European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00035.24F.0910.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,75 EUR (darin 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte kontrollierte über Auftrag der Emittentin den „Kapitalmarktprospekt nach Schema C des Kapitalmarktgesetzes 1991 über das öffentliche Angebot von qualifizierten Nachrangdarlehen an die [Emittentin]“ aus Dezember 2015 und unterfertigte ihn als Prospektkontrollorin.
[2] Die Klägerin zeichnete am 16. Oktober 2018 durch Vermittlung eines gewerblichen Vermögensberaters einen Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrags über ein qualifiziertes Nachrangdarlehen mit einer Gesamtsumme von 10.000 EUR. Die Klägerin ist reine Sparbuchsparerin und blätterte den Kapitalmarktprospekt zwar durch, verstand aber nicht das Wesentliche und nahm den Inhalt nicht sinnerfassend wahr. Der Kontrollvermerk der Beklagten fiel ihr auf, sie verstand ihn so, dass die Beklagte alles geprüft habe, ob alles in Ordnung ist. Da ihr Ehegatte schon einmal eine solche Investition getätigt und sein Geld mit Gewinn retour erhalten hatte, dachte sie, dass es eine seriöse Anlage sei und es nichts Schlechtes sein könne. Allfällige Risiken hatte sie zum damaligen Zeitpunkt nicht im Kopf.
[3] Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 8. Juli 2022 wurde über die Emittentin das Insolvenzverfahren eröffnet, das noch nicht abgeschlossen ist. Nach der Auskunft des Insolvenzverwalters ist davon auszugehen, dass die Gläubiger von Nachrangdarlehen keine Quote zu erwarten haben.
[4] Das Erstgericht wies das auf Zahlung von 10.000 EUR zuzüglich 4 % Zinsen seit 20. Oktober 2018, in eventu Feststellung der Haftung der Beklagten aus der Veranlagung gerichtete Klagebegehren ab. Der Prospektmangel müsse für den eingetretenen Schaden kausal sein, also die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben müssten Grundlage der Disposition des Anlegers gewesen seien. Die von der Klägerin behaupteten Unvollständigkeiten, Unrichtigkeiten und Versäumungen der Beklagten seien für die Kaufentscheidung der Klägerin völlig unwesentlich gewesen, sodass es an der Kausalität mangle. Das allgemeine Vorhandensein eines Prüfvermerks verwirkliche per se keine Haftung des Prospektkontrollors. Aufgrund des vom Gesetzgeber geschaffenen Sondertatbestands des § 11 KMG scheide die Haftung aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als subsidiäre Rechtsfigur aus, wobei auch hier der Kausalitätsverlauf gegeben sein hätte müssen wie bei culpa in contrahendo, welcher aber zu verneinen sei.
[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Nach einer Rechtsprechungslinie des Obersten Gerichtshofs (zur Haftung des Abschluss- und Konzernprüfers für die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks) seien an den Beweis des hypothetischen Kausalverlaufs keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, sodass die überwiegende Wahrscheinlichkeit genüge, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen sei. Die Unrichtigkeit eines Bestätigungsvermerks könne selbst bei Unkenntnis des Anlegers und des Anlageberaters, was ein Bestätigungsvermerk auf einem Jahresabschluss bedeute, für den Anlageschaden ursächlich sein, wenn er – wenn auch mittelbar durch seinen Anlageberater bzw die Fachpresse – bei ordnungsgemäßem Verhalten des Abschlussprüfers erkannt hätte, dass eine sorgfältige und widmungskonforme Geschäftsgebarung nicht vorgelegen sei, weil sich diese Information am Kapitalmarkt rasch verbreitet und zu einer Kaufwarnung geführt hätte. Diese Rechtsprechungslinie habe sich nicht durchgesetzt. Voraussetzung der Haftung sei nach der herrschenden Rechtsprechung, dass dem Anleger, der im Vertrauen auf die Prospektangaben investiert habe, ein Schaden entstanden sei. Die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben müssten Grundlage der Disposition des Anlegers gewesen sein. Diesen Kausalzusammenhang habe nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte zu beweisen. Dies sei der Klägerin nicht gelungen.
[6] Die Revision ließ das Berufungsgericht (nachträglich) wegen der von ihm georteten unterschiedlichen Rechtsprechungslinien zu.
