European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00056.24F.0717.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1/) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (2/) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er
1/ am 11. Jänner 2023 in S* * S* mit Gewalt zur Vornahme bzw Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie mehrfach ins Bett zurückzog, sie von hinten mit dem Bauch aufs Bett drückte, sich von hinten auf sie legte, ihr, nachdem sie mehrfach sagte, dass sie das nicht will und er aufhören soll, den Mund zuhielt, ihre Hose und Unterhose nach unten zog und trotz ihrer verbalen und körperlichen Gegenwehr (sie versuchte ihn wegzutreten und zu schlagen und zwickte ihn) mit seinem Penis vaginal und anal in sie eindrang und mit ihr den Beischlaf gegen ihren Willen vollzog;
2/ am 26. April 2023 in S* * P* durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht am Körper in Form eines Cuts über dem Auge verletzt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 1, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die Besetzungsrüge (Z 1) moniert, dass die im Hauptverhandlungsprotokoll als Hauptschöffin angeführte * G* laut Urteilsausfertigung nicht an der Entscheidungsfindung mitgewirkt habe, weswegen davon ausgegangen werden müsse, „dass die Hauptschöffin * G* aufgrund eines ungesetzlichen Vorgangs nicht an der Urteilsfindung im gegenständlichen Verfahren beteiligt war“. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass aus dem (seit 25. März 2024 unverändert signierten; vgl ON 47 S 28) Hauptverhandlungsprotokoll klar hervorgeht, welche (Ersatz‑)Schöffen der Verhandlung am 6. März 2024 beiwohnten (ON 47 S 1), aber auch, dass die Hauptschöffin * G* um 9:27 Uhr nach Vorlage einer ärztlichen Bestätigung entlassen wurde und der Ersatzschöffe * B* an deren Stelle trat (vgl ON 47 S 8 und ON 49; § 14 Abs 4 GSchG). Inwieweit darin ein willkürlicher Austausch eines Laienrichters zu erblicken sein sollte (RIS‑Justiz RS0119769 [T1]), erklärt die Beschwerde nicht und legt auch nicht dar, wodurch der Angeklagte – nach Entlassung der Hauptschöffin – an einer Rüge dieser vermeintlich nicht gehörigen Gerichtsbesetzung gehindert gewesen sein sollte (RIS‑Justiz RS0119225).
[5] Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) zu 1/ die unterbliebene Auseinandersetzung des Erstgerichts mit den (vorgeblich) fehlenden Verletzungen des Opfers releviert und entsprechende Feststellungen (als „Hilfstatsachen für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit“) einfordert, bezieht sie sich – wie sie im Übrigen selbst einräumt – nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen (vgl aber RIS‑Justiz RS0106268), sondern bekämpft bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0106588; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 450 f).
[6] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) zu 1/ das Fehlen jeglicher Verletzungsfolgen beim Opfer als „praktisch denkunmöglich“ bezeichnet, die mangelnde Auseinandersetzung mit (vorgeblichen) Widersprüchlichkeiten in dessen Aussage beklagt und schließlich unter Hinweis auf Angaben des Opfers sowie des Zeugen Pa* und der Zeugin W* die Frage aufwirft, ob die vorgeworfene Tat „überhaupt so stattgefunden haben kann“ wie sie im Spruch des Urteils beschrieben werde (vgl aber US 5 ff), wendet sie sich inhaltlich nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache, sondern greift mit ihrem Vorbringen lediglich unzulässig den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Opfers an (vgl RIS‑Justiz RS0099649, RS0099668). Es gelingt ihr mit diesem Vorbringen nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu wecken.
[7] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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