene und geeignete Strategien und Verfahren einzuführen. Eine diesbezügliche behördliche Mitwirkung ist, obwohl an §41 Abs4 BWG hoheitliche Sanktionsvorschriften gegenüber dem Rechtsunterworfenen geknüpft sind (vgl. §99 Abs2 BWG), jedoch nicht vorgesehen.

Eine §35 WAG 2007 vergleichbare Regelung findet sich auch in §82 Abs5 Z2 Börsegesetz 1989: Diese Bestimmung verpflichtet den einzelnen Emittenten, zur Hintanhaltung von Insidergeschäften interne Richtlinien für die Informationsweitergabe im Unternehmen zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen. Gemäß §82 Abs5 Z3 Börsegesetz 1989 hat der Emittent geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu treffen (vgl. VfSlg 16.993/2003). Auch Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes und Versicherungsunternehmen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz haben gemäß §48s Börsegesetz 1989 zur Hintanhaltung von Insidergeschäften die in §82 Abs5 Z1 bis 3 Börsegesetz 1989 genannten Maßnahmen zu treffen. Trotz der daran geknüpften Sanktionsbestimmungen des §48 Abs1 Z6 Börsegesetz 1989 finden sich auch hier keine behördlichen Verfahren im Sinne einer ex-ante Prüfung der vom Emittenten zu erlassenden Richtlinien.

Ebenso ist auch im Bereich des Investmentfondsgesetz 2011 – InvFG2011 keine behördliche Mitwirkung in Gestalt eines Hoheitsaktes vorgesehen, obwohl die Verwaltungsgesellschaft durch §23 Abs1 iVm §190 Abs2 Z3 InvFG2011 verpflichtet wird, 'wirksame Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen, einzuhalten und aufrechtzuerhalten. Diese Grundsätze sind schriftlich festzulegen und müssen der Größe und Organisation der Verwaltungsgesellschaft sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäfte angemessen sein. '

Auf unionsrechtlicher Ebene ist im Finanzmarktsektor sogar eine Abkehr von der präventiven Bedingungskontrolle zu erkennen:

So ist im Bereich der Versicherungsaufsicht seit Inkrafttreten der Dritten Richtlinien-Generation (Richtlinie 92/49/EWG 'Dritte Richtlinie Schadensversicherung' und Richtlinie 92/96/EWG 'Dritte Richtlinie Lebensversicherung') den Mitgliedstaaten eine präventive Bedingungs- und Tarifkontrolle sowie eine systematische Vorlage der Bedingungen und Tarife während des Geschäftsbetriebes untersagt. Dementsprechend sind die Versicherungsbedingungen nicht mehr Bestandteil des Geschäftsplanes und unterliegen keiner Genehmigungspflicht. Bis 1994 waren gemäß §8 Abs2 Z3 VAG die 'allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen' Bestandteil des Geschäftsplanes und somit genehmigungspflichtig. Durch die VAG-Novelle 1996 (BGBl Nr 447/1996) wurde darüber hinaus noch klargestellt, dass die allgemeine Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß §100 Abs1 VAG die systematische Vorlage der allgemeinen Versicherungsbedingungen, der Tarife sowie der Formblätter […] nicht mit einschließt (vgl. RV109 BlgNR XX. GP). Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelung ist es, eine breite Produktpalette zu gewährleisten und dadurch zu einem effektiven Binnenmarkt im Versicherungswesen zu gelangen (Stephan Korinek, Rechtsaufsicht über Versicherungsunternehmen, S. 105 f.). Dementsprechend ist für die Frage der Zulässigkeit der Bedingungskontrolle die relevante Abgrenzung jene zwischen systematischer Vorlage und gewöhnlicher Aufsichtstätigkeit. Aufgrund der besonderen Bedeutung, die die Versicherungsrichtlinien der freien Produktgestaltung einräumen, darf die Versicherungsaufsichtsbehörde nichts unternehmen, was im Effekt einer Genehmigungspflicht nahe käme (Stephan Korinek, aaO, S. 107).

Schließlich dürfte das verfahrensgegenständliche Regelungskonzept nicht bloß im Finanzmarktbereich Eingang gefunden haben. So bestehen auch außerhalb des Finanzmarktbereichs dem §35 WAG 2007 vergleichbare Verpflichtungen, die in Umsetzung von Unionsrecht ergangen sind (vgl. z.B. §84c Abs4 GewO 1994 (in Verbindung mit §3 IUV), der den Betriebsinhaber zur Erstellung und Verwirklichung eines Sicherheitskonzepts verpflichtet. Ein Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren ist dabei nicht vorgesehen. Verstöße sind gemäß §367 Z57 GewO 1994 als Verwaltungsübertretung zu ahnden).

Vor diesem Hintergrund würde die Aufrechterhaltung der vorläufigen Bedenken des Prüfungsbeschlusses im Hinblick auf eine Mitwirkung der Aufsichtsbehörde zu kaum absehbaren Folgen führen.

V. Zusammenfassung

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung im Lichte der Zielsetzungen des vollharmonisierten Unionsrechts im Zusammenhang mit dem System des Interessenkonfliktmanagements keine Verfassungswidrigkeit des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007 vorliegt (und – da gegen die Verordnung keine weiteren Bedenken erhoben worden sind – auch keine Gesetzwidrigkeit des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV gegeben ist).'

In den Äußerungen zu den beim Verfassungsgerichtshof zu G29/2013, G41/2013, V16/2013 und V37/2013 protokollierten Verfahren, denen Anträge des UVS zugrunde liegen, verwies die Bundesregierung auf die zum amtswegigen Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren G10-15/2013, V4-9/2013 erstattete Äußerung.

5. Die FMA erstattete dazu ebenfalls eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007 nicht als verfassungswidrig aufzuheben sowie die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV nicht als gesetzeswidrig aufzuheben. Die FMA hält den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Wesentlichen Folgendes entgegen (Hervorhebungen nicht vom Verfassungsgerichtshof):

"I.

Zu den erhobenen Bedenken

1. Zum Bedenken der mangelnden Bestimmtheit

Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Beschluss Zl. G10-15/13, V4-9/13-2 zum einen vorläufig davon aus, dass §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV gegen das allgemeine Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG und das für Strafrechtsbestimmungen geltende Bestimmtheitsgebot des Art7 EMRK zu verstoßen scheinen. Der Gesetzgeber habe es nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes unterlassen, den Straf­tat­bestand bzw. dessen Elemente so klar zu umschreiben, dass dem Rechtsunterworfenen erkenn­bar sei, das Zuwiderhandeln stellte eine Verwaltungsübertretung dar.

Die FMA vermag die konkret vom Verfassungsgerichtshof in Bezug auf Art18 B-VG und Art7 EMRK aufgeworfene Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht ausreichend determiniert festlegen würden, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsträger Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zu ergreifen habe, sowie weiters, welche konkreten Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessen­konflikts zu setzen seien, nicht zu teilen:

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B-VG vereinbar ist, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Über­ein­stimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (z.B. VfSlg 6477/1971 mwN; ferner VfSlg 11.776/1988 zu unbestimmten Gesetzesbegriffen in einem Straftatbestand). Er hat auch die Auffassung vertreten, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sach­verhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ganz allgemein davon auszugehen sei, dass Art18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungs­gegen­stand adäquaten Determinierungsgrad verlange (VfSlg 13.785/1994, S. 666).

Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl. z.B: VfSlg 8209/1977, 9883/1983 und 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Ver­fügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretations­methoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. z.B. VfSlg 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996, 14.631/1996, 15.493/1999, 16.137/2001 und 16.635/2002).

Nach Ansicht der FMA weisen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sowohl nach ihrem Wortlaut, ihrer systematischen Stellung als auch der Historie und dem Gesetzeszweck hinsichtlich des strafbewehrten Verhaltens einen adäquaten Determinierungsgrad auf. Überdies war die konkret getroffene Umsetzung im WAG 2007 europarechtlich geboten:

§35 Abs1 erster Satz WAG 2007 legt ausdrücklich fest, dass ein Rechtsträger in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessen­konflikten festzulegen und laufend anzuwenden hat, um zu verhindern, dass Interessen­konflikte den Kundeninteressen schaden. Festzuhalten ist vorab, dass nur ein Verstoß gegen solche wirksamen und angemessenen Leitlinien überhaupt vom Tatbestand des §35 iVm §95 Abs2 Z1 WAG 2007 erfasst ist. Die unter Sachlichkeitsgesichtspunkten aufgeworfenen Bedenken, dass jene Rechtsträger, die in den eigenen Leitlinien über das gesetzlich erforderliche Mindestausmaß hinausgehende Maßnahmen festlegten, gegenüber jenen schlechter gestellt seien, die sich mit den Mindestanforderungen begnügen, gehen ins Leere: Für Rechtsträger besteht die Verpflichtung, nach den im Gesetz genannten Kriterien (Größe und Organisation; Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte) in angemessener, d.h. letztlich verhältnismäßiger Weise, interne Leitlinien zu erstellen. Als Verwaltungsübertretung kommt auch nur eine Übertretung der Verpflichtung zur Festlegung bzw. laufenden Anwendung wirksamer und angemessener Leitlinien in Betracht. Sollte sich ein Unternehmen entscheiden, einen über das vom Gesetz geforderte Maß an Angemessenheit hinausgehenden Standard festzulegen, wäre ein Abgehen davon nicht zu ahnden, weil von über die Angemessenheit hinausgehenden Leitlinien abgewichen wird. Verwaltungsstrafrechtlich ist nur zu ahnden, wenn der eingehaltene Maßstab das vom Gesetz geforderte Maß an Angemessenheit unter­schreitet.