[7] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgabe des Klagebegehrens, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[8] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision der Klägerin ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[10] 1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehen Prospekthaftungsansprüche, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewogen wird. Es handelt sich dabei um eine typisierte Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss. Der Prospekt bildet im Regelfall die Grundlage für den wirtschaftlich bedeutsamen und mit Risken verbundenen Beteiligungsentschluss. Aus diesem Grund muss sich der potentielle Kapitalanleger grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen (RS0107352). An diesem Zweck orientieren sich auch Inhalt und Umfang der in § 8 Abs 2 KMG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 2013/184) geregelten Prüfpflicht (9 Ob 89/14z ErwGr 4.1.; 5 Ob 26/14f ErwGr 2.3). Der Prospektkontrollor haftet gemäß § 11 KMG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 2012/83) nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts, sondern nur für dessen unrichtige oder unvollständige Kontrolle (RS0107352 [T5, T15]).
[11] 1.1. Die notwendige Kausalität wird von der Rechtsprechung nur dann bejaht, wenn sich die Anleger im Vertrauen auf den ihnen bekannten Prospekt zum Kauf entschließen, wenn also unrichtige, unvollständige oder irreführende Prospektangaben tatsächlich zur Grundlage einer schadensauslösenden Disposition gemacht wurden; maßgeblicher Zeitpunkt für diesen Ursachenzusammenhang ist der des Vertragsabschlusses in Ansehung der konkreten Anlageentscheidung (RS0108626).
[12] 1.2. Diesen Kausalzusammenhang hat nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte zu beweisen (RS0108626 [T4, T7]). Ein Rückgriff auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises in der Frage des Kausalitätszusammenhangs zwischen mangelhaften Prospektangaben und dem Anlageentschluss eines Anlegers wird von der Rechtsprechung abgelehnt (RS0108627). Der Anscheinsbeweis ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Kausalablauf durch den individuellen Willensentschluss eines Menschen bestimmt werden kann (RS0040288).
[13] 1.3. Mit dieser Rechtsprechung stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen im Einklang.
[14] Nach dem festgestellten Sachverhalt nahm die Klägerin den Inhalt des von der Beklagten als Prospektkontrollor unterfertigten Kapitalmarktprospekts nicht sinnerfassend wahr. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klägerin (selbst) die behauptetermaßen unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben nicht zur Grundlage ihrer schadensauslösenden Disposition gemacht habe, wird in der Revision auch (zutreffend) nicht in Zweifel gezogen.
[15] Soweit die Klägerin nunmehr auf dem Standpunkt steht, dass auch eine durch den Berater vermittelte (mittelbare bzw indirekte) Kenntnis ausreiche, mag dies zutreffen (vgl 4 Ob 145/21h Rz 31 zur Haftung des Abschlussprüfers). Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin in erster Instanz aber nicht behauptet. Ihr erstinstanzliches Vorbringen beschränkte sich – abgesehen von der allgemeinen Behauptung, „im Vertrauen auf die Prospektangaben“ gehandelt zu haben – vielmehr darauf, dass ihr von ihrem Berater mitgeteilt worden sei, dass der Prospekt von der Beklagten als Wirtschaftsprüferin kontrolliert worden sei und diese einen „positiven Bestätigungsvermerk“ (offenbar gemeint: Kontrollvermerk) erteilt habe. Dass bestimmte – konkret bezeichnete – Prospektangaben deshalb für die Investitionsentscheidung der Klägerin kausal gewesen wären, weil ihr diese Angaben (und nicht bloß der Kontrollvermerk) im Rahmen der Beratung durch den Vermögensberater zur Kenntnis gebracht worden seien, behauptet die Klägerin hingegen (auch in der Revision) nicht.
[16] Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus die Maßgeblichkeit eines durch die Fachpresse vermittelten Vertrauens auf bestimmte Prospektangaben erörterte, muss darauf nicht eingegangen werden, weil die Klägerin auch einen solchen Sachverhalt (oder auch eine vom Prospekt beeinflusste positive „Anlagestimmung“) nicht behauptet.
[17] 2. Die Klägerin unterstellt der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung des Abschlussprüfers, dass bei fehlerhafter Überprüfung durch den Abschlussprüfer bereits die objektive Erteilung eines Bestätigungsvermerks kausal für den Schaden des Anlegers und somit haftungsbegründend sei. Daraus folgert sie weiter, dass auch im Rahmen der Prospekthaftung die Behauptung (und der Nachweis) einer nicht ordnungsgemäßen Prüfung des Prospekts ausreiche.
