OGH 10ObS60/24g

OGH10ObS60/24g14.1.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Schober und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Arno Sauberer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Robert Brunner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*, vertreten durch Mag. Markus Hager, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. April 2024, GZ 11 Rs 41/24 i‑38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Dezember 2023, GZ 9 Cgs 227/22f‑32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:010OBS00060.24G.0114.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt lautet:

„1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1. März 2022 eine Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, wird abgewiesen.

2. Bei der klagenden Partei liegt seit 1. März 2022 für voraussichtlich mindestens sechs Monate vorübergehende Invalidität vor. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation sind nicht zweckmäßig. Die klagende Partei hat Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, wobei der weitere Verlauf der Therapie abzuwarten bleibt.

3. Die klagende Partei hat ab 1. März 2022 für die weitere Dauer ihrer vorübergehenden Invalidität Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung im gesetzlichen Ausmaß.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.464,63 EUR (darin 410,77 EUR USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.234,60 EUR (darin 205,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrensbinnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension. Stichtag ist der 1. März 2022.

[2] Der 1970 geborene Kläger hat die Ausbildung als Schlosser mit Lehrabschlussprüfung absolviert und war von März 1989 bis April 2022 als Metalltechniker in seinem Ausbildungsbetrieb beschäftigt. Er genießt unstrittig Berufsschutz als Metalltechniker.

[3] Der Kläger hat aufgrund bestehender Leiden ein stark eingeschränktes Leistungskalkül und kann seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Facharbeiters in der Kfz‑Industrie nicht mehr ausüben. Seine Gesundheitsbeeinträchtigungen schließen ihn für sämtliche im Berufsbild des Metalltechnikers möglichen Arbeitstätigkeiten aus; eine berufsschutzerhaltende Verweisbarkeit innerhalb seines Berufsfeldes istnicht möglich. Dieses Krankheitsbild besteht bereits seit mehreren Jahren und lag zumindest auch im Zeitpunkt der von der Beklagten angesetzten Untersuchungstermine (im April, Juli und August 2022) vor.

[4] Durch regelmäßige fachärztliche Kontrollen sowie bei Inanspruchnahme physio- und ergotherapeutischer oder sonstiger Reha‑Maßnahmen in spezifizierten Einrichtungen ist von einer Besserung des Gesundheitszustands auszugehen. Es kann aber nicht vorausgesetzt werden, dass sich der derzeitige Gesundheitszustand im Laufe der nächsten sechs bis neun Monate verbessern wird.

[5] Am 22. Februar 2022 begehrte der Kläger die Gewährung einer Invaliditätspension, wobei er seinem Antrag diverse medizinische Befunde und Berichte anschloss. Zur Ermittlung seines aktuellen Gesundheitszustands lud die Beklagte den Kläger zunächst zu einer Untersuchung am 11. April 2022 in ihr Kompetenzzentrum. Der Kläger sagte diesen Termin mit der Begründung ab, nicht transportfähig zu sein, und übermittelte der Beklagten ein ärztliches Zeugnis eines Allgemeinmediziners über seine Transportunfähigkeit. Mit Schreiben vom 29. Juni 2022 lud die Beklagte den Kläger neuerlich zu einem Untersuchungstermin am 21. Juli 2022; ein Transport mit Begleitung wurde im Vorhinein bewilligt. Da der Kläger diesem Termin unentschuldigt fernblieb, wurde er erneut unter Androhung von Säumnisfolgen (insbesondere, dass die Entscheidung über den Pensionsantrag ohne die Untersuchung aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen, die für eine Zuerkennung nicht ausreichten, getroffen werden müsste) für den 29. August 2022 geladen. Auch diesem Termin blieb der Kläger unentschuldigt fern.

[6] Mit Bescheid vom 23. September 2022 wies die Beklagte den Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension unter Hinweis auf §§ 254 und 366 ASVG ab.