§35 Abs1 bis 4 WAG 2007 setzt Art22 Abs1 bis Abs3 Unterabsatz 2 MiFID-DRL (RL 2006/73/EG) um. Die aufgrund der Verordnungsermächtigung in §35 Abs4 WAG 2007 ergangene Interessenkonflikte- und Informationen-für-Kunden-Verordnung der FMA (IIKV) setzt Art22 Abs3 lita bis e MiFID-DRL um. Der Weg der Durchführungsverordnung wurde deshalb gewählt, um der in Art22 Abs3 letzter Unterabsatz MiFID-DRL normierten Ver­pflichtung zur Anpassung der Standards an die jeweiligen Bedürfnisse der Praxis nachzukommen (ErlRV143 BlgNR 23. GP 16).

Aus der Zusammenschau von Art22 Abs1 bis 3 MiFID-DRL und §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 wird deutlich, dass die Richtlinienvorgaben nahezu wortgleich vom österreichischen Gesetz­geber übernommen wurden (vgl. auch VfSlg 17.349/2003). Da es sich bei der RL 2006/73/EG um einen für die Mitgliedstaaten verbindlichen Rechtsakt und insbesondere um eine nach dem Konzept der Maximalharmonisierung gestaltete Richtlinie handelt (siehe dazu in Punkt. 2 dieser Äußerung), ist es dem Gesetzgeber europarechtlich verboten, die zugrunde­zulegenden Parameter (Größe und Organisation des Unternehmens, Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte) und die damit zusammenhängenden Verfahren und Maß­nahmen enger fassen (vgl. dazu VfSlg 16.979/2003).

Eine konkrete Determinierung dieser Parameter scheint auch insofern nicht angezeigt, als Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte laufenden Veränderungen unterworfen sind und der Gesetz­geber daher gerade deshalb die einzelnen Rechtsträger bzw. ihre unabhängig operierenden Compliance-Beauftragten in die Pflicht nimmt, die Angemessenheit und Wirk­samkeit von Verfahren und Maßnahmen laufend zu überwachen und regelmäßig zu bewerten und im Ergebnis an neue Situationen zu adaptieren. Die Möglichkeit, die Prozesse im Unternehmen an geänderte Marktveränderungen oder den Wettbewerb zeitnah und flexibel anzupassen, ginge zu Lasten der Erwerbsfreiheit der Unternehmen verloren, würde der Gesetz­geber bzw. die Aufsichtsbehörde die Inhalte von Leitlinien detailliert bestimmen.

Vor dem Hintergrund der lange geübten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art18 B-VG erweisen sich die in Prüfung gezogenen Normen als ausreichend bestimmt:

Soweit sich der Gerichtshof mit Normen auseinanderzusetzen hatte, mit denen Verstöße gegen Berufs- oder Standespflichten unter (Disziplinar)Strafe gestellt wurden, hat er unter dem Aspekt des Art18 B-VG generell die Auffassung vertreten, dass der Inhalt des Begriffes der Standespflichten aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des betreffenden Berufsstandes abgeleitet werden könne (vgl. zum Beamten­disziplinar­recht VfSlg 2311/1952, 2671/1954, 4083/1961, 4501/1963 und insbes. 7907/1976; zu Rechtsanwälten VfSlg 3290/1957, 4886/1964, 7494/1975, 11.007/1986, 11.776/1988; zu Ärzten vor allem VfSlg 6026/1969; zu Apothekern VfSlg 3618/1959). Er hat mit dieser Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber auch im Bereich von Straf­normen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG verstößt, wenn er an das allgemeine Erfahrungswissen und die Verhaltensregeln eines Berufsstandes anknüpft.

Mit den genannten berufs- und standesrechtlichen Vorschriften sind jene Normen vergleich­bar, in denen Personen, die einer Materie besonders nahe stehen, in einem bestimmten Sach­gebiet somit als Fachleute zu gelten haben, in eben diesem Sachgebiet zu einem ordnungs­gemäßen Verhalten, zur Sorgfalt, zum Ergreifen 'geeigneter' Maßnahmen, zur Ver­hinder­ung von Missbräuchen und dgl. angehalten werden und die entgegenstehendes Verhalten unter Strafsanktion stellen (vgl. die im zitierten Erk. VfSlg 13.785/1994 auf S. 668 genannten Beispiele; ferner z.B. §104 Abs1 Z6 iVm §75 Abs2 Telekommunikations­gesetz: 'geeignete Maßnahmen ..., die eine missbräuchliche Verwendung von Funkanlagen aus­schließen'; §14 iVm §52 Datenschutzgesetz: 'Maßnahmen zur Gewährleistung der Daten­sicherheit'; 'erforderliche Sicherheitsmaßnahmen'). In solchen Fällen ergibt sich der konkrete Inhalt der Verhaltenspflichten, der jeweils nur für den Einzelfall ermittelt werden kann, und damit der der korrespondierenden Strafnormen aus dem gefestigten, allgemeinen Wissen des betreffenden Personenkreises um die objektiven Gegebenheiten und Besonder­heiten des betreffenden Sachgebietes.

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur die Auffassung vertreten, dass der Gesetz­geber in solchen Fällen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG ver­stößt, wenn er sich damit begnügt, das geforderte Verhalten (und die korrespondierenden Straf­bestimmungen) lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Erfolg zu umschreiben, sofern davon ausgegangen werden kann, dass im Kreis der betroffenen (sachkundigen) Personen eine im wesentlichen übereinstimmende Auffassung über den Inhalt der damit im konkreten Fall geforderten Maßnahmen besteht: Mit dieser gefestigten Judikatur hat der Verfassungs­gerichts­hof auch im Bereich des Aufsichtsrechts über den Finanzmarkt mehrfach die Verfassungs­konformität von Strafnormen bestätigt: In seiner Entscheidung B2005/08 wurden vom Verfassungsgerichtshof Bedenken bezüglich der Unbestimmtheit des §48a Abs1 Z2 litc BörseG (Verbot der Marktmanipulation) mit der Begründung verworfen, dass die Straf­norm im Ergebnis einen Personenkreis betrifft, der aufgrund seiner Position und fachlichen Kenntnisse beurteilen kann, ob bestimmte Informationen geeignet sind, falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente zu geben und damit den Markt zu manipulieren. An dieser Judikatur hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. November 2011, B1176/11 festgehalten (dort wurden in der Beschwerde ebenfalls Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §48a Abs1 Z2 litc BörseG vorgebracht).

In seiner Entscheidung vom 2. Oktober 2003, G259/02 (= VfSlg 16.993/2003) hatte der Verfassungs­gerichtshof die Verfassungskonformität von §82 Abs5 Z3 BörseG idF BGBl I Nr 97/2001 (und der korrespondierenden Strafbestimmung) zu prüfen: Diese Bestimmung sah die Verpflichtung zum Ergreifen 'geeigneter organisatorischer Maßnahmen zur Ver­hinder­ung von Insidergeschäften' vor. Auch hier nahm der Verfassungsgerichtshof auf die zuvor genannte Judikatur Bezug und führte konkret aus: 'In solchen Fällen ergibt sich der konkrete Inhalt der Verhaltenspflichten, der jeweils nur für den Einzelfall ermittelt werden kann, und damit der der korrespondierenden Strafnormen aus dem gefestigten, allgemeinen Wissen des betreffenden Personenkreises um die objektiven Gegebenheiten und Besonderheiten des betreffenden Sachgebietes. Der Gesetzgeber verstößt in solchen Fällen (…) nicht gegen das Bestimmtheits­gebot des Art18 B-VG, wenn er sich damit begnügt, das geforderte Verhalten (und die korrespondierenden Strafbestimmungen) lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Erfolg zu umschreiben, sofern davon ausgegangen werden kann, daß im Kreis der betroffenen (sachkundigen) Personen eine im wesentlichen übereinstimmende Auffassung über den Inhalt der damit im konkreten Fall geforderten Maßnahmen besteht.' Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes nicht vorliegt, wenn jene Personen, die einer Materie besonders nahe stehen und in einem bestimmten Sachgebiet somit als Fachleute gelten, unter Androhung einer Strafe in eben diesem Sachgebiet zu einem ordnungsgemäßen Verhalten, zur Sorgfalt, zum Ergreifen 'geeigneter' Maßnahmen oder zur Verhinderung von Missbräuchen angehalten werden.

