OGH 4Ob150/24y

OGH4Ob150/24y10.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger, die Hofrätin Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch die Viehböck Breiter Schenk Nau & Linder Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Mödling, gegen die beklagte Partei *ges.m.b.H. in Liquidation, *, vertreten durch Mag. Nina Binder, Rechtsanwältin in Wien, als Verfahrenshelferin, wegen zuletzt 27.146,02 EUR sA, aus Anlass der „außerordentlichen Revision“ der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2024, GZ 5 R 44/24p‑107, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00150.24Y.0910.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Nach einem rechtskräftigen Teilurteil im ersten Rechtsgang (4 Ob 142/21t) begehrte der Kläger zuletzt noch die Zahlung von 27.146,02 EUR sA.

[1] Die Beklagte stützte ihren Antrag auf Abweisung des Klagebegehrens hilfsweise auf eine von ihr behauptete Gegenforderung in der Höhe von insgesamt 97.500 EUR und die Erklärung, damit gegen die Klageforderung aufzurechnen, soweit diese berechtigt sei.

[2] Das Erstgericht sprach mit Endurteil aus, dass die Klageforderung zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, und gab dem Klagebegehren statt.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage nicht zu.

[4] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Eingabe der Beklagten, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorgelegt hat.

Rechtliche Beurteilung

[5] Entgegen der Ansicht des Erstgerichts liegt kein zulässiges Rechtsmittel vor, über das der Oberste Gerichtshof zu entscheiden hätte:

[6] 1. Für die Revisionszulässigkeit ist der Wert des Entscheidungsgegenstands maßgebend, über den das Berufungsgericht im Einzelfall tatsächlich entschieden hat (RS0042348 [T5]). Eine aufrechnungsweise geltend gemachte Gegenforderung ist – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – für die Frage der Revisionszulässigkeit unerheblich (RS0042639 insb [T2, T3, T4, T5]). Der maßgebende Entscheidungsgegenstand besteht hier somit ausschließlich in einem Geldbetrag, der zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt.

[7] 2. Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch kein außerordentliches Rechtsmittel zulässig (4 Ob 171/20f; 5 Ob 176/22a; 6 Ob 195/23d). Nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO kann die Partei nur den binnen vier Wochen ab der Zustellung des Berufungsurteils beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Zulässigkeitsausspruch zu ändern und die ordentliche Revision doch für zulässig zu erklären. In diesem Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, sind die Gründe dafür anzuführen, warum die ordentliche Revision – entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts – nach § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erachtet wird. Erhebt die Partei daher in einem solchen Fall ein Rechtsmittel, ist es gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn sie es als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet und an den Obersten Gerichtshof richtet (RS0109623).

[8] 3. Im Anlassfall hat das Berufungsgericht die ordentliche Revision im Zulassungsbereich für nicht zulässig erklärt. Der Rechtszug zum Obersten Gerichtshof steht der Beklagten daher nicht offen. Es käme nur in Betracht, die „außerordentliche Revision“ dem Berufungsgericht zur Entscheidung nach § 508 ZPO vorzulegen. Ob sie den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob sie zuvor einer Verbesserung bedarf, bleibt der pflichtgemäßen Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl RS0109501; RS0109623 [T5]).

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