VfGG §85 Abs2 / Börsenwesen
VfGG §85 Abs2 / Verwaltungsstrafrecht / Geldstrafe (Ersatzarrest)
VfGG §85 Abs2 / "Vollzug"
VfGG §85 Abs2 / Börsenwesen
VfGG §85 Abs2 / Verwaltungsstrafrecht / Geldstrafe (Ersatzarrest)
Spruch:
Dem in der Beschwerdesache des C J, pA ..., vertreten durch die E & H Rechtsanwalts GmbH, ..., gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Jänner 2011, Z ..., gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 VfGG Folge gegeben.
Begründung
Begründung
1. Der Antragsteller ist Mitglied des Vorstands der
C. Bank AG. Dieses Unternehmen ist Mitglied der Wiener Börse. Mit Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 25. November 2010 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 5.000,-- (4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) wegen einer Verwaltungsübertretung nach §48a Abs1 Z2 lita iVm §48c BörseG verhängt. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Jänner 2011, Z UVS-06/FM/40/12205/2009-24, wurde seiner dagegen erhobenen Berufung nur insoweit Folge gegeben, als die verletzte Rechtsvorschrift auf §48a Abs1 Z2 lita sublit. ab iVm §48c BörseG eingeschränkt wurde, der Vorwurf einer Verletzung nach §48a Abs1 Z2 lita sublit. aa iVm §48c BörseG jedoch entfiel.
2. In der dagegen gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird u.a. der Antrag gestellt, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung führt der Antragsteller aus, dass der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden. Der sofortige Vollzug des angefochtenen Bescheides würde für den Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringen, weil er dadurch einen wesentlichen Teil seiner Existenzgrundlage verlieren würde und die damit einhergehende Reputationsschädigung es ihm unmöglich machen würde, seine bisherige Tätigkeit wieder aufzunehmen oder eine vergleichbare Beschäftigung zu finden. Die Zulassungsvoraussetzung für die Börsemitgliedschaft gemäß §14 Abs1 Z4 BörseG führe im Ergebnis dazu, dass Geschäftsleiter von Börsemitgliedern ihre Funktion aufgeben müssen, sobald sie rechtskräftig wegen eines Verstoßes gegen §48c BörseG bestraft worden sind. Da das Unternehmen des Antragstellers andernfalls seine Börsemitgliedschaft verlieren würde, sei davon auszugehen, dass es ihn als Geschäftsleiter seiner Funktion entheben wird, um diese Gefahr abzuwenden. Die Wirkung des §14 BörseG sei für den Geschäftsleiter eines Börsemitglieds daher ein mit der Bestrafung nach §48c leg.cit. unmittelbar verbundener Funktionsverlust. Dieser Funktionsverlust würde auch einer gleichwertigen Tätigkeit in jedem anderen gleichartigen Unternehmen entgegenstehen.
3. Gemäß §85 Abs2 VfGG kann einer Beschwerde auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4. Nach §19 Abs1 Z1 BörseG sind Börsemitglieder von der Mitgliedschaft auszuschließen, wenn die Zulassungsvoraussetzungen weggefallen sind. Dies ist gemäß §14 Abs1 Z4 leg.cit. etwa dann der Fall, wenn einer der Geschäftsleiter des Börsemitglieds rechtskräftig nach §§48, 48b oder 48c leg.cit. bestraft ist.
Eine rechtskräftige Bestrafung wie die vorliegende entfaltet daher Tatbestandswirkung für die von der Börse gemäß §§14, 19 BörseG zu veranlassende Beendigung des Börsemitgliedschaftsverhältnisses (welches seit dem Börsefondsüberleitungsgesetz BGBl. I 11/1998 privatrechtlich organisiert ist; vgl. die RV 929 BlgNR 20. GP, 21). Im Hinblick darauf, dass im privatrechtlichen Verhältnis zwischen dem Börsemitglied und der Börse keine mit aufschiebender Wirkung ausgestatteten Rechtsbehelfe vorgesehen sind (§19 Abs2 BörseG schließt ein Besitzstörungsverfahren oder die Erlassung von einstweiligen Verfügungen in diesem Zusammenhang ausdrücklich aus), sieht es der Verfassungsgerichtshof als belegt an, dass eine Vollziehung des angefochtenen Bescheides durch die Wiener Börse AG für den Antragsteller dazu führen würde, dass das Unternehmen, bei dem er als Vorstand bestellt ist, ihn als Vorstandsmitglied absetzen müsste, um den Ausschluss von der Börsemitgliedschaft abzuwenden. Mit der Umsetzung des angefochtenen Bescheides wäre für den Antragsteller daher nicht nur die Fälligkeit der Geldstrafe, sondern auch der (zumindest vorläufige) Verlust seiner Position im Unternehmen verbunden.
Der angefochtene Bescheid ist daher einem Vollzug zugänglich und sowohl hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung der Geldstrafe als auch hinsichtlich seiner aus §19 BörseG resultierenden Folgewirkungen geeignet, für den Antragsteller unmittelbar nachteilige Folgen auszulösen.
Der Verfassungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass der Antragsteller - jedenfalls hinsichtlich der als Folgewirkungen des Bescheides gemäß §19 BörseG von ihm zu befürchtenden Konsequenzen - die ihn betreffenden Nachteile hinreichend konkret dargelegt hat. Demgegenüber kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, dass es im öffentlichen Interesse geboten wäre, den angefochtenen Bescheid umgehend zu vollziehen, dass also der C. Bank AG die Börsemitgliedschaft sofort entzogen werden müsste, ohne dass der Ausgang des verfassungsgerichtlichen Verfahrens abgewartet werden dürfte.
Nach Abwägung aller berührten Interessen ist daher davon auszugehen, dass der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller mit einem unverhältnismäßigen Nachteil im Sinn des §85 Abs2 VfGG verbunden wäre. Dem Antrag ist daher Folge zu geben.
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