[7] Mit seiner Klage begehrt derKläger, ihm ab 1. März 2022 die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß, in eventu medizinische Maßnahmen der Rehabilitation und Rehabilitationsgeld zu gewähren. Er genieße Berufsschutz und sei aufgrund seines körperlichen Zustands nicht mehr in der Lage, eine ihm zumutbare Tätigkeit auszuüben. Abgesehen davon, dass das Sozialgericht den von ihm geltend gemachten Anspruch selbständig zu beurteilen und nicht die Entscheidungsgrundlagen des bekämpften Bescheids zu prüfenhabe, habe er seine Mitwirkungspflichten nicht schuldhaft verletzt. Die Beklagte habe zudem das ihr nach § 366 ASVG eingeräumte Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt.

[8] Die Beklagte hielt dem entgegen, dass es dem Kläger ohne Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands möglich gewesen wäre, einen Untersuchungstermin mittels des von ihr bewilligten Liegendtransports mit der Rettung wahrzunehmen. Obwohl ihm mitgeteilt worden sei, dass eine Untersuchung in ihrem Kompetenzzentrum unabdingbar und er auch über die möglichen Säumnisfolgen informiert worden sei, sei der Kläger zu keinem Untersuchungstermin erschienen. Er habe daher seine Mitwirkungspflichten verletzt, sodass der geltend gemachte Anspruch frühestens ab 1. Februar 2023 (als dem der Untersuchung im gerichtlichen Verfahren folgenden Monatsersten) bestehe.

[9] Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab, gab jedoch dem Eventualbegehren insoweit statt, als es feststellte, dass beim Kläger seit 1. Februar 2023 für zumindest sechs Monate vorübergehende Invalidität vorliege, Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nicht zweckmäßig seien und er ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation sowie Rehabilitationsgeld habe. Das weitere Begehren, ihm schon ab dem Stichtag (1. März 2022) medizinische Rehabilitationsmaßnahmen zu gewähren und Rehabilitationsgeld zu bezahlen, wies es ab. Da derKläger im Leistungsverfahren seine Mitwirkungspflicht verletzt und sich erst am 17. Jänner 2023 einer persönlichen Untersuchung beim gerichtlich bestellten Sachverständigen unterzogen habe, bestehe der Anspruch des Klägers auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen und Rehabilitationsgeld erst ab dem „Stichtag“ 1. Februar 2023.

[10] In seiner dagegen erhobenen Berufungbeantragte der Kläger, das Urteil nur dahin abzuändern, dass festgestellt werde, dass er schon seit 1. März 2022 vorübergehend invalid sei und ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Rehabilitationsgeld habe.

[11] Das Berufungsgerichtbestätigte das Ersturteil. Aus den Feststellungen sei zumindest leichte Fahrlässigkeit bzw Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Klägers ableitbar, weil ihm eine Anreise mit der Rettung in liegender Position aus medizinischer Sicht möglich gewesen wäre, er aber dennoch zu zwei Terminen trotz eines vorab bewilligten Transports mit Begleitung und trotz Hinweises auf die Folgen einer Säumnis unentschuldigt nicht erschienen sei. Die Beklagte habe daher berechtigt von einer Untersuchung abgesehen und ihrer Entscheidung den Sachverhalt zugrunde gelegt, der sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergeben habe.

[12] Die Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

[13] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, mit der er begehrt, dem Eventualbegehren zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

[14] Die Beklagte beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, wie weit die Kognitionsbefugnis der Gerichte reicht, wenn der Sachverhalt im vorangehenden Leistungsverfahren in Anwendung des § 366 Abs 2 ASVG festgestellt wurde, noch nicht befasst hat. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

1. Voranzustellen ist zweierlei:

[16] 1.1. Der Kläger beantragt in der Revision zwar grundsätzlich, „dem Klagebegehren zur Gänze“ stattzugeben. Aus dem konkreten Begehren, ihm auch für die Zeit von 1. März 2022 bis 31. Jänner 2023 Rehabilitationsgeld zu zahlen, ergibt sich aber klar, dass er sich – so wie in der Berufung – nur gegen die Abweisung des Eventualbegehrens für diesen Zeitraum richtet. Im darüber hinausgehenden Umfang ist das Ersturteil schon in Rechtskraft erwachsen.

[17] 1.2. Zum anderen hat der Oberste Gerichtshof, wenn er – wie hier – aufgrund einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge in einem zulässigen Rechtsmittel überhaupt in der Rechtsfrage angerufen ist, die materiell‑rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RS0043352 [insb T18]).