Gerade eine solche Konstellation liegt auch hier vor:

§35 WAG 2007 richtet sich an Rechtsträger nach §15 Abs1 WAG 2007; das sind Kredit­institute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungs­unter­nehmen, die Wertpapierdienstleistungen betreiben und Zweigstellen von Wert­papierfirmen und Kreditinstituten. Adressatenkreis ist somit ein kundiger Personenkreis, von dem angenommen werden muss, dass er aufgrund seiner Position und fachlichen Kenntnisse beurteilen kann, welche konkreten Verfahren und Maßnahmen zur Hintanhaltung von Interessen­konflikten angemessen sind (vgl. auch VfGH 16.6.2009, B2005/08).

§35 WAG 2007 ist in Zusammenschau mit §34 WAG 2007 zu lesen, in dessen Abs2 Sach­verhalte beschrieben werden, bei deren Vorliegen von einem Interessenkonflikt ausgegangen werden kann.

Überdies ist auf Folgendes hinzuweisen:

In den bereits erwähnten Beschlüssen B2005/08 und B1176/11 hat der Verfassungs­gerichts­hof zum einen darauf abgestellt, dass es aus verfassungsrechtlicher Sicht ausreichend ist, das geforderte Verhalten und die korrespondierende Strafbestimmung lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Erfolg zu umschreiben. Zum anderen wurde für die Verfassungs­konformität der Bestimmungen auch darauf abgestellt, dass die angegriffene Strafnorm auf der RL 2003/6/EG beruhte, die sich gegen Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) wendet. Daher, so der Verfassungsgerichtshof, sei der Zweck der Straf­norm hinreichend verdeutlicht. Eine vergleichbare Konstellation liegt im konkret zu beurteilenden Fall vor:

Wie bereits die Art22 Abs1 der RL 2006/73/EG (MiFID-DRL) vorsieht und in konsequenter Weise der Gesetzgeber in §35 WAG 2007 klarstellt, ist die Anwendung und Konkretisierung der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben des §35 WAG 2007 aufgrund der unterschiedlichen Sach­verhalte jedenfalls Aufgabe des jeweiligen Unternehmens. Die individuelle Ausgestaltung der Maßnahmen und Verfahren zur Verhinderung der Schädigung von Kundeninteressen durch Hintanhaltung von Interessenkonflikten hängt von den Umständen des jeweiligen Einzel­falls ab. Konkret nennt hier §35 WAG 2007 im Einklang mit der RL 2006/73/EG als zu­grunde­zu­legende Parameter die Größe und Organisation des Unternehmens sowie die Art, den Umfang und die Komplexität der Geschäfte. §35 Abs2 Z1 WAG 2007 verdeutlicht dies weiter, in dem er normiert, dass in den zu erlassenden Leitlinien insbesondere auf Wert­papier­dienst­leistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder Kombinationen derselben, Bedacht zu nehmen ist (zu den europarechtlichen Aspekten vgl. näher auch unter Pkt. 2).

Zudem legt §2 Z5 IIKV fest, dass Rechtsträger in ihren Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Maßnahmen zu treffen haben, wenn eine relevante Person (gemäß §1 Z29 WAG 2007 fallen darunter sicherlich Kundenhändler und Eigenhändler) gleichzeitig oder unmittel­bar nachfolgend in verschiedene Wertpapierdienstleistungen (gemäß §1 Z2 litb WAG 2007: Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden – also Kundenhandel und litc: Handel für eigene Rechnung – also Eigenhandel) eingebunden ist. Demnach schildert §2 Z5 IIKV hier die Problematik der Vermischung von Kunden- und Eigenhandel als konkreten Anwendungsfall.

Eine weitere Orientierungshilfe für die Praxis stellt der von der Wirtschaftskammer Österreich entwickelte und mit der FMA abgestimmte Standard Compliance Code (SCC) der öster­reichischen Kreditwirtschaft dar. In diesem Selbstbindungswerk der Banken wird der Umgang mit Interessenkonflikten sowie die zu ergreifenden Maßnahmen vom angesprochenen kundigen Personenkreis selbst festgelegt und bekennt sich derselbe Personenkreis auch zu deren Einhaltung.

Im Modul 4 des SCC 2007 (Stand 28.12.2007) 'Interessenkonflikte und Vorteile' werden folgende Regelungen getroffen, die im Folgenden auszugsweise dargestellt werden:

1.1 Präambel:

Das Gebot zur Bewältigung von Interessenkonflikten ist nicht als ein solches zur absoluten Verhinderung des Entstehens von Interessenkonflikten zu deuten, denn ein solches Verhinderungs­gebot wäre von Kreditinstituten angesichts einer Vielzahl von Geschäftsfeldern und Kunden schlechterdings nicht zu erfüllen. Schon die MiFID macht deutlich, daß es allein darum geht zu verhindern, daß Interessenkonflikte im Sinne des Artikels 18 der MiFID den Kunden­interessen schaden. Verlangt wird daher der Einsatz angemessener Maßnahmen. Im Hinblick auf die Angemessenheit der Maßnahmen sind die Größe und Organisation des jeweiligen Kreditinstituts sowie Art, Umfang und Komplexität seiner Geschäfte zu berücksichtigen. Das Gebot, mit angemessenen Maßnahmen zu vermeiden, daß Interessen­konflikte zu Lasten der Kunden gehen, schließt freilich auch Maßnahmen mit ein, die – wie etwa die Beschränkung des Informationsflusses innerhalb des Kreditinstituts – schon das Ent­stehen von Interessenkonflikten verhindern können.

1.5. Schriftliche Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten

Jedes Kreditinstitut hat in schriftlichen Leitlinien (conflicts of interest policy) entsprechend seiner Größe und der Komplexität seiner Geschäfte und Produkte eine wirksame Strategie für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden.

In diesen schriftlich festgelegten Leitlinien sind auch die im Hinblick auf die speziellen Finanz­dienst­leistungen des Kreditinstituts möglichen Umstände festzulegen, unter denen ein Interessen­konflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden erheblich schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte.

Ebenso sind die Verfahren und Maßnahmen, die zur Steuerung dieser Interessenkonflikte zu ergreifen sind, festzulegen.

Als Maßnahmen und Instrumente, die für den Umgang mit Interessenkonflikten eingesetzt werden können, kommen etwa in Betracht:

– Die möglichen Konfliktlinien folgende Separierung der Geschäftsbereiche und die Beschränkung oder Kontrolle des Informationsflusses zwischen diesen (Vertraulichkeits­bereiche). Dabei hat die wirksam eingerichtete und überwachte Unterbindung des Informations­flusses zur Folge, dass die horizontale Wissenszurechnung zwischen den separierten Geschäftsbereichen ausscheidet und die jeweils mit der Annahme und Aus­führung betrauten Personen weder einem aus der Sphäre des Kreditinstituts noch aus einem der Kundensphäre stammenden Interessenkonflikt ausgesetzt sind. Durch die Unter­bindung des Informationsflusses gibt es auch keinen Interessenkonflikt durch vertikale Zurechnung, d.h. durch Zurechnung des Wissens zur Unternehmensspitze.

– Die Unterlassung eines von mehreren miteinander in Konflikt stehenden Geschäften. Diese einfachste aller Konfliktlösungsmöglichkeiten steht dem Kreditinstitut allerdings nur dann zur Verfügung, wenn es die Konfliktmöglichkeiten vor Eingehung entsprechender Verpflichtungen erkennt und keine anderweitigen Bindungen vorhanden sind. In diesem Falle ist es dem Kredit­institut allerdings nicht verwehrt, das für es lukrativere Geschäft zu wählen.

– Bei bestimmten Arten von Interessenkonflikten, insbesondere bei knappheitsbedingten (z.B. unvollständige Zuteilung), empfiehlt sich die strikte Anwendung des Prioritätsprinzips (d.h. das Kunden­interesse ist stets gegenüber dem Kreditinstitut bzw. dessen Mitarbeiter als vorrangig zu behandeln) oder die Teilausführung bei der Orderausführung.

Die Compliance-Organisation hat dafür Sorge zu tragen, dass diese wirksamen Strategien für alle relevanten Bereiche schriftlich erstellt werden und hat die Einhaltung der daraus resultierenden Vorschriften zu überwachen sowie periodisch die Effizienz und Zweckmäßigkeit der Strategien zu überprüfen.

In der Folge finden sich noch Regelungen hinsichtlich zu setzender Maßnahmen im Zusammen­hang mit Interessenkonflikten.