[18] 2.1. Schon die der Rechtsprechung zur Haftung des Abschlussprüfers unterstellte Prämisse trifft allerdings nicht zu. Auch nach den in der Revision genannten Entscheidungen hat der Geschädigte den kausalen Zusammenhang zwischen Sorgfaltsverletzung und Schaden zu behaupten und zu beweisen (8 Ob 93/14f ErwGr 2.2.; 10 Ob 46/13g ErwGr 2.).
[19] 2.2. Nach diesen Entscheidungen muss das Vertrauen auf den erteilten Bestätigungsvermerk zwar nicht durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden, sondern wäre es auch denkbar, dass die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von den erteilten Bestätigungsvermerken beeinflusst war, was aber voraussetzt, dass der Berater die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat (RS0108627 [T2]). Auch die Behauptung, die Nachricht von einem den Jahresabschluss der in Rede stehenden Gesellschaften nicht oder nur eingeschränkt erteilten Bestätigungsvermerk hätte sich am Kapitalmarkt rasch verbreitet und zu einer Kaufwarnung geführt, sodass es auch nicht zu einer Kaufempfehlung durch ihren Anlageberater gekommen wäre, wurde als ausreichend erachtet (8 Ob 93/14f ErwGr 2.2.; 10 Ob 46/13g ErwGr 2.4).
[20] Dass ein konkreter von der Beklagten geprüfter Prospektinhalt die Beratung in diesem Sinn positiv beeinflusst hätte oder die Investition der Klägerin ohne bestimmte, konkret bezeichnete Prospektangaben sonst unterblieben wäre, weil sich eine entsprechende Nachricht am Markt verbreitet hätte und zu einer Kaufwarnung geführt hätte, behauptet die Klägerin aber nicht (oben ErwGr 1.4.), sodass sie aus diesen Entscheidungen nichts für sich gewinnen könnte.
[21] 3. Die Klägerin stützt sich weiters auf Beweiserleichterungen infolge einer Schadenszufügung durch Unterlassung.
[22] 3.1. Nach ständiger Rechtsprechung kommt die Beweisführung bezüglich der Kausalität einer Unterlassung in der Regel nur unter Bedachtnahme auf die Wahrscheinlichkeit des Tatsachenzusammenhangs in Betracht und der Geschädigte ist dafür beweispflichtig, dass überwiegende Gründe dafür vorliegen, der Schaden sei durch das Verhalten des Beklagten herbeigeführt worden (RS0022900). Dem Schädiger obliegt dann der Nachweis, einen anderen Tatsachenzusammenhang noch wahrscheinlicher zu machen (RS0022900 [T1]). Wenn auch im Fall der Schädigung durch Unterlassung der Geschädigte grundsätzlich den Kausalzusammenhang zu beweisen hat, ist doch anerkannt, dass an den Beweis des bloß hypothetischen Kausalverlaufs nicht so strenge Anforderungen gestellt werden können wie bei einer Schadenszufügung durch positives Tun, weil sich die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, hätte der Schädiger pflichtgemäß gehandelt, naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten lässt, weil dieses Geschehen eben nicht stattgefunden hat (RS0022900 [T14]).
[23] 3.2. Diese – allgemein für Unterlassung des gebotenen Handelns entwickelte – Rechtsprechung wendete der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 10 Ob 46/13g und 10 Ob 48/13a auch auf den Fall der fehlerhaften Erteilung eines Bestätigungsvermerks durch den Abschlussprüfer an. Der Anleger habe ein Vorbringen zu erstatten, mit dem die Verursachung eines Schadens plausibel gemacht werde (10 Ob 46/13g ErwGr 2.1; 10 Ob 48/13a ErwGr 4.2.). Dem folgten die Entscheidungen 4 Ob 210/13f und 6 Ob 187/13p.