[18] 2. Im System der sukzessiven Kompetenz muss der Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens mit jenem des vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens ident sein (vgl RS0124349; 10 ObS 141/22s Rz 15 ua). Der Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens ist demnach zwar durch den Antrag, den Bescheid und das Klagebegehren dreifach eingegrenzt (RS0105139 [T1]; 10 ObS 194/21h Rz 14 ua). Innerhalb dieses Rahmens hat das Gericht den geltend gemachten Anspruch auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz aber selbständig und unabhängig zu beurteilen und nicht bloß den vom Versicherten bekämpftenBescheid auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen (RS0085839; RS0106394).

[19] 3. Darauf aufbauend sind die Vorinstanzen zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte mit dem bekämpften Bescheid vom 23. September 2022 über den Anspruch des Klägers auf Gewährung der Invaliditätspension entschiedenhat. Sie haben insoweit daher völlig zu Recht auch „darüber“abgesprochen (vgl RS0085867). Wenn sie sich für den Zeitraum zwischen dem Stichtag (1. März 2022) und dem der Untersuchung im gerichtlichen Verfahren folgenden Monatsersten (1. Februar 2023) allerdings auf die Prüfung beschränken, ob die Beklagte § 366 Abs 2 ASVG gesetzmäßig angewandt habe, ist ihnennicht zu folgen.

[20] 4. Die Bestimmung des § 366 ASVG ist systematisch in den Siebenten Teil des ASVG („Verfahren“) eingeordnet, der sich an die Versicherungsträger und nicht an die Sozialgerichte richtet. Im sozialgerichtlichen Verfahren kommt demgemäß nicht § 366 ASVG, sondern § 359 ZPO zur Anwendung (vgl Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld5 Rz 8.144 zum vergleichbaren § 26 BPGG). Anderes ergibt sich auchaus der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 21/21t nicht. Im Gegenteil wurde auch dort betont, dass es sich bei § 366 ASVG um eine verfahrensrechtliche Bestimmung des Verfahrens in Leistungssachen (§§ 361 ff ASVG) handelt (Rz 20). § 366 ASVG war dort nur deshalb relevant, weil daraus die Anwendbarkeit des § 99 Abs 2 ASVG abgeleitet wurde (Rz 25).

[21] 4.1. Die Vorinstanzen gehen zwar zutreffend davon aus, dass § 366 (Abs 1) ASVG eine Nebenpflicht des Anspruchswerbers oder ‑berechtigten im Sinn einer Duldungspflicht festlegt, deren Erfüllung nicht unmittelbar erzwungen werden, deren Verletzung aber Auswirkungen auf die Leistungsgewährung nach sich ziehen kann (10 ObS 21/21t Rz 22; RS0085511). Diese Auswirkungen sind jedoch im jeweiligen Kontext unterschiedlich:

[22] Während § 99 Abs 2 ASVG an die Verletzung der Pflicht nach § 366 Abs 1 ASVG eine materielle Sanktion in Form der temporären Beseitigung die Leistungspflicht des Versicherungsträgers knüpft (vgl RS0083960; Schramm in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 99 ASVG Rz 15;Schrammel in Tomandl, System, 2.1.5.2.3. [168] ua; weitergehender Auer‑Mayer, Mitverantwortung 406 f mwN), berechtigt ihn§ 366 Abs 2 ASVG nur, sich mit dem ohne die strittige Untersuchung festgestellten Sachverhalt zu begnügen, um sich in formaler Hinsicht nicht dem Vorwurf unzureichenderErmittlungen auszusetzen (vgl 10 ObS 25/23h Rz 46). § 366 Abs 2 ASVG soll daher nur ein Beweisproblem lösen und dem Versicherungsträger bei fehlender Mitwirkung des Versicherten eine nicht mit Verfahrensmängeln behaftete Entscheidung ermöglichen (Auer‑Mayer aaO 398 f).