Auch die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich hat in der 'Leitlinie für den Umgang mit Interessens­konflikten und Anreizen (Conflict of Interest Policy), Stand Juni 2009' der RLB OÖ (im folgenden Leitlinie Interessenkonflikte genannt) unter Punkt 2 folgenden Passus: 'Der Eigen­handel der Raiffeisenlandesbank OÖ erfolgt in strikter organisatorischer und personeller Trennung zum Kundenhandel. Die Organisationseinheit Capital Markets Sales (CMS), die Kunden­geschäfte tätigt, ist von der Organisationseinheit Capital Markets Trading (CMT), die Eigen­handels­geschäfte tätigt, personell und organisatorisch getrennt. Die Leitung der Organisation­seinheiten Sales und Trading wird von unterschiedlichen Personen wahr­ge­nommen. […]'.

Vor dem geschilderten Regelungshintergrund sowie der insbesondere in §2 Z5 IIKV enthaltenen Anforderung, Maßnahmen zu ergreifen, die die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in verschiedene Wert­papier­dienst­leistungen, Nebendienstleistungen oder Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte, muss von einem kundigen Personenkreis als Normadressaten jedenfalls angenommen werden, dass ihm insbesondere die Bedeutung einer persönlichen und organisatorischen Trennung von Kunden- und Eigenhandel auch in der operativen Realität eines Unternehmens bewusst ist.

Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund einschlägiger Literatur und Entscheidungen zum Thema Interessenkonflikte sowie zu setzender Maßnahmen:

Interessenkonflikte lassen sich dadurch minimieren, dass Vertraulichkeitsbereiche geschaffen werden. Die Zahl und die Größe der Vertraulichkeitsbereiche lassen sich nicht abstrahierend fest­legen. Die Vertraulichkeitsbereiche müssen so ausgeformt sein, dass die sensiblen Informationen nicht im Unternehmen vagabundieren (vgl. Eisele, WM 1993, 1021, 1024).

In der Regel wird man zu selbstständigen Vertraulichkeitsbereichen den Wert­papier­eigen­handel und die für die Kundenorders zuständige Abteilung deklarieren müssen. Dagegen ist, wenn dies nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, eine räumliche Trennung der Vertraulichkeitsbereiche sachgerecht (vgl. White, Regulation, Rz 15-015). Wo die räumliche Trennung durch Bereitstellung selbstständiger Bürohäuser nicht angemessen realisierbar ist, müssen die Vertraulichkeitsbereiche doch so geschieden werden, dass die in verschiedenen Bereichen tätigen Personen nicht ständig in Kontakt miteinander stehen, weil sie z. B. im selben Zimmer arbeiten. Die räumliche Trennung impliziert Zutritts­schranken für die nicht im Vertraulichkeitsbereich tätigen Personen. Darüber hinaus sind aber auch telefonische Kontakte zwischen den verschiedenen Vertraulichkeitsbereichen zu begrenzen (vgl. Poser, Regulation, S. 228), am besten durch Aufzeichnung der Gespräche (vgl. Doty/Powers, aaO, S. 155, 178).

Es muss mittels organisatorischer Maßnahmen sichergestellt werden, dass die gespeicherten Informationen nicht die Grenzen des Vertraulichkeitsbereichs überschreiten. Zu diesem Zweck sind Code-Wörter für Projekte und das EDV-System (Hausmanninger, ÖBA1993, 847, 852) und den Zugang zur Registratur einzuführen. Informationen sind sicher zu verwahren (Eisele, WM 1993, 1021, 1022).

Die Verpflichtung, die jeweiligen Vertraulichkeitsbereiche so zu trennen, dass Interessen­konflikte möglichst gering sind, umfasst daher auch die Trennung dieser Vertraulichkeits­bereiche in Ansehung der operativen Abwicklung des Handels (VwGH, 2003/17/0212).

Wie die soeben zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, war das Thema 'Interessenkonflikte' und die daraus erfließenden Anforderungen der Aufsicht an die Praxis schon vor dem WAG 2007 auf Basis der §§13, 18 WAG alt Bestandteil der Prüfpraxis der FMA: Gegenstand dieser Entscheidung war, dass nach einer Prüfung in der Zeit zwischen 31. Mai 1999 und 30. Juli 1999 in einem Unternehmen eine Prüfung durch die Bundes-Wert­papier­aufsicht gemäß §24 Abs2 des WAG (alt), stattfand. Die Prüfer gelangten zum Ergebnis, das Unternehmen sei nicht so organisiert, dass bei der Erbringung der Finanz­dienst­leistungen Interessenkonflikte zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden oder Interessen­konflikte zwischen verschiedenen Kunden möglichst gering seien. In diesem Zusammen­hang wurde insbesondere die fehlende räumliche und organisatorische Trennung zwischen den Geschäftsarten 'Kundenhandel mit Abwicklung über Nostro' und 'Eigenhandel' letztlich bestraft. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis jedenfalls bestätigt, dass eine verhältnismäßige räumlich-organisatorische Trennung von Kunden- und Eigen­handel zur Vermeidung von Interessenkonflikten geboten ist. Dieses Erkenntnis betraf einen Fall, in dem im Tatzeitraum das ganze Kreditinstitut gerade 8 Mitarbeiter beschäftigte. Im gegen­ständlichen Fall beschäftigte das Kreditinstitut allein in der Abteilung CMS der RLB OÖ 10 Mitarbeiter. Ein Größenschluss aus der zitierten VwGH-Entscheidung liegt auf der Hand.

Auch aus diesem Grund kann von einer solchen Personengruppe vorausgesetzt werden, dass sie überblickt, in welchem Umfang Leitlinien festzulegen und Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Vermeidung von Interessenkonflikten, gerade im Bereich der Trennung von Kunden- und Eigenhandel, sicherzustellen (vgl. auch VfGH 16.10.2004, V107/03 [=VfSlg 17.349/2004]). Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, es sei nicht klar dargelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsträger überhaupt Verfahren zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu ergreifen habe, sowie weiters, welche konkreten Verfahren und Maßnahmen zu setzen seien, wird von der FMA bereits aus diesen Gründen nicht geteilt.

Darüber hinaus muss in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie der Bedeutung einer qualitativen Aufsicht hingewiesen werden:

Gemäß Art7 EMRK darf niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Dies gilt auch für das Verwaltungsstrafrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Handyside, EuGRZ1977, 38; Kokkinakis, ÖJZ1994, 59) und des VfGH (VfSlg 11.776/1988; 18.516/2008 u.a.) inkludiert diese Bestimmung auch ein Klarheitsgebot: Der Gesetzgeber hat klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, wo er strafen will; die Rechtsordnung muss dem Einzelnen die Möglichkeit geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten.

Auf der anderen Seite verlangt aber der aus den Grundrechten abgeleitete Verhältnis­mäßig­keits­grund­satz einen gewissen Spielraum der Verwaltungsbehörden, damit diese den Umständen eines Einzelfalles Rechnung tragen können und nicht zu unverhältnismäßigen Eingriffen verpflichtet sind (Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 9. Aufl., Rz 591 f.).

Eben dieser Spielraum ist aber auch Voraussetzung für eine im Interesse des einzelnen Kunden wie auch des individuellen Unternehmens gelegene qualitative Aufsichtstätigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde: Nach diesem Ansatz – im Gegensatz zum sog. 'quantitativen Ansatz' – soll die Aufsicht auf einem prospektiven und risikoorientierten Ansatz basieren, anstatt pauschal vorgegebene Regelungen anzuwenden, welche die Aufsichts­realität schwer abbilden können und ihr regelmäßig hinterherhinken werden. Der prospektive Ansatz zielt auf eine zukunftsgerichtete, vorausschauende Aufsicht und ist ein nicht nur den gegenständlichen Richtlinien der Europäischen Union zur Wertpapieraufsicht, sondern auch den Bestimmungen im Bereich der Banken- und Versicherungsaufsicht innewohnender Grundsatz. Darunter wird ein Ansatz verstanden, bei dem nicht die Einhaltung von Normen ohne Angemessenheitskriterien, sondern die von den Unternehmen selbst entwickelten, internen Grundsätze, die sich am einzelnen Unternehmen orientieren, überwacht werden. Es ging und geht im Bereich der Aufsicht über die dem WAG 2007 unterworfenen Unternehmen nicht um eine quantitative Aufsicht, sondern es soll die Einhaltung zielgerichteter, auf eine Verhaltens­steuerung ausgerichteter Normen durch die Unternehmen überprüft werden.

Die Überwachung der Wohlverhaltensregeln nach dem WAG 2007 ist also – den Vorgaben der MiFiD entsprechend - eine klassische Verhaltensaufsicht. Es werden zum Schutze der Investoren gesetzliche Vorgaben für das Handeln der Unternehmen gesetzt, wie z.B. das Vermeiden von Interessenkonflikten, jedoch dem Unternehmen verschiedene Möglichkeiten offen gelassen, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Es obliegt dem Unternehmen, die für sein Geschäftsmodell angemessenen Maßnahmen zu setzen.