[24] 3.3. Ob sich die in diesen Entscheidungen geäußerte Rechtsansicht (nicht) „durchgesetzt“ hat (worauf das Berufungsgericht die Zulassung der Revision gründete), muss hier aber nicht geklärt werden. Auch wenn man im Sinn dieser Entscheidungen und mit der Klägerin annehmen würde, dass der Beklagten eine rechtswidrige Unterlassung (der ordnungsgemäßen Prüfung des Prospekts) zur Last zu legen wäre, wäre dies nach der genannten Rechtsprechung nur für das hinsichtlich der Kausalität heranzuziehende Beweismaß (überwiegende statt hohe Wahrscheinlichkeit) von Bedeutung. Dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin zu einem (eigenen) Vertrauen in die Prospektangaben folgte das Erstgericht auf Tatsachenebene nicht, indem es das Gegenteil (nach dem Regelbeweismaß) positiv feststellte (oben ErwGr 1.4.). Weder der Beurteilung des Berufungsgerichts, noch den Revisionsausführungen lässt sich entnehmen, inwiefern eine solche Herabsenkung des Beweismaßes im vorliegenden Fall eine Auswirkung auf die Entscheidung haben könnte.
[25] 4. Die Klägerin meint weiters, ihr komme der Anscheinsbeweis für die Kausalität zugute. Dies begründet sie damit, dass § 8 KMG als Schutzgesetz zu qualifizieren sei, sodass sie lediglich nachzuweisen habe, dass die Beklagte den Prospekt nicht sorgfältig geprüft habe; da sich jener Schaden verwirklicht habe, den § 8 iVm § 11 KMG verhindern wolle, liege ein Beweis des ersten Anscheins betreffend die Kausalität vor.
[26] 4.1. Die – in der Literatur verneinte (Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung: Zugleich ein Beitrag zum Deliktssystem des ABGB und zur Haftung für casus mixtus [1992] 376; Iro/Riss, Die Haftung des Prospektkontrollors nach allgemeinen Grundsätzen, RdW 2012/478, 447 ff [452 f]; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2 § 12 Rz 54; Zivny/Mock, EU‑ProspektVO/KMG 20193 § 22 KMG Rz 33) – Frage, ob neben einer auf § 8 KMG gestützten Haftung nach § 11 KMG auch eine deliktische Haftung aus Schutzgesetzverletzung in Betracht kommt, ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zwar noch nicht ausdrücklich beantwortet worden. Auch darauf kommt es aber nicht entscheidend an.
[27] 4.2. Ein Anscheinsbeweis kommt (auch) dem (durch Verletzung eines Schutzgesetzes) Geschädigten vielmehr lediglich auf Beweisebene zugute (4 Ob 86/17a ErwGr 2.) und entbindet nicht davon, Vorbringen zur Kausalität zu erstatten. Der als Schädiger in Anspruch genommene kann den Anscheinsbeweis dadurch entkräften, dass er die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ernstlich zweifelhaft macht (RS0022474 [T5]).
[28] 4.3. Die Behauptungen der Klägerin zur Kausalität haben sich auf Tatsachenebene nicht erwiesen, weil ein von ihrem Vorbringen abweichender Sachverhalt (positiv) festgestellt wurde. Ein nach der Rechtsansicht der Klägerin diesem Tatsachenvorbringen zugute kommender Anscheinsbeweis wäre daher jedenfalls entkräftet. Weitere Umstände, aus denen die Klägerin allenfalls eine Kausalität nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ableiten könnte, behauptet die Klägerin gar nicht (oben ErwGr 1.4. f), sodass sich auch die Frage, ob ihr diesbezüglich (auf Beweisebene) der Anscheinsbeweis zugute zu kommen hätte, nicht stellt.
[29] 4.4. Dasselbe ist der Klägerin zu entgegen, soweit sie sich in der Revision auf die Entscheidung 8 Ob 98/15t beruft, in der der Anscheinsbeweis für die Frage zugelassen wurde, ob im Fall einer pflichtgemäßen (in Wahrheit aber unterlassenen) Ad-hoc-Mitteilung ein Verkauf der Wertpapiere durch den Anleger noch vor dem Eintritt des Kursverfalls hätte bewerkstelligt werden können. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorbringt, wenn der Prospekt nicht mit dem Kontrollvermerk der Beklagten versehen worden wäre, hätte die Veranlagung nicht vertrieben werden können und wäre der Schaden nicht eingetreten, spricht sie nur die Kausalität (bzw das „Beweismaß der hypothetischen Kausalität“) des behaupteten Fehlverhaltens der Beklagten an, legt aber nicht dar, aus welchen – von den vorstehenden Gründen abweichenden – Erwägungen dieser Umstand haftungsbegründend sein sollte.
[30] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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