[23] 4.2. Gegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs 2 ASVG ist somit, ob eine Verletzung der Mitwirkungspflicht vorliegt, weil eine Entziehung nur (und erst) unter dieser Voraussetzung in Betracht kommt. Demgemäß ist die Frage, ob der Versicherte die Mitwirkung berechtigt verweigert bzw der Versicherungsträger sein Ermessen pflichtgemäß iSd § 366 ASVG ausgeübt hat, im sozialgerichtlichen Verfahren zwangsläufig als Vorfrage zu prüfen. (Nur) Insofern unterliegt das Vorgehen nach § 366 ASVG der Kontrolle im Rahmen der sukzessiven Kompetenz (10 ObS 21/21t Rz 43; Auer‑Mayer, Glosse zu 10 ObS 21/21t in DRdA 2022/12). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist dagegen, ob Invalidität besteht, was nicht davon abhängt, ob im Verwaltungsverfahren § 366 Abs 2 ASVG richtig angewandt wurde oder nicht. Die hier und teilweise auch von anderen zweitinstanzlichen Gerichten vertretene Ansicht, das sozialgerichtliche Verfahren habe sich auf diese Frage zu beschränken, wenn schon der Bescheid darauf abgestellt habe (vgl Greifeneder/Liebhart aaO Rz 8.147 [FN 1847 zu § 26 BPGG]), liefe auf eine gegen den Grundsatz der sukzessiven Kompetenz verstoßende Bindung der Gerichte an (uU berechtigt gemäß § 366 Abs 2 ASVG gewonnene) Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens hinaus (vgl RS0106394 [T10]; RS0085839 [T3]; Fink, Die sukzessive Zuständigkeit in Verfahren in Sozialrechtssachen 45 mwN). Ob sich der Bescheid zu Recht auf § 366 Abs 2 ASVG stützen kann, ist für die vom Sozialgericht vorzunehmende materielle Prüfung des geltend gemachten Anspruchs somit nicht relevant (vgl Novak in Poperl/Trauner/Weißenböck, ASVG § 366 Rz 1 [aE]; so auch das OLG Wien als seinerzeitiges Höchstgericht in Sozialversicherungssachen: SSV 24/18; SSV 20/56 ua). Einem darauf bezogenen Einwand des Versicherungsträgers muss demgemäß auch nicht nachgegangen werden.

[24] 5. Im Anlassfall bedeutet das, dass der hier noch strittige Anspruch des Klägers besteht, ohne dass es auf die Frage der etwaigen Verletzung von Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren ankäme. Auf Basis des festgestellten Sachverhalts ist zwischen den Parteien nämlich nicht strittig, dass der Kläger bereits zum Stichtag vorübergehend invalid war. Ebenso wenig ist strittig, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 255b ASVG vorlagen; denn auch dazu hat sich die Beklagte nur darauf gestützt, der Kläger habe bloß deshalb erst ab 1. Februar 2023 Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung, weil er bis dahin seine Mitwirkungspflicht verletzt habe.

[25] Darauf aufbauend sind daher die Aussprüche nach § 367 Abs 4 Z 1 und 4 ASVG in Stattgabe der Revision dahin abzuändern, dass vorübergehende Invalidität schon seit dem 1. März 2022 vorliegt und ab diesem Zeitpunkt auch ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht. Zur besseren Verständlichkeit war das Urteil unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile neu zu fassen, wobei die einzelnen Aussprüche der Abfolge der Prüfung anzupassen war.

[26] 6. Die Kostenentscheidung erster Instanz war nicht zu überprüfen, weil dem Kläger die dort angefallenen Kosten bereits zur Gänze zugesprochen wurden; der Teilerfolg wirkt sich mit Blick auf § 77 Abs 2 ASGG kostenrechtlich auch nicht aus.

[27] Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 ASGG.

[28] Ob ein Kostenersatzanspruch des Klägers unter Umständen an § 77 Abs 3 ASGG scheitern könnte (vgl Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 77 ASGG Rz 8), muss hier nicht untersucht werden (vgl etwa Novak aaO § 366 Rz 1 [aE]; Kletter, Psychotherapie und Verfahren in Leistungssachen, SozSi 1995, 25 [aE]; Greifeneder/Liebhart aaO Rz 8.146 ua), weil die Beklagte eine mutwillige Klagsführung des Klägers nicht behauptet und sie das Eventualbegehren auch noch nach Erstattung des Sachverständigengutachtens bestritten hat.

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