Ein solcher Ansatz ist nicht zuletzt ein Ausfluss aus dem der Verfassung innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie auch der Erwerbsfreiheit. Darüber hinaus ist ein solcher Ansatz schon deshalb zwingend notwendig, weil sonst Lücken im Schutz der Kunden von Kreditinstituten und anderen Wertpapierdienstleistern auftreten würden. Aufgrund der Vielzahl von denkbaren Varianten von Interessenkonflikten könnte eine Auflistung von Interessen­konflikten sonst bloß nur beispielhaft bleiben und könnte ein Normunterworfener durch eine leicht andere Ausgestaltung seiner 'Interessenkonfliktpolitik' ohne weiteres den Anwendungs­bereich des WAG 2007 vom Wortlaut her ausschließen. Dadurch würde der von WAG 2007 bezweckte Schutz der Anleger unterlaufen. Auch könnte die Aufsichtsbehörde dieses Verhalten nicht bestrafen, da im Verwaltungsstrafrecht eine Analogie aus guten Gründen unzulässig ist. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung der verwaltungs­straf­rechtlichen Sanktion als Präventionsmaßnahme für Verletzungen der ggstl. Normen, die schon durch Art51 der RL 2004/39/EG zwingend vorgeschrieben ist.

Letztlich entfaltet die Rechtsfolge, dass eine Nichteinhaltung von §35 WAG 2007 mit Verwaltungs­strafe gemäß §95 Abs2 Z1 WAG 2007 bedroht ist, die gewünschte Präventiv­wirk­ung, dass die beaufsichtigten Unternehmen der Verpflichtung, angemessene Leitlinien fest­zu­legen und diese in der operativen Realität auch dauerhaft umzusetzen, auch tatsächlich nach­kommen. Gäbe es keine Strafsanktion, wäre der Anreiz für Unternehmen, für die Vermeid­ung von Interessenkonflikten angemessen Sorge zu tragen, gering. Es wäre ökonomisch lohnend, eine allfällige Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht abzuwarten und erst dann für einen angemessenen Kundenschutz durch die Verhinderung von Interessen­konflikten Sorge zu tragen. Drohende Aufsichtsmaßnahmen zur Herstellung des recht­mäßigen Zustandes hätten keine Auswirkung, weil diese durch sofortige Einführung von an­ge­messenen Richtlinien vermieden werden könnten.

Es entstünde für Unternehmen der Anreiz, sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, dass sie über einen längeren Zeitraum erforderliche Maßnahmen und Richtlinien zur Hintanhaltung von Interessenkonflikten schlicht nicht setzen, während andere Beaufsichtigte in der Zwischenzeit nicht unerhebliche Kosten und Mühen auf sich nehmen, der gesetzlichen Verpflichtung des §35 WAG 2007 nachzukommen. Dies kann jedoch nicht im Interesse eines Level playing fields am Finanzmarkt sein.

Vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie einer qualitativen und effektiven Aufsichtstätigkeit geht die Finanzmarktaufsichtsbehörde daher davon aus, dass §35 Abs1 bis 4 Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entsprechen.

2. Zu der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik

In seinem Prüfbeschluss vom 11.12.2012 führt der Verfassungsgerichtshof aus, dass angesichts der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik eine bestimmte Mitwirkung durch die (Aufsichts-) Behörde z.B. im Rahmen eines Genehmigungs- oder Untersagungs­ver­fahren zu verlangen sein dürfte, wenn eine Rechtsvorschrift – wie die in Prüfung gezogenen Bestimmungen – einen Rechtsunterworfenen zur Erlassung (rechts)gestaltender Akte anhält und daran hoheitliche Sanktionsvorschriften geknüpft werden.

Wie schon zu Punkt 1. der Äußerung ausgeführt, basiert die Verpflichtung des Rechtsträgers, angemessene Leitlinien und Maßnahmen festzulegen, auf der RL 2006/73/EG (MiFID-DRL). So gibt Art22 Abs1 MiFID-DRL den Mitgliedstaaten vor, dass sie die Wertpapierfirmen zu verpflichten haben, wirksame der Größe und Organisation der jeweiligen Firma angemessene schriftliche Leitlinien zu schaffen.

Hintergrund der Regelung in Art22 MiFID-DRL war, dass der Unionsgesetzgeber gerade im Hinblick auf Größe, Komplexität, etc. unterschiedliche Unternehmen unter ein Regelungsdach bringen wollte. Je nach Ausgestaltung des Unternehmens in der Praxis ist vom jeweiligen Unternehmen selbst zu beurteilen, welche Maßnahmen und Verfahren zu ergreifen sind, um Interessen­konflikte, die dem Kunden schaden, zu vermeiden.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang Art31 Abs1 Unterabsatz 2 der RL 2004/39/EG , der ein ausdrückliches Verbot für Mitgliedstaaten verankert, in den von der (Rahmen-) Richtlinie und damit auch der Durchführungsrichtlinie 2006/73/EG erfassten Bereichen zusätzliche Anforderungen zu stellen.

Wie sich schon aus Erwägungsgrund 7 ergibt, ist die RL 2006/73/EG auf eine Voll­harmonisierung ausgerichtet: So sollen von den Mitgliedstaaten für Wertpapierfirmen harmonisierte organisatorische Anforderungen und harmonisierte Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten und zuständigen Behörden sollten bei der Umsetzung und Anwendung der in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen folglich keine zusätzlichen verbindlichen Vorschriften erlassen, es sei denn, die Richtlinie lässt dies ausdrücklich zu.

Angesprochen wird hier die Beifügung einzelstaatlicher Vorschriften (sog. 'Gold-plating'). Ein echtes gold-plating liegt vor, wenn der nationale Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung über die Vorgaben der Richtlinie hinausgeht, indem er zusätzliche oder strengere Anforderungen aufstellt, als sie von der Richtlinie verlangt werden.

Möglich ist auch, dass der Unionsgesetzgeber selbst den nationalen Gesetzgeber hierzu ermächtigt, etwa durch 'Öffnungsklauseln' oder bewusst allgemein gehaltene Vorgaben.

Beide Fälle treffen auf Art22 Abs1 der RL 2006/73/EG (MiFID-DRL) nicht zu. Dem nationalen Gesetzgeber sind trotz abschließender unionsrechtlicher Regelungen weiter gehende Anforderungen verboten.

Bedenken ergeben sich auch aus praktischen Gründen: Verlässt der nationale Gesetzgeber das unionsrechtlich vorgegebene Regelungsprogramm, werden die im europäischen Binnen­markt tätigen Normadressaten, insbesondere die grenzüberschreitend tätigen Unter­nehmen, mit einem Sammelsurium nationaler Besonderheiten konfrontiert. Dies würde der Zielsetzung nach Realisierung eines effektiven Binnenmarktes widersprechen. Wenig über­raschend ist daher auch der anlässlich der Überprüfung des Lamfalussy-Prozesses an die Mitgliedstaaten allgemein im Finanzbereich gerichtete Appell der Kommission, soweit wie möglich auf das Hinzufügen weiterer nationaler Vorschriften zu den auf europäischer Ebene vereinbarten Regeln zu verzichten (Kommission, Überprüfung des Lamfalussy-Prozesses – Ausbau der aufsichtlichen Konvergenz, 20.11.2007, KOM (2007) 727).

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die vom EuGH geforderte strukturelle Deckungsgleichheit. Demnach muss die Struktur der Umsetzungsgesetzgebung parallel zur derjenigen der europäischen Richtlinie liegen. Die verwendeten Rechtsfiguren dürfen nicht anders sein. Es zählt nicht allein das verwirklichte Schutzniveau, sondern auch die Konzeption der nationalen Regulierung und vielfach selbst die instrumentelle Ausgestaltung. Das ist insoweit konsequent, als die angestrebten Inhalte über bestimmte Regelungsstrukturen erreicht werden sollen (Frenz, Handbuch Europarecht Band 5, Rz 923 zu §2 Anforderungen an die Umsetzung von Richtlinien).

Welche Maßnahmen des nationalen Gesetzgebers zur Umsetzung einer Richtlinie der Union zulässig sind, ergibt sich zunächst aus den Vorgaben der Richtlinie selbst. Maßgeblich ist die auf die jeweilige Regelungsmaterie bezogene Ermittlung von Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Vorschriften in ihrem jeweiligen Kontext. Bei einer Richtlinie wie der MiFID, deren Zweck gerade in der Maximalharmonisierung eines bestimmten Regelungsbereiches besteht, verfehlen überschießende Umsetzungsmaßnahmen gerade das zu erreichende Ziel und scheinen aus Sicht der FMA EU-rechtswidrig.

