European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00039.24P.0627.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallsausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt vorerst dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* (richtig:) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), 15 StGB schuldig erkannt (US 1 f, 11; RIS‑Justiz RS0116669).
[2] Danach hat er von 23. Mai 2023 bis 30. August 2023 in H* und andernorts im einverständlichen Zusammenwirken mit im Urteil namentlich genannten Mitgliedern einer kriminellen Vereinigung (US 3 ff) und gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) einzeln angeführten Geschädigten (I./ bis V./) überwiegend durch Einbruch in Firmengebäude (I./ bis IV./) fremde bewegliche Sachen in einem jeweils 5.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Bargeld, Kaffeemaschinen samt Zubehör, Werkzeug, Installationsmaterial und mehrere Fahrzeuge, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
[4] Dem Einwand fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die Ableitung der subjektiven Tatseite in Ansehung des Bereicherungsvorsatzes aus den objektiven Tatumständen, nämlich dem Eindringen in fremde Gebäude in Verbindung mit dem kriminellen Vorleben, sowie dem persönlichen Eindruck des Gerichts vom Angeklagten (US 9) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671, RS0116882).
[5] Eben dies gilt für die auf die triste Einkommens- und Vermögenssituation sowie die Vorstrafen des Angeklagten, die mehrfache und gezielte Wiederholung von Einbruchsdiebstählen, den hohen Wert des Diebesguts (von mehr als 180.000 Euro) und die professionelle Tatausführung gestützte Annahme von Gewerbsmäßigkeit (US 9 f).
[6] Die von der Rechts- und der Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und 10, der Sache nach nur Z 10) als fehlend reklamierten Feststellungen zur gewerbsmäßigen (§§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 und Abs 2, 130 Abs 1 erster Fall StGB) Begehung schwerer (§§ 128 Abs 1 Z 5, 130 Abs 2 erster Fall StGB) und durch Einbruch (§§ 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall StGB) verübter Diebstähle finden sich – von der Beschwerde prozessordnungswidrig übergangen (RIS‑Justiz RS0099810) – auf US 4.
[7] Dies gilt gleichermaßen für die weitere Kritik (Z 10) zu angeblich fehlenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (§ 130 Abs 1 zweiter Fall StGB)(siehe dazu US 4 iVm US 3, 5 und 9).
[8] Zutreffend weist hingegen die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) darauf hin, dass das Verfallserkenntnis mit Nichtigkeit behaftet ist.
[9] Das Erstgericht erklärte „gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB“ einen Betrag von „4.877,02 Zloty“ für verfallen (US 3). Dass dieses Bargeld einen Vermögenswert darstellt, der für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurde (§ 20 Abs 1 StGB), ergibt sich aus dem Urteilssachverhalt nicht. Der Wertersatzverfall (§ 20 Abs 3 StGB) darf – wie die dem Verfall unterliegenden Vermögens‑ (§ 20 Abs 1 StGB) und Ersatzwerte (§ 20 Abs 2 StGB) selbst – nur dem tatsächlichen Empfänger mittels Verfalls abgenommen werden (RIS‑Justiz RS0129964). Sind Vermögenswerte (wie hier) mehreren Personen zugekommen, ist bei jedem Empfänger nur der dem tatsächlich rechtswidrig erlangten Vermögenswert entsprechende Betrag für verfallen zu erklären. Das erstgerichtliche Urteil enthält auch keinerlei Konstatierungen, welcher Betrag dem Angeklagten tatsächlich zugekommen ist.
[10] Die darin gelegene materiell-rechtliche Nichtigkeit führt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 285e StPO; zur Zuständigkeit des Vorsitzenden des Schöffengerichts als Einzelrichter siehe § 445 Abs 2 letzter Satz StPO; RIS‑Justiz RS0117920 [T1], RS0100271 [T13]).
[11] Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde – gleichfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[12] Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[13] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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