Sollte der Verfassungsgerichtshof seine vorläufige Ansicht von einem 'Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren' aufrechterhalten, regt die FMA ein Vor­ab­entscheidungs­ersuchen gemäß Art267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union an, ob es sich dabei um ein verbotenes nationales Gold-Plating handelt.

Neben den bereits ins Treffen geführten Überlegungen hinsichtlich über den Richtlinientext hin­aus­gehender nationaler Regelungen, wäre die Einführung eines behördlichen Genehmig­ungs- oder Untersagungsverfahrens für die Unternehmensleitlinien aus den angeführten Gründen mit den Vorgaben der Richtlinie jedenfalls nicht vereinbar und daher unions­rechts­widrig.

[…]"

II. Rechtslage

1. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 setzen unter anderem folgende EU-Richtlinien um:

1.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Art13, 18 und 51 der Richtlinie 2004/39/EG über die Märkte und Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145, S 1, in der Fassung ABl. L 76, S 33, lauten:

"Artikel 13

Organisatorische Anforderungen

(1) Der Herkunftsmitgliedstaat schreibt vor, dass Wertpapierfirmen die organisatorischen Anforderungen der Absätze 2 bis 8 erfüllen.

(2) Eine Wertpapierfirma sieht angemessene Strategien und Verfahren vor, die ausreichen, um sicherzustellen, dass die Firma, ihre Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittler den Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie sowie den einschlägigen Vorschriften für persönliche Geschäfte dieser Personen nachkommen.

(3) Eine Wertpapierfirma muss auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen treffen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte im Sinne des Artikels 18 den Kundeninteressen schaden.

[…]

(10) Um den technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen und die einheitliche Anwendung der Absätze 2 bis 9 sicherzustellen, erlässt die Kommission Durchführungsmaßnahmen, die festlegen, welche konkreten organisatorischen Anforderungen Wertpapierfirmen vorzuschreiben sind, die verschiedene Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und/oder Nebendienstleistungen oder entsprechende Kombinationen erbringen oder ausüben. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 64 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

[…]

Artikel 18

Interessenkonflikte

(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Wertpapierfirmen alle angemessenen Vorkehrungen treffen, um Interessenkonflikte zwischen ihnen selbst, einschließlich ihrer Geschäftsleitung, ihren Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihnen direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, und ihren Kunden oder zwischen ihren Kunden untereinander zu erkennen, die bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen oder einer Kombination davon entstehen.

(2) Reichen die von der Wertpapierfirma gemäß Artikel 13 Absatz 3 getroffenen organisatorischen oder verwaltungsmäßigen Vorkehrungen zur Regelung von Interessenkonflikten nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, so legt die Wertpapierfirma dem Kunden die allgemeine Art und/oder die Quellen von Interessenkonflikten eindeutig dar, bevor sie Geschäfte in seinem Namen tätigt.

(3) Um den technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen und die einheitliche Anwendung der Absätze 1 und 2 sicherzustellen, erlässt die Kommission Durchführungsmaßnahmen, um

a) die Maßnahmen zu bestimmen, die von Wertpapierfirmen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden können, um Interessenkonflikte zu erkennen, zu vermeiden, zu regeln und/oder offen zu legen, wenn sie verschiedene Arten von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen oder Kombinationen davon erbringen;

b) geeignete Kriterien festzulegen, anhand derer die Typen von Interessenkonflikten bestimmt werden können, die den Interessen der Kunden oder potenziellen Kunden der Wertpapierfirma schaden könnten.

Die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 1 zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 64 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Artikel 51

Verwaltungssanktionen

(1) Unbeschadet der Verfahren für den Entzug der Zulassung oder des Rechts der Mitglied-staaten, strafrechtliche Sanktionen zu verhängen, sorgen die Mitgliedstaaten entsprechend ihrem nationalen Recht dafür, dass bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften gegen die verantwortlichen Personen, geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen oder im Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden können. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

(2) Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Sanktionen bei Unterlassung der Zusammenarbeit in einem Ermittlungsverfahren nach Artikel 50 zu verhängen sind.

(3) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die zuständige Behörde jede Maßnahme oder Sanktion, die bei einem Verstoß gegen die nach dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften verhängt wird, bekannt machen kann, sofern eine solche Bekanntgabe die Stabilität der Finanzmärkte nicht ernstlich gefährdet oder den Beteiligten keinen unverhältnismäßig hohen Schaden zufügt."

1.2. Die relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2006/73/EG zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl. L 241, S 33, haben folgenden Wortlaut:

"ABSCHNITT 4

Interessenkonflikte

Artikel 21

(Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 18 der Richtlinie 2004/39/EG )

Für einen Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Wertpapierfirmen zur Feststellung der Arten von Interessenkonflikten, die bei Erbringung von Wertpapier- und Nebendienstleistungen oder bei einer Kombination daraus auftreten und den Interessen eines Kunden abträglich sein können, zumindest der Frage Rechnung tragen, ob auf die Wertpapierfirma, eine relevante Person oder eine Person, die direkt oder indirekt durch Kontrolle mit der Firma verbunden ist, aufgrund der Tatsache, dass sie Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausübt, eine der folgenden Situationen zutrifft:

a) Wahrscheinlich wird die Wertpapierfirma oder eine der genannten Personen zu Lasten des Kunden einen finanziellen Vorteil erzielen oder finanziellen Verlust vermeiden;

b) die Wertpapierfirma oder eine der genannten Personen hat am Ergebnis einer für den Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines im Namen des Kunden getätigten Geschäfts ein Interesse, das nicht mit dem Interesse des Kunden an diesem Ergebnis übereinstimmt;

c) für die Wertpapierfirma oder eine der genannten Personen gibt es einen finanziellen oder sonstigen Anreiz, die Interessen eines anderen Kunden oder einer anderen Gruppe von Kunden über die Interessen des Kunden zu stellen;

d) die Wertpapierfirma oder eine der genannten Personen geht dem gleichen Geschäft nach wie der Kunde;

e) die Wertpapierfirma oder eine der genannten Personen erhält aktuell oder künftig von einer nicht mit dem Kunden identischen Person in Bezug auf eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung zusätzlich zu der für diese Dienstleistung üblichen Provision oder Gebühr einen Anreiz in Form von Geld, Gütern oder Dienstleistungen.

Artikel 22

(Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG )

Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten

(1) Die Mitgliedstaaten verpflichten die Wertpapierfirmen, in schriftlicher Form wirksame, der Größe und Organisation der jeweiligen Firma sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäfte angemessene Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und auf Dauer umzusetzen.

Ist die Wertpapierfirma Teil einer Gruppe, müssen diese Grundsätze darüber hinaus allen Umständen Rechnung tragen, von denen die Wertpapierfirma weiß oder wissen müsste und die aufgrund der Struktur und der Geschäftstätigkeiten anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten.

(2) In den gemäß Absatz 1 festgelegten Grundsätzen für den Umgang mit Interessenkonflikten

a) wird im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen, die von oder im Namen der Wertpapierfirma erbracht werden, festgelegt, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden erheblich schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte;

b) wird festgelegt, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Konflikte zu bewältigen.

(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 2 Buchstabe b vorgesehenen Verfahren und Maßnahmen so gestaltet sind, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Absatz 2 Buchstabe a besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld der Wertpapierfirma und der Gruppe, der diese angehört, sowie der Höhe des Risikos, dass die Interessen von Kunden geschädigt werden, angemessen ist.

Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe b schließen die dort genannten Verfahren und Maßnahmen — soweit dies zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit der Wertpapierfirma notwendig und angemessen ist — Folgendes ein:

a) wirksame Verfahren, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte;

b) die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen — einschließlich der der Wertpapierfirma — vertreten, die kollidieren könnten;

c) die Aufhebung jedes direkten Zusammenhangs zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, einerseits und der Vergütung anderer relevanter Personen bzw. dem von diesen erwirtschafteten Einkommen, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, andererseits, sofern diese beiden Tätigkeiten einen Interessenkonflikt auslösen könnten;

d) Maßnahmen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken;

e) Maßnahmen, die die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in verschiedene Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw. Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.

Sollten eine oder mehrere dieser Maßnahmen und Verfahren in der Praxis nicht das erforderliche Maß an Unabhängigkeit gewährleisten, verpflichten die Mitgliedstaaten die Wertpapierfirmen, alternative oder zusätzliche Maßnahmen und Verfahren zu erlassen, um dieser Anforderung zu genügen.

(4) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Unterrichtung der Kunden gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG auf einem dauerhaften Datenträger erfolgt und je nach Status des Kunden so ausführlich ist, dass dieser seine Entscheidung über die Wertpapier- oder Nebendienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann."

2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 - WAG 2007), BGBl I 60/2007, in der – für den Tatzeitpunkt maßgeblichen – Fassung BGBl I 39/2009, lauten (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bzw. Wortfolgen sind hervorgehoben und gelten in der Fassung BGBl I 60/2007):

"

2. Hauptstück

Organisatorische Anforderungen

1. Abschnitt

Organisation

Rechtsträger

§15. (1) Rechtsträger im Sinne dieses Hauptstückes sind Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von §2 Abs2 sowie Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe von §12 Abs4 und Kreditinstituten nach Maßgabe von §9 Abs7 BWG aus Mitgliedstaaten.

[…]

(3) Bei Kreditinstituten, die gemäß der Vorschriften des BWG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, können die in §§18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden.

[…]

4. Abschnitt

Interessenkonflikte

Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte

§34. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen ihm selbst, relevanten Personen, vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, einerseits und seinen Kunden andererseits oder zwischen seinen Kunden untereinander zu erkennen, die bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben entstehen.

(2) Hierbei hat ein Rechtsträger zur Feststellung von Interessenkonflikten im Sinne des Abs1, die den Interessen eines Kunden abträglich sein können, zumindest zu prüfen, ob einer der folgenden Sachverhalte vorliegt:

1. Es besteht die Gefahr, dass der Rechtsträger oder eine der in Abs1 genannten Personen zu Lasten des Kunden einen finanziellen Vorteil erzielt oder finanziellen Verlust vermeidet;

2. der Rechtsträger oder eine der in Abs1 genannten Personen hat am Ergebnis einer für den Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines für den Kunden getätigten Geschäfts ein Interesse, das nicht mit dem Interesse des Kunden an diesem Ergebnis übereinstimmt;

3. für den Rechtsträger oder eine der in Abs1 genannten Personen gibt es einen finanziellen oder sonstigen Anreiz, die Interessen eines anderen Kunden oder einer anderen Gruppe von Kunden über die Interessen des Kunden zu stellen;

4. der Rechtsträger oder eine der in Abs1 genannten Personen übt die gleiche geschäftliche Tätigkeit aus wie der Kunde;

5. der Rechtsträger oder eine der in Abs1 genannten Personen erhält gegenwärtig oder künftig von einer vom Kunden verschiedenen Person in Bezug auf eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung zusätzlich zu der für diese Dienstleistung üblichen Provision oder Gebühr einen Vorteil gemäß §39.

Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten

§35. (1) Ein Rechtsträger hat in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden. Ist der Rechtsträger Teil einer Gruppe, müssen diese Leitlinien darüber hinaus allen Umständen Rechnung tragen, von denen der Rechtsträger weiß oder wissen müsste und die aufgrund der Struktur und der Geschäftstätigkeiten anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten.

(2) In den Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten ist

1. im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben, die vom Rechtsträger oder im Namen des Rechtsträgers erbracht werden, festzulegen, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte, und

2. festzulegen, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Interessenkonflikte zu bewältigen.

(3) Diese Verfahren und Maßnahmen sind so zu gestalten, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Abs2 Z1 besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist.

(4) Die FMA hat durch Verordnung Standards festzulegen, denen die Verfahren und Maßnahmen nach Abs2 Z2 entsprechen müssen. Die Verordnung hat Art22 Abs3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu entsprechen. Sollten die getroffenen Maßnahmen oder Verfahren in der Praxis nicht ausreichen, um das erforderliche Maß an Unabhängigkeit zu gewährleisten, so hat der Rechtsträger alternative oder zusätzliche Maßnahmen oder Verfahren einzurichten.

(5) Reichen die Verfahren und Maßnahmen nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, so hat der Rechtsträger dem Kunden die Art und die Ursache von Interessenkonflikten offenzulegen, bevor er Geschäfte für den Kunden tätigt. Diese Information hat auf einem dauerhaften Datenträger zu erfolgen. Der Umfang hat sich an der Einstufung des Kunden zu orientieren, damit dieser seine Entscheidung über die Dienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann.

(6) Ein Rechtsträger hat alle Arten von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen und Anlagetätigkeiten, bei denen ein Interessenkonflikt einem oder mehreren Kunden erheblich geschadet hat oder bei denen ein Interessenkonflikt bei noch laufenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten auftreten könnte, aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren.

[…]

3. Abschnitt

Strafbestimmungen

[…]

§95. (1) […]

(2) Wer als Verantwortlicher (§9 VStG) eines Rechtsträgers

1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§29 Abs4, 35 Abs4, 41 Abs3 oder 55 Abs2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt;

2. […]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z1 mit Geldstrafe bis zu 100 000 Euro und hinsichtlich der Z2 mit Geldstrafe bis zu 60 000 Euro zu bestrafen.

[…]

(6) Verwaltungsstrafen nach den Abs1 bis 5 sind nur dann zu verhängen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

[…]

§96. (1) Für die Verhängung von Verwaltungsstrafen gemäß §§94 und 95 ist in erster Instanz die FMA zuständig.

(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß den §§94 und 95 gilt anstelle der Verjährungsfrist des §31 Abs2 VStG von sechs Monaten eine Verjährungsfrist von 18 Monaten."

3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Interessenkonflikten und über Informationen für Kunden bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV), BGBl II 216/2007 (für den Tatzeitpunkt ist die Stammfassung maßgeblich), lauten (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"1. Abschnitt

Allgemeines

Rechtsträger

§1. (1) 'Rechtsträger' im Sinne dieser Verordnung sind:

1. Kreditinstitute gemäß §1 BWG;

[…]

(2) Auf die in Abs1 Z6 und 7 angeführten Rechtsträger findet §2 keine Anwendung.

(3) Die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung auf die in Abs1 angeführten Rechtsträger richtet sich nach den im Einzelfall erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten.

2. Abschnitt

Interessenkonflikte

Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung vonInteressenkonflikten

§2. Rechtsträger haben gemäß §35 Abs2 Z2 WAG 2007 in ihren Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Verfahren und Maßnahmen festzulegen, die, soweit dies zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit eines Rechtsträgers notwendig und angemessen ist, zumindest Folgendes vorsehen:

1. Wirksame Verfahren, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte.

2. Die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen, einschließlich der des Rechtsträgers, vertreten, die kollidieren könnten.

3. Die Aufhebung jedes direkten Zusammenhangs zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, und der Vergütung anderer relevanter Personen oder den von diesen erzielten Einkünften, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, sofern diese beiden Tätigkeiten einen Interessenkonflikt auslösen könnten.

4. Maßnahmen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken.

5. Maßnahmen, die die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in verschiedene Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen oder Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat in den in sinngemäßer Anwendung des §187 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung verbundenen Verfahren erwogen:

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Zulässigkeit der zu B1444‑1449/11 protokollierten Beschwerden und der Präjudizialität des in Prüfung gezogenen §35 Abs1 WAG 2007 sprechen würden. Die in den Anlassfällen B1444‑1449/11 angefochtenen Bescheide des UVS stützen sich auf die vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogene Bestimmung des §35 Abs1 WAG 2007 iVm §95 Abs2 Z1 WAG 2007, wonach jemand, der als Verantwortlicher (§9 VStG) eines Rechtsträgers unter anderem gegen eine Verpflichtung gemäß §35 Abs1 WAG 2007 verstößt, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe zu bestrafen ist.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sowohl bei von Amts wegen als auch bei auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren wiederholt dargelegt, dass der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfende und allenfalls aufzuhebende Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keinen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Da diese Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).

Mit dem im Anlassverfahren präjudiziellen §35 Abs1 WAG 2007 stehen §35 Abs2 und 3 WAG 2007 in untrennbarem Zusammenhang: §35 WAG 2007 ist gesamtheitlich betrachtet eine Regelung für den Umgang mit Interessenkonflikten. Gemäß §35 Abs1 WAG 2007 hat jeder Rechtsträger "in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umganges und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden". §35 Abs2 (Z1 und 2) und Abs3 WAG 2007 normieren, dass im Falle des Vorliegens eines Interessenkonflikts Verfahren und Maßnahmen eingerichtet und getroffen werden sollen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte die Kundeninteressen beeinträchtigen. Die Bestimmungen des §35 Abs2 und 3 WAG 2007 bilden dadurch eine untrennbare Einheit mit §35 Abs1 WAG 2007.

Der Verfassungsgerichtshof hält seine im Prüfungsbeschluss vorläufig vertretene Auffassung nicht mehr aufrecht und stimmt insoweit der Bundesregierung zu, dass §35 Abs4 WAG 2007 nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Bestimmungen des §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 steht. §35 Abs4 WAG 2007 enthält lediglich die Ermächtigung an die FMA, durch Verordnung Standards festzulegen, denen die Verfahren und Maßnahmen nach §35 Abs2 Z2 WAG 2007 entsprechen müssen. Dazu kommt §35 Abs4 WAG 2007, wonach "die Verordnung […] Art22 Abs3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu entsprechen" hat, dass diese Bestimmung der Richtlinie (auch) Grundlage für die von der FMA zu erlassende Verordnung ist.

1.2.1. Da §35 Abs4 WAG 2007 in den Anlassbeschwerdefällen weder präjudiziell ist noch in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Bestimmungen des §35 Abs1, 2 und 3 leg.cit. steht, liegen auch für die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV die Prozessvoraussetzungen im von Amts wegen eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren nicht vor.

Das Gesetzesprüfungsverfahren in Bezug auf §35 Abs4 WAG 2007 und das Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV sind daher nicht zulässig und einzustellen. Das vom Verfassungsgerichtshof eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 ist hingegen zulässig.

1.3. Für die Zulässigkeit der Anträge des UVS gilt Folgendes: Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu bin­den, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B‑VG bzw. des Art139 B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig un­richtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sind die Anträge des UVS, §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007 als verfassungswidrig und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV als gesetzwidrig aufzuheben, zulässig. Es ist nicht denkunmöglich, dass der UVS §35 Abs1 WAG sowie §2 IIKV und damit auch §35 Abs4 WAG 2007 anzuwenden hat. Da – wie oben ausgeführt (Punkt 1.2.) – §35 Abs1 WAG 2007 in untrennbarem Zusammenhang mit §35 Abs2 und 3 WAG 2007 steht, sind die Anträge des UVS daher zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss vom 11. Dezember 2012 geäußerten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 konnten im Zuge des Gesetzesprüfungsverfahrens zerstreut werden.

2.2. Die Bundesregierung führt in ihrer Äußerung aus, dass die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B-VG und Art7 EMRK unbedenklich seien. §35 Abs1 bis 4 WAG 2007 sei "insbesondere vor dem Hintergrund der dargelegten einschlägigen Rechtsprechung zum sachkundigen Personenkreis und zur Zulässigkeit einer finalen Determinierung von Rechtsvorschriften sowie im Lichte der Zielsetzungen der Richtlinie 2004/39/EG und der Richtlinie 2006/73/EG hinreichend bestimmt".

2.3. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verlangen, dass der jeweilige Rechtsträger je nach "seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte" (§35 Abs1 WAG 2007) in den von ihm zu erlassenden Leitlinien die Verfahren und Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zwischen dem Rechtsträger und den Kunden einerseits sowie zwischen den Kunden untereinander andererseits festlegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B-VG vereinbar, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (zB VfSlg 16.993/2003 mwN). Der Verfassungsgerichtshof hat auch die Auffassung vertreten, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ganz allgemein davon auszugehen sei, dass Art18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlange (z.B. VfSlg 13.785/1994 sowie VfSlg 16.993/2003).

Soweit sich der Verfassungsgerichtshof mit Rechtsvorschriften auseinanderzusetzen hatte, mit denen Verstöße gegen Berufs- oder Standespflichten unter (Disziplinar)Strafe gestellt wurden, hat er unter dem Aspekt des Art18 B-VG generell die Auffassung vertreten, dass der Inhalt des Begriffes der Standespflichten aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des betreffenden Berufsstandes abgeleitet werden könne (vgl. VfSlg 16.993/2003 mit Hinweisen zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof zum Beamtendisziplinarrecht, zu Rechtsanwälten, zu Ärzten und zu Apothekern). Der Verfassungsgerichtshof hat mit dieser Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber auch im Bereich von Strafnormen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG verstößt, wenn er an das allgemeine Erfahrungswissen und die Verhaltensregeln eines Berufsstandes anknüpft.

Mit den genannten berufs- und standesrechtlichen Vorschriften sind – wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 16.993/2003 mit Verweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen hat – jene Rechtsvorschriften vergleichbar, auf Grund derer Personen, die einer Materie besonders nahe stehen, in einem bestimmten Sachgebiet somit als Fachleute zu gelten haben, in eben diesem Sachgebiet zu einem ordnungsgemäßen Verhalten, zur Sorgfalt, zum Ergreifen "geeigneter" Maßnahmen, zur Verhinderung von Missbräuchen und dergleichen angehalten werden und die entgegenstehendes Verhalten unter Strafsanktion stellen. In solchen Fällen ergibt sich der konkrete Inhalt der Verhaltenspflichten, der jeweils nur für den Einzelfall ermittelt werden kann, und damit jener der korrespondierenden Strafnormen aus dem gefestigten, allgemeinen Wissen des betreffenden Personenkreises um die objektiven Gegebenheiten und Besonderheiten des betreffenden Sachgebietes. Der Gesetzgeber verstößt in solchen Fällen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG, wenn er sich damit begnügt, das geforderte Verhalten (und die korrespondierenden Strafbestimmungen) lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Erfolg zu umschreiben, sofern davon ausgegangen werden kann, dass im Kreis der betroffenen (sachkundigen) Personen eine im wesentlichen übereinstimmende Auffassung über den Inhalt der verpönten Verhaltensweisen besteht (vgl. VfSlg 16.993/2003).

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen widersprechen die Bestimmungen des §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG und des Art7 EMRK:

Die Bestimmungen richten sich an eine Personengruppe, von der angenommen werden kann, dass sie nicht nur weiß, was unter dem Begriff des Interessenkonflikts zu verstehen ist und unter welchen Umständen Interessenkonflikte einerseits zwischen dem Rechtsträger und den Kunden des Rechtsträgers sowie andererseits zwischen den Kunden untereinander auftreten können; die betroffenen Personen wissen auch, welche Verfahren und Maßnahmen zu ergreifen sind, die typischerweise geeignet sind, Interessenkonflikte erfolgversprechend zu vermeiden.

Davon ausgehend kann der betroffenen Personengruppe auch unterstellt werden, dass sie bei der Festlegung und laufenden Anwendung der von §35 Abs1 WAG 2007 geforderten Leitlinien beurteilen kann, welche (geeigneten) Verfahren und Maßnahmen der "Größe und Organisation" des Rechtsträgers sowie "der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte" angemessen sind. Der Gesetzgeber hat in den Bestimmungen des §35 Abs1 WAG 2007 (in Übereinstimmung mit Art13 und 18 der Richtlinie 2004/39/EG und Art22 der Richtlinie 2006/73/EG ) diese Beurteilung der Angemessenheit bewusst den betroffenen Rechtsträgern überlassen. Im Übrigen ergibt sich – wie der Verfassungsgerichtshof sinngemäß auch in VfSlg 16.993/2003 ausgesprochen hat – schon aus den allgemeinen Bedingungen der Strafbarkeit, dass solche Verfahren und Maßnahmen nur im Rahmen des Zumutbaren gefordert werden können.

Da somit §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 das Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG und Art7 EMRK nicht verletzen, ist – worauf die Bundesregierung in ihrer Äußerung hinweist – nicht mehr auf das (weitere) Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in seinem Prüfungsbeschluss einzugehen, dass der Gesetzgeber eine bestimmte Mitwirkung der (Aufsichts-)Behörde bei der Erlassung der Leitlinien durch den Rechtsträger gemäß §35 Abs1 WAG 2007 vorsehen hätte müssen. Diese Bedenken hatten nämlich zur Voraussetzung, dass die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen unbestimmt sind.

2.4. Die Bestimmungen des §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 sind daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

2.5. Die Anträge des UVS auf Aufhebung des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007 wegen Verfassungswidrigkeit und auf Aufhebung des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV wegen Gesetzwidrigkeit sind unbegründet:

Der UVS hat dieselben Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen vorgebracht, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vom 11. Dezember 2012 dargelegt hat. In Hinblick auf die obigen Ausführungen, wonach §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007 nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG und Art7 EMRK verstößt, die auch sinngemäß auf §35 Abs4 WAG 2007 zu übertragen sind, sind die Anträge des UVS auf Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen abzuweisen. Da der UVS die Bestimmungen des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV nur unter dem Gesichtspunkt angefochten hat, dass die Gesetzesbestimmungen des §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007 als verfassungswidrig aufzuheben wären und damit die angefochtenen Verordnungsbestimmungen der gesetzlichen Grundlage entbehrten, sind auch diese Anträge abzuweisen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Es ist daher auszusprechen, dass §35 Abs1, 2 und 3 WAG 2007, BGBl I 60/2007, nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Hinsichtlich der von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs4 WAG 2007, BGBl I 60/2007, sowie der Gesetzmäßigkeit des §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II 216/2007, ist das Verfahren einzustellen.

2. Die auf Art140 und auf Art139 B‑VG gestützten Anträge des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien, §35 Abs1, 2, 3 und 4 WAG 2007, BGBl I 60/2007, als verfassungswidrig und §2 Z1, 2, 4 und 5 IIKV, BGBl II 216/2007, als gesetzwidrig aufzuheben, sind abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ge­troffen werden.

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